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Auflassung eines Grundstücks durch transmortale Vollmacht: ohne Erbschein?

Obwohl eine Auflassung eines Grundstücks durch transmortale Vollmacht vorlag, verweigerte das Grundbuchamt die Eintragung des neuen Eigentümers. Trotz fehlendem Erbschein und unklarer Erbteilung musste die Behörde die Übertragung des Nachlassgrundstücks womöglich zulassen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 W 303/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
  • Datum: 11.11.2024
  • Aktenzeichen: 8 W 303/24
  • Verfahren: Beschwerde im Grundbuchverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Grundbuchrecht

  • Das Problem: Das Grundbuchamt weigerte sich, die Umschreibung eines geerbten Grundstücks einzutragen. Es verlangte die Vorlage eines Erbnachweises und die Genehmigung aller Erben. Die Antragsteller meinten, die vom Erblasser ausgestellte Vollmacht reiche aus.
  • Die Rechtsfrage: Darf jemand mit einer Vollmacht, die über den Tod hinaus gültig ist, ein geerbtes Grundstück im Namen der Erben umschreiben lassen? Ist hierfür die zusätzliche Vorlage eines Erbscheins oder die Genehmigung aller Erben nötig?
  • Die Antwort: Nein, die zusätzlichen Nachweise sind nicht nötig. Die Vollmacht, die über den Tod hinaus gilt (Transmortale Vollmacht), reicht für die Umschreibung des Grundstücks aus. Das Grundbuchamt darf die Wirksamkeit der zugrundeliegenden Erbteilung nicht prüfen.
  • Die Bedeutung: Eine Vollmacht, die über den Tod hinaus gültig ist, beschleunigt die Abwicklung des Nachlasses erheblich. Bei Grundstücksübertragungen im Erbfall ist dann kein langwieriger formeller Erbnachweis für die Eintragung ins Grundbuch erforderlich.

Der Fall vor Gericht


Worauf kommt es bei der Übertragung eines geerbten Grundstücks an?

Ein Autokauf besteht aus zwei Teilen. Es gibt den Kaufvertrag, der festlegt, wer was zu welchem Preis bekommt. Und es gibt den Moment der Schlüsselübergabe, der das Eigentum am Wagen tatsächlich überträgt. Im deutschen Recht sind das zwei streng getrennte Akte.

Grundbuchbeamte prüfen die Auflassung des Grundstücks: Reicht die transmortale Vollmacht über den Tod hinaus ohne Erbschein?
OLG Stuttgart entscheidet: Transmortale Vollmacht reicht für Auflassung und Grundbucheintragung ohne Erbschein. | Symbolbild: KI

Genau dieser feine Unterschied wurde zum Zankapfel für drei Schwestern, die ein Grundstück aus dem väterlichen Erbe erwerben wollten. Sie nutzten eine Vollmacht ihres Vaters für die „Schlüsselübergabe“. Das Grundbuchamt aber blickte auf den zugrundeliegenden Vertrag und blockierte den Vorgang. Ein Gericht musste klären, worauf es beim Eigentumswechsel wirklich ankommt: auf das Versprechen oder auf den Vollzug.

Warum lehnte das Grundbuchamt die Eintragung der Schwestern ab?

Der verstorbene Vater hatte seinen Töchtern eine Generalvollmacht hinterlassen, die ausdrücklich über seinen Tod hinaus wirken sollte – eine sogenannte transmortale Vollmacht. Drei seiner Töchter nutzten diese, um eine landwirtschaftliche Fläche aus dem Nachlass zu je einem Drittel zu erwerben. In einem notariellen Vertrag regelten sie den Kaufpreis und weitere Details der Erbauseinandersetzung. Eine der Schwestern handelte dabei doppelt: einmal für sich selbst als Käuferin und einmal als Bevollmächtigte für die Erbengemeinschaft als Verkäuferin.

Das Grundbuchamt sah hier ein Problem. Der notarielle Vertrag war mehr als nur ein simpler Kaufvertrag. Er regelte Teile der Aufteilung des gesamten Erbes. Eine solche Erbteilung, so argumentierte die Behörde, berühre die persönlichen Vermögen aller Erben – nicht nur das Nachlassvermögen, auf das sich die Vollmacht des Vaters bezog. Die Vollmacht sei für ein derart weitreichendes Geschäft nicht stark genug. Die Behörde forderte in einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO einen offiziellen Erbnachweis, zum Beispiel einen Erbschein (§ 35 GBO), sowie die Genehmigung des Geschäfts durch alle Erben in notarieller Form (§ 29 GBO). Ohne diese Papiere verweigerte sie die Umschreibung des Eigentums.

Reicht die transmortale Vollmacht für die Auflassung aus?

Das Oberlandesgericht Stuttgart pulverisierte die Bedenken des Grundbuchamts. Die Richter stellten klar, dass man zwei Dinge sauber trennen muss: das schuldrechtliche Geschäft und das dingliche Geschäft.

Das schuldrechtliche Geschäft ist der „Übernahmevertrag“. Er begründet die Pflicht, das Grundstück zu übertragen und den Kaufpreis zu zahlen. Hier stimmte das Gericht dem Grundbuchamt sogar zu. Eine transmortale Vollmacht berechtigt den Bevollmächtigten nicht, eine komplette Erbteilung vorzunehmen, da diese das Eigenvermögen der Erben betrifft, über das der Verstorbene keine Verfügungsgewalt hatte.

Der entscheidende Punkt war aber das dingliche Geschäft. Das ist die sogenannte Auflassung nach § 925 BGB. Die Auflassung ist die reine Einigung zwischen Verkäufer und Käufer, dass das Eigentum jetzt und hier übergehen soll. Sie ist der juristische Akt der „Schlüsselübergabe“. Und genau für diesen Akt war die Vollmacht des Vaters ausreichend. Sie ermächtigte die Tochter, über Nachlassgegenstände zu verfügen – und die Erklärung der Auflassung ist eine solche Verfügung. Das Gericht betonte, dass die Wirksamkeit der Auflassung rechtlich unabhängig von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Vertrags ist. Das ist das deutsche Abstraktionsprinzip in Reinform.

Musste das Grundbuchamt den gesamten Vertrag prüfen?

Nein. Hier lag der Denkfehler der Behörde. Die Aufgabe des Grundbuchamts im Eintragungsverfahren ist es, den dinglichen Vollzug zu prüfen. Es kontrolliert, ob die für die Eigentumsübertragung nötigen Erklärungen – also die Auflassung (§ 925 BGB) und die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) – formal korrekt vorliegen.

Die Schwestern hatten als Käuferinnen persönlich ihre Bereitschaft zur Übernahme erklärt. Die bevollmächtigte Schwester hatte für die Verkäuferseite – die Erbengemeinschaft – die Auflassung erklärt. Dazu war sie durch die transmortale Vollmacht des Vaters legitimiert. Mehr musste das Grundbuchamt nicht prüfen. Ob der zugrundeliegende „Übernahmevertrag“ in allen Punkten einer späteren rechtlichen Prüfung standhalten würde, war für die reine Eigentumsumschreibung irrelevant. Das Gericht verwies darauf, dass die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts sich auf das Vollzugsgeschäft beschränkt.

Wieso waren kein Erbschein und keine Genehmigung der Erben nötig?

Weil die transmortale Vollmacht eine Brücke über den Tod des Erblassers baut. Sie erlaubt dem Bevollmächtigten, direkt im Namen des Verstorbenen – und damit für dessen Erben – zu handeln, ohne dass die Erben erst umständlich ihre Erbenstellung nachweisen müssen. Der Zweck einer solchen Vollmacht ist es gerade, das Verfahren zu beschleunigen und die Vorlage eines Erbscheins zu vermeiden.

Da die Tochter die Auflassung wirksam im Namen der Erbengemeinschaft erklären konnte, war die Kette der Legitimation lückenlos. Die Vollmacht des Erblassers reichte aus. Eine zusätzliche Genehmigung aller Miterben war für diesen spezifischen Akt der Eigentumsübertragung nicht erforderlich. Das Oberlandesgericht hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf und wies die Behörde an, die drei Schwestern als neue Eigentümerinnen einzutragen. Mit seiner Entscheidung korrigierte das Gericht auch eine ältere, anderslautende eigene Rechtsprechung und schaffte damit neue Klarheit.

Die Urteilslogik

Die rechtliche Trennung zwischen dem Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft bestimmt, welche Dokumente das Grundbuchamt bei der Übertragung von Nachlassimmobilien tatsächlich fordern darf.

  • Unabhängigkeit des Eigentumswechsels: Für die Wirksamkeit der Auflassung zählt allein die Einigung über den Eigentumsübergang, denn sie gilt rechtlich unabhängig vom zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrag oder der Wirksamkeit einer Erbauseinandersetzung.
  • Legitimationsbrücke über den Tod: Eine transmortale Vollmacht erlaubt die rasche Abwicklung von Nachlassgeschäften, da sie den Nachweis der Erbenstellung durch einen Erbschein für die reine dingliche Übertragung von Nachlassgrundstücken ersetzt.
  • Begrenzte Prüfungskompetenz der Behörde: Das Grundbuchamt kontrolliert im Eintragungsverfahren ausschließlich den formalen Vollzug der Eigentumsübertragung (Auflassung) und darf die umfassende rechtliche Gültigkeit des dahinterstehenden Kauf- oder Erbteilungsvertrages nicht infrage stellen.

Diese strikte Anwendung des Abstraktionsprinzips sorgt für Klarheit im Grundbuchverkehr und beschleunigt die Abwicklung des Nachlasses mithilfe einer Vollmacht.


Experten Kommentar

Wer schnell Klarheit im Grundbuch schaffen will, wenn ein Grundstück im Nachlass steckt, stolpert oft über die Hürde des teuren und zeitraubenden Erbscheins. Das Gericht bestätigt hier konsequent: Der Akt der eigentlichen Eigentumsübertragung – die Auflassung – steht juristisch losgelöst vom komplizierten Erbteilungsvertrag, der dahintersteckt. Das ist eine klare rote Linie für das Grundbuchamt, das nur den formalen Vollzug, nicht aber die Wirksamkeit des gesamten zugrundeliegenden Deals prüfen muss. Eine wirksame transmortale Vollmacht bleibt damit das schärfste Werkzeug, um die Abwicklung von Nachlassimmobilien ohne Verzögerung zu beschleunigen.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Vollmacht ersetzt den Erbschein bei der Grundstücksübertragung im Erbfall?

Die transmortale Vollmacht ist der legale „Shortcut“, um die lange Wartezeit und die hohen Kosten für einen Erbschein zu umgehen. Diese Vollmacht muss explizit festlegen, dass sie über den Tod des Erblassers hinauswirkt und zur Verfügung über Nachlassgegenstände berechtigt. Sie dient dem Grundbuchamt als direkter Nachweis der Verfügungsbefugnis des Bevollmächtigten für die notwendige Auflassung der Immobilie. Sie ersetzt den Erbschein im Grundbuchverfahren.

Die Regel sieht vor, dass das Grundbuchamt nach § 35 GBO zwingend einen Erbschein oder ein notarielles Testament zur Legitimation der Erben fordert. Eine notariell beurkundete transmortale Vollmacht umgeht diese Anforderung, da sie eine lückenlose Legitimationskette schafft. Sie erlaubt dem Bevollmächtigten, sofort im Namen der Erbengemeinschaft zu handeln, ohne dass die Erben ihre Stellung erst umständlich nachweisen müssen. Der zentrale Zweck dieser Nachlassvollmacht ist die Beschleunigung der gesamten Immobilientransaktion.

Der Grundbuchvollzug ist dadurch möglich, weil der Bevollmächtigte die dingliche Auflassung erklären kann, also den reinen Akt der Eigentumsübertragung. Die Wirksamkeit dieses dinglichen Geschäfts ist rechtlich unabhängig von der Gültigkeit eines zugrundeliegenden Kaufvertrages. Achten Sie darauf, dass nur die transmortale Vollmacht, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers gültig war und fortbesteht, die notwendige juristische Sicherheit für die sofortige Grundbuchumschreibung bietet.

Suchen Sie die notariell beglaubigte Vollmacht auf und prüfen Sie exakt den Wortlaut bezüglich der Geltung über den Tod hinaus und der Befugnis zur Grundstücksverfügung.


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Darf ich als Bevollmächtigter Nachlassimmobilien ohne Zustimmung aller Miterben verkaufen?

Ja, die transmortale Vollmacht reicht für den reinen Akt der Eigentumsübertragung, die sogenannte Auflassung (§ 925 BGB), aus. Diese Erklärung ist eine Verfügung über Nachlassgegenstände, die der Bevollmächtigte unilateral vornehmen kann. Für diesen spezifischen dinglichen Akt benötigen Sie keine gesonderte Zustimmung sämtlicher Miterben.

Die Wirksamkeit dieses Vorgehens beruht auf dem deutschen Abstraktionsprinzip. Dieses Prinzip trennt das dingliche Geschäft – die tatsächliche Eigentumsübergabe – streng vom schuldrechtlichen Geschäft, also dem eigentlichen Kaufvertrag oder der Erbteilungsvereinbarung. Da die Vollmacht die Verfügung über den Nachlassgegenstand erlaubt, kann der Bevollmächtigte die Auflassung für die Erbengemeinschaft wirksam erklären. Der formale Vollzug der Eigentumsumschreibung ist damit im Grundbuchverfahren gesichert, selbst wenn der zugrundeliegende Vertrag komplex ist.

Obwohl die Auflassung gültig ist und die Eigentumsumschreibung erfolgt, bleibt der schuldrechtliche Vertrag selbst angreifbar. Wenn dieser Vertrag über die reine Nachlassverwaltung hinausgeht und Regelungen zum Eigenvermögen der Miterben enthält (wie Ausgleichszahlungen), kann er zivilrechtlich angefochten werden. Die Vollmacht deckt nicht die umfassende Regelung der Erbauseinandersetzung ab, sondern nur die Verfügung über konkrete Nachlassgegenstände.

Lassen Sie den Notar bei der Beurkundung explizit festhalten, dass der Vollzug (Auflassung) auf Basis der Vollmacht erfolgt und nur über den Nachlassgegenstand verfügt wird.


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Muss das Grundbuchamt prüfen, ob der zugrundeliegende Kaufvertrag rechtlich wirksam ist?

Nein, die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts ist stark begrenzt und bezieht sich primär auf den dinglichen Vollzug des Geschäfts. Die Behörde kontrolliert ausschließlich, ob die für die Eigentumsübertragung notwendigen, formal korrekten Erklärungen vorliegen. Die materielle Wirksamkeit oder Angemessenheit des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Kaufvertrags ist für die Eintragung irrelevant.

Diese strikte Trennung folgt dem deutschen Abstraktionsprinzip. Dieses Prinzip hält fest, dass das Verpflichtungsgeschäft (der Kaufvertrag) und das Verfügungsgeschäft (die Eigentumsübertragung) rechtlich unabhängig voneinander sind. Selbst wenn der Kaufvertrag später unwirksam wird oder fehlerhaft ist, bleibt die eigentliche Übertragung im Grundbuch – die Auflassung – wirksam, sofern die dingliche Erklärung formal korrekt erfolgte. Das Grundbuchamt prüft demnach nur die formale Legitimation nach § 19 GBO.

Die Behörde begeht einen Rechtsfehler, wenn sie über diese formelle Kontrolle hinausgeht und beispielsweise die Angemessenheit des Kaufpreises oder komplexe interne Erbauseinandersetzungen bewerten will. Gerichte bestätigen, dass die Zuständigkeit des Grundbuchamts auf das Vollzugsgeschäft beschränkt ist. Es genügt, wenn die Vollmacht zur Verfügung über Nachlassgegenstände berechtigt und der Akt der Auflassung formell wirksam erklärt wurde. Die Behörde darf keine Nachweise für das schuldrechtliche Geschäft fordern, da dieses außerhalb ihres Kompetenzbereichs liegt.

Verlangt das Grundbuchamt eine unnötige Prüfung des zugrundeliegenden Vertrages, weisen Sie in Ihrer Stellungnahme sofort auf die beschränkte Zuständigkeit und die Geltung des Abstraktionsprinzips hin.


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Was mache ich, wenn das Grundbuchamt die Eintragung wegen einer Vollmacht ablehnt?

Wenn das Grundbuchamt die Eintragung mithilfe einer sogenannten Zwischenverfügung ablehnt, ist schnelles Handeln nötig. Vermeiden Sie es, die geforderten Nachweise (wie Erbschein oder nachträgliche Genehmigungen) zu beschaffen, da dies Zeit und hohe Kosten verursacht. Stattdessen müssen Sie umgehend Beschwerde gegen diesen formellen Bescheid einlegen, gestützt auf § 18 Abs. 1 GBO. Dies ist der juristische Fahrplan, um die Eintragung zu erzwingen.

Die Ablehnung des Grundbuchamts beruht oft auf einem Rechtsirrtum, weil die Behörde fälschlicherweise die Genehmigung aller Miterben für das gesamte Geschäft fordert. Argumentieren Sie, dass die transmortale Vollmacht für den reinen dinglichen Vollzugsakt, die Auflassung, völlig ausreichend war. Das Grundbuchamt ist lediglich für die formale Prüfung der Verfügungsbefugnis zuständig, nicht aber für die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages. Es überschreitet seine Prüfungskompetenz, wenn es zusätzliche Erbnachweise fordert.

Reichen Sie die sofortige Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht ein, das die Rechtsauffassung der Behörde überprüfen muss. Dieses Gericht korrigiert das Grundbuchamt und weist es an, die Eintragung vorzunehmen, sofern die Vollmacht die Verfügung über Nachlassgegenstände deckte. Die konsequente Anwendung des Abstraktionsprinzips trennt das dingliche Geschäft rechtlich vom schuldrechtlichen Vertrag und ist der entscheidende juristische Hebel in diesem Verfahren.

Kontaktieren Sie sofort den beurkundenden Notar und weisen Sie ihn an, die Beschwerde auf Basis der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung vorzubereiten.


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Wofür ist eine transmortale Vollmacht bei Immobilien im Nachlassgeschäft nicht ausreichend?

Die transmortale Vollmacht ist nicht ausreichend für alle Vertragsaspekte, die über die reine Übertragung von Nachlassgegenständen hinausgehen. Sie deckt insbesondere keine schuldrechtlichen Geschäfte ab, welche die umfassende Erbteilung regeln oder das persönliche Eigenvermögen der lebenden Erben betreffen. Als Bevollmächtigter benötigen Sie für diese Bereiche zwingend eine zusätzliche Genehmigung aller Miterben, um rechtssicher zu handeln und persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden.

Der zentrale Grund für diese Einschränkung liegt in der Begrenzung der Verfügungsgewalt des Erblassers. Mit seinem Tod endet seine Befugnis, Entscheidungen über das Vermögen der nun lebenden Erben zu treffen. Während die Vollmacht die Verfügung über die Nachlasssache selbst erlaubt (das dingliche Geschäft), kann sie keine Verpflichtungen abdecken, die das individuelle Vermögen eines Miterben belasten. Dazu gehören beispielsweise Vereinbarungen über Ausgleichszahlungen, die Übernahme von Nachlassschulden oder interne Haftungsregelungen.

Nehmen wir an, Sie möchten ein geerbtes Grundstück verkaufen und gleichzeitig im selben Vertrag festlegen, wer interne Verbindlichkeiten trägt. Die transmortale Vollmacht ermöglicht zwar die wirksame Auflassung der Immobilie an den Käufer und damit die Eigentumsübertragung. Der interne Teil des Vertrages, der die Erbauseinandersetzung regelt, bleibt jedoch unwirksam, solange nicht alle Miterben diesen speziellen Punkt notariell genehmigen. Ohne diese Legitimierung handeln Sie als Bevollmächtigter in diesem Teil ohne Vertretungsmacht.

Prüfen Sie bei komplexen Geschäften stets, ob der Vertrag lediglich über Nachlassgegenstände verfügt oder das aktuelle Vermögen eines Miterben bindet.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Abstraktionsprinzip

Das Abstraktionsprinzip ist eine grundlegende Säule des deutschen Zivilrechts, die das Verpflichtungsgeschäft (Vertrag) streng vom Verfügungsgeschäft (Eigentumsübertragung) rechtlich trennt.
Das Gesetz verfolgt damit das Ziel, Rechtssicherheit zu garantieren; selbst wenn der zugrundeliegende Kaufvertrag unwirksam wird, bleibt die eigentliche dingliche Eigentumsübertragung bestehen, sofern diese formal korrekt erfolgte.

Beispiel:
Im vorliegenden Fall war die Auflassung der Immobilie dank des Abstraktionsprinzips wirksam, obwohl der zugrundeliegende schuldrechtliche Erbteilungsvertrag zwischen den Schwestern möglicherweise fehlerhaft war.

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Auflassung

Die Auflassung (§ 925 BGB) ist die zwingend notwendige formelle Einigung zwischen Verkäufer und Käufer vor einem Notar, dass das Eigentum an einem Grundstück jetzt und hier übergehen soll.
Juristen nennen die Auflassung das Verfügungsgeschäft, das in Kombination mit der Eintragung ins Grundbuch den tatsächlichen Eigentumswechsel vollzieht und damit dingliche Wirkung entfaltet.

Beispiel:
Die drei Schwestern benötigten die transmortale Vollmacht des Vaters, um die Erklärung der Auflassung für die Erbengemeinschaft als Verkäuferseite wirksam vor dem Notar abgeben zu können.

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Dinglicher Vollzug

Der dingliche Vollzug bezeichnet das formelle Prüfverfahren des Grundbuchamts, welches ausschließlich kontrolliert, ob alle für die Eigentumsübertragung notwendigen Dokumente und Erklärungen formal korrekt vorliegen.
Die Prüfungskompetenz der Behörde ist auf diesen Vollzug beschränkt; das Grundbuchamt darf und muss nicht die materielle Wirksamkeit oder Angemessenheit des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrages bewerten.

Beispiel:
Das Gericht stellte klar, dass das Grundbuchamt nur den dinglichen Vollzug des Geschäfts prüfen musste, anstatt sich in die komplexe Bewertung des Erbteilungsvertrages zu vertiefen.

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Schuldrechtliches Geschäft

Ein schuldrechtliches Geschäft ist ein Rechtsakt, der eine Verpflichtung zur Leistung begründet, wie etwa die Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises oder die Pflicht des Verkäufers zur Übergabe der Immobilie.
Dieser Vertrag schafft nur Ansprüche zwischen den Vertragsparteien (relativ), aber überträgt noch nicht das Eigentum selbst, weshalb es vom dinglichen Geschäft streng zu trennen ist.

Beispiel:
Die Erbteilungsvereinbarung zwischen den Miterben, die Kaufpreis und Ausgleichszahlungen regelte, stellte das schuldrechtliche Geschäft dar, welches die transmortale Vollmacht nur begrenzt abdeckte.

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Transmortale Vollmacht

Eine transmortale Vollmacht ist eine spezielle Generalvollmacht, die der Erblasser zu Lebzeiten erteilt und die explizit über seinen Tod hinaus wirksam bleibt, um sofortiges Handeln zu ermöglichen.
Juristisch gesehen baut diese Vollmacht eine Brücke über den Tod und erlaubt es dem Bevollmächtigten, direkt Verfügungen über den Nachlass zu treffen, wodurch die zeitraubende Vorlage eines Erbscheins unnötig wird.

Beispiel:
Die Töchter nutzten die transmortale Vollmacht des verstorbenen Vaters als ausreichende Legitimation, um die Grundstücksübertragung zugunsten der Käuferinnen durchzuführen.

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Zwischenverfügung

Die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO ist eine förmliche Mitteilung des Grundbuchamts, in der es formelle Mängel im Eintragungsverfahren aufzeigt und dem Antragsteller eine Frist zur Behebung dieser Mängel setzt.
Die Behörde nutzt dieses Instrument, um den Rang der beantragten Eintragung zu sichern, während der Antragsteller die fehlenden Dokumente wie beispielsweise den Erbschein nachreichen kann.

Beispiel:
Als das Grundbuchamt einen offiziellen Erbnachweis sowie notarielle Genehmigungen aller Erben forderte, erließ es eine Zwischenverfügung, gegen die die Schwestern später erfolgreich Beschwerde einlegten.

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Das vorliegende Urteil


OLG Stuttgart – Az.: 8 W 303/24 – Beschluss vom 11.11.2024


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