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Erbe ausschlagen – 7 Punkte, die Sie beachten müssen

Eine Erbschaft wird oft als Glücksfall betrachtet. Doch manchmal kann sie auch zur Belastung werden. Viele Menschen wissen nicht, dass sie ein Erbe auch ablehnen können. Diese Option kann in bestimmten Situationen sinnvoll oder sogar notwendig sein.

Die Entscheidung, ein Erbe anzunehmen oder auszuschlagen, will gut überlegt sein. Sie hat weitreichende rechtliche und finanzielle Folgen. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte der Erbausschlagung. Er erklärt, wann und wie man ein Erbe ausschlagen kann, und zeigt die Vor- und Nachteile auf.

Rechtsanwalt Dr. Gerd Christian Kotz ist Experte für Erbrecht. Mit seiner langjährigen Erfahrung kann er in solch komplexen Situationen wertvolle Unterstützung bieten.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Frist: 6 Wochen ab Kenntnis des Erbfalls (6 Monate bei Auslandsbezug)
  • Form: Schriftlich mit beglaubigter Unterschrift beim Nachlassgericht
  • Gründe: Überschuldeter Nachlass, unattraktives Erbe, persönliche Motive
  • Folgen: Verlust aller Rechte am Nachlass, Befreiung von Schulden, Erbe geht an nächsten Berechtigten
  • Besonderheiten: Keine Teilausschlagung, unwiderruflich, Sonderregeln für Minderjährige
  • Zuständigkeit: Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers oder am Wohnort des Ausschlagenden
  • Kosten: Gebühren für Beglaubigung und Entgegennahme der Erklärung fallen an
  • Steuerlich: Erbschaftsteuerpflicht entfällt für den Ausschlagenden
  • Pflichtteil: Geht in der Regel mit der Ausschlagung verloren
  • Anfechtung: Möglich bei Irrtum oder Täuschung, Frist beachten
  • Alternativen: Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz prüfen
  • Wichtig: Sorgfältige Prüfung des Nachlasses, rechtliche Beratung empfehlenswert

1. Gründe für die Ausschlagung einer Erbschaft

Eine Erbschaft auszuschlagen, mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Doch es gibt triftige Gründe, warum Menschen diesen Schritt in Erwägung ziehen:

  • Überschuldeter Nachlass: Der häufigste Grund ist ein Nachlass mit mehr Schulden als Vermögen. Erben möchten vermeiden, mit ihrem Privatvermögen für die Schulden des Verstorbenen zu haften.
  • Wirtschaftlich unattraktives Erbe: Manchmal übersteigen die Kosten den Nutzen des Erbes:
  • Persönliche Motive: Familiäre Konflikte oder zerrüttete Beziehungen können Erben dazu bewegen, nichts mit dem Nachlass zu tun haben zu wollen.
  • Lenkung der Erbfolge: Eine Ausschlagung kann die Erbfolge beeinflussen. Der Nachlass geht dann an den nächsten Erben in der Reihe.
  • Steuerliche Überlegungen: In einigen Fällen kann eine Ausschlagung Erbschaftsteuern sparen.
  • Zugewinnausgleich für Ehepartner: Für Ehepartner kann der Zugewinnausgleich manchmal vorteilhafter sein als die Erbschaft selbst.

Wichtig: Eine Erbausschlagung will gut überlegt sein. Sie gilt für das gesamte Erbe und kann nicht rückgängig gemacht werden. Die Frist beträgt nur 6 Wochen.

Gesetzeshammer und Gesetzbuch
Symbole der Rechtsprechung im Kontext erbrechtlicher Fragen (Bild: Ideogram).

2. Rechtliche Grundlagen der Erbausschlagung

Das Recht, eine Erbschaft auszuschlagen, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Hier die wichtigsten Punkte:

Gesetzliche Regelung

  • §§ 1942 ff. BGB regeln die Erbausschlagung
  • Erben können die Erbschaft ablehnen (§ 1942 BGB)
  • Die Erklärung erfolgt beim Nachlassgericht (§ 1945 BGB)
  • Frist: 6 Wochen ab Kenntnis des Erbfalls (§ 1944 BGB)

Wirkung der Ausschlagung

  • Das Erbe gilt als nie angefallen (§ 1953 Abs. 1 BGB)
  • Es geht an den nächsten Erben in der Reihe (§ 1953 Abs. 2 BGB)

Wichtige Grundsätze

  1. Keine Bedingungen möglich (§ 1947 BGB)
  2. Keine Teilausschlagung erlaubt (§ 1950 BGB)
  3. Unwiderruflich nach Erklärung (§ 1946 BGB)

Besonderheiten

  • Bei mehreren Erbgründen: Separate Ausschlagung möglich (§ 1951 BGB)
  • Minderjährige: Genehmigung des Familiengerichts nötig (§ 1954 BGB)
  • Anfechtung: Unter bestimmten Umständen möglich (§§ 1954, 1955 BGB)

Die Erbausschlagung schützt vor allem vor der Haftung für Nachlassschulden. Sie kann aber auch die Erbfolge beeinflussen.

Erbe ausschlagen - so geht man am besten vor
Ein Erbe ist nicht gezwungen, einen Nachlass tatsächlich auch anzunehmen, es besteht das Recht, das Erbe auszuschlagen. Die Erbausschlagung muss jedoch innerhalb einer sechswöchigen Frist nach der Kenntnisnahme des Erbfalls persönlich beim Nachlassgericht erfolgen. (Symbolfoto: goodluz/Shutterstock.com)

3. Fristen für die Ausschlagung

Die Regelfrist: Sechs Wochen

Die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, muss zügig getroffen werden. Das Gesetz sieht dafür klare Fristen vor, die unbedingt einzuhalten sind.

In der Regel haben Erben sechs Wochen Zeit, um eine Erbschaft auszuschlagen. Diese Frist beginnt, sobald der Erbe vom Erbfall und seiner Berufung als Erbe erfährt. Bei einer testamentarischen Erbfolge startet die Frist erst, wenn das Nachlassgericht die Verfügung von Todes wegen bekannt gibt.

Verlängerte Frist: Sechs Monate

Es gibt jedoch Situationen, in denen die Frist verlängert wird. Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland oder hält sich der Erbe zu Beginn der Frist im Ausland auf, verlängert sich die Ausschlagungsfrist auf sechs Monate. Diese Regelung trägt den besonderen Umständen bei grenzüberschreitenden Erbfällen Rechnung.

Fristhemmung in Sonderfällen

In bestimmten Fällen kann die Frist auch gehemmt werden. Dies gilt etwa bei höherer Gewalt oder wenn der Erbe geschäftsunfähig ist. Auch wenn eine familien– oder betreuungsgerichtliche Genehmigung für die Ausschlagung erforderlich ist und beantragt wurde, wird die Frist vorübergehend angehalten.

Besonderheit bei Vermächtnissen

Eine Besonderheit gilt für Vermächtnisse: Hier sieht das Gesetz keine feste Ausschlagungsfrist vor. Dennoch sollten Vermächtnisnehmer nicht zu lange mit ihrer Entscheidung warten, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

Konsequenzen bei Fristversäumnis

Es ist von großer Bedeutung, diese Fristen genau im Blick zu behalten. Verstreicht die Frist ungenutzt, gilt die Erbschaft automatisch als angenommen. Eine nachträgliche Ausschlagung ist dann nicht mehr möglich, was weitreichende finanzielle und rechtliche Folgen haben kann.

Wichtige Fristen im Erbrecht

FristDauerBeginn der FristAnmerkungen
Ausschlagung der Erbschaft6 WochenNach Kenntnis des ErbfallsZeit, um die Erbschaft abzulehnen. Wichtig bei überschuldeten Nachlässen oder unerwünschten Erben. Nach Ablauf gilt das Erbe als angenommen.
Ausschlagung der Erbschaft (Ausland)6 MonateNach Kenntnis des ErbfallsVerlängerte Frist, wenn Erblasser im Ausland lebte oder Erbe sich im Ausland aufhält. Berücksichtigt mögliche Kommunikationsverzögerungen.
Anfechtung der Annahme/Ausschlagung6 WochenNach Kenntnis des AnfechtungsgrundesMöglichkeit, eine bereits getroffene Entscheidung zur Annahme oder Ausschlagung zu widerrufen, z.B. bei Irrtum oder Täuschung.
Herausgabe der Erbschaft30 JahreNach ErbfallZeitraum, in dem der rechtmäßige Erbe die Herausgabe des Nachlasses von einem unrechtmäßigen Besitzer verlangen kann.
Testamentsanfechtung1 JahrNach Kenntnis des AnfechtungsgrundesFrist, um ein Testament anzufechten, z.B. wegen Formfehlern oder Testierunfähigkeit. Wichtig für übergangene Erben.
Pflichtteilsergänzungsanspruch3 JahreNach Erbfall und KenntnisZeit, um zusätzliche Pflichtteile zu fordern, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen getätigt hat, die den Pflichtteil schmälern.
Grundbuchberichtigung2 JahreNach Kenntnis des TodesfallsFrist für die kostenlose Änderung des Grundbuchs nach einem Erbfall. Danach werden Gebühren fällig. Wichtig bei geerbten Immobilien.
Sanduhr in einem Anwaltsbüro
Möchte man das Erbe ausschlagen, ist es wichtig, die Fristen zu kennen, die man einhalten muss (Bild: Ideogram).

4. Vorgehensweise bei der Erbausschlagung

Fristen im Blick behalten

Die Ausschlagung einer Erbschaft ist an strenge Fristen gebunden. In der Regel haben Erben nur 6 Wochen Zeit, nachdem sie vom Erbfall und ihrer Berufung erfahren haben. Bei Auslandsbezug verlängert sich diese Frist auf 6 Monate. Wichtig: Bei testamentarischer Erbfolge beginnt die Frist erst mit der offiziellen Bekanntgabe durch das Nachlassgericht.

Formelle Anforderungen erfüllen

Die Ausschlagung ist ein formeller Akt. Sie muss schriftlich erfolgen und die Unterschrift muss beglaubigt sein. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Vor einem Notar
  2. Direkt beim zuständigen Nachlassgericht

Das richtige Gericht finden

Zuständig ist in der Regel das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers. Alternativ kann die Erklärung auch beim Nachlassgericht am eigenen Wohnort abgegeben werden. Dies kann bei weiten Entfernungen praktisch sein.

Inhalt der Ausschlagungserklärung

Die Erklärung muss eindeutig sein und folgende Informationen enthalten:

  • Klare Aussage zur Ausschlagung
  • Persönliche Daten des Ausschlagenden (Name, Geburtsdatum, Anschrift)
  • Angaben zum Erblasser (Name, Sterbedatum, letzter Wohnsitz)

Kosten einplanen

Für die Beglaubigung und Entgegennahme der Erklärung fallen Gebühren an. Diese sollten bei der Entscheidung berücksichtigt werden.

Besondere Fälle beachten

  • Minderjährige: Zustimmung des Familiengerichts erforderlich
  • Geschäftsunfähige: Ausschlagung durch gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Betreuungsgerichts
Frau hält ein Dokument in der Hand und denkt über den Inhalt nach
Sorgfältige Abwägung rechtlicher Optionen und persönlicher Konsequenzen (Bild: Ideogram).

5. Rechtliche Folgen der Ausschlagung

Die Entscheidung, eine Erbschaft auszuschlagen, hat weitreichende rechtliche Konsequenzen. Es ist wichtig, diese genau zu verstehen, bevor man diesen Schritt geht.

Rückwirkende Aufhebung der Erbenstellung

Mit der Ausschlagung wird die Erbenstellung rückwirkend aufgehoben. Das bedeutet, der Ausschlagende gilt rechtlich so, als hätte er zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht existiert. Diese Fiktion hat erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Erbfolge.

Übergang der Erbschaft

Das Erbe geht automatisch an den nächsten Berechtigten über. Dies kann der nächste gesetzliche Erbe sein oder ein im Testament bestimmter Ersatzerbe. Die Erbfolge wird so neu geordnet, als wäre der Ausschlagende nie als Erbe in Betracht gekommen.

Verlust aller Rechte am Nachlass

Mit der Ausschlagung verliert man sämtliche Rechte am Nachlass. Dies betrifft nicht nur das eigentliche Erbe, sondern auch mögliche Vermächtnisse. Besonders wichtig: Auch der Pflichtteilsanspruch entfällt in der Regel. Man kann also nicht ausschlagen und dann noch den Pflichtteil fordern.

Befreiung von Nachlassverbindlichkeiten

Ein wesentlicher Vorteil der Ausschlagung ist die Befreiung von der Haftung für Nachlassschulden. Der Ausschlagende muss nicht für die Schulden des Erblassers oder andere Nachlassverbindlichkeiten aufkommen.

Steuerliche Auswirkungen

Die Erbschaftsteuer entfällt für den Ausschlagenden rückwirkend. Allerdings wird sie für den neuen Erben fällig, und zwar ab dem Zeitpunkt der Ausschlagung. Dies kann in manchen Fällen zu einer günstigeren steuerlichen Situation führen.

Unwiderruflichkeit der Entscheidung

Eine einmal erklärte Ausschlagung ist grundsätzlich unwiderruflich. Nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen kann sie angefochten werden, etwa bei Irrtum oder Täuschung.

Auswirkungen auf Nachkommen

Die Ausschlagung wirkt sich auch auf die Abkömmlinge des Ausschlagenden aus. Sie sind ebenfalls von der Erbfolge ausgeschlossen, es sei denn, es wurde ausdrücklich nur für die eigene Person ausgeschlagen.

Diese komplexen rechtlichen Folgen unterstreichen, wie wichtig eine sorgfältige Abwägung vor der Ausschlagung ist. Eine fundierte rechtliche Beratung kann helfen, alle Aspekte zu berücksichtigen und die richtige Entscheidung zu treffen.

Stadtszene mit einer Anzahl an Wegweisern, die in verschiedene Richtungen zeigen
Zur Ausschlagung des Erbes gibt es einige Alternativen, die man in Blick behalten sollte (Bild: Ideogram).

6. Alternativen zur Erbausschlagung

Die Ausschlagung einer Erbschaft ist nicht immer der einzige oder beste Weg, um sich vor den finanziellen Risiken eines überschuldeten Nachlasses zu schützen. Es gibt mehrere Alternativen, die Sie in Betracht ziehen können, um Ihre Haftung zu begrenzen und dennoch eventuelle Vermögenswerte zu sichern.

Nachlassverwaltung

Wenn Sie das Erbe nicht ausschlagen möchten, aber Sorge haben, dass der Nachlass unübersichtlich oder überschuldet ist, können Sie beim Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung beantragen. Das bedeutet, dass ein neutraler Nachlassverwalter vom Gericht eingesetzt wird, der sich um die Abwicklung des gesamten Nachlasses kümmert. Er sammelt alle Vermögenswerte, begleicht die Schulden des Verstorbenen und verteilt das verbleibende Vermögen an die Erben.

Vorteile für Sie:

  • Haftungsbeschränkung: Ihre persönliche Haftung für die Schulden des Verstorbenen wird auf den Nachlass beschränkt. Das heißt, Ihr eigenes Vermögen bleibt geschützt.
  • Professionelle Abwicklung: Der Nachlassverwalter ist erfahren und sorgt dafür, dass alles rechtlich korrekt abläuft.

Beispiel: Sie erben von einem entfernten Verwandten, kennen aber seine finanziellen Verhältnisse nicht genau. Durch die Nachlassverwaltung können Sie sicherstellen, dass Sie nicht unbewusst Schulden übernehmen.

Nachlassinsolvenzverfahren

Wenn der Nachlass mehr Schulden als Vermögenswerte enthält, also überschuldet ist, können Sie ein Nachlassinsolvenzverfahren beim Insolvenzgericht beantragen. Ähnlich wie bei einer Firmeninsolvenz wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, der den Nachlass verwaltet und die Gläubiger entsprechend der gesetzlichen Vorschriften befriedigt.

Vorteile für Sie:

  • Haftungsbegrenzung: Sie haften nicht mit Ihrem persönlichen Vermögen für die Schulden des Verstorbenen.
  • Klare Regelung: Das Verfahren sorgt für eine geordnete Abwicklung und verhindert, dass Gläubiger später Ansprüche gegen Sie persönlich geltend machen.

Beispiel: Ihr verstorbener Onkel hinterlässt hohe Schulden bei mehreren Banken. Durch das Nachlassinsolvenzverfahren wird verhindert, dass diese Banken auf Sie zukommen, um die Schulden einzutreiben.

Dürftigkeitseinrede

Wenn der Nachlass so gering ist, dass er nicht einmal die Bestattungskosten deckt, können Sie die Dürftigkeitseinrede erheben. Das bedeutet, Sie weisen darauf hin, dass der Nachlass „dürftig“ ist und die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die Schulden zu begleichen.

Vorteile für Sie:

  • Schutz Ihres Vermögens: Sie müssen nicht mit eigenem Geld für die Schulden oder sogar die Beerdigungskosten aufkommen.
  • Einfachheit: Sie müssen kein aufwendiges Verfahren durchlaufen, sondern lediglich die Gläubiger informieren.

Beispiel: Ihr verstorbener Nachbar hat keine Ersparnisse und nur wenige persönliche Gegenstände hinterlassen. Mit der Dürftigkeitseinrede vermeiden Sie, dass Sie für seine Schulden oder die Beerdigung zahlen müssen.

Personen auf einer Beerdigung
Wenn die Kosten einer Beerdigung den Wert des Nachlasses übersteigen, kann man mit rechtlichen Mitteln arbeiten, um das Privatvermögen der Erben zu schützen (Bild: Ideogram).

Überschwerungseinrede

Wenn der Verstorbene in seinem Testament hohe Vermächtnisse oder Auflagen verfügt hat, die den Wert des Nachlasses übersteigen, können Sie die Überschwerungseinrede nutzen. Das bedeutet, Sie müssen diese Vermächtnisse nur bis zur Höhe des tatsächlichen Nachlasswertes erfüllen.

Vorteile für Sie:

  • Begrenzte Verpflichtung: Sie haften nicht über den Wert des Nachlasses hinaus.
  • Fairness: Sie werden nicht gezwungen, mit eigenem Geld Vermächtnisse zu erfüllen, die der Verstorbene möglicherweise nicht finanzieren konnte.

Beispiel: Ihre Tante hat in ihrem Testament hohe Geldbeträge an wohltätige Organisationen vermacht, aber ihr Vermögen reicht dafür nicht aus. Mit der Überschwerungseinrede zahlen Sie nur das aus, was tatsächlich vorhanden ist.

Aufgebotsverfahren

Durch das Aufgebotsverfahren können Sie unbekannte Gläubiger des Verstorbenen dazu auffordern, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist anzumelden. Sie beantragen dieses Verfahren beim Nachlassgericht, das dann ein öffentliches Aufgebot veröffentlicht.

Vorteile für Sie:

  • Rechtssicherheit: Nach Ablauf der Frist müssen Sie keine Forderungen von Gläubigern mehr erfüllen, die sich nicht gemeldet haben.
  • Klarheit: Sie wissen genau, welche Schulden bestehen und können besser planen.

Beispiel: Sie erben von Ihrem Vater, der selbstständig war. Da Sie nicht wissen, ob noch offene Rechnungen existieren, nutzen Sie das Aufgebotsverfahren, um alle Gläubiger zu ermitteln.

Vorsichtige Annahme und genaue Prüfung

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie das Erbe annehmen sollten, können Sie es zunächst vorsichtig annehmen und den Nachlass genau prüfen. Sollten Sie innerhalb von sechs Wochen feststellen, dass der Nachlass überschuldet ist oder andere unerwartete negative Umstände auftreten, können Sie die Annahme wegen Irrtums anfechten.

Vorteile für Sie:

  • Bedenkzeit: Sie gewinnen Zeit, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
  • Flexibilität: Sie können die Annahme rückgängig machen, falls neue Informationen auftauchen.

Wichtig: Die Anfechtung muss innerhalb von sechs Wochen erfolgen, nachdem Sie den Grund für die Anfechtung erkannt haben.

Beispiel: Sie nehmen das Erbe Ihres Bruders an, weil Sie denken, er habe Ersparnisse hinterlassen. Nach einigen Wochen entdecken Sie jedoch hohe Schulden. Sie können nun die Annahme anfechten und das Erbe rückgängig machen.

Individuelle Beratung ist entscheidend

Welche Option für Sie am sinnvollsten ist, hängt von Ihrer individuellen Situation ab. Faktoren wie die Höhe der Schulden, Art der Vermögenswerte und persönliche Umstände spielen eine entscheidende Rolle. Eine Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen helfen, die beste Entscheidung zu treffen und rechtliche Fallstricke zu vermeiden. Wichtig ist, dass Sie innerhalb der gesetzlichen Fristen handeln, um alle Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal zu nutzen.

7. Sonderfälle und Besonderheiten bei der Erbausschlagung

Die Erbausschlagung kann in bestimmten Situationen komplexer sein als zunächst angenommen. Hier sind einige wichtige Sonderfälle und Besonderheiten zu beachten:

Ausschlagung für Minderjährige und Geschäftsunfähige

Bei Minderjährigen müssen die Eltern oder der Vormund die Ausschlagung erklären. Dabei ist zusätzlich die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich. Ähnlich verhält es sich bei Geschäftsunfähigen: Hier muss der gesetzliche Vertreter mit Zustimmung des Betreuungsgerichts die Ausschlagung vornehmen.

Auslandsbezug bei Erbfällen

Wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhält, verlängert sich die Ausschlagungsfrist auf sechs Monate. Dies trägt den besonderen Umständen grenzüberschreitender Erbfälle Rechnung.

Teilausschlagung: Nur in Ausnahmefällen möglich

Grundsätzlich kann eine Erbschaft nur als Ganzes ausgeschlagen werden. Eine Teilausschlagung ist nicht zulässig. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Wenn jemand zu mehreren Erbteilen berufen ist (z.B. sowohl testamentarisch als auch gesetzlich), kann er einen Teil ausschlagen und den anderen annehmen.

Pflichtteilsanspruch trotz Ausschlagung

In bestimmten Fällen bleibt der Pflichtteilsanspruch trotz Ausschlagung erhalten:

  1. Wenn der Erbteil mit Beschränkungen oder Beschwerungen belastet ist
  2. Bei Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten

Anfechtung der Ausschlagung

Eine einmal erklärte Ausschlagung kann unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden, etwa bei Irrtum oder Täuschung. Die Frist dafür beträgt sechs Wochen ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes.

Ausschlagung nach Annahmehandlungen

Vorsicht ist geboten, wenn bereits Handlungen vorgenommen wurden, die als Annahme der Erbschaft gedeutet werden könnten. Hat ein Erbe beispielsweise schon über Nachlassgegenstände verfügt, ist eine nachträgliche Ausschlagung in der Regel nicht mehr möglich.

 

Fazit: Erbausschlagung – eine wohlüberlegte Entscheidung

Die Ausschlagung einer Erbschaft ist ein komplexes rechtliches Thema mit weitreichenden Folgen. Sie kann in bestimmten Situationen sinnvoll oder sogar notwendig sein, erfordert aber eine sorgfältige Abwägung aller Umstände.

Wichtige Punkte, die es zu bedenken gilt:

  • Strenge Fristen: Die Entscheidung muss in der Regel innerhalb von sechs Wochen getroffen werden.
  • Unwiderruflichkeit: Eine einmal erklärte Ausschlagung kann nur in Ausnahmefällen rückgängig gemacht werden.
  • Rechtliche Konsequenzen: Der Verlust aller Rechte am Nachlass, einschließlich des Pflichtteilsanspruchs, muss bedacht werden.
  • Finanzielle Aspekte: Die Befreiung von Nachlassverbindlichkeiten steht dem Verlust potenzieller Vermögenswerte gegenüber.

Eine Erbausschlagung kann vor finanziellen Risiken schützen, aber auch Chancen zunichtemachen. Jeder Fall ist individuell zu betrachten. Faktoren wie die Zusammensetzung des Nachlasses, persönliche finanzielle Umstände und familiäre Beziehungen spielen eine wichtige Rolle.

Angesichts der Komplexität und der potenziellen Fallstricke ist eine fundierte rechtliche Beratung dringend zu empfehlen. Ein erfahrener Fachanwalt für Erbrecht kann helfen, alle Aspekte zu beleuchten und eine fundierte Entscheidung zu treffen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Welche Pflichten habe ich trotz Erbausschlagung?

Auch nach einer Erbausschlagung können Sie noch gewisse Pflichten haben. Dazu gehören möglicherweise die Bestattungspflicht für den Verstorbenen, wenn Sie der nächste Angehörige sind. Zudem kann die Pflicht bestehen, bei der Auflösung des Haushalts des Verstorbenen zu helfen, wobei Vorsicht geboten ist, um keine unbeabsichtigte Erbannahme zu signalisieren.

Kann man ein Erbe ohne Notar ausschlagen?

Ein Erbe kann auch ohne Notar ausgeschlagen werden, indem man die Ausschlagung direkt beim zuständigen Nachlassgericht erklärt. Die Erklärung muss persönlich und zur Niederschrift des Gerichts erfolgen. Alternativ kann die Ausschlagungserklärung auch in öffentlich beglaubigter Form eingereicht werden.

Was muss ich tun, wenn ich das Erbe ausschlagen will?

Wenn Sie ein Erbe ausschlagen wollen, müssen Sie innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall eine Ausschlagungserklärung abgeben. Diese Erklärung muss persönlich beim zuständigen Nachlassgericht oder einem Notar erfolgen. Dabei müssen Sie Ihre Identität nachweisen und den Grund für die Ausschlagung angeben.

Was passiert mit dem Konto bei Erbausschlagung?

Bei einer Erbausschlagung geht das Konto des Verstorbenen nicht auf Sie über. Es wird Teil des Nachlasses und fällt dem nächsten in der Erbfolge zu. Die Bank wird das Konto in der Regel sperren, bis ein Erbschein oder eine andere Form des Erbschaftsnachweises vorliegt.

Was kostet die Ausschlagung eines Erbes?

Die Kosten für die Ausschlagung eines Erbes richten sich nach dem Wert des Nachlasses und sind im Gerichts- und Notarkostengesetz festgelegt. Bei einem Nachlasswert von 10.000 Euro fallen etwa 37,50 Euro an, bei 100.000 Euro sind es 136,50 Euro. Bei einem überschuldeten Nachlass wird eine Pauschalgebühr von 30 Euro erhoben.

Wer räumt die Wohnung, wenn ich das Erbe ausschlage?

Wenn Sie das Erbe ausschlagen, sind Sie grundsätzlich nicht für die Räumung der Wohnung verantwortlich. Diese Aufgabe fällt dem nächsten Erben in der Erbfolge zu. Sollte kein Erbe die Erbschaft annehmen, kann letztlich die zuständige Behörde für die Räumung verantwortlich sein.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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