Wenn zwei Menschen miteinander ein besonderes Rechtsgeschäft wie ein Immobilienkaufgeschäft miteinander abschließen wollen, ist der Gang zum Notar unerlässlich. Hierbei suchen sie dann eine Person mit einer gesonderten Stellung auf, welcher den Status eines Amtsträgers hat. Der Notar genießt in der breiten Öffentlichkeit einen besonderen Vertrauensstatus, welcher jedoch letztlich auf die besonderen Befugnisse und auch Pflichten des Notars zurückgeht. Insbesondere die notariellen Belehrungspflichten stehen dabei nicht selten im Fokus. Den wenigsten Menschen ist jedoch der Umfang sowie die genauen Zusammenhänge mit den notariellen Belehrungspflichten bewusst.
Hinweispflicht auf Tragweite rechtlicher Natur
Der Notar hat aus seiner Tätigkeit heraus die Verpflichtung, die Beteiligten des Rechtsgeschäfts im Hinblick auf die Tragweite rechtlicher Natur von dem Rechtsgeschäft hinzuweisen. Diese Verpflichtung beinhaltet auch die genaue Bedeutung der jeweiligen Erklärungen, welche beide Parteien im Zuge des Rechtsgeschäfts abgeben.
Das Ziel des Notars
Die absolute Klarheit aller Beteiligten des Rechtsgeschäfts gehört zu den ausdrücklichen Zielsetzungen des Notars. Dies bedeutet, dass der Notar sämtliche Maßnahmen ergreifen muss, damit Zweifel und auch Irrtümer bei den beteiligten Personen ausgeschlossen werden können. Dies ergibt sich aus dem § 17 Abs. 1 Beurkundungsgesetz (BeurKG). Der Notar muss dementsprechend sämtliche Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, damit der ausdrückliche Wille aller an dem Rechtsgeschäft beteiligten Personen in einer von dem Notar erstellten Urkunde vollumfänglich sowie sachlich oder inhaltlich korrekt sowie eindeutig unmissverständlich wiedergefunden werden kann.
Die notariellen Belehrungspflichten beschränken sich dabei rein formell auf diejenigen Personen, welche bei dem Beurkundungstermin beteiligt sind. In der gängigen Praxis wird hierbei von den vor dem Notar erschienen Personen gesprochen, die von dem Notar auch namentlich in der Urkunde erwähnt werden. Hierbei kann es sich gem. § 6 Abs. 2 BeurkG auch um gesetzliche Vertreter handeln, die in einem fremden Namen eine Erklärung im Sinne der zu vertretenden Person abgeben.
Unter ganz bestimmten Umständen können sich die notariellen Belehrungspflichten auch auf Personen beziehen, welche sich lediglich aus dem reinen Anlass einer notariellen Beurkundung dem Notar zugewandt haben. Dies gilt, wenn diese Personen dem Notar ihre eigenen Belange dargelegt haben respektive welche mit einer Beurkundung eine Begünstigung erfahren.
Die sogenannte doppelte Belehrungspflicht des Notars
Bedingt durch den Umstand, dass der Notar an sich eine unabhängige und objektive Stellung gegenüber den Parteien innehat, muss der Notar im Zuge seiner Pflichten die Benachteiligung aller beteiligten Personen ausdrücklich verhindern. Dies ergibt sich aus dem § 17 Abs. 1 S. 2 BeurkG. Um dies zu gewährleisten, hat der Notar die sogenannte doppelte Belehrungspflicht inne.
Die doppelte Belehrungspflicht im Überblick
- sollten mit dem Rechtsgeschäft einseitige respektive unbillige Benachteiligungen für eine Partei einhergehen, so muss der Notar darauf hinweisen
- im Zuge des Hinweises auf einseitige respektive unbillige Benachteiligungen muss der Notar Alternativen vorschlagen
- der Notar muss für die beteiligten Personen stets den rechtlich sichersten Weg wählen
- der Notar darf sich ausdrücklich beteiligen, wenn Straftaten ein Bestandteil des Rechtsgeschäfts sind.
Eine besondere Belehrungspflicht liegt vor, wenn es um ungesicherte Vorleistungen geht
Die doppelte Belehrungspflicht des Notars ist ausdrücklich dann im Fokus, wenn mit dem Rechtsgeschäft die sogenannten einseitigen Vorleistungen einhergehen. Dies ist der Fall, wenn eine Partei einseitig eine ungesicherte Vorleistung für die Realisierung des Rechtsgeschäfts zu tätigen hat. Jedes Rechtsgeschäft, dessen Gegenleistung der anderen Partei als ungewiss gilt, gilt rechtlich betrachtet als ungesichert. Der Notar hat im Zuge seiner notariellen Belehrungspflicht die gesetzlich auferlegte Verpflichtung, die entsprechenden Folgen dieses Rechtsgeschäfts eindeutig und unmissverständlich aufzuzeigen.
In erster Linie betrifft dies diejenigen Folgen, welche durch eine etwaige Leistungsunfähigkeit der anderen Vertragspartei für die Partei mit Vorleistung entstehen. Gibt es alternative Realisierungsmöglichkeiten zu der ungesicherten Vorleistung, so muss der Notar diese Alternative allen beteiligten Personen vorschlagen.
Der Notar muss seine eigenen Zweifel äußern
Sofern bei dem Notar Zweifel daran aufkommen sollten, dass das Rechtsgeschäft zwischen den beteiligten Personen auf der Grundlage des ausdrücklichen Willens der beteiligten Personen so realisiert werden kann oder das geplante Rechtsgeschäft nicht dem Willen der beteiligten Personen entspricht, so muss der Notar diese Zweifel auch deutlich und unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem § 17 Abs. 2 BeurkG. In derartigen Fällen muss der Notar seine Zweifel mit den beteiligten Personen besprechen und weitergehende Fragen stellen, um den Willen von den beteiligten Personen genauer zu erforschen.
Sollten beide Parteien bereits einen Vertragsentwurf dem Notar vorgelegt haben, so muss der Notar diesen Vertragsentwurf ausgiebig prüfen und feststellen, ob der Vertragsentwurf den Wünschen beider Beteiligten entspricht. Diese Prüfung bezieht sich ausdrücklich auf den Inhalt des Vertragsentwurfs inklusive der Verwendung von Rechtsbegriffen, die eine entsprechende rechtliche Bedeutung haben und die gewünschten Rechtsfolgen nach sich ziehen.
Bei Verbraucherverträgen gilt die besondere notarielle Belehrungspflicht
Der Gesetzgeber hat in der jüngeren Vergangenheit die besondere Stellung eines Verbrauchers bei Rechtsgeschäften deutlich gestärkt. Dies gilt selbstverständlich auch bei dem Gang eines Verbrauchers zu einem Notar. Auf der Grundlage des § 17 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BeurkG genießen Verbraucher bei einem Notar den besonderen Schutz dahin gehend, dass sie vor übereilt getroffenen Entscheidungen bei Verträgen, die einer notariellen Beurkundung bedürfen, sowie bei rechtsgeschäftlichen Entscheidungen durch den Notar besonders ausführlich belehrt werden.
Jedweder Versuch eines Ausschlusses von der notariellen Belehrung muss von dem Notar aktiv unterbunden werden.
Die Belehrungspflicht des Notars erstreckt sich nicht auf steuerliche oder wirtschaftliche Folgen
Obgleich der Notar überaus umfangreiche und weitreichende Belehrungspflichten gegenüber den Personen, die ihn für die Realisierung eines Rechtsgeschäfts aufsuchen, hat, so gibt es diesbezüglich auch Grenzen. So muss der Notar etwa die beteiligten Personen nicht dahin gehend belehren, welche wirtschaftlichen Auswirkungen das geplante Rechtsgeschäft für die beteiligten Personen mit sich bringt. Des Weiteren hat der Notar auch keinerlei Prüfungspflicht dahin gehend, ob das geplante Rechtsgeschäft für die beteiligten Personen den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg mit sich bringt. Die Belehrungspflicht des Notars bezieht sich ausdrücklich nur auf die tatsächliche, rechtskonforme Umsetzung des Rechtsgeschäfts. In der juristischen Fachwelt wird diesbezüglich gern von dem rechtlichen Erfolg des Rechtsgeschäfts gesprochen. Diese Bezeichnung ist jedoch dahin gehend für einen juristischen Laien missverständlich, da die Bezeichnung den Erfolg impliziert. Gemeint ist damit jedoch ausdrücklich, dass das geplante Rechtsgeschäft durch die Beteiligung des Notars auch tatsächlich im Rahmen der aktuell geltenden Gesetze umgesetzt werden kann. Gleichermaßen muss der Notar die beteiligten Personen dahin gehend belehren, welche steuerlichen Auswirkungen das geplante Rechtsgeschäft auf die beteiligten Personen haben werden.
Der sogenannte Hinweis im Sinne des § 19 BeurkG ist hiervon unberührt. Der Notar muss diesen Hinweis erbringen! Gemeint ist damit der Hinweis, wenn eine grunderwerbssteuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zwingend erforderlich wird, damit eine Eintragung in das regional zuständige Grundbuch erfolgen kann.
Im Zusammenhang mit den anderweitigen steuerlichen Auswirkungen muss an dieser Stelle ausdrücklich betont werden, dass ein Notar keinerlei Steuerberatung übernimmt. Diese Tätigkeit ist ausdrücklich dem Steuerberater vorbehalten. Der Notar muss jedoch alle beteiligten Personen darauf hinweisen, dass eine steuerliche Beratung seinerseits nicht erfolgen kann. Der Verweis auf den Steuerberater wird jedoch in der gängigen Praxis von jedem Notar vor der Realisierung des Rechtsgeschäfts stets erbracht. Der Notar muss auch nicht prüfen, ob die beteiligten Personen seinem Verweis auf den Steuerberater nachgekommen sind oder nicht.
Wenn ausländisches Recht betroffen ist
Sicherlich ist ein Notar eine besonders umfangreich informierte und fachkenntlich hervorragend ausgebildete Person. Aber auch ein Notar kann bei Weitem nicht allwissend sein. Es gibt etwa eine wahre Vielzahl von Menschen, bei denen der Notar als erster Ansprechpartner für rechtliche Fragen mit Bezug auf ausländisches Recht gilt. Hierbei gilt jedoch die Maxime, dass bei einer Tangierung ausländischen Rechts der Notar die Verpflichtung hat darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf ausländisches Recht keine Kenntnisse vorhanden sind. Der Notar muss diesbezüglich dann auch keine Belehrung der betreffenden Personen vornehmen.