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Notarielle Beurkundungspflicht bei Übertragen des Vermögens im Ganzen

OLG München – Az.: 3 U 3885/11 – Urteil vom 15.02.2012

I. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 18.08.2011 in Ziffer 1 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zu 2) verurteilt wurde, an den Kläger und die Erbengemeinschaft nach Rita S., geboren am 06.09.1939, verstorben am 24.11.2008, bestehend aus dem Kläger, geboren 12.01.1938, F. S., geboren am 18.04.1964, und dem Beklagten, geboren am 25.11.1966, 52.500,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.12.2010 sowie weitere 1.200,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.03.2011 zu zahlen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

II. Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 18.08.2011 wird zurückgewiesen.

III. Von den Gerichtskosten beider Instanzen tragen der Kläger und der Beklagte zu 1) je die Hälfte. Der Beklagte zu 1) trägt die Hälfte der dem Kläger in beiden Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten; der Kläger hat sämtliche außergerichtlichen Kosten beider Instanzen der Beklagten zu 2) zu tragen. Im Übrigen tragen die Parteien ihre eigenen außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, es sei denn, dass der Kläger Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, es sei denn, dass die Beklagte zu 2) Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind vom Kläger geltend gemachte Ansprüche aus einem außergerichtlichen Vergleich.

Das Erstgericht hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2011 mit am 18.08.2011 im schriftlichen Verfahren ergangenen Endurteil der Zahlungsklage gegen beide Beklagten – bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen – stattgegeben. Auf die im erstinstanziellen Urteil (Bl. 69/74 d. A.) getroffenen tatsächlichen Feststellungen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2011 (Bl. 33/35 d. A.) und die zwischen den Parteivertretern erstinstanziell gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten das erstinstanzielle Ziel der Klageabweisung weiter. Sie sind zum einen der Auffassung, der Klageantrag sei nicht zulässig, weil offen bliebe, wer das Geld zu bekommen habe. Die Beklagten könnten den ausgeurteilten Betrag nicht an den Kläger und gleichzeitig an die Erbengemeinschaft zahlen. Die Beklagte zu 2) habe nicht Eigentum an dem übertragenen Grundstück erworben, so dass hieraus auch keine Zahlungsansprüche gegen sie resultieren könnten; im Vergleich sei die Beklagte zu 2) lediglich als zusätzlich Begünstigte bzw. als frühere (tatsächliche) Betreuerin, ohne eigene Leistungspflichten, angesprochen. Weiterhin sei der Vergleich deswegen unwirksam, weil er nicht notariell beglaubigt wurde (§ 311 b Abs. 3 BGB) und mit der im Vergleich übernommenen Verpflichtung zur Zahlung von mindestens 100.000,– € der Beklagte zu 1) über den wesentlichen Teil seines Vermögens verfügt habe. Er hätte aber nach § 518 BGB auch deswegen notariell beglaubigt werden müssen, weil er eine Schenkung über 100.000,– € beinhalte. Weiterhin überspanne das Erstgericht die Anforderungen, wenn es den Sachvortrag der Beklagten zu den Rücktrittsgründen als unsubstantiiert ansehe: Die Beklagten hätten zur Situation der vertraglichen Rücktrittsgründe mehrfach vorgetragen und den diesbezüglichen Sachvortrag unter Beweis gestellt.

Zudem könne der Anteil, der rechnerisch auf die Erbengemeinschaft nach Rita S. entfalle, vom Kläger nicht eingefordert werden, auch nicht nach § 2039 BGB; insoweit müsse sich der Kläger ein treuwidriges Verhalten vorwerfen lassen. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Auskunft zum Bestand des Nachlasses bisher verweigert habe, die Beklagten nicht in der Lage seien, eine konkrete Erbschaftsauseinandersetzung zu verfolgen, d. h. weder mit einem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben aufzurechnen oder ein solches einzuklagen.

Die Beklagten beantragen,

1. das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 18.08.2011 aufzuheben,

2. die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Berufungsbegründung vom 24.04.2011 (Bl. 82/87 d. A.) und die Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom 09.01.2012 (Bl. 102/104 d. A.) und 13.02.2012 (Bl. 115/117 d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Aus dem Wortlaut des zwischen den beiden Parteien abgeschlossenen Vergleichs vom 01./09.11.2006 ergebe sich eindeutig, dass neben dem Beklagten zu 1) auch seine Ehefrau, die Beklagte, mit verpflichtet werden sollte. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund vom Kläger beabsichtigt gewesen, um zu vermeiden, dass sich der Beklagte zu 1) durch eine Vermögensverschiebung zu seinen Lasten und zum Vorteil seiner Ehefrau, der Beklagten zu 2), etwa durch Überlassung des Eigentums an dem Anwesen L. 4, M. seiner Verpflichtung aus dem Vergleich entziehe. Der zwischen den beiden Parteien geschlossene Vergleich sei auch nicht formunwirksam: Er beziehe sich nicht auf die Verpflichtung der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück und tangiere auch nicht die Entschließungsfreiheit der Beklagten hinsichtlich einer etwaigen Veräußerung des Grundstücks L. 4 oder eines Teils hiervon. Ein substantiierter Sachvortrag beklagtenseits, dass es sich bei der Verpflichtung zur Zahlung in Höhe von 30 % des geflossenen Kaufpreises, mindestens jedoch des Betrags in Höhe von 100.000,– €, um das gegenwärtige Vermögen oder einen Bruchteil des gegenwärtigen Vermögens handle, sei nicht vorhanden. Der Vergleich stelle auch kein Schenkungsversprechen dar.

Was den Rücktritt angehe, sei zum einen kein tauglicher Rücktrittsgrund gegeben, zum anderen würde die Erklärung des Rücktritts mit Schriftsatz der Beklagten vom 14.01.2011 vollkommen verspätet und zur Unzeit erfolgen. Weder an der Aktivlegitimation des Klägers noch an der Zulässigkeit des Klageantrags bestünden ernsthafte Zweifel. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Berufungserwiderung vom 30.11.2011 (Bl. 90/101 d. A.) und den klägerischen Schriftsatz vom 30.01.2012 (Bl. 109/114 d. A.) verwiesen.

Des weiteren wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2012 (Bl. 105/108 d. A.) vor dem Senat Bezug genommen; Beweis wurde nicht erhoben.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zu 2) auch begründet.

1. Berufung der Beklagten zu 2):

Aus der Vergleichsvereinbarung vom 01./09.11.2006 kann keine Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 2) hergeleitet werden, so dass die entsprechende Verurteilung durch das Erstgericht aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen war.

Mit Schriftsatz vom 17.10.2006 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 09.01.2012, Bl. 102/104 d. A.) hatte der nunmehrige Beklagtenvertreter ausdrücklich erklärt, die anwaltliche Vertretung von Herrn Walter S. jun. übernommen zu haben. Im nachfolgenden unterbreitet er dem Bevollmächtigten der Gegenpartei einen Vergleichsvorschlag; hier spricht er unter Ziffer 1, wo die Zahlungsverpflichtung niedergelegt ist, ausdrücklich von „mein Mandant“. Als Synonym dazu verwendet der Bevollmächtigte Rechtsanwalt K. noch in Ziffer 1 den Ausdruck „meine Partei“: „Über den Verkauf hat meine Partei Ihre Partei zeitnah und unaufgefordert zu informieren“. Dem vorausgegangen war eine ohne anwaltliche Beteiligung formulierte, vom Beklagten zu 1) und dem Kläger unterschriebene, auf den 02.10.2006 datierte „Vereinbarung“ (Anlage B 1), bestehend aus 3 Absätzen, deren zweiter eine Zahlungspflicht des Beklagten zu 1) gegenüber den Eheleuten Walter und Sieglinde S. bei einer Veräußerung des Anwesens L. 4 in M. begründet (im Wesentlichen deckungsgleich mit dem Text des Vergleichsvorschlags im Schriftsatz vom 17.10.2006), der letzte Absatz statuiert eine Friedenspflicht „während und nach Abwicklung der vorgenannten Regelung“ für die Eheleute Walter und Rita S. sowohl gegenüber dem Beklagten zu 1) als auch gegenüber der Beklagten zu 2). Auch in dieser als Vorlage für den späteren Vergleich dienenden Vereinbarung war Gabriele S. nicht als Zahlungspflichtige benannt und eine Unterzeichnung durch sie, mithin die Übernahme einer Verpflichtung durch sie, nicht vorgesehen. Dass nur der Beklagte zu 1) für den Fall des Verkaufs des Anwesens Zahlungsverpflichteter war, machte auch Sinn, da nur er ausweislich der notariellen Vereinbarung vom 22. Dezember 2004 (Anlage zu Bl. 102/104 d. A.) Alleineigentümer wurde und damit verfügungsberechtigt war. Auch in dem vom 01.11.2006 (Anlage K 3) datierenden Schriftsatz, in dem Rechtsanwalt K. seinen Vergleichsvorschlag ergänzte, heißt es bei der Zahlungsverpflichtung ausdrücklich „mein Mandant“. Synonym hierzu verwendet das Schreiben die Begriffe „meine Mandantschaft“ und „meine Partei“. Dem entspricht es im Übrigen auch, dass sowohl im Schreiben vom 17.10.2006 als auch vom 01.11.2006 des Bevollmächtigten der Beklagtenseite in Ziffer 4 die Formulierung verwendet wird: „Ihre Partei unterlässt es ab sofort, über meine Partei und dessen Familienangehörige gegenüber Dritten schlecht zu reden …“ und unter Ziffer 5: „Ihre Partei unterlässt es ab sofort, sich … negativ über die Führung der Betreuung von Gabriele S. zu äußern.“ Hier wird gerade deutlich, dass die Familienangehörigen des Beklagten zu 1) und Gabriele S. etwas anderes sind als mit dem Begriff „meine Partei“ gemeint ist. Besieht man die Annahmeerklärung der Bevollmächtigten der Eheleute Walter und Rita S. vom 09.11.2006 (Anlage K 4), Rechtsanwalt H., so spricht dieser von „Ihrem Mandanten“ im Zusammenhang mit dessen späteren möglichen Einwänden gegen die hier gewählte Formfreiheit der Vereinbarung. Auch dies indiziert, dass der Bevollmächtigte der Eheleute Walter und Rita S. von einem Vertragsschließenden der Gegenseite und dem erteilten Mandat für Rechtsanwalt K. nur seitens des Beklagten zu 1) ausging. Hätte ernstlich die Absicht bestanden, die Beklagte zu 2) zur zweiten Zahlungspflichtigen einzusetzen, hätte nichts näher gelegen, als im Schriftsatz vom 09.11.2006 auf einer solchen Klarstellung zu bestehen. Solches findet sich hier nicht einmal andeutungsweise; der bloßen Verwendung des Betreffs „S. Walter und Rita/S. Walter und Gabriele“ kommt im Hinblick auf die dargelegte Mandatierung und die eindeutigen nachfolgenden Vergleichsformulierungen keine rechtsbegründende Funktion zu. Dass die Beklagte zu 2) Interesse hatte, nicht die Zielscheibe von negativen Kundgaben der Eheleute Walter und Rita S. zu werden, ist richtig, begründet aber nicht ein Miteinstehenmüssen für eine erhebliche Zahlungsverpflichtung; das Bürgerliche Gesetzbuch kennt seit seinem Inkrafttreten am 01.01.1900 den Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB).

Die Berufung der Beklagten zu 2) war daher offensichtlich begründet.

2. Berufung des Beklagten zu 1):

Die Berufung ist unbegründet, weil der Kläger sowohl aktivlegitimiert als auch prozessführungsbefugt ist und Bedenken gegenüber der Formwirksamkeit des Vergleichs vom 01./09.11.2006 nicht gegeben sind; auch kann sich der Beklagte zu 1) nicht auf Rücktritt berufen. Der Zahlungsanspruch, wie vom Erstgericht ausgeurteilt, lässt sich aus der Vergleichsvereinbarung ableiten.

a) Soweit der Beklagte auf das Fehlen der seiner Ansicht nach erforderlichen notariellen Beglaubigung nach § 311 b Abs. 3 BGB abstellt, kann dem nicht gefolgt werden. Die Verpflichtung müsste die Gesamtheit der Aktiva des Vermögens des Beklagten oder eine Quote hiervon betreffen: Unanwendbar sind jedoch die entsprechenden Vorschriften von § 311 b BGB, wenn sich der Vertrag auf einzelne Vermögensgegenstände bezieht, auch wenn die angeführten Gegenstände praktisch das gesamte Vermögen ausmachen; entscheidend ist, ob der Vertrag nach dem Willen beider Parteien auf die Übertragung des gesamten Vermögens „in Bausch und Bogen“ gerichtet ist (vgl. Palandt, 71. Aufl. 2012, Bearbeiter Grüneberg, § 311 b, Rn. 60, 66). Wie beiden Parteien des Vergleichs vom 1./9.11.2011 bewusst war, war der Beklagte zu 1) seinerzeit Eigentümer der Wohnungen Nr.1 und Nr. 2 im Anwesen L. 4 in M. und war (und ist) zu einem Viertel Erbe und Mitglied der nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft nach Frau Rita Sieglinde S. Schon deshalb – ganz abgesehen von weiteren Vermögen des Beklagten zu 1) – ist der Raum für die Anwendung von § 311 b BGB nicht eröffnet.

b) Soweit der Beklagte in dem Vergleich vom 1./9.11.2006 ein im Sinne des § 518 Abs. 1 BGB formbedürftiges Schenkungsversprechen sieht, äußert sich das Erstgericht hierzu nicht gesondert, sieht aber die Vereinbarung zu Recht als wirksam an. Unentgeltlich wäre die Zuwendung (das Zahlungsversprechen) nur dann, wenn es von den Vertragsparteien subjektiv als unentgeltliches gewollt wäre; dabei ist die Zuwendung unentgeltlich, wenn sie unabhängig von einer Gegenleistung (auch von oder an einen Dritten) geschieht, wobei die Gegenleistung nicht Geldwert haben und vermögensrechtlich sein muss (vgl. Palandt, a.a.O. , Bearbeiter Weidenkaff, § 516, Rn. 8). Hier lag eine Gegenleistung der Eheleute Walter und Rita S. schon deshalb vor, weil sich diese in Ziffer 2 der Vereinbarung zur Fortsetzung und zum Abschluss des Auszugs bis spätestens 15.11.2006 verpflichtet hatten, zudem sich in Ziffer 4. und 5. der Vereinbarung zur Unterlassung bestimmter (und keineswegs nur ohnehin geschuldeter) Verhaltensweisen verpflichteten und sich außerdem möglicher Ansprüche aus dem Übergabevertrag und dem Leibgeding entsagten (Ziffer 8.). Unter diesen Gesichtspunkten kann weder davon die Rede sein, dass die Vereinbarung ein unentgeltliches Schenkungsversprechen darstellte, noch, dass die Eheleute Rita und Walter S. dies als unentgeltliche Zuwendung aufgefasst hätten. Ganz abgesehen davon erschiene es seitens des Beklagten als treuwidrig, sich im Nachhinein auf die Nichteinhaltung der notariellen Form zu berufen, nachdem sein Bevollmächtigter, wie aus dem Schreiben des Bevollmächtigten der Gegenpartei vom 9.11.2006 (Anlage K4) hervorgeht, in einem Telefonat vor Annahme des Vergleichsvorschlags die Rechtsauffassung vertreten hatte, die Vereinbarung bedürfe nicht der notariellen Form.

c) Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass er mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 14.1.2011 das auf Ziffer 6. des Vergleichs gestützte Rücktrittsrecht wirksam ausgeübt hätte. Der Bevollmächtigte des Beklagten hat mit seinem Schreiben vom 20.03.2008 (Anlage B2) den Bevollmächtigten der Eheleute Walter und Rita S. auf „andere anhaltende Vertragsverletzungen gegen Ziffer 4. des Vergleichs“ hingewiesen und ihn aufgefordert, die Partei zu einem vertragsgerechten Verhalten zu ermahnen. Es wird ausdrücklich dieser Hinweis als „Abmahnung“ bezeichnet. Dies aber bedeutet, dass der Beklagte für die vor dem 20.3.2008 liegenden Vorfälle auf sein Rücktrittsrecht verzichtet hat. Es erschiene treuwidrig, nach dem Ablauf von nahezu drei Jahren nach einer Abmahnung die dieser zugrunde liegenden Vorkommnisse als Rücktrittsgrund zu verwenden; zudem vertritt die Rechtsprechung die Auffassung, dass der Berechtigte bei ungebührlicher Verzögerung das Rücktrittsrecht verwirken kann (BGH NJW 57, 1358, 99, 352, NJW 2002, 669). Die in der Klageerwiderung vom 14.1.2011 geschilderten Vorgänge liegen zeitlich vor dem Schreiben vom 20.3.2008. Soweit auf ein Schreiben der Firma C. vom 21.4.2008 (Anlage B3) im Zusammenhang mit dem Rücktrittsrecht verwiesen wird, ist, abgesehen von der erheblichen Zeitspanne zur Rücktrittserklärung, schon nicht zu sehen, inwieweit ein Verstoß gerade des Klägers gegen eine Verpflichtung aus dem Vergleich vorgelegen haben soll. Die Frage eines möglicherweise nicht korrekten Verhaltens des Bruders Franz S. ist in diesem Zusammenhang nicht zu thematisieren, da rechtlich irrelevant.

d) Das Landgericht hat unter Ziffer 5. der Entscheidungsgründe überzeugend dargetan, dass auch bei einem teilweisen Verkauf des Anwesens die Regelung aus Ziffer 1. des Vergleichs eingreift. Diese überzeugende Auslegung des Landgerichts wird mit der Berufung auch nicht angegriffen.

e) Zu den Einwänden des Beklagten gegen die Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis des Klägers ist zu bemerken, dass § 2039 Satz 1 BGB jeden Miterben berechtigt, zum Nachlass gehörende Ansprüche in gesetzlicher Prozessstandschaft und damit in eigenem Namen für die Erbengemeinschaft klageweise geltend zu machen, also nicht etwa in Vertretung der übrigen Miterben und auch ohne deren Mitwirkung; diesem Recht steht sogar ein Widerspruch der übrigen Miterben nicht entgegen (Palandt, a.a.O. , Bearbeiter Weidlich, § 2039, Rn. 6). Unstreitig ist die Erbengemeinschaft nach Rita Sieglinde Springer noch nicht auseinandergesetzt, wobei offen bleiben kann, auf wessen Verhalten dies zurückzuführen ist. § 2039 BGB gilt gleichfalls, wenn der Schuldner, so wie hier, zugleich Miterbe ist; auch er muss an Alle leisten bzw. hinterlegen und zwar grundsätzlich ohne Rücksicht darauf, ob bei der Auseinandersetzung die Schuld ausgeglichen werden könnte (Palandt, a.a.O. , § 2039, Rn. 11). Da sich der Beklagte zur Höhe seines Auseinandersetzungsanspruchs nicht geäußert hat, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Einziehung der Forderung vor Auseinandersetzung gegen Treu und Glauben verstieße, weil die Schuld mit Sicherheit durch den Erbanteil des Beklagten gedeckt wäre.

f) An der Vollstreckungsfähigkeit des Urteilsausspruchs des Landgerichts bestehen im Übrigen keine Zweifel; insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen unter Z. II 5 der Berufungserwiderung vom 30.11.2011 Bezug genommen werden. Die Berufung des Beklagten zu 1) erweist sich damit als unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des Beklagten zu 1) aus § 97 Abs. 1, hinsichtlich der Beklagten zu 2) aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bestimmt sich aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.   Die Revision war nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO): Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

 

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