Rangfolge der Erben – Wer erbt was?
Jedem Menschen steht es frei, selbst über sein Erbe und die damit verbundenen Erben zu bestimmen. Sollte ein Mensch jedoch kein Testament oder einen Erbvertrag aufsetzen, so greift die sogenannte gesetzliche Erbfolge. Der Gesetzgeber hat für derartige Fälle bestimmt, in welcher Art und Weise etwaig vorhandene Kinder oder auch Ehegatten berücksichtigt werden.
Die gesetzliche Regelung der Erbfolge verfährt nach einem genauen Schemata, welches sich an den sogenannten Ordnungen orientiert. Es gibt sowohl die erste als auch die zweite sowie die dritte Ordnung.
Die Funktionsweise der gesetzlichen Erbfolge
Der Gesetzgeber setzt bei der Festlegung der Erben sowie dem Umfang des Erbes das Verwandtschaftsverhältnis zu dem Erblasser in den Vordergrund. Grundlage dieser Vorgehensweise ist das sogenannte Ordnungs- bzw. Parentelsystem, welches die jeweiligen Verwandten den jeweiligen Ordnungen zuweist. In der ersten Ordnung gem. § 1924 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) finden sich die Kinder oder auch Enkelkinder des Erblassers wieder, während hingegen die Eltern sowie Geschwister nebst Nichten / Neffen gem. § 1945 BGB in der zweiten Ordnung angesiedelt sind. Dieser Ordnung werden auch geschiedene Elternteile zugeordnet. In der dritten Ordnung gem. § 1926 BGB sind letztlich die Großeltern oder auch Tanten / Onkel sowie Cousinen und Cousins zu finden.
Ausdrücklich nicht als Verwandte im Sinne des BGB zählen die Ehepartner oder auch die Schwiegereltern nebst Schwägerinnen und Schwäger des Erblassers. Für Ehegatten gilt das sogenannte gesetzliche Ehegattenerbrecht, welches jedoch von der gesetzlichen Erbfolge separat betrachtet werden muss.
Die nachstehende Ordnung rutscht nach
Das System der gesetzlichen Erbfolge funktioniert nach dem Prinzip, dass Verwandte der nachstehenden Ordnung als Erben nachrutschen, wenn es keine Verwandten in der vorhergehenden Ordnung gibt. Die gesetzliche Grundlage hierfür stellt der § 1930 BGB dar. Im Zusammenhang mit der Ordnung muss auch erwähnt werden, dass es innerhalb einer jeweiligen Ordnung das sogenannte Repräsentationsprinzip gibt. Dies bedeutet, dass im Todesfall eines Versandten aus der jeweiligen Ordnung lediglich dessen Kinder als Erben eingesetzt werden, nicht jedoch die Enkelkinder. Solange die vorrangige Person noch am Leben ist, können die nachrangingen Erben keine Erbschaft antreten. Es gibt jedoch auch das Eintrittsprinzip, sodass die Kinder einer verstorbenen Person an die Stelle der verstorbenen Person treten können.
Das sogenannte Ehegattenerbrecht hat eine einschränkende Wirkung auf das Verwandtenerbrecht. Der Ehepartner einer verstorbenen Person erbt dementsprechend immer gem. § 1931 BGB, auch wenn die gesetzliche Erbfolge zum Tragen kommt. Diese Regelung gilt auch für die eingetragene Lebenspartnerschaft auf der Grundlage des § 10 Lebenspartnergesetz (LPartG).
Zu welchem Anteil erbt jeder Erbberechtigte?
Die genaue Berechnung des Erbanteils ist ein wesentlicher Bestandteil des Erbrechts. Als Hauptberechnungsgrundlage gilt hierbei derjenige Erbteil des Ehegatten, der noch am Leben ist. Dieser Erbteil bestimmt dann auch die Erbquote von den anderen Erben. Als Berechnungsgrundlage gilt, dass der überlebende Ehegatte mit einem Vierteil neben den Verwandten der ersten Ordnung sowie der zweiten Ordnung erbberechtigt ist. Der Erbteil des Ehegatten erhöht sich in der gängigen Praxis jedoch gem. §§ 1931 sowie 1371 BGB auf den hälftigen Anteil der Erbmasse, wenn das Ehepaar zu Lebzeiten den Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart hatten.
Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt als gesetzlicher Güterstand, wenn die Eheleute untereinander keinen Ehevertrag oder eine anderweitige Regelung getroffen hatten.
Wer gilt als Erbe der ersten Ordnung?
Als Erben der ersten Ordnung gelten stets die Nachkommen von dem Erblasser. Sollte zu dem Zeitpunkt des Todes von dem Erblasser ein Kind noch leben, so gilt dieses Kind auf der Basis der gesetzlichen Erbfolge als Erbe neben dem noch lebenden Ehegatten. Sollten mehrere Kinder noch am Leben sein, so wird das Erbe entsprechend unter den Kindern sowie dem Ehegatten aufgeteilt. Sollten die Kinder nicht mehr leben, so rücken deren Kinder an die Stelle der Kinder als Erben. Hierbei gilt die gleiche Regelung wie bei mehreren Kindern. Dies bedeutet, dass mehrere Enkelkinder von dem Erblasser anteilig an der Erbmasse beteiligt sind.
Die sogenannten nichtehelichen Kinder sind ebenfalls erbberechtigt. Dies gilt jedenfalls für diejenigen nichtehelichen Kinder, welche nach dem 01.07.1949 das Licht der Welt erblickt haben.
Wer gilt als Erbe der zweiten Ordnung?
Zu den Erben der zweiten Ordnung werden die Vorfahren des Erblassers sowie deren Nachkommen gezählt. Sollte der Erblasser zu dem Zeitpunkt seines Todes keine eigenen Kinder haben oder sollten diese Kinder kinderlos verstorben sein, so rücken die Erben der zweiten Ordnung an die Stelle der Erben erster Ordnung. Hierbei gilt, dass die Erben in sogenannten Linien eingeordnet werden. Jeder Elternteil mit seinen Nachkommen stellt hierbei eine Linie dar und ist erbberechtigt zu gleichen Anteilen.
Wer gilt als Erbe der dritten Ordnung?
Erben der dritten Ordnung sind in der gängigen Praxis eine äußerste Seltenheit, da sehr entfernte Verwandte zu dieser Ordnung gezählt werden. In Fällen kinderloser Erblasser mit Vorfahren, die zu dem Zeitpunkt des Todes von dem Erblasser selbst bereits verstorben sind, kann ein Erbe der dritten Ordnung durchaus zum Tragen kommen. Dies gilt dann, wenn der Erblasser weder Geschwister noch Neffen oder Nichten hatte. In derartigen Fällen werden die Großeltern des Erblassers, so sie denn noch am Leben sind, als Erben der dritten Ordnung angesehen und gelten als erbberechtigt. Sollten auch die Großeltern des Erblassers bereits verstorben sein, so treten an diese Stelle etwaige Onkel oder Tanten nebst deren Nachkommen.
Das Erbrecht der adoptierten Kinder
Wenn eine Person der Adoption eines Kindes zustimmt, so ergibt sich daraus automatisch auch eine rechtliche Verwandtschaft mit dem adoptierten Kind. Dementsprechend erlangt ein minderjähriges Kind, welches durch eine Adoption die rechtliche Verwandtschaft erlangt, auch automatisch den Status eines gemeinschaftlichen Kindes von dem Ehegatten. Die Grundlage hierfür stellt der § 1754 BGB darf. Dementsprechend wird das adoptierte Kind auch automatisch der ersten Ordnung in der gesetzlichen Erbfolge zugeordnet und besitzt ein vollumfängliches Erbrecht. Durch den Vorgang der Adoption erlischt automatisch auch das bisherig geltende Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den leiblichen Eltern. Dies bedeutet, dass auch alle mit dem Verwandtschaftsverhältnis einhergehenden Rechte und Pflichten gem. § 1755 BGB erlöschen. Dementsprechend besitzt ein adoptiertes Kind auch keinerlei Erbansprüche mehr gegenüber den leiblichen Eltern.
Der Sonderfall: Das adoptierte volljährige Kind
Bei einem adoptierten volljährigen Kind gelten im Vergleich zu dem adoptierten minderjährigen Kind anderweitige Regelungen. Diese Regelungen beziehen sich auf das Erlöschen von Rechten und Pflichten sowie Ansprüchen gegenüber den leiblichen Eltern. Im Gegensatz zu einem adoptierten minderjährigen Kind erlöschen derartige Ansprüche bei einem adoptierten volljährigen Kind gem. § 1770 Absatz 2 BGB ausdrücklich nicht. Dies bedeutet, dass ein adoptiertes volljähriges Kind durchaus bei bis zu vier Elternteilen als erbberechtigt angesehen werden kann. Die Erbrechtsansprüche beziehen sich dabei sowohl auf die leiblichen Eltern als auch auf die Adoptiveltern. Es bestehen jedoch keinerlei Ansprüche eines adoptierten volljährigen Kindes gegenüber den Verwandten von den Adoptiveltern.
Was geschieht mit dem Erbe, wenn es keine Verwandten oder Erben gibt?
Sollte ein Erblasser kein Testament oder auch Erbvertrag zu Lebzeiten aufgesetzt haben und keinerlei gesetzliche Erben vorhanden sein, so fällt der Erbanspruch auf das Bundesland, in dem der Erblasser zu Lebzeiten gelebt oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt hat. Dies gilt auch dann, wenn die gesetzlichen Erben aufgrund einer Überschuldung des Erblassers die Erbschaft ausgeschlagen haben. Sollte der Erblasser keinen gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt haben oder sollte der Wohnort des Erblassers nicht feststellbar sein, so fällt der Erbanspruch gem. § 1935 BGB auf den Bund. Der Bund haftet in derartigen Fällen auch für die Nachlassschulden. Diese Haftung ist jedoch nur beschränkt gültig, sodass die Gläubiger des Erblassers nicht selten auf einem Teil ihrer Forderungen sitzen bleiben.