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Löschung Auflassungsvormerkung nach Grundstücksteilung in Wohnungseigentum

Löschung einer Auflassungsvormerkung nach Grundstücksteilung

Im Mittelpunkt dieses Falls steht die komplexe juristische Fragestellung rund um die Löschung einer Auflassungsvormerkung im Kontext einer Teilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum. Dieser Sachverhalt bringt eine besondere Problematik zum Vorschein, da die Vormerkung ursprünglich das gesamte Grundstück betraf, jedoch nach der Teilung nur noch Teilflächen abdeckt. Der Kern des Konflikts liegt in der Feststellung, ob eine solche Vormerkung in der gegebenen Situation gelöscht werden kann oder nicht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 20 W 252/19 >>>

Kongruenz als zentraler Aspekt

Die zentrale Debatte in diesem Fall dreht sich um die Frage der Kongruenz. Mit Kongruenz ist hier die Übereinstimmung zwischen der ursprünglich gesicherten Forderung und der aktuellen Situation gemeint. Der Notar, der mit der Abwicklung des Vertrages betraut wurde, argumentiert, dass aufgrund des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs kein Kongruenz vorliegt und dementsprechend eine Löschung der Vormerkung nicht stattfinden kann. In diesem Zusammenhang wird auf einen stillschweigenden Vorbehalt gemäß § 16 Abs. 2 GBO hingewiesen.

Argumentation des Gerichts

Das Gericht sieht die Sache jedoch anders. Es hält die Beschwerde zwar für zulässig, aber letztlich für unbegründet. Seiner Meinung nach wäre eine Löschung der Vormerkung nur im Wohnungsgrundbuch der verkauften Wohnung, aber nicht in denen der weiteren Wohnungen, inhaltlich unzulässig. Hier zeigt sich ein wichtiger Punkt: Es handelt sich bei der Vormerkung trotz der Verteilung auf alle Wohnungsgrundbuchblätter nicht um einzelne, die jeweilige Wohnung betreffende Vormerkungen, sondern um eine einzige Vormerkung, die sich über das gesamte Grundstück erstreckt.

Vormerkung als „einheitliches Recht“

Infolgedessen ist die Vormerkung, trotz der Aufteilung des Grundstücks, als einheitliches Recht zu betrachten. Diese Betrachtungsweise scheint den Intentionen der beteiligten Parteien zu entsprechen und kann aus der notariellen Urkunde zum Kaufvertrag entnommen werden. Bei einer Änderung des Anspruchs bleibt eine Vormerkung daher ohne neue Eintragung aufgrund geänderter Bewilligung wirksam, solange der geänderte Anspruch mit dem zuvor bestehenden übereinstimmt.

Folgen der Beschwerdeentscheidung

Im Ergebnis müssen die Beteiligten als Beschwerdeführer die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1.Alt. GBO zur Fortbildung des Rechts ausgesprochen, da die Frage, ob in dieser Konstellation eine Vormerkung hinsichtlich nur einer von mehreren betroffenen Wohnungen gelöscht werden kann, bisher nicht Gegenstand vertiefter Behandlung in der Rechtsprechung und im Schrifttum war. Dies könnte jedoch eine erhebliche praktische Bedeutung haben. […]


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 252/19 – Beschluss vom 16.11.2020

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 256.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 3, die Mutter des Beteiligten zu 1, war im Grundbuch eingetragene Alleineigentümerin des Grundstücks Straße1 in Stadt1 (Grundbuch von Stadt1, Bl. …). Als Belastung des Grundstücks eingetragen war eine Grundschuld für die Sparkasse Oberhessen.

Mit notariellem Vertrag vom 04.09.2009 (UR-Nr. …/2009 des jetzigen Bevollmächtigten der Beteiligten) schenkte die Beteiligte zu 3 dem Beteiligten zu 1 das Grundstück. Dabei behielt sie sich den unbefristeten Nießbrauch an dem Grundstück vor. Gemäß § 6 des Vertrages („Rücktritt“) behielt sie sich weiter vor, unter gewissen, im Vertrag näher bezeichneten Voraussetzungen die Rückübereignung des Grundstücks zu verlangen. Der Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 3 bewilligten und beantragten, zur Sicherung dieses Rückübereignungsanspruchs eine Vormerkung für die Beteiligte zu 3 in das Grundbuch einzutragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf diesen verwiesen (Aktendeckel).

Der Vertrag wurde vollzogen und die Vormerkung eingetragen.

Mit notarieller Teilungserklärung vom 07.09.2018 (UR-Nr. …/2018 des jetzigen Bevollmächtigten der Beteiligten) teilte der Beteiligte zu 1 das Grundstück gemäß § 8 WEG in drei Miteigentumsanteile mit Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung. Mit weiterem notariellem Vertrag vom selben Tag (UR-Nr. …1 des jetzigen Bevollmächtigten der Beteiligten) verkaufte der Beteiligte zu 1 eine der Wohnungen an den Beteiligten zu 2. Urkundsbeteiligte war auch die Beteiligte zu 3. In § 2 (2) Abs. 2 des Vertrages heißt es:

Die [Beteiligte zu 3] als Berechtigte [der Vormerkung und des Nießbrauchs] bewilligt die Pfandentlassung des Miteigentumsanteils […], verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung […] und der [Beteiligte zu 1] beantragt die Löschung dieser Rechte auf dem verkauften Miteigentumsanteil […] auf seine Kosten im Grundbuch.

In der Urkunde erklärten die Beteiligten zu 1 und 2 die Auflassung und bevollmächtigten den Notar, deren Eintragung im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. Der Notar wurde mit der Abwicklung des Vertrages betraut und bevollmächtigt, die Beteiligten im Grundbuchverfahren uneingeschränkt zu vertreten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urkunde wird auf diese verwiesen (Bl. 2/4 ff. d.A.).

Auf die Teilungserklärung wurden die Wohnungsgrundbücher Bl. … bis … angelegt, für die verkaufte Wohnung das Wohnungsgrundbuch Bl. …. Die Vormerkung, der Nießbrauch und die Grundschuld wurden in allen Wohnungsgrundbüchern eingetragen. Wegen der Einzelheiten des Inhalts des Wohnungsgrundbuchs Bl. … wird auf dieses verwiesen (Aktendeckel).

Mit Schriftsatz des Notars vom 21.03.2019 hat dieser unter Bezug auf den Kaufvertrag und unter Vorlage einer Löschungsbewilligung der Grundschuldgläubigerin die Löschung der Grundschuld sowie der Vormerkung und des Nießbrauchs für die Beteiligte zu 3 bewilligt und beantragt, zunächst noch nach den Bezeichnungen in dem ursprünglichen Grundbuchblatt, außerdem die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen (Bl. 3/1 ff. d.A.). Mit ergänzendem Schriftsatz vom 22.05.2019 hat der Notar die Löschung der Grundschuld in allen drei Wohnungsgrundbüchern beantragt und die Rechte nach dem Wohnungsgrundbuch bezeichnet. Auch insoweit wird wegen der Einzelheiten auf den Schriftsatz verwiesen (Bl. 3/6 ff. d.A.).

Mit Beschluss vom 11.09.2019 (Bl. 3/12 f. d.A.) hat das Grundbuchamt den Antrag insgesamt zurückgewiesen. Durch die Löschung der Vormerkung lediglich an einer Einheit würden die übrigen Grundbücher unrichtig, da der Gegenstand der möglichen Rechtsänderung dann nicht mehr mit dem Belastungsgegenstand übereinstimme. Der bisherige Anspruch sei gerichtet auf die Rückübertragung des gesamten Grundstücks. Nach der Freigabe einer einzelnen Wohnung könne sich der Anspruch lediglich noch auf die Rückübertragung der übrigen Einheiten beziehen. Dies stelle ein echtes Aliud zu dem ursprünglich gesicherten Anspruch dar, so dass keine Auslegung dahingehend erfolgen könne, dass gleichzeitig eine Wiederaufladung der eingetragenen Vormerkungen stattgefunden habe. Die erforderliche Kongruenz für eine Wiederaufladung der eingetragenen Vormerkung liege in diesem Fall nicht vor. Aufgrund des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs werde von einem stillschweigenden Vorbehalt gemäß § 16 Abs. 2 GBO ausgegangen, so dass auch die übrigen Anträge zurückzuweisen gewesen seien.

Dagegen wendet sich die durch den Notar eingelegte Beschwerde, mit der begehrt wird, das Grundbuchamt anzuweisen, die mit Schriftsatz vom 21.03.2019 gestellten Anträge zu vollziehen. Die Beteiligte zu 3 habe durch die Mitwirkung in der Kaufvertragsurkunde und durch die Erklärung der „Pfandhaftentlassung“ ihre Rechte an dem verkauften Wohnungseigentum unwiderruflich aufgegeben. Dies sei als Zustimmung zur Teilung gemäß §§ 876, 877 BGB zu werten. Die Berechtigte der Vormerkung könne einzelne Belastungsgegenstände unter Aufhebung ihrer Ansprüche aus dem einzelnen Gegenstand freigeben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum dies nicht möglich sein solle.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nachdem der Notar nicht ausdrücklich mitgeteilt hat, in wessen Namen er im Rahmen der Vollmacht nach § 15 GBO die Beschwerde eingelegt hat, ist davon auszugehen, dass Beschwerdeführer sämtliche Antragsberechtigte im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO sind, also hier die Beteiligten (vgl. OLG Frankfurt v. 17.04.2018 – 20 W 12/18, Juris-Rn. 7; KG NJW-RR 2019, 1413; OLG Köln FGPrax 2019, 253).

Die Beschwerde ist zwar gemäß §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässig, aber unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Eine Löschung der Vormerkung nur in dem Wohnungsgrundbuch der verkauften Wohnung, nicht aber in denen der weiteren Wohnungen wäre inhaltlich unzulässig (vgl. für Grunddienstbarkeit BGH NJW-RR 2019, 914 Rn. 9). Anders als das Grundbuchamt meint, kann nicht auf die Unrichtigkeit der übrigen Wohnungsgrundbücher abgestellt werden, denn diese werden nicht durch die Löschung der Vormerkung in nur einem der anderen Grundbücher unrichtig, sondern durch die der Vormerkung den Boden entziehenden Vereinbarung der Beteiligten.

Wird Wohnungseigentum gebildet, so sind die im bisherigen Grundstücksgrundbuch eingetragenen Rechte, wenn sie am gesamten Grundstück lasten, in sämtliche neu gebildeten Wohnungsgrundbuchblätter zu übertragen (Kral, in: BeckOK WEG, 42. Edit., Std. 01.08.2020, § 7 Rn. 30; Rapp, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2018, § 7 WEG Rn. 10; Zimmer, in: Jennißen, WEG, 6. Aufl. 2019, § 3 Rn. 11). Ist eine Auflassungsvormerkung am Grundstück eingetragen, so ist auch diese entsprechend auf alle gebildeten Wohnungseigentumseinheiten zu übertragen (Müller, in: BeckOGK, Std. 01.03.2020, § 2 WEG Rn. 46; Rapp aaO., § 3 WEG Rn. 26a). So geschah es auch vorliegend.

Die Vormerkungswirkung geht dabei auf die Aufhebung des Wohnungseigentums und Verschaffung des ungeteilten Grundstückseigentums. Die Begründung von Wohnungseigentum stellt eine vormerkungswidrige Verfügung dar – oder ist zumindest als solche zu behandeln -, die gemäß § 883 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam ist (vgl. Müller aaO.; Rapp aaO.). Entgegen dem äußeren Anschein handelt es sich trotz der Verteilung auf alle Wohnungsgrundbuchblätter nicht um jeweils einzelne die jeweilige Wohnung betreffende Vormerkungen, sondern weiterhin um eine einzige Vormerkung, die sich über das gesamte Grundstück und damit über alle Wohnungen erstreckt (vgl. für Grunddienstbarkeit als weiterhin „einheitliches Recht“ BayObLG Rpfleger 1983, 434).

Soll, wie vorliegend, eine einzelne Wohnung aus der Vormerkung „freigegeben“ werden, so muss aufgrund der strengen Akzessorietät der Vormerkung (vgl. dazu BGHZ 221, 229 Rn. 12) der von der Vormerkung gesicherte Anspruch entsprechend geändert werden. Der Rückübertragungsanspruch der Beteiligten zu 3 dürfte sich dann nicht mehr auf das gesamte Grundstück, sondern nur noch auf die zwei verbliebenen Wohnungen erstrecken. Dies scheint von den Beteiligten in der Tat auch so gewollt zu sein und mag ihren Erklärungen in der notariellen Urkunde zu dem Kaufvertrag im Wege der Auslegung zu entnehmen sein. Auch in diesem Fall ist es aber unzulässig, nur in einem Wohnungsgrundbuch die Vormerkung zu löschen. Vielmehr muss dann die sich über alle Wohnungsgrundbücher erstreckende Vormerkung zunächst insgesamt gelöscht werden, weil der zugrundeliegende Anspruch erloschen ist. Sodann sind zur Sicherung des neu begründeten Anspruchs neue einzelne Vormerkungen nur hinsichtlich der noch betroffenen Wohnungen einzutragen.

Bei Anspruchsänderung bleibt eine Vormerkung ohne neue Eintragung aufgrund geänderter Bewilligung wirksam, wenn der geänderte Anspruch deckungsgleich mit dem zuvor bestehenden ist. Dies gilt auch im Falle verminderten Vormerkungsschutzes, insbesondere im Fall einer Verminderung des Anspruchsziels, etwa des Bezugs nur noch auf eine Teilfläche statt auf das gesamte Grundstück bei einer Auflassungsvormerkung (Assmann, in: BeckOGK, Std. 01.11.2020, § 883 BGB Rn. 80.1, § 885 BGB Rn. 15; Herrler, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 885 Rn. 20; Kohler, DNotZ 2011, 808, 829; stillschweigend vorausgesetzt von OLG München NJW-RR 2014, 976, 978).

So liegt der Fall hier aber nicht. Das Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Rückforderung nur noch eines Teils (hier zwei von drei) der durch Teilung entstandenen Wohnungseigentumseinheiten und dem auf das gesamte ungeteilte Grundstück bezogenen Rückforderungsanspruch stellt sich nicht als „Minus“, sondern, wie das Grundbuchamt zutreffend ausgeführt hat, als „Aliud“ dar. Die bloße Reduzierung der betroffenen Wohnungseigentumseinheiten wäre zwar ein „Minus“, aber zwischen dem Anspruch auf Rückerstattung des nicht zerlegten Grundstücks und dem Anspruch auf die entsprechenden Wohnungseigentumseinheiten besteht ein maßgeblicher qualitativer Unterschied. Dies folgt schon daraus, dass, wie oben angegeben, die Umwandlung in Wohnungseigentum als vormerkungswidrige Verfügung anzusehen ist.

Dem Grundbuchamt ist auch darin zuzustimmen, dass hier eine stillschweigende Bestimmung nach § 16 Abs. 2 GBO vorliegt (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 16 Rn. 11), so dass sämtliche Anträge zurückzuweisen sind. Hiergegen wendet sich die Beschwerde auch nicht.

Eine ausdrückliche Kostenentscheidung ist entbehrlich. Die Beteiligten haben als Beschwerdeführer die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens schon nach § 22 Abs. 1 GNotKG zu tragen. Zu einer abweichenden Entscheidung besteht keine Veranlassung. Auch einer Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit von notwendigen Aufwendungen im Beschwerdeverfahren bedarf es mangels weiterer Beteiligter nicht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1.Alt. GBO zur Fortbildung des Rechts. Die Frage, ob in der hier vorliegenden Konstellation eine Vormerkung hinsichtlich nur einer von mehreren betroffenen Wohnungen gelöscht werden kann, war bisher, soweit ersichtlich, nicht Gegenstand vertiefter Behandlung in Rechtsprechung und Schrifttum, könnte aber nicht unerhebliche praktische Bedeutung haben.

Der Geschäftswert entspricht dem für die Wohnung vereinbarten Kaufpreis.

 

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