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Eigentumsumschreibung mit Löschung des Nacherbenvermerks – Voraussetzungen

Eigentumsübertragung und Nacherben: Komplexe Rechtsfragen im Erbrecht

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem Beschluss vom 19. Dezember 2019 (Az.: 15 W 4412/19) komplexe Fragen im Erbrecht geklärt, insbesondere im Kontext der Eigentumsumschreibung und der Rolle des Nacherben. Der Fall dreht sich um die Übertragung eines Grundstücks, bei dem ein Nacherbenvermerk im Grundbuch existierte. Das Hauptproblem lag in der Frage, ob die Übertragung des Grundstücks als vollentgeltlich angesehen werden kann, da dies für die Löschung des Nacherbenvermerks entscheidend ist.

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Vollentgeltlichkeit als Schlüsselkriterium

Das Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. hatte eine Zwischenverfügung erlassen, die die Eintragung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch verhinderte. Das OLG Nürnberg änderte diese Verfügung dahingehend ab, dass die fehlende Nachweisbarkeit der Vollentgeltlichkeit der Übertragung als Hindernis für die Eintragung gilt. In diesem Kontext ist die Vollentgeltlichkeit entscheidend, da der Vorerbe nach § 2113 Abs. 2 BGB nicht zu unentgeltlichen Verfügungen berechtigt ist. Gleiches gilt für den Testamentsvollstrecker nach § 2205 Satz 3 BGB.

Rolle des Testamentsvollstreckers

Der Testamentsvollstrecker argumentierte, dass die Übertragung des Grundstücks in Erfüllung eines gerichtlichen Vergleichs erfolgte und daher nicht unentgeltlich sei. Das OLG stellte jedoch klar, dass die Entgeltlichkeit nicht offenkundig sei. Es betonte, dass das Grundbuchamt prüfen muss, ob der Testamentsvollstrecker seine Verfügungsbefugnisse nicht überschritten hat.

Zustimmung der Nacherben

Das Grundbuchamt hatte ursprünglich die Ansicht vertreten, dass die Zustimmung der Nacherben in notarieller Form erforderlich sei, um die Entgeltlichkeit der Verfügung nachzuweisen. Das OLG wies jedoch darauf hin, dass entweder die Zustimmung der Nacherben oder der Nachweis der Entgeltlichkeit ausreicht. Da die Zustimmung der Nacherben nicht zu erwarten war, wurde die Zwischenverfügung in diesem Punkt als nicht veranlasst angesehen.

Nachweis der Entgeltlichkeit

Das OLG stellte fest, dass der Nachweis der Entgeltlichkeit durch eine Erklärung des Testamentsvollstreckers über die für den Vergleichsschluss maßgebenden Beweggründe im Einzelnen erbracht werden kann. Dies könnte durch die Vorlage eines detaillierten Nachlassverzeichnisses sowie der im Verfahren gewechselten Schriftsätze ergänzt werden.

Dieser Fall zeigt die Komplexität des Erbrechts und die Bedeutung der Rolle des Testamentsvollstreckers und der Nacherben bei der Übertragung von Grundbesitz. Es unterstreicht auch die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung durch das Grundbuchamt, insbesondere wenn es um die Löschung von Nacherbenvermerken geht.


Das vorliegende Urteil

OLG Nürnberg – Az.: 15 W 4412/19 – Beschluss vom 19.12.2019

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Neumarkt i.d.OPf. – Grundbuchamt – vom 05.11.2019 dahin abgeändert, dass der beantragten Eintragung der fehlende Nachweis der Vollentgeltlichkeit der Verfügung über den unter I. der Gründe dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitz entgegensteht.

2. Frist zur Behebung dieses Hindernisses wird gesetzt auf 03.02.2019.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Im Wohnungseigentumsgrundbuch des Amtsgerichts Neumarkt i.d.OPf. von Neumarkt i.d. OPf. Blatt … ist Johann Valentin V. als Alleineigentümer des 248/10.000 Miteigentumsanteils am Grundstück der Gemarkung N., Flst. …, …, …, Gebäude- und Freifläche zu 2.627 qm, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung mit Keller Nr. .. laut Aufteilungsplan eingetragen.

In Abteilung 2 Nr. 11 ist ein Nacherbenvermerk wie folgt eingetragen: Nacherbfolge ist angeordnet, Nacherben der V. sind L., K., K.; der Nacherbfall tritt ein beim Tode des Vorerben. Der Vorerbe ist befreit. (…);

In Abteilung 2 Nr. 12 ist ein Testamentsvollstreckungsvermerk eingetragen.

Beide Eintragungen sind gemäß notariellem Testament vom 21.03.2006 und Eröffnungsniederschrift vom 28.11.2016, Az. VI …, Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. am 18.09.2017 erfolgt.

Voreigentümerin war die am 26.09.2016 unter Hinterlassung zweier volljähriger Kinder verstorbene V. (im Folgenden auch als Erblasserin bezeichnet). Diese wurde gemäß notariellem Testament vom 21.03.2006 und Eröffnungsniederschrift des Amtsgerichts Neumarkt i.d.OPf. vom 28.11.2016, Az. VI …, beerbt von V. alleine. Testamentsvollstreckung wurde angeordnet. Der Testamentsvollstrecker wurde von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Mit notariellem Vertrag vom 29.03.2019 (Notar Dr. M., URNr ) erklärten Rechtsanwältin W. als Testamentsvollstreckerin der Erblasserin und Frau V. die Auflassung hinsichtlich des genannten Grundbesitzes an letztere. Die Testamentsvollstreckerin erklärte in dieser Urkunde nach Hinweis des Notars auf § 2205 Satz 3 BGB (Schenkungsverbot), dass es sich nach ihrer Überzeugung um ein vollentgeltliches Geschäft handle. Unter Nr. I.4. der Urkunde wurde darauf hingewiesen, dass die Beteiligten vor dem Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. (Anm.: im Verfahren C … „wegen Räumung“) am 06.03.2019 einen Vergleich geschlossen haben, welcher der heutigen Urkunde beiliegt.

In dessen Ziffer 1 verpflichteten sich (zusammengefasst) die Beteiligten, die Auflassung dieser Wohnung zu erklären, gemäß Ziffer 3 wird mit Eigentumsübergang der Wohnung der restliche Pflichtteil in Höhe von 19.000 € fällig. Gemäß Ziffer 4 sind nach Erfüllung der vorstehenden Ziffern mit Zahlung des in Ziffer 3 genannten Betrages in Höhe von 19.000 € sämtliche Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche der V. betreffend den Nachlass der Erblasserin abgegolten und erledigt, ebenso gemäß Ziffer 5 die streitgegenständlichen Herausgabeansprüche. Gemäß Ziffer 6 wurden die Kosten des Verfahrens und dieses Vergleichs gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert (der dem Rechtsstreit offenbar zugrundeliegenden Räumungsklage) wurde auf 7.708 €, der überschießende Vergleichswert auf 256.395,25 € festgesetzt.

Mit Schreiben vom 10.09.2019 beantragte der Urkundsnotar im Namen aller Antragsberechtigten (§ 15 Abs. 2 GBO) den Vollzug der Urkunde.

Die Nacherben wurden vom Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. – Grundbuchamt – angehört.

Die K. wandte sich mit Schreiben vom 21.10.2019 gegen die Löschung des Nacherbenvermerks, da der Vorerbe zum Schutz des Nacherben grundsätzlich nicht über Immobilien verfügen dürfe (§ 2113 BGB). Sie teilte mit, dass sie nicht zugestimmt habe und nicht zustimmen oder auf das Nacherbenrecht verzichten werde. Es sei zu befürchten, dass Frau V. das Recht des/der Nacherben beeinträchtigt oder vereitelt.

Mit Zwischenverfügung vom 05.11.2019 stellte das Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. – Grundbuchamt – fest, dass der beantragten Eintragung die fehlende Zustimmung der Nacherben in notariell beglaubigter Form entgegenstehe und setzte Frist zur Behebung dieses Hindernisses bis 05.12.2019.

Hiergegen legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 11.11.2019 Beschwerde ein. Es bedürfe keiner Zustimmung der Nacherben, da es sich um eine entgeltliche Verfügung in Erfüllung der Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 06.03.2019 handele, die keine Beeinträchtigung oder Vereitelung des Nacherbenrechts darstelle. Auch in Bezug auf den Vergleich, durch den sämtliche Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche von V. gegen den Nachlass der Erblasserin abgegolten wurden, ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtshandlung der Testamentsvollstreckerin unentgeltlich gewesen wäre, wozu dies nach § 2205 Satz 3 BGB auch nicht berechtigt gewesen wäre. Der Vorerbe sei gemäß §§ 2126, 2124 Abs. 2 BGB berechtigt, die Aufwendungen für die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs aus der Substanz der Erbschaft zu bestreiten.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.

II.

Die gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Neumarkt i.d.OPf. – Grundbuchamt – vom 05.11.2019 eingelegte Beschwerde ist als Beschwerde aller Antragsberechtigten – also der Beteiligten zu 1 und 2 – statthaft (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl. § 15 Rn. 20). Der Urkundsnotar tritt in der Regel – und so auch hier – nicht selbst als Beteiligter, sondern aufgrund seiner Vertretungsmacht (vgl. § 15 Abs. 2 GBO) als Verfahrensbevollmächtigter eines solchen auf (OLG Köln, ErbR 2015, 281, juris Rn. 57).

Sie ist auch im Übrigen zulässig und führt zur Abänderung der Zwischenverfügung dahin, dass der beantragten Eintragung der fehlende Nachweis der Vollentgeltlichkeit der Verfügung über den unter I. der Gründe dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes entgegensteht (vgl. Demharter, a.a.O. § 18 Rn. 31).

1. Eine Eigentumsumschreibung mit Löschung des Nacherbenvermerks kommt nur in Betracht, wenn es sich bei der Übertragung des gegenständlichen Grundbesitzes nicht um ein unentgeltliches Geschäft handelt. Denn der Vorerbe ist gemäß § 2113 Abs. 2 BGB zu unentgeltlichen Verfügungen nicht berechtigt. Dies gilt gemäß § 2205 Satz 3 BGB gleichermaßen für den Testamentsvollstrecker. Das Grundbuchamt hat bei der Eigentumsumschreibung auch zu prüfen, ob sich der Testamentsvollstrecker in den Grenzen seiner Verfügungsbefugnis gehalten hat (vgl. Demharter, a.a.O. § 52 Rn. 23). Der Begriff der Unentgeltlichkeit ist in beiden Fällen derselbe (vgl. Demharter, a.a.O. § 51 Rn. 35). Er setzt objektiv voraus, dass aus dem Nachlass ein Wert hingegeben wird, ohne dass die dadurch eingetretene Verringerung des Nachlasses durch Zuführung eines entsprechenden Vermögensvorteils ausgeglichen wird. Hinzukommen muss, dass der Testamentsvollstrecker weiß oder bei ordnungsmäßiger Verwaltung hätte erkennen müssen, dass die Leistung der Gegenseite unzulänglich war (BGH, NJW-RR 2016, 457, juris Rn. 9).

Eine unentgeltliche Verfügung, die der Eintragung der Eigentumsumschreibung ohne Zustimmung der Nacherben und der Löschung des Nacherbenvermerks (siehe § 51 GBO; Demharter, a.a.O., § 51 Rn. 37 und 42) entgegensteht, liegt nicht nur dann vor, wenn die Verfügung insgesamt unentgeltlich ist. Die nur teilweise unentgeltliche Verfügung steht vielmehr der insgesamt unentgeltlichen gleich (vgl. OLG München, Beschluss vom 27.06.2012 – 34 Wx 139/12, juris Rn. 12; OLG Köln, ErbR 2015, 281, juris Rn. 45).

Entgeltlichkeit ist gegeben, wenn der Testamentsvollstrecker eine Verfügung in Ausführung einer letztwilligen Anordnung des Erblassers vornimmt, also etwa ein Vermächtnis erfüllt (BayObLG NJW-RR 1989, 587 juris Rn. 10; KG FGPrax 2009, 56, juris Rn. 6; vgl. Demharter, a.a.O. § 53, Rn. 21). Dies gilt entsprechend bei der Erfüllung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl., § 2126 Rn. 1), wobei die an Erfüllung statt weggegebene Immobilie wertmäßig dieser gegen den Nachlass gerichteten Ansprüche entsprechen muss.

Vorliegend bedarf es somit sowohl aufgrund § 2113 Abs. 2 BGB als auch wegen § 2205 Satz 2 BGB grundsätzlich des Nachweises, dass eine entgeltliche Verfügung des Vorerben vorliegt. Die Notwendigkeit des Nachweises entfällt, wenn die Entgeltlichkeit beim Grundbuchamt offenkundig ist oder die Unentgeltlichkeit durch die Natur der Sache oder die Sachlage ausgeschlossen ist (vgl. Demharter, a.a.O. § 51 Rn. 35).

2. Die Entgeltlichkeit ist beim Grundbuchamt nicht offenkundig, da insbesondere weder dargelegt noch sonst ohne weiteres ersichtlich ist, dass der Wert der übertragenen Immobilie zuzüglich des im gerichtlichen Vergleich vereinbarten Zahlungsbetrags von 19.000 € den sich gegen den Nachlass richtenden Pflichtteilsansprüchen der Beteiligten zu 2 wertmäßig entspricht.

a) Die Ansicht des Grundbuchamts, die Entgeltlichkeit der Verfügung könne nur durch Zustimmung der Nacherben in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden, § 2120 BGB, greift jedoch zu kurz, da zur Löschung des Nacherbenvermerks entweder die Zustimmung der Nacherben oder der Nachweis der Entgeltlichkeit erforderlich ist (vgl. Demharter, a.a.O., § 51 Rn. 35). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die vom Grundbuchamt angehörte K. mit Schreiben vom 21.10.2019 sich bereits gegen die Löschung des Nacherbenvermerks gewandt und auch eine Zustimmung hierzu nicht in Aussicht gestellt hat. Es ist somit nicht zu erwarten, dass die Zustimmung aller Nacherben in notarieller Form erfolgen wird. Bereits deshalb war eine Zwischenverfügung mit dem Inhalt, die Zustimmung der Nacherben beizubringen, nicht veranlasst.

b) Das Grundbuchamt hat somit eigenständig und sorgfältig zu prüfen, ob sich der Testamentsvollstrecker in den Grenzen seiner Verfügungsbefugnis hält. Es muss aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung keine eigenen Nachforschungen und Ermittlungen anstellen (OLG München, Rpfleger 2015, 550 Rn. juris 19).

aa) Der Nachweis der Entgeltlichkeit als Eintragungsvoraussetzung kann regelmäßig nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO geführt werden. Es gilt aber der allgemeine Erfahrungssatz, dass eine entgeltliche Verfügung anzunehmen ist, wenn die dafür maßgebenden Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung nicht ersichtlich sind (OLG München, Beschluss vom 27. Juni 2012 – 34 Wx 139/12, juris Rn. 15; Rpfleger 2015, 550 juris Rn. 19; KG, FGPrax 2009, 56/57; Demharter § 52 Rn. 23 m.w.N.; Meikel/Hertel GBO 10. Aufl. § 29 Rn. 439). Nur bei begründeten Zweifeln an der Entgeltlichkeit der Verfügung hat das Grundbuchamt die Vorlage geeigneter Nachweise aufzugeben, auch wenn diese nicht in grundbuchmäßiger Form erbracht werden können (vgl. Demharter § 52 Rn. 23 und 24; KG a. a. O.). Dabei lässt die Rechtsprechung auch eine privatschriftliche Erklärung des Testamentsvollstreckers, die diesen Anforderungen entspricht, genügen, dagegen nicht seine bloße Behauptung, die Verfügung sei unentgeltlich (vgl. BayObLG, Rpfleger 1986, 470, juris Rn. 18; OLG Köln, ErbR 2015, 281, juris Rn. 46; OLG München, MittBayNot 2012, 292, juris Rn. 11; Demharter § 52 Rn. 23 m.w.N.).

bb) Eine diesen Maßstäben genügende Erklärung hat die Beteiligte zu 1. bislang nicht abgegeben.

Vorliegend hat die Testamentsvollstreckerin in der notariellen Urkunde vom 29.03.2019 erklärt, dass es sich nach ihrer Überzeugung um ein vollentgeltliches Geschäft handle. Dieser Urkunde ist das Protokoll des Amtsgerichts Neumarkt i.d.OPf. über die öffentliche Sitzung vom 06.03.2019 im Verfahren 3 C …/19 „wegen Räumung“ beigefügt worden, in der der gerichtliche Vergleich protokolliert worden ist.

Grundsätzlich spricht der Umstand, dass vor dem Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 ein Vergleich über die Abgeltung der der Beteiligten zu 2 zustehenden Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche betreffend den Nachlass der Erblasserin geschlossen worden ist, der die Übertragung der Eigentumswohnung und die Zahlung eines Geldbetrages an die Pflichtteilsberechtigte umfasst, zwar gegen eine Unentgeltlichkeit der Verfügung, zumal die vom Nachlassgericht eingesetzte Testamentsvollstreckerin, eine Rechtsanwältin, offenkundig nicht im „Lager“ der Pflichtteilsberechtigten steht, sondern gegen diese einen Räumungsprozess geführt hat, so dass eine Interessenkollision bei der Amtsausübung nicht zu erwarten ist und damit kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die (neutrale) Testamentsvollstreckerin unter Verstoß gegen ihre Pflichten aus § 2205 Satz 3 BGB die Immobilie der Pflichtteilsberechtigten unter Wert überlassen haben könnte.

Ohne nähere Angaben über die Zusammensetzung und die Höhe des Nachlasses und über die wertbildenden Faktoren der Immobilie ist es dem Grundbuchamt ebenso wie dem Senat jedoch nicht möglich, zu beurteilen, ob es sich um eine vollständig entgeltliche Verfügung handelt, also die von der Beteiligten zu 2 geltend gemachten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche der Höhe nach berechtigt sind und der Wert der gegenständlichen Immobilie zuzüglich 19.000 € entsprechen.

Auch für einen Vergleich kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass er eine (ganz oder teilweise) unentgeltliche und daher unwirksame Verfügung enthält (vgl. BGH, NJW 1991, 842, juris Rn. 14). Hierbei ist aber zu beachten, dass dem Testamentsvollstrecker die Möglichkeit zum Abschluss von Vergleichen nicht gänzlich abgeschnitten und nicht über Gebühr genommen werden darf, und dass es dazu eines gewissen Ermessensspielraums für ihn bedarf (vgl. BGH, NJW 1991, 842, juris Rn. 16).

cc) Der Nachweis über die Vollentgeltlichkeit der Verfügung kann somit durch eine Erklärung der Testamentsvollstreckerin über die für den Vergleichsschluss maßgebenden Beweggründe im Einzelnen, ergänzt etwa durch Vorlage eines detaillierten Nachlassverzeichnisses sowie der im Verfahren 3 C …/19 gewechselten Schriftsätze geführt werden.

2. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 5 ist die Vorschrift des § 2113 Abs. 1 BGB, wonach die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam ist, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde, vorliegend nicht anwendbar. Denn gemäß Nr. II.3. des notariellen Testaments vom 21.03.2006 sind die Nacherben auf den Überrest gesetzt und der Vorerbe deshalb, soweit gesetzlich zulässig, von allen Beschränkungen befreit. Diese Befreiung gilt gemäß § 2136 Abs. 1 BGB auch für § 2113 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenfolge der zulässigen und teilweise erfolgreichen Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetz (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG). Für eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten der Beschwerdeführer auf der Grundlage von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die Staatskasse kommt in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligter in Betracht, dem bei erfolgreicher Beschwerde die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers auferlegt werden könnten (Demharter, a.a.O., § 77 Rn. 33).

IV.

Hinsichtlich der Geschäftswertfestsetzung ist bei der Anfechtung einer Zwischenverfügung von den Schwierigkeiten auszugehen, die mit der Behebung des Hindernisses verbunden sind (BGH, Beschluss vom 13.03.2014 – V ZB 152/12 – juris; OLG Köln, ErbR 2015, 281, juris Rn. 55 f.). Mangels konkreter Anhaltspunkte setzt der Senat insoweit den Regelwert nach § 36 Abs. 3 GNotKG an.

V.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.

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