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Grundstückskaufvertrag schwebend unwirksam bei fehlender behördlicher Genehmigung

OLG München – Az.: 34 Wx 5/23 e – Beschluss vom 06.02.2023

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Augsburg – Grundbuchamt – vom 9.12.2022 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag des Beteiligten zu 1 nicht aus den Gründen des aufgehobenen Beschlusses zurückzuweisen.

III. Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dort entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1 trägt die Beteiligte zu 2.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1 begehrt die Löschung einer Auflassungsvormerkung.

Mit notariellem Vertrag vom 23.8.2018 verkaufte der Beteiligte zu 1 der Beteiligten zu 2 als Landwirtschafts- und Waldfläche ausgewiesenen Grundbesitz und erklärte die Auflassung. Zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums bewilligte der Beteiligte zu 1 die Eintragung einer Vormerkung, die am 25.9.2018 erfolgte. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.10.2018 versagte das Landratsamt die Genehmigung nach § 2 GrdstVG.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 13.7.2022 beantragte der Beteiligte zu 1 unter Vorlage einer unterschriebenen und gestempelten Bestätigung der Bestandskraft des Versagungsbescheids die Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 Abs. 1 GBO.

Die Beteiligte zu 2 beantragte mit Schreiben vom 26.7.2022, das Löschungsbegehren zurückzuweisen, weil der Unrichtigkeitsnachweis nicht erbracht sei. Da sich die Aussagen des Beteiligten zu 1 betreffend die Baureifmachung des Grundstücks als haltlos erwiesen hätten, die Beteiligte zu 2 aber einen hohen Geldbetrag aufgewendet habe, hätten die Parteien vereinbart, dass die Vormerkung bis zu einer Kompensierung der nutzlosen Aufwendungen oder einer neuen Grundstücksübertragung als Sicherheit für die Beteiligte zu 2 bestehen bleibe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum sogenannten Aufladen einer Vormerkung könne eine erloschene Vormerkung zum einen zur Sicherung eines neuen, deckungsgleichen Anspruchs verwendet werden und zum anderen auf Ansprüche mit anderen Voraussetzungen erstreckt werden.

Das Grundbuchamt wies den Antrag auf Löschung der Vormerkung mit Beschluss vom 9.12.2022 zurück. Es qualifizierte die Aufwendungen der Beteiligten zu 2 als notwendige Verwendungen i.S.v. § 994 BGB, die auch durch die Vormerkung gesichert seien. Damit sei deren Zweck nicht entfallen bzw. dies nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen.

Hiergegen hat der Beteiligte zu 1 mit Anwaltsschriftsatz vom 23.12.2022 Beschwerde eingelegt. Die Entscheidung stehe im Widerspruch zum Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23.6.1959. Dort sei ausdrücklich ausgeführt, dass die Auflassungsvormerkung allein der Sicherung des Auflassungsanspruchs, nicht aber der Sicherung des schuldrechtlichen Zurückbehaltungsrechts verbunden sei. Dies sei auch der Stand in Literatur und Rechtsprechung, vgl. Schöner/Stöber GBR 16. Aufl. Rn. 1543 m.w.N.

Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 30.12.2022 der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Gründe des Zurückweisungsbeschlusses nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt. Dieses hat die Beteiligten über die Vorlage informiert und ihnen die Nichtabhilfeentscheidung sowie der Beteiligten zu 2 auch die Beschwerdeschrift jeweils in Kopie zugeleitet.

Die Beteiligte zu 2 hat mit Schreiben vom 23.1.2023 dahingehend Stellung genommen, dass dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23.6.1959 ein Sachverhalt zugrundeliege, der mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sei. Dies gelte auch für die in dem vom Beteiligten zu 1 zitierten Kommentar genannte Rechtsprechung. Maßgeblich bleibe, dass das Verfahren vor dem Grundbuchamt streng formalisiert sei und dieses keine materiellrechtlichen Erwägungen vornehmen könne. Mit der Vormerkung sollten mit dem ausdrücklichen Einverständnis des Beteiligten zu 1 weitere Ansprüche der Beteiligten zu 2 gesichert werden. Dass der Beteiligte zu 1 nunmehr absprachewidrig versuche, die Löschung ad hoc herbeizuführen, liege wohl darin begründet, dass bereits im Jahr 2021 Gläubigerbanken mit der Zwangsversteigerung gedroht hätten. Tatsächlich befinde sich das Objekt nun im Zwangsversteigerungsverfahren.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist gegen einen Beschluss, mit dem – wie hier – der Antrag auf Behebung einer nachträglich eingetretenen Grundbuchunrichtigkeit zurückgewiesen wird, die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft (BayObLGZ 1952, 157/159; Bauer/Schaub/Budde GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 58; Demharter GBO 32. Aufl. § 71 Rn. 29; Hügel/Kramer GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 152 f.; Schöner/Stöber GBR 16. Aufl. Rn. 483).

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

a) Der Senat sieht davon ab, die Vorlageverfügung aufzuheben und die Sache an das Grundbuchamt zurückzugeben, obwohl keine ordnungsgemäße Entscheidung über eine Abhilfe nach § 75 GBO getroffen wurde. Die Vorschrift ist nicht dahin zu verstehen, dass nur dann, wenn das Grundbuchamt die Beschwerde für begründet erachtet, eine förmliche Entscheidung zu ergehen hätte. Vielmehr muss, da es sich dabei um eine echte Sachentscheidung handelt, über die Abhilfe oder Nichtabhilfe stets in Form eines Beschlusses befunden werden (Senat RNotZ 2010, 397; OLG Düsseldorf FGPrax 2010, 274; Bauer/Schaub/Budde § 75 Rn. 6; Demharter § 75 Rn. 11; Hügel/Kramer § 75 Rn. 20; Schöner/Stöber Rn. 500), der zur Wahrung des rechtlichen Gehörs den Beteiligten bekanntzugeben ist (Senat RNotZ 2010, 397; OLG Düsseldorf FGPrax 2010, 274; Bauer/Schaub/Budde § 75 Rn. 7; Hügel/Kramer § 75 Rn. 23; Schöner/Stöber Rn. 500). Das Beschwerdegericht ist allerdings auch bei erheblichen Mängeln des Abhilfeverfahrens nicht grundsätzlich gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden (Senat FGPrax 2013, 155; Bauer/Schaub/Budde § 75 Rn. 6). Die Bekanntgabe an die Beteiligten wurde durch den Senat nachgeholt und der diesbezügliche Fehler damit geheilt. Im Übrigen spricht im vorliegenden Fall der Grundsatz der Verfahrensökonomie dafür, von einer Rückgabe an das Grundbuchamt abzusehen. Daher kann auch offenbleiben, ob die extrem knappe Begründung der Nichtabhilfeentscheidung, die sich in einer Bezugnahme auf die Gründe des Zurückweisungsbeschlusses erschöpft und zumindest nicht explizit auf die Beschwerdebegründung eingeht, den diesbezüglich zu stellenden Anforderungen (Senat RNotZ 2010, 397/398; OLG Düsseldorf FGPrax 2010, 274; Bauer/Schaub/Budde § 75 Rn. 6; Demharter § 75 Rn. 11; Hügel/Kramer § 75 Rn. 20; Schöner/Stöber Rn. 500) genügt.

b) Die Beschwerde erweist sich als begründet, da der Beteiligte zu 1 den Unrichtigkeitsnachweis geführt hat und somit auf seinen Antrag hin die begehrte Grundbuchberichtigung zu erfolgen hat.

aa) Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO bedarf es zur Berichtigung des Grundbuchs der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Unrichtig ist das Grundbuch nach der Vorgabe des § 894 BGB dann, wenn sein Inhalt hinsichtlich eines Rechts an einem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 BGB bezeichneten Art mit der wahren, d.h. materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt (Senat FGPrax 2019, 60/61; BayObLG Rpfleger 1988, 254/255; Bauer/Schaub/Schäfer § 22 Rn. 38; Demharter § 22 Rn. 4; Hügel/Holzer § 22 Rn. 25; Schöner/Stöber Rn. 356).

Von dieser Bestimmung ist auch die Eintragung einer Vormerkung erfasst (BGH NJW 2012, 3162/3163; BayObLGZ 1959, 223/226; Grüneberg/Herrler BGB 82. Aufl. § 894 Rn. 2; Hügel/Holzer § 22 Rn. 33). Die Vormerkung schützt, wie sich aus § 883 Abs. 1 BGB ergibt, den schuldrechtlichen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung (Grüneberg/Herrler § 883 Rn. 1; Schöner/Stöber Rn. 1483). Sie ist akzessorisch; deshalb erlischt, wenn der gesicherte Anspruch erlischt, auch die Vormerkung und das Grundbuch wird unrichtig (BGH NJW 2012, 3162/3163; Senat NJOZ 2012, 1493/1494; Bauer/Schaub/Schäfer § 22 Rn. 64; Demharter Anh zu § 44 Rn. 89; Grüneberg/Herrler § 886 Rn. 4; Schöner/Stöber Rn. 1543).

Ein Grundstückskaufvertrag, der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG der behördlichen Genehmigung bedarf, ist bis zu deren Erteilung schwebend unwirksam. Wird die Genehmigung bestandskräftig versagt, ist das Rechtsgeschäft endgültig nichtig (Düsing/Martinez/Martinez AgrarR 2. Aufl. GrdstVG § 2 Rn. 4).

bb) Nach Maßgabe des Vorstehenden ist vorliegend die Auflassungsvormerkung erloschen. Der Beteiligte zu 1 hat durch Vorlage des entsprechenden Bescheids und einer Bestätigung der zuständigen Behörde in der Form des § 29 Abs. 3 Satz 1 GBO nachgewiesen, dass die Genehmigung bestandskräftig versagt ist. Damit ist der Kaufvertrag nichtig und der Übereignungsanspruch der Beteiligten zu 2 sowie die zu dessen Sicherung eingetragene Vormerkung sind erloschen. Folglich ist das Grundbuch insoweit unrichtig geworden und gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO zu berichtigen.

Ein eventueller Verwendungsersatzanspruch der Beteiligten zu 2 – auf welcher Grundlage auch immer – stünde dem nicht entgegen. Die Vormerkung sichert den schuldrechtlichen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung, und zwar ausschließlich diesen. Inwiefern hiervon auch ein Verwendungsersatzanspruch des Vormerkungsberechtigten erfasst sein sollte, der wesensgemäß überhaupt nur bei Nichterfüllung des Auflassungsanspruchs in Betracht kommen könnte, erschließt sich nicht.

Ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 oder § 1000 BGB im Hinblick auf einen solchen Verwendungsersatzanspruch würde die begehrte Berichtigung ebenfalls nicht hindern. Es kann unter Umständen gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB im streitigen Verfahren geltend gemacht werden, nicht aber wenn die Vormerkung im Grundbuchverfahren nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO ohne Bewilligung des Betroffenen gelöscht werden soll, weil der Wegfall des Auflassungsanspruchs gemäß § 29 GBO durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (Bauer/Schaub/Schäfer § 22 Rn. 224; Schöner/Stöber Rn. 1543). Ansonsten müsste das Grundbuchamt vor Löschung der Vormerkung das Bestehen des Verwendungsersatzanspruchs prüfen, was jedoch völlig außerhalb seines Aufgabenbereichs liegt (BayObLGZ 1959, 223/227). Im Übrigen hätte selbst die Existenz eines Zurückbehaltungsrechts keinen Einfluss auf das Erlöschen der Vormerkung und die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO zu behebende diesbezügliche Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Auch die grundsätzliche Möglichkeit einer sogenannten Wiederaufladung der Vormerkung ändert hieran nichts. Mindestvoraussetzung für eine solche Wiederaufladung ist, dass die Vormerkung durch nachträgliche Bewilligung für einen neuen Anspruch verwendet wird (BGHZ 193, 152). Dass dies hier der Fall wäre, ist jedoch nicht ersichtlich und wird insbesondere nicht einmal seitens der Beteiligten zu 2 behauptet. Diese trägt lediglich vor, man habe vereinbart, dass die Vormerkung bis zu einer Kompensierung der nutzlosen Aufwendungen oder einer neuen Grundstücksübertragung als Sicherheit für die Beteiligte zu 2 bestehen bleibe. Unabhängig davon, dass der Beteiligte zu 1 sogar dies bestreitet, beinhaltet das Vorbringen nicht, dass es überhaupt wieder einen zu sichernden Anspruch und eine neue Bewilligung gebe. Die Möglichkeit einer Wiederaufladung der Vormerkung besteht also nur abstrakt und kann im konkreten Fall ausgeschlossen werden.

Auch im Übrigen würde die geschilderte angebliche Vereinbarung den Beteiligten zu 1 nicht hindern, den gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GBO für die Grundbuchberichtigung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO erforderlichen Antrag zu stellen. Denn das Antragsrecht als öffentlich-rechtliche Position des Grundbuchverfahrens unterliegt nicht der Disposition der Parteien eines zivilrechtlichen Vertrags (Bauer/Schaub/Bauer § 13 Rn. 66; Demharter § 13 Rn. 57).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Einer gesonderten Geschäftswertfestsetzung bedurfte es im Hinblick auf §§ 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 45 Abs. 3 GNotKG nicht.

III.

Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO besteht nicht.

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