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Kapitalerhöhung einer GmbH mit mehreren Geschäftsanteilen

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass bei einer Kapitalerhöhung einer GmbH mit mehreren Geschäftsanteilen eine abweichende Verteilung auf die Anteile zulässig ist, solange die Gesamtbeteiligung der Gesellschafter unverändert bleibt. Diese Entscheidung eröffnet GmbH-Gesellschaftern einen größeren Gestaltungsspielraum bei Kapitalerhöhungen.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Kapitalerhöhung einer GmbH kann bei mehreren Geschäftsanteilen erfolgen, ohne dass jeder Anteil proportional erhöht werden muss.
  • Maßgeblich ist das Verhältnis der Gesamtbeteiligung der Gesellschafter, nicht der einzelnen Anteile.
  • Eine abweichende Verteilung der Kapitalerhöhung auf einzelne Geschäftsanteile ist bei einstimmigem Beschluss zulässig, solange die Gesamtbeteiligung unverändert bleibt.
  • Bei gleichen Rechten und Belastungen der Geschäftsanteile besteht grundsätzlich keine Pflicht zur proportionalen Erhöhung jedes Anteils.
  • Ein ursprünglich abweichender Beschluss kann durch Änderungsbeschluss korrigiert werden (§ 139 BGB).
  • Die Vorschrift des § 57j GmbHG dient nur dazu, Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse zu verhindern, nicht einzelne Anteile zu regeln.
  • Besteht Gestaltungsfreiheit im Rahmen der §§ 57j, 57m GmbHG bei einstimmigem Gesellschafterbeschluss.

Kapitalerhöhung bei GmbH: Abweichende Verteilung auf Geschäftsanteile zulässig

Eine Kapitalerhöhung bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist ein komplexer rechtlicher Vorgang, der sorgfältig geplant und umgesetzt werden muss. Dabei stellen insbesondere Gesellschaften mit mehreren Geschäftsanteilen die Beteiligten oft vor Herausforderungen. Die Kapitalerhöhung muss so erfolgen, dass die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter zueinander gewahrt bleiben und eine rechtssichere Umsetzung gewährleistet ist.

Entscheidend ist hier das Zusammenspiel verschiedener Rechtsnormen des GmbH-Rechts, die einerseits die Rechte der Gesellschafter schützen, andererseits aber auch Gestaltungsspielräume eröffnen. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob eine proportionale Erhöhung aller Geschäftsanteile zwingend vorgeschrieben ist oder ob Abweichungen möglich sind.

In der Folge wird ein aktueller Gerichtsbeschluss vorgestellt, der sich eingehend mit diesen Fragen befasst und wertvolle Erkenntnisse für die Praxis liefert.

Der Fall vor dem Oberlandesgericht Schleswig-Holstein im Detail

GmbH-Kapitalerhöhung: Abweichende Verteilung auf mehrere Geschäftsanteile zulässig

Im vorliegenden Fall befasste sich das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein mit der Frage, ob eine Kapitalerhöhung einer GmbH mit mehreren Geschäftsanteilen zwingend eine proportionale Erhöhung jedes einzelnen Anteils erfordert. Die Beschwerdeführerin, eine GmbH mit vier Gesellschaftern, hatte eine Kapitalerhöhung aus einer Gewinnrücklage beschlossen. Dabei wurde jedoch nicht jeder Geschäftsanteil erhöht, sondern nur jeweils einer der Anteile jedes Gesellschafters. Das Registergericht lehnte die Eintragung der Kapitalerhöhung mit der Begründung ab, dass die Verteilung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche.

Streitpunkt: Quotalitätsgebot bei der Kapitalerhöhung

Kern des Rechtsstreits war die Auslegung des § 57j GmbHG, der die Verteilung neuer Geschäftsanteile bei einer Kapitalerhöhung regelt. Nach dem Wortlaut der Norm stehen die neuen Anteile den Gesellschaftern „im Verhältnis ihrer bisherigen Geschäftsanteile“ zu. Das Registergericht interpretierte dies dahingehend, dass jeder einzelne Geschäftsanteil proportional erhöht werden müsse. Die Beschwerdeführerin argumentierte hingegen, dass maßgeblich das Verhältnis der Gesamtbeteiligung der Gesellschafter sei und eine abweichende Verteilung bei einstimmigem Beschluss zulässig sei.

Entscheidung des Oberlandesgerichts: Abweichende Verteilung zulässig

Das Oberlandesgericht folgte der Argumentation der Beschwerdeführerin und hob den Beschluss des Registergerichts auf. In seiner Begründung verwies der Senat auf den Sinn und Zweck des § 57j GmbHG, der darin bestehe, Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse durch die Kapitalerhöhung zu verhindern. Im vorliegenden Fall sei die Gesamtbeteiligung der Gesellschafter jedoch unverändert geblieben, sodass kein Grund ersichtlich sei, das sogenannte Quotalitätsgebot auf jeden einzelnen Anteil zu beziehen.

Bedeutung für die Praxis: Gestaltungsspielraum bei der Kapitalerhöhung

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts eröffnet GmbH-Gesellschaftern einen größeren Gestaltungsspielraum bei der Durchführung von Kapitalerhöhungen. Solange die Gesamtbeteiligung der Gesellschafter unverändert bleibt, können einzelne Geschäftsanteile abweichend erhöht werden, beispielsweise um bestimmte Anteile mit besonderen Rechten auszustatten. Voraussetzung ist jedoch ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss, der die abweichende Verteilung festlegt.

✔ FAQ zum Thema: GmbH-Kapitalerhöhung


Was ist eine Kapitalerhöhung bei einer GmbH und warum wird sie durchgeführt?

Eine Kapitalerhöhung bei einer GmbH ist die Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft. Sie wird aus verschiedenen Gründen durchgeführt:

  • Finanzierung von Expansionen, Investitionen oder neuen Geschäftsbereichen: Durch die Erhöhung des Eigenkapitals erhält die GmbH zusätzliche liquide Mittel, um Wachstum und Ausbaupläne zu finanzieren.
  • Stärkung der Eigenkapitalbasis: Ein höheres Stammkapital verbessert die Kreditwürdigkeit der GmbH und erhöht ihre Bonität gegenüber Banken und Gläubigern. Dies erleichtert die Aufnahme von Fremdkapital.
  • Aufnahme neuer Gesellschafter: Durch die Ausgabe neuer Geschäftsanteile können weitere Investoren als Gesellschafter in die GmbH aufgenommen werden. Deren Einlagen erhöhen das Stammkapital.
  • Vermeidung einer Überschuldung: Wenn eine GmbH in einer Schieflage ist und dringend neue Geldmittel benötigt, kann eine Kapitalerhöhung die Überschuldung abwenden.
  • Verbesserung der Liquiditätslage: Zusätzliches Eigenkapital durch eine Kapitalerhöhung stärkt die Liquiditätsausstattung und schafft finanzielle Handlungsspielräume.

Die Kapitalerhöhung ist ein wichtiges Instrument für GmbHs, um ihre Kapitalbasis zu stärken und Wachstumspläne umzusetzen. Die genauen Gründe hängen von der Situation des Unternehmens ab.


Wie wird eine Kapitalerhöhung rechtlich umgesetzt?

Eine Kapitalerhöhung bei einer GmbH erfordert die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Formvorschriften und Schritte:

Kapitalerhöhungsbeschluss

Zunächst muss ein Kapitalerhöhungsbeschluss von der Gesellschafterversammlung gefasst werden. Hierfür ist in der Regel eine 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, sofern der Gesellschaftsvertrag keine höhere Mehrheit vorsieht (§ 53 Abs. 2 GmbHG). Der Beschluss muss notariell beurkundet werden.

Zulassungsbeschluss

Sofern das Bezugsrecht der Altgesellschafter nicht ausgeschlossen wird, ist ein Zulassungsbeschluss erforderlich. Hierin wird festgelegt, wem und in welcher Höhe neue Geschäftsanteile angeboten werden.

Übernahmeverträge

Die zur Kapitalerhöhung zugelassenen Personen müssen Übernahmeverträge über die neuen Geschäftsanteile abschließen. Diese müssen ebenfalls notariell beurkundet werden.

Einlageleistung

Die Übernehmer müssen die vereinbarten Einlagen für die neuen Geschäftsanteile leisten, in der Regel durch Bareinzahlungen (§ 56a GmbHG).

Anmeldung und Eintragung

Abschließend muss die Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden (§ 57 GmbHG). Das Registergericht prüft die Wirksamkeit der Durchführung. Erst mit der Eintragung wird die Kapitalerhöhung rechtswirksam.

Die Einhaltung dieser Formvorschriften ist zwingend erforderlich, um eine rechtssichere und wirksame Kapitalerhöhung durchzuführen.


Welche Rechte haben bestehende Gesellschafter bei einer Kapitalerhöhung?

Die bestehenden Gesellschafter einer GmbH haben bei einer Kapitalerhöhung grundsätzlich ein gesetzliches Bezugsrecht. Dieses Recht dient dem Schutz ihrer Beteiligungsquote und Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft.

Bezugsrecht der Altgesellschafter

Das Bezugsrecht gewährleistet, dass jeder Gesellschafter im Verhältnis seines bisherigen Anteils am Stammkapital neue Geschäftsanteile erwerben und so seine relative Beteiligung aufrechterhalten kann.

Durch die Ausübung des Bezugsrechts wird verhindert, dass der Anteil eines Gesellschafters an der GmbH durch die Kapitalerhöhung „verwässert“ und sein Stimmrecht sowie seine Gewinnbeteiligung relativ gesehen verringert werden.

Ausschluss des Bezugsrechts

Ein Ausschluss des Bezugsrechts ist zwar möglich, unterliegt aber strengen Voraussetzungen:

  • Es muss ein wichtiger Grund im Interesse der Gesellschaft vorliegen, z.B. die Aufnahme eines neuen Investors.
  • Der Ausschluss bedarf einer Dreiviertelmehrheit im Kapitalerhöhungsbeschluss, in der Satzung kann sogar eine höhere Mehrheit vorgesehen sein.
  • Der Ausgabepreis der neuen Anteile darf nicht unangemessen niedrig sein, um die Altgesellschafter vor Verwässerung zu schützen.

Werden diese Voraussetzungen nicht eingehalten, können die Altgesellschafter den Bezugsrechtsausschluss anfechten.

Das Bezugsrecht ist ein wichtiges Instrument für Gesellschafter, um ihre Beteiligungsquote und ihren Einfluss in der Gesellschaft bei Kapitalmaßnahmen zu wahren. Ein Ausschluss ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 57h GmbHG: Regelt die Kapitalerhöhung durch Nennbetrags- oder Stückzahländerung bei GmbHs. Dieser Paragraph ist zentral, da er die formellen Anforderungen und Prozesse definiert, die bei einer Kapitalerhöhung zu beachten sind. Im vorliegenden Fall wurde die Kapitalerhöhung durch eine Erhöhung des Nennbetrags der Geschäftsanteile umgesetzt.
  • § 57j GmbHG: Dieser Paragraph bestimmt, dass die neuen Geschäftsanteile den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer bisherigen Anteile zustehen, was das sogenannte Quotalitätsgebot festlegt. Die Auslegung dieses Gesetzes war ein Hauptstreitpunkt, da das Amtsgericht eine proportionale Erhöhung jedes Geschäftsanteils forderte, während die Beschwerdeführer eine andere Verteilung vornahmen.
  • § 57l GmbHG: Erörtert die Bedingungen für die Einzahlung neuer Anteile und deren Konsequenzen. Die vollständige Einzahlung aller Geschäftsanteile im diskutierten Fall spielt eine Rolle für die Argumentation, dass trotz der abweichenden Verteilung der Anteile keine Änderung der Beteiligungsverhältnisse stattfand.
  • § 57m GmbHG: Dieser Paragraph regelt die Beschränkungen bei der Gestaltung von Kapitalerhöhungen, um zu verhindern, dass sich die Beziehungen der Gesellschafter untereinander oder gegenüber Dritten unzulässig verändern. Die Einhaltung dieses Paragraphen ist entscheidend, um die Rechtmäßigkeit von abweichenden Vereinbarungen bei der Kapitalerhöhung sicherzustellen.
  • § 139 BGB: Erlaubt die Aufrechterhaltung eines rechtlichen Akts in seinem restlichen Bestand, falls nur ein Teil davon nichtig ist. Dieser Paragraph war relevant, als die Gesellschafter versuchten, einen als nichtig angesehenen Beschluss zu ändern, um die Kapitalerhöhung dennoch wirksam durchzuführen.
  • § 58 FamFG: Legt die Zulässigkeit einer Beschwerde in familienrechtlichen Angelegenheiten fest, was hier analog für die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen im Gesellschaftsrecht genutzt wird. Die erfolgreiche Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts stützte sich auf diese Regelung, um eine Überprüfung durch das Oberlandesgericht zu erreichen.


➜ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Schleswig-Holstein


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 2 Wx 57/23 – Beschluss vom 03.04.2024

Der Beschluss des Amtsgerichts Flensburg vom 25.09.2023, Az.:, wird aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, die Eintragung gemäß Antrag vom 14.08.2023 in der Form des Gesellschafterbeschlusses vom 15.09.2023 (Urk-Nr. des Notars H) vorzunehmen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit vier Gesellschafterinnen und Gesellschaftern. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug bisher 170.000,00 € verteilt auf zwölf Geschäftsanteile. Die Gesellschafter H. und A. X sind Inhaber von je drei Geschäftsanteilen, die in der Summe 45,0 % des Stammkapitals umfassen. Die Gesellschafter M. und K. X halten jeweils zwei Geschäftsanteile, die in der Summe je 5 % des Gesellschaftsanteils umfassen.

Die Gesellschafter beschlossen am 14.08.2023 notariell beurkundet die Erhöhung des Stammkapitals auf 1.000.000,00 € durch Erhöhung der Geschäftsanteile aus einer Gewinnrücklage in Höhe von 830.000,00 €. Zugrunde lag ein von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigter Jahresabschluss. Die Gesellschafter beschlossen die Erhöhung der jeweiligen Geschäftsanteile dergestalt, dass nur jeweils einer der von den jeweiligen Gesellschaftern gehaltenen Gesellschaftsanteile erhöht wurde. Zusammen mit den unveränderten Geschäftsanteilen blieben Frau M. und Herr K. X Inhaber von je 5 %, die übrigen zwei Gesellschafter Inhaber von je 45 % des Stammkapitals.

Der beurkundende Notar hat beim Registergericht die Kapitalerhöhung und Satzungsänderung sowie die aktualisierte Gesellschafterliste zur Eintragung angemeldet. Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 28.08.2023 darauf hingewiesen, dass der Antrag unvollständig sei und aus rechtlichen Gründen zur Rücknahme des Antrages aufgefordert. Der Beschluss zur Kapitalerhöhung sei nichtig, da alle Geschäftsanteile proportional an der Erhöhung teilnehmen müssten. Nachdem der Notar die geforderten Unterlagen übersandt hatte, hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 20.09.2023 erneut auf seine Rechtsauffassung zur Kapitalerhöhung hingewiesen. Der Notar hat zwischenzeitlich einen ergänzenden Beschluss der Gesellschafter vom 15.09.2023 übersandt. Mit diesem Beschluss änderten die Gesellschafter die Erhöhung der Geschäftsanteile. Der Beschluss enthält nunmehr eine proportionale Erhöhung jedes einzelnen Geschäftsanteiles. Das Amtsgericht hat nach Mitteilung, dass es den ursprünglichen Beschluss weiterhin für nichtig halte, sodass dieser nicht abgeändert werden könne, den angefochtenen Beschluss erlassen, mit dem es den Antrag zurückgewiesen hat. Werde als Art der Kapitalerhöhung gem. § 57h GmbHG die Aufstockung der Geschäftsanteile gewählt, müssten gem. § 57j S. 1 GmbHG alle Geschäftsanteile proportional an der Erhöhung teilnehmen. Dies sei nicht erfolgt, sodass die Nichtigkeitsfolge des § 57j S. 2 GmbHG greife. Dies gelte trotz des einstimmigen Beschlusses der Gesellschafter. Somit habe der Beschluss durch diese auch nicht mehr abgeändert werden können und die Anmeldungen seien zurückzuweisen. Die Gesellschafterlisten seien ebenfalls nicht einzutragen, da sie erst nach Eintragung der Kapitalerhöhung eintragungsfähig seien.

Hiergegen richtet sich die GmbH mit ihrer Beschwerde. § 57j GmbHG diene dem Zweck, eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse durch Gesellschafterbeschluss zu verhindern. Im vorliegenden Fall einer Aufstockung, bei der das Verhältnis der den Gesellschaftern insgesamt zustehenden Geschäftsanteile unverändert bleibe, sei kein Grund ersichtlich, das Quotalitätsgebot auf jeden einzelnen Anteil zu beziehen; entscheidend sei die Gesamtbeteiligung der jeweiligen Gesellschafter. Der Wortlaut des § 57j GmbHG stehe dem nicht entgegen. Etwas anderes gelte nur, wenn die verschiedenen Anteile eines Gesellschafters mit unterschiedlichen Rechten und Belastungen verbunden seien. Im vorliegenden Fall seien auch alle Geschäftsanteile vollständig einbezahlt. Selbst wenn der zunächst gefasste Beschluss als nichtig angesehen werde, habe durch den nachfolgenden Beschluss eine Änderung erfolgen können. Die Gesellschafter hätten gem. § 139 BGB durch den nachfolgenden Beschluss gezeigt, dass sie die Beschlüsse im Übrigen ohne den nichtigen Teil aufrechterhalten wollten.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gem. § 58 FamFG zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Beschluss vom 14.08.2023 war wirksam, sodass er nachfolgend geändert werden konnte. Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, dass eine Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH im Wege der Erhöhung des Nennbetrages der bisherigen Geschäftsanteile im Grundsatz zu einer proportionalen Erhöhung dieser Anteile führt, § 52h Abs. 1 Alt. 2, § 52j S. 1, § 57l Abs. 1 GmbHG, auch wenn mehrere Geschäftsanteile in einer Hand liegen (Altmeppen, 11. Aufl. 2023, GmbHG § 57h Rn. 6). Hintergrund der Regelungen ist, dass mit der „Umbuchung“ von Rücklagen der Gesellschaft in das Stammkapital keine reale Veränderung des Eigenkapitals der Gesellschaft einhergeht. Zudem soll durch die Norm des § 57j GmbHG sichergestellt werden, dass die Beteiligung der Gesellschafter an der GmbH durch die Erhöhung nicht verändert wird (BeckOK GmbHG/Rühland, Stand 01.11.2023, § 57j Rn. 1). Dies legt auch der Wortlaut des § 57j S.1 GmbHG nahe: „Die neuen Geschäftsanteile stehen den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer bisherigen Geschäftsanteile zu“. Bezugspunkt der Zuordnung der neuen Geschäftsanteile sind damit die Gesellschafter und nicht die bisherigen Geschäftsanteile. Die Zuordnung der Kapitalerhöhung proportional zur bisherigen Beteiligung der jeweiligen Gesellschafter entspringt somit damit der rechtlichen Systematik (vgl. Neumayer/Grädler, beck-online Großkommentar GmbHG, Stand 01.120.2023, § 57j Rn. 2). Die Norm des § 57j GmbHG findet trotz ihres Wortlautes, der auf die „neuen“ Geschäftsanteile Bezug nimmt, auch für die Kapitalerhöhung im Wege der Nennbetragserhöhung Anwendung (vgl. BeckOK GmbHG/Rühland, a. a. O.). Wie die Beschwerdeführerin dargelegt hat, ist zudem in bestimmten Situationen eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Geschäftsanteile notwendig, insbesondere, wenn diese mit unterschiedlichen Rechten oder Belastungen versehen sind, z. B. abweichenden Stimmrechten. Auch für lediglich teilweise eingezahlte Geschäftsanteile besteht gem. § 57l Abs. 2 GmbHG Anlass zu einer auf den jeweiligen Geschäftsanteil bezogenen Betrachtung. Eine Differenzierung ist allerdings bei der Frage möglich, wie die Kapitalerhöhung ausgeführt wird. So kann es zulässig sein, die Kapitalerhöhung bei einem Gesellschafter durch Nennbetragserhöhung und bei einem anderen Gesellschafter durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile oder eine Kombination von beiden Arten durchzuführen (BeckOK GmbHG/Rühland, § 57j Rn. 8). Eine weitere Grenze der Gestaltungsfreiheit zieht zudem § 57m GmbHG. Dieser soll verhindern, dass sich die Beziehungen der Gesellschafter untereinander oder gegenüber Dritten verändern (BeckOK GmbHG/Rühland, Einleitung zu § 57m).

In Fällen wie dem vorliegenden, in denen alle Geschäftsanteile vollständig eingezahlt sind und keine unterschiedlichen Stimmrechte mit den Geschäftsanteilen verbunden sind zudem keinerlei andere Unterschiede in den Rechten, Pflichten und Belastungen im Verhältnis der Gesellschafter oder gegenüber Dritten vorliegen, sind keine Gründe ersichtlich, bei einem einstimmigen Gesellschafterbeschluss eine abweichende Verteilung in den Grenzen des § 57m Abs. 1 GmbHG vorzunehmen. Insbesondere der Umstand, dass die Erhöhung des Stammkapitals in derartigen Fällen auch durch Schaffung neuer Geschäftsanteile oder Mischformen erfolgen könnte, führt dazu, dass es nicht zwingend ist, alle vorhandenen Geschäftsanteile proportional zu erhöhen. Dies entspricht der zwischenzeitlich herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl. nur Altmeppen, a. a. O. Rnrn. 5-7, MüKo-GmbHG/Liener, 4. Aufl. 2022, § 57 h Rn. 9, Schemmann, NZG 2009, 241, 244; Servatius in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 57h Rn. 5; wohl auch BeckOK GmbHG/Rühland, § 57j Rn. 5 mit einer auf die in der Person der Gesellschafter bezogenen Betrachtung).

War die von den Gesellschaftern getroffene abweichende Vereinbarung wie dargestellt wirksam, konnte sie durch den nachfolgenden Beschluss, der eine proportionale Erhöhung aller Geschäftsanteile vorsieht, wirksam geändert werden. Dieser in der erforderlichen Form vorgelegte Antrag ist daher zur Grundlage der Eintragung zu machen.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Registergericht auch für den Fall, dass der Beschluss im Hinblick auf die Verteilung der Kapitalerhöhung auf die einzelnen Geschäftsanteile nichtig gewesen wäre, Anlass gehabt hätte zu prüfen, ob eine Eintragung auf Basis des Änderungsbeschlusses hätte erfolgen müssen. Schließlich haben die Gesellschafter durch diesen Änderungsbeschluss deutlich gemacht, das Rechtsgeschäft, soweit es sie Kapitalerhöhung als solche betroffen hat, aufrechterhalten zu wollen, § 139 BGB. Insoweit hätte eine Ersetzung des nichtigen Teils erfolgen können.

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