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Notar – Aufklärungs- und Belehrungspflichten bei Beurkundung eines Testaments

LG Düsseldorf – Az.: 25 OH 79/18 – Beschluss vom 23.02.2021

Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 GNotKG wird die Kostenrechnung vom 27. August 2018 in der Fassung vom 7. November 2018 des Notars Dr. D. in Düsseldorf abgeändert.

In der Rechnung sind 95,20 EUR zu viel erhoben worden.

Der Gesamtbetrag der Rechnung Nr. R1800151 wird auf 10.103,22 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Für den 15. März 2018 um 10:30 Uhr war ein Besprechungstermin der Beteiligten zu 1. und 2. im Notariat des Beteiligten zu 3. vereinbart.

Diese Besprechung wurde von Seiten des Notariats entgegen der Erwartung der Beteiligten zu 1. und 2. durch den Zeugen E. geführt. Die Beteiligten zu 1. und 2. wiesen auf ihre unmittelbar bevorstehenden Reisepläne in Gestalt einer gefahrvollen Reise zum Himalaya hin, in deren Vorfeld sie ihren Nachlass und eine etwaige Vorsorge zu regeln wünschten. Die an der Besprechung Beteiligten erörterten die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments sowie die Erteilung einer Generalvollmacht nebst Patienten- und Betreuungsverfügung. Die Beteiligten zu 1. und 2. teilten ihre persönlichen Daten und weitere Informationen mit.

Nach dem streitigen Vortrag des Beteiligten zu 3. fertigte das Notariat noch am 15. März 2018 Entwürfe eines gemeinschaftlichen Testaments und einer Generalvollmacht nebst Patienten-/Betreuungsverfügung (Bl. 8ff. GA) und übermittelte diese am 16. März 2019 an die von den Beteiligten zu 1. und 2. mitgeteilte E-Mail-Adresse.

Noch am Nachmittag des 15. März 2018 rief die Beteiligte zu 1. im Notariat an und sagte nach dem streitigen Vortrag des Beteiligten zu 3. gegenüber der Zeugin F. den für den 19. März 2018 vorgesehenen Beurkundungstermin ab. Demgegenüber hat die Beteiligte zu 1. nach dem Vortrag der Beteiligten zu 1. und 2. gegenüber dem Zeugen E. geäußert, dass in dieser Sache nichts mehr veranlasst werden solle.

Die Entwürfe wurden als Einwurf-Einschreiben mit Schriftsatz vom 29. Mai 2018 unter Hinweis auf eine vorangegangene Übermittlung am 16. März 2018 per E-Mail an die Beteiligten zu 1. und 2. übersandt. Wörtlich heißt es u.a.: „zu den vorbezeichneten Angelegenheiten habe ich ihnen per Mailübermittlung am 16.03.2018 die genannten Entwürfe übersandt mit der Bitte um Vereinbarung eines Beurkundungstermins. Die Entwürfe füge ich nochmals zur Kenntnisnahme bei. Da zwischenzeitlich keine Terminvereinbarung erfolgt ist, bitte ich höflich um Mitteilung, ob das Gemeinschaftliche Testament und die Generalvollmacht mit Patientenverfügung noch beurkundet werden. Sollte ich innerhalb von drei Wochen keine Rückäußerung von Ihnen erhalten, beabsichtige ich, meinen Aufwand in dieser Angelegenheit gegen Rechnungserteilung abzuschließen.“

In der Folgezeit kam es zu keiner Beurkundung und mit Kostenrechnung vom 27. August 2018 (Bl. 17 GA) stellte der Beteiligte zu 3. für die vorzeitige Beendigung eines Beurkundungsauftrags betreff der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments und einer Generalvollmacht nebst Patientenverfügung 10.198,42 EUR in Rechnung. Unter dem 7. November 2018 wurde die Kostenrechnung dahingehend korrigiert, dass die Geschäftswerte für die Vollmacht und Patientenverfügung einzeln ausgewiesen wurden (Bl. 54 GA).

Gegen die Kostenrechnung haben die Beteiligten zu 1. und 2. einen Antrag auf Entscheidung gemäß § 127 GNotKG eingebracht und vorsorglich die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe der geltend gemachten Gebühren erklärt.

Die Kammer hat gemäß Beschluss vom 13. Juli 2020 (Bl. 165 GA) die Beteiligten zu 1. und 2. angehört und E. und F. als Zeugen vernommen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. November 2020 (Bl. 193ff. GA) verwiesen.

Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 25. März 2020 Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Auf Antrag der Kostenschuldner nach § 127 GNotKG war die streitgegenständliche Kostenrechnung vom 7. November 2018, durch welche die ursprüngliche Kostenrechnung vom 27. August 2018 berichtigt worden war, in geringem Umfang abzuändern.

Eingangs ist festzuhalten, dass nur die erhobenen Beanstandungen den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Antragsverfahrens in Notarkostensachen bestimmen. Eine weitergehende gerichtliche Überprüfung findet nicht statt (Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 18. Dezember 2018, – 20 W 46/17).

Vorliegend haben die Beteiligten zu 1. und 2. die Kostenrechnung mit folgenden Einwendungen angegriffen:

  • keine Belehrung über anfallende Kosten,
  • keine Erteilung eines Beurkundungsauftrags,
  • keine Belehrung über kostengünstigere Alternativen: eigenhändiges Testament, Formular „Vorsorgevollmacht/Betreuungsverfügung“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz,
  • Höhe des Geschäftswertes von 2 Mio. Euro,
  • Höhe des Geschäftswertes für Vollmacht und Patientenverfügung.

1. Die geänderte Kostenrechnung ist rechnerisch nicht zu beanstanden und entspricht dem Zitiergebot des § 19 Abs. 2 und Abs. 3 GNotKG.

Der Notar ist zur Änderung der Kostenrechnung im Verlaufe des Antragsverfahrens nach § 127 GNotKG berechtigt (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Oktober 2008, – V ZB 89/08; Bormann/Diehn/Sommerfeldt-Neie, GNotKG, 3. Aufl., § 127 Rn. 67). Der Beteiligte zu 3. hat die ursprüngliche Kostenrechnung in zulässiger Weise berichtigt und durch die korrigierte Kostenrechnung vom 7. November 2018 über 10.198,42 EUR ersetzt, welche nunmehr Gegenstand dieses Verfahrens ist. Dies hat er mit Schriftsatz vom 20. Februar 2019 ausdrücklich klargestellt.

2. Die Gebühren Nr. 21302, 21303 KV GNotKG sind entstanden.

a) Die Beteiligten zu 1. und 2. haben dem Beteiligten zu 3. einen Beurkundungsauftrag erteilt.

An den Beurkundungsauftrag werden keine besonderen Formanforderungen gestellt, insbesondere kann er auch konkludent erteilt werden.

Ein Auftrag nach § 4 GNotKG ist jedes an den Notar gerichtete Ansuchen, das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist.

Auftraggeber in diesem Sinne ist, welcher dem Notar durch Wort oder Schrift zu erkennen gegeben hat, dass in seinem Interesse eine bestimmte Beurkundung bzw. Entwurfserstellung vorgenommen werden soll (Korintenberg-Gläser, GNotKG, 21. Aufl., § 29 Rn. 18). Ein solcher Auftrag braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, er kann auch stillschweigend erteilt sein. Bei der Würdigung des schlüssigen Verhaltens sind die allgemeinen Auslegungsgrundsätze betreffend rechtsgeschäftliche Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Von maßgeblicher Bedeutung ist, ob das Verhalten des Beteiligten für den Notar als den Empfänger der Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 22. August 2019, – I-10 W 90/19).

Unstreitig ist ein Besprechungstermin für den 15. März 2018 vereinbart worden und hat dieser zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. und dem Zeugen E. stattgefunden.

Der Ablauf der Besprechung ist in großen Teilen streitig.

Der Beteiligte zu 3. trägt vor, dass der Zeuge E. am 15. März 2018 um 10:56 Uhr im Einvernehmen mit den Beteiligten zu 1. und 2. einen Beurkundungstermin für den 19. März 2018 um 13:00 Uhr in dem elektronischen Kalender des Notariats reserviert habe.

Die Beteiligten zu 1. und 2. tragen demgegenüber vor, dass allein eine Beurkundung vor dem 19. März 2018 von ihnen gewollt gewesen sei. Sie wären auch nicht auf ein notariell beurkundetes Testament fixiert gewesen. Vielmehr erwarteten sie insofern eine Beratung. Dem Vorschlag des Zeugen E. zur Beurkundung am 19. März 2018 wären sie ausdrücklich mit dem Hinweis, dass der Termin im Hinblick auf den Reiseantritt zu spät sei, entgegengetreten.

Die Kammer ist nach Vernehmung der Zeugen E. und F. sowie Anhörung der Beteiligten zu 1. und 2. davon überzeugt, dass die Beteiligten zu 1. und 2. der Reservierung des Beurkundungstermins vom 19. März 2018 um 13:00 Uhr zugestimmt haben.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben anlässlich ihrer Anhörung durch die Kammer am 16. November 2020 erklärt, dass sie einen Termin bei dem Notariat telefonisch vereinbart hätten mit dem Gegenstand Beratung wegen eines Testamentes. Sie seien am 15. März 2018 in dem Notariat erschienen und erstaunt gewesen, dass der Notar selber keine Zeit für sie habe. Der Zeuge E., ein Mitarbeiter des Notariats, habe zur Verfügung gestanden, und diesem gegenüber hätten sie ihre Wünsche geäußert. Sie hätten ausdrücklich auf eine Erledigung vor ihrer am 19. März 2018 beginnenden Reise hingewiesen. Der Mitarbeiter habe erklärt, es sei zeitlich zu 99 % nicht mehr möglich, vor dem Urlaub etwas zu unternehmen. Der Mitarbeiter habe nicht erklärt, er werde irgendwelche Entwürfe oder Vorschläge erarbeiten. Der Mitarbeiter habe ganz sicher nicht gesagt, dass er einen Termin für den 19. März 2018 für uns reservieren werde. Bereits auf der Rückfahrt nach dem Gespräch haben wir uns dann überlegt, dass das Ganze tatsächlich zu kurzfristig sei. Nach Rücksprache mit den Eltern der Beteiligten zu 1., die durch das Testament abgesichert werden sollten, habe die Beteiligte zu 1. in dem Notariat angerufen und einer Dame am Empfang erklären wollen, es solle alles abgeblasen werden. Diese habe jedoch gesagt, sie sei nicht zuständig und die Beteiligte zu 1. müsste mit Herrn E.  sprechen. Dieser habe dann zurückgerufen, vielleicht zwei oder drei Stunden später, und erklärt, dass die Entwürfe schon fertig seien. Die Beteiligte zu 1. habe darauf hingewiesen, dass sie die Entwürfe nicht bräuchten und er sie nicht schicken solle. Herr E. habe jedoch erwidert, er werde die Entwürfe dennoch schicken und wörtlich bekundet „dann solle ich es halt in den Müll schmeißen, wenn ich es nicht brauche“. Per E-Mail hätten sie keine Entwürfe bekommen, sondern erst mit der Post seien ihnen Entwürfe übermittelt worden. Nach Erhalt der Rechnung habe die Beteiligte zu 1. im Notariat angerufen und Herr E. habe erklärt, er habe die Entwürfe gefertigt und dann müssten sie auch bezahlt werden. Tatsächlich hätten sie nach der Rückkehr aus dem Urlaub kein Interesse mehr an einem notariellen Testament gehabt. Sie hätten noch am 16. März 2018 ein handschriftliches Testament verfasst.

Der Zeuge E. hat bekundet, dass die Beteiligten zu 1. und 2. eigentlich noch am 15. März 2018 ein Testament und  eine Vollmacht beurkunden lassen wollten. Dies sei aber terminlich nicht möglich gewesen. Er habe deshalb für sie einen Termin am 19. März 2018 mittags reserviert. Die Beteiligten zu 1. und 2. hätten erklärt, dass das kein Problem sei, da sie erst abends ihre Reise antreten würden. Der Termin für den 19. März sei im Beisein der Beteiligten zu 1. und 2. gemacht worden. Er habe ihnen erklärt, dass die Wirksamkeit sofort mit Beurkundung eintrete und von der Erstellung von Ausfertigungen unabhängig sei. Die Eheleute wollten sich wechselseitig als Erben und danach die Eltern der Ehefrau als Erben einsetzen. Er habe nach dem Besprechungstermin nicht mehr mit den Kostenschuldnern gesprochen. Er habe nur gehört, dass der Termin für den 19. März abgesagt worden sei. Er habe ganz sicher nicht noch einmal mit der Beteiligten zu 1. telefoniert, insbesondere sei ihm nicht erinnerlich, dass sie sich zwei oder drei Wochen danach gemeldet hätte und die Rechnung beanstandet habe. Ihm sei zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen worden, die Entwürfe gefertigt und einen Termin vereinbart zu haben. Er habe nach Versand der Rechnung mit dem Verfahrensbevollmächtigten telefoniert. In diesen Telefonaten ging es vor allem um den den Gebühren zugrunde gelegten Wert.

Der Zeuge E. hat nachvollziehbar, in sich widerspruchsfrei und für die Kammer insgesamt glaubhaft den Ablauf des Besprechungstermins geschildert. Dass der Zeuge während des Besprechungstermins einen Beurkundungstermin in den elektronischen Kalender des Notariats eingepflegt hat, ohne diesen mit den anwesenden Beteiligten zu 1. und 2. abzusprechen, liegt außerhalb des nach der Lebenserfahrung Erwartbaren. Gerade der Hinweis des Zeugen auf den Reiseantritt am Abend des 19. März 2018 lässt die einvernehmliche Reservierung des Beurkundungstermins schlüssig erscheinen. Ein Beurkundungstermin wäre zwar knapp, aber noch realisierbar gewesen. Die Beteiligten zu 1. und 2. und der Zeuge E. haben übereinstimmend die von den Beteiligten zu 1. und 2. zum Ausdruck gebrachte Wichtigkeit und Dringlichkeit einer verbindlichen Regelung vor Urlaubsantritt hervorgehoben. Dass die Entwürfe noch am 15. März 2018 gefertigt worden sind, kann nicht ernsthaft  bestritten werden, weil zum einen auch die Beteiligten zu 1. und 2. im Rahmen der Anhörung durch die Kammer erklärt haben, dass der Zeuge E. gegenüber der Beteiligten zu 1. noch am 15. März 2018 auf die bereits gefertigten Entwürfe hingewiesen habe, und zum anderen die zur Akte gereichten Entwürfe die Datumsangabe „ad, 15.03.2018“ tragen. Gerade die Erstellung der Entwürfe mit den von den Beteiligten zu 1. und 2. im Rahmen der Besprechung mitgeteilten relevanten Personalien und Details unmittelbar nach der Besprechung lässt sich allein mit der Aussage des Zeugen E.  in Übereinstimmung bringen. Wäre der Termin ergebnislos zu Ende gegangen, wäre kein Grund gegeben gewesen, die Entwürfe zu fertigen. Allein im Zusammenhang mit dem für Montag, den 19. März 2018, reservierten Beurkundungstermin ist die zügige Fertigung und Übermittlung an die von den Beteiligten zu 1. und 2. angegebene E-Mail-Adresse nach Freigabe durch den Notar zur Vorbereitung der Beurkundung stimmig. Gerade vor dem Hintergrund des Bedürfnisses der Regelung vor Urlaubsantritt kann die Kammer den Angaben der Beteiligten zu 1. und 2., dass der Besprechungstermin offen endete, sie sich die ganze Angelegenheit noch einmal überlegen wollten, nicht folgen. Die mangelnde freie Verfügbarkeit eines Beurkundungstermins vor dem 19. März 2018 änderte an dem Bedürfnis der Beteiligten zu 1. und 2. nach der Regelung des Nachlasses und der Vorsorge nichts. Jedenfalls haben die Beteiligten zu 1. und 2. insofern keinen plausiblen Grund genannt. Und für den 19. März 2018 mittags stand ein freier Beurkundungstermin zur Verfügung.

Die Aussage der Zeugin F. schließt sich lückenlos an diejenige des Zeugen E. an. Die Zeugin hat unter Hinweis auf den Ausdruck des elektronischen Kalendereintrags, den sie zur Gerichtsakte gereicht hat, ihre Erinnerung an das Telefonat mit der Beteiligten zu 1. wiedergegeben. Das Aufrufen des elektronischen Kalenders und der Vermerk über die Absage des für den 19. März 2018 eingetragenen Beurkundungstermins durch die Zeugin F. sind nur vor dem Hintergrund eines Telefonates diesen Inhalts zwischen der Beteiligten zu 1. und der Zeugin F. erklärlich. Nur bei einem wie dem Kalenderausdruck zu entnehmenden Ablauf, ergibt sich eine schlüssige Kette. Erst wurde ein Beurkundungstermin durch den Zeugen E. notiert, dann die Absage dieses Termins durch die Zeugin F. eingetragen und die Absage mit dem Vermerk versehen, dass die Kostenschuldner sich nach dem Urlaub wieder melden werden. Es erschließt sich nicht ansatzweise, aus welchem Grund die Zeugin um 15:34 Uhr einen Eintrag einpflegen sollte, wenn sie gar nicht mit der Beteiligten zu 1. in der Sache gesprochen hätte, sondern sich insofern für unzuständig gehalten hätte. Zumal die Zeugin, wie sie nachvollziehbar bekundet hat, die richtige Ansprechpartnerin für eine Terminabsage jeder Art gewesen ist.

Auch das Verhalten der Kostenschuldner nach unstreitigem Erhalt der Entwürfe per Post ist mit ihrem jetzt vertretenen Standpunkt nicht zu vereinbaren. Sie reagierten zunächst gar nicht, obwohl von ihnen zu erwarten gewesen wäre, die Entwürfe sofort zurückzusenden und darauf aufmerksam zu machen, dass sie keine Entwürfe per E-Mail erhalten hätten und allein eine Beratung stattgefunden habe, die damit geendet habe, dass sie sich die Sache nochmal überlegen wollten. Tatsächlich hätten sie noch am Tag des Besprechungstermins gegenüber dem Notariat alles abgeblasen. Gerade die ausdrückliche Anfrage des Notars in dem Anschreiben vom 29. Mai 2018, ob das gemeinschaftliche Testament und die Generalvollmacht mit Patientenverfügung noch beurkundet werden sollen, und die Ankündigung der Inrechnungstellung des Aufwands hätte eine unverzügliche Reaktion der Beteiligten zu 1. und 2. erwarten lassen. Das Schweigen der Beteiligten zu 1. und 2. ist nicht ansatzweise erklärlich.

Tatsächlich haben sich die Kostenschuldner erst nach Erhalt der Kostenrechnung vom 27. August 2018 wieder an das Notariat gewandt.

b) Die Gebühr Nr. 21302 KV GNotKG setzt ein von Nr. 21100 KV GNotKG erfasstes Beurkundungsverfahren und eine vorzeitige Beendigung des Beurkundungsverfahrens nach einem der in Nr. 21300 KV GNotKG genannten Zeitpunkte voraus.

Das gemeinschaftliche Testament wird von Nr. 21100 KV GNotKG erfasst.

Die Gebühr Nr. 21303 KV GNotKG setzt ein von Nr. 21102, 21200 KV GNotKG erfasstes Beurkundungsverfahren und eine vorzeitige Beendigung des Beurkundungsverfahrens nach einem der in Nr. 21300 KV GNotKG genannten Zeitpunkte voraus.

Die Generalvollmacht nebst Betreuungs- und Patientenverfügung wird von Nr. 21200 KV GNotKG erfasst.

Der Beurkundungsauftrag hat sich erst nach Versendung der gefertigten Entwürfe erledigt. Insofern ist die streitige Übermittlung vom 16. März 2018 bedeutungslos, da unstreitig mit Schriftsatz vom 29. Mai 2018 Entwürfe per Post übersandt worden sind und erst im Folgenden mangels Rückmeldung der Beteiligten zu 1. und 2. festgestellt werden konnte, dass es nicht mehr zu einer Beurkundung kommen wird.

Das Beurkundungsverfahren hat sich insbesondere nicht durch das Telefonat der Beteiligten zu 1. mit der Zeugin F. am 15. März 2018 erledigt, da die Zeugin F. glaubhaft bekundet hat, dass die Beteiligte zu 1. allein den Beurkundungstermin vom 19. März 2018 abgesagt hat und nicht das Beurkundungsverfahren an sich. Vielmehr wollte sie sich nach dem Urlaub wieder melden. Es liegt auch nicht außerhalb der Lebenserfahrung, dass die Kostenschuldner nach dem Urlaub auf die Angelegenheit zurückkommen wollten. Zwar wäre der aktuelle Anlass zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments und einer Generalvollmacht entfallen, nicht aber das grundsätzliche Bedürfnis der Regelung des Nachlasses und der Vorsorge, gerade im Hinblick auf die Absicherung der Eltern der Beteiligten zu 1.

c) Wegen der vorzeitigen Beendigung des Beurkundungsauftrags ist eine Verfahrensgebühr nach Nr. 21302 bzw. 21303 KV GNotKG angefallen.

d) Bei den Gebühren für das Beurkundungsverfahren im Fall der vorzeitigen Beendigung ist für die vollständige Erstellung gemäß § 92 Abs. 2 GNotKG die Höchstgebühr zu erheben.

Ein vollständiger Entwurf im Sinne von § 92 Abs. 2 GNotKG liegt dann vor, wenn der Entwurf ohne weitere Überarbeitung vollständig verwendungsfähig ist und in ihm alle bereits verfügbaren Informationen umfassend eingearbeitet sind (Korintenberg-Diehn, GNotKG, 21. Aufl., § 92 Rn. 42). Das Fehlen rein tatsächlicher Angaben, die der Notar nicht selbst feststellen kann, ist dabei unschädlich.

Vorliegend sind die zur Akte gereichten Entwürfe vollständig.

3. Eine unrichtige Sachbehandlung ist nicht gegeben.

Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG sind Kosten nicht zu erheben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Nicht richtig behandelt ist eine Sache dann, wenn der Notar nicht so verfahren ist, wie er hätte verfahren sollen. Eine unrichtige Sachbehandlung kann auch in dem Unterlassen einer nach der Sachlage gebotenen Aufklärung und Rechtsbelehrung durch den Notar liegen. Maßstab für die Anwendung des § 21 GNotKG ist nicht die objektiv richtige Behandlung; vielmehr liegt eine unrichtige Sachbehandlung durch Gericht oder Notar nur dann vor, wenn dem Notar ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1. Oktober 2020, – V ZB 67/19; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. September 1962, – VII ZR 20/62; Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 30. März 2017, – 20 W 391/15; Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2015, – I-10 W 120/15; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. August 2015, – 12 W 8/15).

a) Ein Notar ist grundsätzlich nicht verpflichtet, über die Entstehung gesetzlich festgelegter Kosten zu belehren.

Ebenso wenig hat er im Regelfall über die konkrete Höhe der anfallenden Kosten aufzuklären. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass jedem Rechtssuchenden bewusst ist oder bewusst sein muss, dass für die Tätigkeit eines Notars Gebühren in gesetzlicher Höhe zu entrichten sind.

Der Notar ist zudem zur Erhebung der gesetzlich festgelegten Gebühren verpflichtet (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO).

Ausnahmen von diesem Grundsatz greifen allein bei Vorliegen besonderer Umstände ein.

aa) Wird der Notar ausdrücklich nach der Höhe anfallender Kosten gefragt, muss er sachlich zutreffend antworten (Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 21. Februar 2017, – 20 W 327/15; Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 12. September 2016, – 17 W 826 – 828/16 m.w.N.; Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 6. Dezember 2001, – I-10 W 108/01).

Eine ausdrückliche Frage nach den mit der Beurkundung des gemeinschaftlichen Testaments und der Vollmachten nebst Patienten-/Betreuungsverfügung anfallenden Kosten ist seitens der Beteiligten zu 1. und 2. nicht vorgetragen worden.

bb) Eine Aufklärungspflicht des Notars greift darüber hinaus, wenn sich der Kostenschuldner in einem für den Notar offensichtlich klar erkennbaren Irrtum über die Gebührenhöhe befindet (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 6. Dezember 2001, – I-10 W 108/01 m.w.N.).

Ein diesbezüglicher Irrtum ist nicht ansatzweise aufgezeigt worden. Insbesondere haben die Beteiligten zu 1. und 2. keine Umstände vorgetragen, aus denen der Zeuge E. hätte erkennen müssen, dass sie von einer bestimmten Höhe anfallender Kosten ausgingen.

cc) Eine Belehrungspflicht greift ferner, wenn der Notar aufgrund besonderer Umstände Anlass zu der Besorgnis haben muss, einem Beteiligten drohe Schaden, weil er sich wegen mangelnder Rechtskenntnisse oder fehlenden Wissens über tatsächliche Umstände einer Gefährdung seiner Interessen nicht bewusst ist (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juni 1988, – 10 W 45/88).

Auch hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

b) Aufklärungspflicht bei mehreren zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeiten

Für den Notar besteht eine Pflicht zum Hinweis auf eine Wahlmöglichkeit des Rechtssuchenden, wenn diesem im Rahmen der vorsorgenden Rechtspflege mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und der Notar keine Anhaltspunkte dafür hat, dass sich der Rechtssuchende dieser Gestaltungsmöglichkeiten bewusst ist und sich bereits für eine der Alternativen entschieden hat (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2. Januar 2012, – 2 Wx 37/10).

Diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall anzuwenden, erfordert die Abwägung folgender Aspekte. Zum Einen haben die Beteiligten zu 1. und 2. das Notariat kontaktiert, um noch vor Beginn der Reise zum Himalaya ihren Nachlass und gegebenenfalls ihre Vorsorge zu regeln. Indem sie einen Besprechungstermin allein zu diesem Anlass mit dem Notariat vereinbart haben, konnte davon ausgegangen werden, dass sie bereits zur Aufsetzung eines notariellen Testaments entschlossen waren.

Zum Anderen liegt gerade im Hinblick auf die anstehende Reise, die seitens der Beteiligten zu 1. und 2. zum Ausdruck gebrachte Dringlichkeit der Absicherung der Eltern der Beteiligten zu 1. und der fehlenden Möglichkeit einer Beurkundung vor dem 19. März 2018, sondern erst am 19. März 2018 die Frage nahe, ob der Notar nicht verpflichtet gewesen wäre, auf die Möglichkeit der Errichtung eines eigenhändigen Testaments hinzuweisen.

Insofern sei angemerkt, dass die Wahrnehmung des Besprechungstermins seitens des Notariats durch den Zeugen E. unerheblich wäre. Der Bundesgerichtshof hat eine Haftung analog § 278 BGB bejaht, wenn eine mit selbständiger Grundbuch- oder Registereinsicht beauftragte Hilfsperson des Notars den Auftrag schlecht erfüllt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. November 1995, – IX ZR 213/94).

Es liegt daher nahe, diese Rechtsprechung zu verallgemeinern und den Notar grundsätzlich nach Maßgabe des § 278 BGB für Fehler seiner Hilfspersonen haften zu lassen (Diehn-Sandkühler, BNotO, 2. Aufl., § 19 Rn. 24; Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Aufl., § 19 Rn. 56).

Vorliegend hat der Notar wörtlich ausgeführt, dass der Zeuge E. „als in erbrechtlichen Angelegenheiten besonders qualifizierter Mitarbeiter (Justizbeamter a.D.) oftmals für Vorbesprechungen in erbrechtlichen Angelegenheiten eingesetzt werde“. Bei der umfassenden Überlassung der Vorbesprechung hätte der Notar gegebenenfalls. auch für etwaige Pflichtverletzungen des Zeugen E.  in Gestalt unterlassener Belehrungen nach § 278 BGB zu haften.

Jedoch hält die Kammer in diesem Einzelfall letztendlich eine Aufklärung nicht für geboten. Die Beteiligten zu 1. und 2. haben sich ausdrücklich im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses vor Beginn der anstehenden Reise an das Notariat des Beteiligten zu 3. gewandt. Auch wenn der Zeuge E. als ersten freien Beurkundungstermin einen solchen am 19. März 2018 – dem Abreisetag – anbieten konnte, hätten sowohl das gemeinschaftliche Testament als auch die Generalvollmacht nebst Patienten- und Betreuungsverfügung notariell beurkundet werden können. Da die Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer ergeben hat, dass die Beteiligten zu 1. und 2. sich mit diesem Beurkundungstermin einverstanden erklärt haben, konnte der Zeuge E. von einer Regelung vor Antritt der Reise ausgehen. Gerade im Hinblick auf die Kürze der Zeit konnte der Zeuge davon ausgehen, dass die Beteiligten zu 1. und 2. Rechtssicherheit durch ein von dem Notar gefertigtes Testament, welches sich nicht auf die Wiedergabe der gesetzlichen Erbfolge beschränkte, erwirken, und sich nicht auf eigene Formulierungen mit der damit verbundenen Rechtsunsicherheit verlassen wollten. Gerade weil die Kostenschuldner Laien sind, konnte der Zeuge wegen der Besonderheiten dieses Falles davon absehen, die Kostenschuldner auf ein eigenhändiges Testament hinzuweisen.

In Bezug auf die Generalvollmacht konnte bezogen auf den vorliegenden Einzelfall eine Belehrung neben den vorstehenden Erwägungen auch deswegen unterbleiben, da dem Zeugen E. aufgrund der Informationen der Beteiligten zu 1. und 2. bekannt war, dass Immobilienvermögen vorhanden ist. Insoweit bedarf zwar die Vollmacht für Grundstücksgeschäfte materiell-rechtlich in aller Regel keiner Form (§ 167 Abs. 2 BGB), jedoch ist verfahrensrechtlich die Form des § 29 GBO zu beachten (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 19 Rn. 77). Gemäß § 29 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung in das Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Das gilt auch für die Auflassungsvollmacht, so dass der formfrei Bevollmächtigte seine Vertretungsmacht nicht in grundbuchrechtlicher Form durch Urkunden nachweisen könnte (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. Februar 2016, – XII ZB 307/15). Ohne die Eintragung in das Grundbuch kann eine Eigentumsübertragung aber nicht wirksam werden (§ 873 Abs. 1 BGB).

Auch die kontroverse Rechtsprechung zu von Betreuungsbehörden nach § 6 BtBG beglaubigten Vorsorgevollmachten (vgl. Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 30. Oktober 2019, – I-2 Wx 327/19; Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 14. September 2015, – 11 Wx 71/15; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 7. November 2013, – 12 Wx 45/13) lässt nach Auffassung der Kammer nicht zu, den fehlenden Hinweis auf die Möglichkeit einer privatschriftlichen Errichtung der Vorsorgevollmacht nebst anschließender Beglaubigung der Echtheit der Unterschrift des Vollmachtgebers als einen offen zu Tage tretenden Verstoß gegen gesetzliche Pflichten zu werten.

In Bezug auf die Belehrungspflicht bezüglich einer Patientenverfügung schließt sich die Kammer der Rechtsprechung des Brandenburgisches Oberlandesgerichts (Beschluss vom 30. März 2020, – 7 W 17/20) vollumfänglich an. Wörtlich hat das Oberlandesgericht ausgeführt:

Der Notar muss nicht in jedem Falle darauf hinweisen, dass eine Erklärung nicht der Beurkundung bedarf. Die Beurkundung dient nicht allein dazu, eine Erklärung vor der Nichtigkeit wegen Formmangels zu bewahren. Nur wenn ein weiterer Vorteil der beurkundeten gegenüber der formfreien Erklärung fernliegt, weil es sich um eine Erklärung einfachster Art handelt, die rechtlich, persönlich und wirtschaftlich für die Beteiligten erkennbar nur geringste Bedeutung haben wird, könnte der Notar verpflichtet sein, auf die Entbehrlichkeit einer kostenträchtigen Amtstätigkeit hinzuweisen. Aber so verhält es sich bei der Beurkundung einer auch formfrei gültigen Patientenverfügung nicht. Die notarielle Beurkundung kann hier die ihr allgemein zukommenden Vorteile für den Erklärenden entfalten: Die Verfügung wird in Inhalt und Umfang sicher verständlich formuliert, nämlich durch Verwendung der in den fachkundigen Kreisen der Juristen und Ärzte geläufigen Begriffe. Die Urheberschaft der Erklärung ist durch die Identitätsprüfung und Beurkundung gesichert, auch wenn die Erklärung schließlich gegenüber einem Dritten abzugeben ist, dem der Erklärende bis dahin unbekannt gewesen ist und der sich keine andere Gewissheit mehr darüber verschaffen kann, wie die Erklärung zustandegekommen ist.

4. Eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegen den Notar aus Amtspflichtverletzungen ist im Verfahren nach § 127 GNotKG grundsätzlich zulässig (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 27. Oktober 2016, – 20 W 352/14; Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 12. September 2016, – 17 W 826 – 828/16; Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 25. Februar 2016, – 10 W 33/16; Korintenberg-Tiedtke, GNotKG, 21. Aufl., § 21 Rn. 8).

Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass sich der Kostenschuldner auf diese Weise den schärferen Darlegungs-, Substantiierungs- und Beweisführungspflichten des Zivilprozesses entzieht und sich der Amtsermittlungspflicht sowie der Möglichkeiten des Freibeweises bedient, ohne das Kostenrisiko tragen zu müssen, dass ihm im Falle einer Schadensersatzklage gegen den Notar träfe. Deshalb treffen den Kostenschuldner hinsichtlich solcher Gegenansprüche auch im Verfahren der Notarkostenbeschwerde dem Zivilprozess vergleichbare Darlegungs- und Substantiierungspflichten (Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 29. Juli 2003, – 15 W 220/03; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 1. Oktober 2004, – 3Z BR 129/04).

Die Voraussetzungen für einen derartigen Schadensersatzanspruch nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO der Beteiligten zu 1. und 2. liegen nicht vor. Wie bereits ausgeführt, liegt weder in der Nichtbelehrung über die Möglichkeit der Errichtung eines eigenhändigen Testaments oder einer privatschriftlichen Vollmacht nebst Patientenverfügung noch der Nichtbelehrung über die Kosten an sich eine Pflichtverletzung des Notars.

5. Geschäftswerte

a) gemeinschaftliches Testament

Gemäß § 102 Abs. 1 GNotKG ist Geschäftswert bei der Beurkundung einer Verfügung von Todes wegen über den ganzen Nachlass der Wert des Vermögens. Verbindlichkeiten des Erblassers werden abgezogen, jedoch nur bis zur Hälfte des Wertes des Vermögens.

Soweit der Geschäftswert als zu hoch angesetzt gerügt wird, haben die Beteiligten zu 1. und 2. in dem gesamten Verfahren keine belastbaren Angaben unterbreitet, nach denen der Ansatz von 2 Mio. Euro nicht angemessen ist. Der Zeuge E. hat unter Hinweis auf seine Notizen glaubhaft bekundet, dass die Kostenschuldner in der Besprechung vom 15. März 2018 diesen Vermögenswert angegeben haben. Die Kostenschuldner haben nach Erhalt der Kostenrechnung keine Aufstellung bei dem Notar eingereicht, die sich zu dem Aktivvermögen einerseits und der Höhe der Verbindlichkeiten andererseits verhält.

b) Generalvollmacht

Die Geschäftswertfestsetzung für die Generalvollmacht ist nicht zu beanstanden.

Der Geschäftswert bestimmt sich insoweit gemäß § 98 Abs. 3 GNotKG nach billigem Ermessen. Dabei sind der Umfang der erteilten Vollmacht und das Vermögen des Vollmachtgebers angemessen zu berücksichtigen.

Der zu bestimmende Geschäftswert darf die Hälfte des Vermögens des Auftraggebers nicht übersteigen.

In § 98 Abs. 4 GNotKG wird der Höchstbetrag des Geschäftswerts auf 1 Mio. Euro begrenzt.

Bei der Ermessensausübung nach § 98 Abs. 3 GNotKG ist das durch die Vollmacht betroffene Rechtsgut ohne Schuldenabzug, d.h. bei Generalvollmachten das Aktivvermögen, zu berücksichtigen (Korintenberg-Tiedtke, GNotKG, 21. Aufl., § 98 Rn. 18).

Die streitgegenständliche Generalvollmacht, welche keine gegenständliche und zeitliche Beschränkung enthielt und über den Tod hinaus wirksam sein sollte, mithin eine umfassende Bevollmächtigung darstellt, rechtfertigt es, die Höchstgrenze des § 98 Abs. 3 GNotKG auszuschöpfen (Landgericht Bremen, Beschluss vom 11. September 2018, – 4 T 524/17).

c) Patienten- / Betreuungsverfügung

In Bezug auf die Patienten- und Betreuungsverfügung hält die Kammer jedoch allein einen Ansatz von 5.000,– EUR für diejenige des Ehemannes und diejenige der Ehefrau für gerechtfertigt.

Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GNotKG sind Betreuungsverfügung und Patientenverfügung einer Person derselbe Gegenstand. Diese Erklärungen sind im Verhältnis zu einer vom Erklärenden in derselben Urkunde erteilten Vollmacht jedoch gegenstandsverschieden (§ 110 Nr. 3 GNotKG).

Eine Patientenverfügung enthält Entscheidungen über den Abbruch von Behandlungsmaßnahmen für zukünftig eintretende Fälle und richtet sich an die behandelnden Ärzte, einen Betreuer oder Bevollmächtigten. Der Wunsch nach einem selbstbestimmten und würdevollen Sterbevorgang ist nicht vermögensabhängig zu bewerten. Vielmehr ist dieser nach § 36 Abs. 2 GNotKG zu bewerten. Danach ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen, jedoch nicht über 1 Mio. Euro zu bestimmen.

Auch wenn strittig ist, ob und nach welchen Kriterien der in § 36 Abs. 3 GNotKG bestimmte Auffangwert in Höhe von 5.000,– EUR überschritten werden kann, vertritt die Kammer die Auffassung, dass im Regelfall ohne Rücksicht auf das Vermögen des Beteiligten der Hilfswert von 5.000,– EUR anzusetzen ist. Entscheidend ist dabei, dass die Bedeutung der Angelegenheit für die menschliche Existenz sich einer Bewertung in Geld entzieht (Korintenbeg-Bormann, GNotKG, 21. Aufl., § 36 Rn. 83). Die objektive Bedeutung der Sache für die Betroffenen ist bei allen Menschen, unabhängig von ihren Vermögensverhältnissen, gleich (Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13. Juni 2017, – I-15 W 464/16; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 10. Juli 2013, – I-15 W 113/13; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 8. November 2005, – 15 W 148/05; Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 22. Januar 2007, – 20 W 397/04).

Gerade die streitgegenständliche Patientenverfügung, welche nur allgemein gehalten ist und keine konkret formulierten Behandlungsentscheidungen niederlegt, lässt eine Abweichung von dem Auffangwert von 5.000,– EUR nicht angemessen und vertretbar erscheinen. Besonderheiten der konkreten Patientenverfügung, die den von dem Beteiligten zu 3) regelmäßig zu erbringenden Aufwand erhöht hätten, kann die Kammer aufgrund des äußerst knapp gehaltenen Entwurfs nicht erkennen. Nur aufgrund der Vermögensverhältnisse hält die Kammer eine Erhöhung des Hilfswertes des § 36 Abs. 3 GNotKG nicht für gerechtfertigt (Rohs/Wedewer-Waldner, GNotKG, § 36 Rn. 69; BeckOK Kostenrecht, Dörndorfer, Neie/Wendtland/Gerlach-Soutier, 31. Edition, § 36 GNotKG, Rn. 30).

Eine Erhöhung lässt sich auch nicht unter Hinweis auf die Betreuungsverfügung rechtfertigen. Die Betreuungsverfügung enthält lediglich den an das Vormundschaftsgericht gerichteten Wunsch der Kostenschuldner, dass für den Fall, dass eine Betreuung notwendig werden sollte, der jeweils andere Kostenschuldner, ersatzweise  die Eltern der Beteiligten zu 1. zu Betreuern ernannt werden sollen. Irgendwelche direkten vermögensrechtlichen Auswirkungen sind hiermit nicht verbunden.

Die Kostenrechnung vom 7. November 2018 ist mithin dahin zu ändern, dass bezüglich der vorzeitigen Beendigung des Beurkundungsverfahrens bezüglich der Vollmacht und Patienten-/Betreuungsverfügung ausgehend von einem Wert in Höhe von 1.010.000,00 EUR eine Gebühr in Höhe von 1.815,00 EUR anfällt. Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer ergibt sich eine Reduzierung in Höhe von 95,20 EUR.

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