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Erbscheinsantrag- Abweisung bei Verweigerung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 453/10 – Beschluss vom 10.02.2011

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 62.000 €.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat in einem notariell beurkundeten Erbscheinsantrag vom 22.06.2010 unter Berufung auf das notarielle gemeinschaftliche Testament ihrer Eltern vom 18.08.1983 für sich und ihre beiden Geschwister einen Erbschein beantragt, der sie als Miterben zu je einem Drittel nach ihrem am –.–.2010 verstorbenen Vater ausweist. Der Erblasser ist am –.–.2010 verstorben, seine Ehefrau am –.–.1993.

Die Rechtspflegerin hat die Antragstellerin im Hinblick auf die im gemeinsamen Testament enthaltene Pflichtteilsstrafklausel daraufhin gewiesen, dass im Erbscheinsantrag die Angabe fehle, dass keiner der Erben nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten Pflichtteilsansprüche geltend gemacht habe. Die Rechtspflegerin hat insoweit eine Antragsergänzung mit entsprechender eidesstattlicher Versicherung erbeten.

Die Antragsstellerin bzw. der beurkundende Notar hat dies verweigert. Die Strafklausel für einen Abkömmling, der Pflichtteilsansprüche geltend machte, sei eine auflösende Bedingung, die hinsichtlich des Erbteils eine Enterbung und die Anordnung der gesetzlichen Erbfolge zur Folge habe. Da die eidesstattliche Versicherung ausdrücklich die Angabe enthalte, dass der Versichernden keine Umstände bekannt seien, die der Richtigkeit ihrer Angaben entgegenstünden, sei damit auch ausdrücklich versichert, dass auch nicht hinsichtlich eines Erbanteils die Erbfolge entfallen und an diese Stelle die gesetzliche Erbfolge getreten sei. Es sei dem Bürgerlichen Recht fremd – soweit nicht ausdrücklich eine gesetzliche Anordnung bestehe – negative Tatsachen zu beweisen.

Nach erneutem Schriftwechsel und einem dem Notar am 23.09.2010 zugestellten richterlichen Beschluss vom 16.09.2010, dass die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin nicht selbständig anfechtbar sei, hat die Rechtspflegerin durch Beschluss vom 04.10.2010 den Erbscheinsantrag zurückgewiesen.

Dagegen hat der Notar für die Antragstellerin mit einem am 22.10.2010 eingereichten Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerin rügt, die Ergänzung der eidesstattlichen Versicherung sei zu Unrecht verlangt worden. Die Idee, die Antragstellerin könne die auflösende Bedingung übersehen haben, liege fern jeder Lebenserfahrung. Die auflösende Bedingung sei der einzige Grund gewesen, der das Erbrecht der Antragstellerin und der übrigen Erben habe ausschließen können. Deswegen sei auch der Erbschein benötigt worden. Der Notar habe den Testamentsinhalt geprüft und den Urkundsbeteiligten belehrt. „Soll etwa auch der Notar die auflösende Bedingung „übersehen“ oder „irrtümlich für unwirksam gehalten“ haben?“

II.

Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 61, 63 Abs. 1 FamFG). Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

Verweigert der Antragsteller eines Erbscheins ohne rechtfertigenden Grund eine durch Zwischenverfügung verlangte eidesstattliche Versicherung nach § 2356 Abs. 2 BGB, so führt dieses zur Abweisung des Erbscheinsantrags (Senatsbeschluss vom 10.06.1996, FamRZ 1996, 1441 ff = FGPrax 1996, 190 ff = MDR 1996, 1153 = NJWE-FER 1996, 43 ff = OLGR Frankfurt 1996, 177 ff = Rpfleger 1996, 511 ff; Stefanie Herzog in Staudinger (2010), § 2356 BGB Rn 52; Palandt-Edenhofer, § 2356 BGB Rn 13).

Dies kann auch gerechtfertigt sein, wenn bei einer Pflichtteilsstrafklausel der Nachweis zu erbringen ist, dass die Klauselfolgen nicht ausgelöst worden sind. Dass die Antragstellerin und ihre beiden Geschwister vom Erblasser nach dem Tod der vorverstorbenen Mutter ihren Pflichtteil nicht verlangt haben, ist eine negative Tatsache, für deren Nachweis sich auch im Erbscheinsverfahren die eidesstattliche Versicherung anbietet (vgl. zum Nachweis des Nichteingreifens der Pflichtteilsklausel als negative Tatsache beim Grundbuchamt auch Senatsbeschluss vom 18.11.1993 = MittBayNot 1994, 156 ff = DNotZ 1995, 312 ff = NJW-RR 1994, 203 ff = OLGR Frankfurt 1994, 14 ff = OLGZ 1994, 262 ff = Rpfleger 1994, 206 ff; LG Koblenz, Beschluss vom 19.09.1994, 2 T 551/94, zit. nach juris).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist diese negative Tatsache nicht von der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin umfasst. Die Antragstellerin hat lediglich vor der eidesstattlichen Versicherung Angaben zu dem notariellen Testament gemacht, auf das sie ihr Erbrecht und das ihrer Geschwister stützt. Es folgen Angaben zu den Geschwistern und dem Vorversterben der Mutter, weiter, dass die gesetzlichen Erben die vorgenannten wären, keine anderweitigen Verfügungen von Todes wegen hinterlassen wurden (mit Ausnahme einer Teilungsanordnung und deren Aufhebung), ein Rechtsstreit über das Erbrecht der genannten Erben nicht anhängig sei und die Erbschaft auch von den übrigen nicht erschienenen Erben angenommen worden sei. Die sich daran anschließende eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin lautet dahingehend, dass ihr nichts bekannt sei, was der Richtigkeit ihrer Angaben entgegenstehe.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde beinhaltet dies nicht die Angabe, dass die Bedingung nicht eingetreten sei. Die eidesstattliche Versicherung beschränkt sich vielmehr auf die zuvor gemachten tatsächlichen Angaben. Die weiter geäußerte Ansicht der Beschwerde, die Idee, die Antragstellerin könne die auflösende Bedingung übersehen, oder irrtümlich für unwirksam gehalten haben, liege fern jeder Lebenserfahrung, vermag der Senat ebenfalls nicht zu teilen. Pflichtteilsstrafklauseln geben immer wieder Anlass für Streitigkeiten über ihre Intentionen, ihr Eingreifen bzw. ihre Anwendbarkeit, auch unter den bedachten Geschwistern (vgl. Senatsbeschluss vom 02.08.2010, 20 W 49/09, zit. nach juris). Sämtliche den Erbscheinsantrag lediglich interpretierenden Ausführungen in der Beschwerdeschrift und in den Schriftsätzen erster Instanz ersetzen nicht die angeforderte, verantwortlich abgegebene klare Erklärung, dass Pflichtteilsansprüche nicht geltend gemacht worden seien. Entsprechendes gilt für die eher rhetorische Fragestellung, ob „auch der Notar die auflösende Bedingung „übersehen“ oder „irrtümlich für unwirksam gehalten“ haben“ solle? Diese Ausführungen ermöglichen keine Einschätzung des wirklichen Sachverhalts, weder hinsichtlich eines etwaigen Pflichtteilsverlangens der drei Schlusserben noch dass sich die notariellen Belehrungen auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen erstreckt hat. Das gesamte Vorbringen beschränkt sich im Wesentlichen auf Rechtsausführungen und Interpretationen zum Erklärungsgehalt des Erbscheinsantrags.

Entscheidend ist hier, dass keine nachvollziehbaren Umstände ersichtlich geworden sind, die die Antragstellerin davon abhalten könnten, die kleine Ergänzung ihres Vorbringens einschließlich der eidesstattlichen Versicherung nachzuliefern, sofern alle drei Schlusserben keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht haben sollten.

Die Antragstellerin hat damit nicht das ihr Zumutbare getan, um ihr Erbrecht und das ihrer Geschwister so nachzuweisen, dass es wie beantragt im Erbschein bescheinigt werden kann. Damit hat die Antragstellerin ihre Mitwirkungsobliegenheiten zur Verfahrensförderung, die sich aus den §§ 2354–2358 i.V.m. § 27 FamFG ergeben, verletzt. Da davon ausgegangen werden kann, dass der Antragstellerin die verlangten Angaben sehr viel leichter fallen, als dies hinsichtlich weiterer Nachforschungen des Nachlassgerichts der Fall wäre, brauchte das Nachlassgericht nicht weiter zu ermitteln, sondern durfte nach erfolgloser Zwischenverfügung seine Ermittlungen einstellen und den Erbscheinsantrag der Antragstellerin abweisen (Firsching/ Graf, Nachlaßrecht, 8.Aufl. Rn 4.191 m.w.N; J. Lange in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 2358 BGB Rn 7 und § 2254 Rn 10; vgl. auch Stefanie Herzog in Staudinger (2010), § 2358 BGB Rn 9 – 12).

Da eine erstinstanzliche Ermittlungspflichtverletzung zu verneinen ist und das Beschwerdeverfahren keine erweiterten Pflichten vorsieht, konnte die Beschwerde bei gleich gebliebener Ausgangslage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84 FamFG, 131 KostO. Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 131 Abs. 4, 30 KostO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 70 FamFG).

Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben (Keidel/ Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 70 Rn 41).

 

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