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Nottestament – Rechtslage, Funktion und Arten

Was ist ein Nottestament und wie funktioniert es?

Im Normalfall hat ein Erblasser jederzeit die Gelegenheit, ein Testament zu errichten und auf diese Weise per letztwilliger Verfügung seinen erbrechtlichen Angelegenheiten zu regeln. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen der Mensch in eine lebensbedrohliche Situation gerät und dementsprechend nicht mehr die Gelegenheit dazu erhält, ein herkömmliches klassisches Testament zu errichten.

Nottestament
Wenn eine Person sich in einer akuten lebensbedrohlichen Situation befindet, ist es ihr normalerweise nicht mehr möglich, ein Testament eigenhändig zu verfassen bzw. einen Notar aufzusuchen. Um diese Situation zu lösen, sieht das Gesetz vor, dass der Erblasser das Testament in Gegenwart von drei Zeugen „erklärten“ kann. (Symbolfoto: Ground Picture/Shutterstock.com)

Für derartige Fälle hat der Gesetzgeber jedoch die Möglichkeit des Nottestaments ins Leben gerufen. Nicht jedem Menschen ist jedoch tatsächlich bewusst, um was genau es sich bei dem Nottestament überhaupt handelt und wie sich die genauen Rahmenumstände rund um diese besondere Form des Testaments gestalten. Auch der Umstand, dass es verschiedene Formen eines Nottestaments gibt, ist nicht jedem Erblasser tatsächlich bekannt.

Der Grundcharakter des Nottestaments

Bei einem Nottestament handelt es sich rechtlich betrachtet um eine gesonderte Form einer Testamentsgestaltung, welche auch lediglich in ganz bestimmten Notfallsituationen überhaupt zulässig ist. Der Gesetzgeber definiert die Notlage dabei als eine Situation, in welcher der Leib und das Leben des Erblassers als potenziell gefährdet anzusehen ist. Die rechtliche Grundlage für das Nottestament bzw. die drei bekannten Arten eines Nottestaments findet sich in den §§ 2249 sowie 2250 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wieder. Ein wesentlicher Aspekt des Nottestaments ist der Umstand, dass diese Sonderform des Testaments lediglich eine begrenzte Gültigkeit aufweist. Sollte der Erblasser drei Monate nach der Errichtung eines Nottestaments noch nicht verstorben sein, so verliert das Nottestament gem. § 2252 Abs. 1 BGB seine rechtliche Gültigkeit.

Die drei verschiedenen Arten des Nottestaments im Überblick

  • das Bürgermeistertestament gem. § 2249 Abs. 1 – 4 BGB
  • das sogenannte „drei-Zeugen-Testament“ gem. § 2250 Abs. 1 – 3 BGB
  • das Seetestament gem. § 2251 BGB

Nottestamente gelten als die seltensten aller denkbaren Testamentsformen, da die konkret an die Notsituation geknüpften Voraussetzungen nebst der Umsetzung der Nottestamente weitestgehend als unbekannt gelten. Eine Besonderheit dieser Testamentsform stellt jedoch der Umstand dar, dass etwaige Verstöße gegen die Form des Testaments, welche sich nicht auf den Akt der Testamentserrichtung beziehen, rechtlich betrachtet als unschädlich gelten. Dementsprechend entfaltet das Nottestament trotz etwaiger Formvorstöße dennoch seine rechtliche Gültigkeit.

Das Bürgermeistertestament als Nottestament

Sofern die Befürchtung im Raum steht, dass der Erblasser vor dem Eintreffen eines Notars versterben kann, so besitzt auch ein Bürgermeister die Erlaubnis, als Urkundsperson anstelle eines Notars eine entsprechende letztwillige Niederschrift von einer mündlich abgegebenen Erklärung eines Erblassers aufzusetzen bzw. eine derartige Niederschrift als verschlossene oder geöffnete Schrift entgegenzunehmen. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich in den §§ 2249 Abs. 4 sowie 2223 BGB wieder. Beachtet werden muss allerdings der Umstand, dass für das Bürgermeistertestament zwei zusätzliche Zeugen von dem Bürgermeister herangezogen werden müssen.

An die Zeugen ist dabei die Bedingung geknüpft, dass diese nicht in dem Testament von dem Erblasser als begünstigte Person bedacht werden respektive von dem Erblasser zu einem Testamentsvollstrecker bestimmt worden sind. Der Gesetzgeber sieht als zwingende Voraussetzung für das Nottestament eine nahe Todesgefahr von dem Erblasser vor. Die Gefahr der dauernden Testierunfähigkeit ist diese Gefahr gleichgestellt, daher muss die entsprechend von dem Bürgermeister gefertigte Niederschrift in Anwesenheit von den Zeugen von dem Bürgermeister vorgelesen und von dem Erblasser genehmigt werden. Die Unterschrift des Bürgermeisters sowie des Erblassers nebst der Zeugen ist eine zwingende Voraussetzung für die rechtliche Gültigkeit dieses Nottestaments.

Sollte der Erblasser zu diesem Zeitpunkt bereits die Fähigkeit des Schreibens oder des Sprechens eingebüßt haben, so muss ein entsprechender Vermerk in dem Testament aufgenommen werden. Gleichermaßen verhält es sich auch, wenn der Erblasser zu diesem Zeitpunkt die Volljährigkeit noch nicht erreicht hat. Der Bundesgerichtshof schreibt zudem in seiner ständigen Rechtsprechung ausdrücklich vor, dass sämtliche Beteiligten während des gesamten Zeitraums der Testamentserrichtung permanent anwesend sein müssen.

Das drei-Zeugen-Testament als Nottestament

Sollte sich der Erblasser in einer nahenden Todesgefahr oder in einem als abgesperrt geltenden Raum befinden, sodass weder ein Notar noch der örtlich zuständige Bürgermeister den Erblasser erreichen können, so kann ein Erblasser auch ein sogenanntes „drei-Zeugen-Testament“ als Nottestament erreichten. Die Todesgefahr muss dabei in der tatsächlichen Form als solche vorliegen oder respektive nach der eigenen Einschätzung von den Zeugen des Testaments als solche vorliegen. Auf die Zeugen entfällt dabei die rechtliche Funktion der Urkundspersonen.

Der Erblasser selbst darf dabei nicht als Zeuge fungieren. Gleichermaßen verhält es sich auch mit dem Ehepartner des Erblassers sowie Personen, welche in der geraden Linie mit dem Erblasser verwandt sind. Sollte ein Zeuge in dem Testament als begünstigte Person bedacht worden sein respektive von dem Erblasser als Testamentsvollstrecker bestimmt worden sein, so bewirkt dies nicht automatisch die vollständige Ungültigkeit des Testaments. Aus diesem Umstand heraus erwächst allerdings die rechtliche Konsequenz, dass derjenige Part des Testaments, in welchem der Zeuge von dem Erblasser begünstigt worden ist, als rechtlich unwirksam anzusehen ist.

Sollte der Tod des Erblassers erst nach dem Ablauf von zwei Wochen nach der Nottestamentserrichtung eintreten, so gilt die Todesgefahr als rechtlich widerlegt. Das Testament als Ganzes wird in diesem Fall rechtlich unwirksam.

Die entsprechende Niederschrift des „drei-Zeugen-Testaments“ muss in der Form, in welcher der Erblasser sie letztlich mündlich geäußert hat, dem Erblasser vorgelesen sowie von dem Erblasser genehmigt werden. Die Unterschrift des Erblassers ist zwingend erforderlich. Eine entsprechende Genehmigung des Nottestaments kann durch den Erblasser, nachdem das Testament vollständig vorgelesen wurde, auch in der sogenannten nonverbalen Art (beispielsweise durch ein Kopfnicken) erfolgen. Es ist rechtlich betrachtet nicht ausreichend, dem Erblasser nur eine Zusammenfassung des Nottestaments vorzulesen.

Das Seetestament als Nottestament

Ein Erblasser ist, sofern er sich auf einem deutschen Schiff außerhalb des deutschen Seegebiets bzw. außerhalb eines deutschen Hafens befindet, auch zu der Errichtung eines sogenannten Seetestaments berechtigt. Ein derartiges Testament kann von dem Erblasser auch in einer mündlichen Form vorgetragen werden, wobei mindestens drei Zeugen hierfür ebenfalls zwingend erforderlich sind.

Diese Zeugen dürfen jedoch nicht in dem Testament als solches berücksichtigt werden bzw. auch nicht als Testamentsvollstrecker bestimmt worden sein. Eine Niederschrift des mündlich vorgetragenen letzten Willens von dem Erblasser ist auf jeden Fall anzufertigen und die Unterschrift des Erblassers ist zwingend erforderlich. Die Notlage ist auf jeden Fall auch im Fall eines Seetestaments zwingend die Voraussetzung für die rechtliche Gültigkeit. Dementsprechend kann ein Erblasser, der eine Aussicht auf eine baldige Rückkehr hat, auch gem. aktueller Rechtsprechung keinerlei Nottestament als Seetestament errichten.

Voraussetzungen für die Gültigkeit

  • ‌‌Es besteht eine Todesgefahr für den Erblasser: Es muss für den Testator / Erblasser eine unmittelbare Todesgefahr bestehen. Die Bewertung, ob tatsächlich eine Todesgefahr besteht, muss letztlich von den drei erforderlichen Zeugen beurteilt werden.
  • Es besteht die Unfähigkeit der eigenhändigen Testamtserstellung: Solange der Testator / Erblasser noch in der Lage ist selber zu schreiben, darf die Erstellung nicht durch einen Zeugen erfolgen. Gleiches gilt, wenn der Testator / Erblasser noch in der körperlichen Verfassung ist, einen Notar für die Erstellung des Testaments aufzusuchen.
  • Es sind drei Zeugen anwesend: Weiterhin müssen 3 Zeugen anwesend sein, wenn der Testator / Erblasser seinen letzten Willen erklärt bzw. kundtut. Diese Zeugen müssen darüber hinaus während der gesamten Erklärung und auch der Niederschrift des letzten Willens anwesend sein und dieses bezeugen.
  • Die Zeugen müssen dafür geeignet sein: Nicht jede Person kann als Zeuge fungieren. So kann der Erblasser selber nicht als Zeuge fungieren, ebenfalls nicht der Ehepartner oder die Ehepartnerin, sowie Betreuer, oder sonstige legitimiert handelnde Personen, wie zum Beispiel Pfleger etc. Weiterhin können auch nicht direkte Verwandte oder Ehegatten der Zeugen als Zeuge fungieren. ‌
  • Einhaltung der Formvorschriften: Gewisse Formvorschriften müssen trotz Notlage von den Zeugen eingehalten werden. Dazu zählen das eigenhändige Schreiben des Testaments durch einen Zeugen, so wie das Unterschreiben aller Zeugen und die klare eindeutige Formulierung des letzten Willens.

Wie lange ist ein Nottestament gültig?

Da es sich bei dieser Art eines Testaments um einen für den Notfall vorgesehenen letzten Willen handelt, hat das Nottestament entsprechend auch nur eine begrenzte Gültigkeit. Die rechtliche Besonderheit eines Nottestaments liegt daher ausdrücklich in der begrenzten Wirksamkeit. Der Gesetzgeber hat diese Wirksamkeit auf einen Zeitraum von drei Monaten begrenzt. Dies bedeutet, dass der Erblasser, sofern er die drohende Todesgefahr überlebt und drei Monate nach der Errichtung des Nottestaments noch lebt, gem. § 2252 I BGB dann kein wirksames Nottestament errichtet hat. Der Gesetzgeber begründet dies mit dem Umstand, dass der Erblasser in derartigen Fällen auch ein klassisches Testament vor einem entsprechenden Notar errichten kann. Die Wirksamkeit des Nottestaments entfällt in derartigen Fällen automatisch rückwirkend. Ein Nottestament ist dementsprechend auch nicht dazu geeignet, ein zeitlich früher errichtetes Testament rechtlich wirksam zu widerrufen, wenn der Erblasser drei Monate nach der Errichtung dieses Testaments noch lebt.

Anfechtung Nottestament

Ein erstelltes Nottestament kann, wie jedes andere Testament auch, aus verschiedenen Gründen angefochten werden. So kann etwa die Beurteilung des lebensbedrohlichen Zustandes zum Zeitpunkt der Erstellung des Nottestaments angezweifelt werden. Oder wenn Formvorschriften nicht eingehalten wurden, wie etwa das Fehlen einer oder mehrerer Unterschriften der Zeugen. Oder bei ungeeignete Zeugen etc.

 

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