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Notvertretungsrecht bei Ehepartnern und Lebenspartnern

Mit dem neuen Notvertretungsrecht, das seit dem 1. Januar 2023 gilt, sind Ehepartner und Lebenspartner berechtigt, sich gegenseitig in Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich zu vertreten. Dieses Recht gilt zunächst für 6 Monate und nur in einer Notfallsituation, wenn einer der Partner aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen.

Notvertretungsrecht bei Ehegatten und Lebenspartnern

In guten wie in schlechten Tagen. Dieser Spruch wird jedem Ehepaar, welches den Bund der Ehe im Rahmen einer kirchlichen Zeremonie vollzogen hat, geläufig sein. Die schlechten Zeiten, in denen ein Partner für den anderen Partner da sein muss, können wahrlich rasch kommen. Sei es ein Herzinfarkt oder auch Schlaganfall, ein Ehepartner kann plötzlich auf die Hilfe des Partners angewiesen sein. Sollte infolge der Erkrankung oder eines Unfalls die erkrankte Person außerstande sein, die wichtigen Entscheidungen selbst für sich zu treffen, so gilt dies als Notsituation. Das neue Notvertretungsrecht, welches zu Beginn des Jahres 2023 in Kraft getreten ist, bietet hierfür jedoch die passende Lösung an.

Bevor das neue Notvertretungsrecht in Kraft getreten ist, war es Ehe- bzw. Lebenspartnern nicht möglich, die wichtigen Entscheidungen für den erkrankten Partner zu treffen. Damit dieses Vertretungsrecht gegeben ist, musste die erkrankte Person zuvor eine Vollmacht in schriftlicher Form erteilen.

Die praktischen Auswirkungen des Notvertretungsrechts

Notvertretungsrecht Ehepartner
Das Notvertretungsrecht beschreibt die Befugnis eines Ehepartners, im Falle einer Krankheit oder Unfähigkeit des anderen Ehepartners, Entscheidungen im Hinblick auf dessen Gesundheit und Pflege zu treffen. (Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Es ist genau genommen überhaupt nicht unwahrscheinlich, dass das neue Notvertretungsrecht zum Tragen kommt. Sollte ein Ehepartner in einem Krankenhaus eine dringende Behandlung benötigen und aufgrund einer Bewusstlosigkeit oder eines anderen Krankheitsbildes nicht mehr ansprechbar sein, so müssen natürlich Entscheidungen getroffen werden. Nicht selten erfordert der Gesundheitszustand des Patienten auch eine schnelle Entscheidung, um eine Verschlimmerung des aktuellen Zustandes zu verhindern. Problematisch war bislang der Umstand, dass die betroffene Person diese Entscheidungen nicht eigenständig treffen kann. Für eben jene Problematik greift nunmehr der § 1359 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), welcher mit dem Jahresbeginn 2023 in Kraft getreten ist. In dem § 1359 BGB wird nunmehr Ehepartnern sowie Lebenspartnern die Berechtigung dazu gegeben, in einem Notfall das Notvertretungsrecht für den erkrankten Partner auszuüben und die entsprechend erforderlichen Maßnahmen gegenüber den Medizinern zu bewilligen.

Das Notvertretungsrecht umfasst sowohl die medizinischen Notfallbehandlungsmaßnahmen als auch die freiheitsentziehenden Maßnahmen, die im Zuge der Heilbehandlung eventuell kurzfristig erforderlich werden.

Was können Lebens- und Ehepartner für den Notfall füreinander regeln?

Der Lebens- und Ehepartner ist berechtigt, in medizinische Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe für ihren Partner einzuwilligen. Der Lebens- und Ehepartner erhält dabei eine ärztliche Aufklärung, wobei die Schweigepflicht des Arztes aufgehoben ist. Der Lebens- und Ehepartner hat auch das Recht, Gesundheitsverträge im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung ihres Partners abzuschließen, wie Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über dringende Rehabilitations- und Pflegemaßnahmen. Weiterhin hat er oder sie auch die Kompetenz, Entscheidungen über Maßnahmen zur Einschränkung der Freiheit des Partners zu treffen, wie zum Beispiel die Verwendung von sedierenden Medikamenten oder Bettgittern während eines Krankenhaus- oder Heimaufenthalts, jedoch nur für eine maximale Dauer von sechs Wochen. Schließlich besteht auch das Recht, im Namen ihres Partners mit Dritten wie der Pflege- oder Unfallversicherung zu kommunizieren und gegebenenfalls Anträge im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung des Partners zu stellen.

Das Recht auf Probe

Der Gesetzgeber hat das Notvertretungsrecht für Ehegatten sowie auch Lebenspartner nicht auf unbestimmte Zeit beschlossen. Zunächst erst einmal gilt eine Begrenzung, welche auf sechs Monate ausgelegt ist. Für diesen Zeitraum gilt zudem auch eine Schweigepflichtsentbindungserklärung des behandelnden Arztes gegenüber Lebenspartnern oder Ehegatten der erkrankten Person. Hierbei gilt jedoch, dass das Notvertretungsrecht lediglich dann greifen kann, wenn die erkrankte Person zuvor keine Vorsorgevollmacht bei einem Rechtsanwalt oder Notar hat erstellen lassen, in welcher anderslautende Regelungen enthalten sind. Auch dann, wenn von einem Gericht bereits eine Person als Betreuer bestellt wurde, greift das Notvertretungsrecht des Ehepartners oder des Lebenspartners ausdrücklich nicht.

Die Vorsorgevollmacht der erkrankten Person respektive der gerichtliche bestellte Betreuer hat gegenüber dem Notvertretungsrecht ausdrücklich Vorrang.

Der Wunsch des Patienten bleibt heilig

Der Gesetzgeber billigt jeder Person ein hohes Maß an Selbstbestimmung im Hinblick auf die eigene Gesundheit zu. Auch im Fall des Notvertretungsrechts gibt es diesbezüglich keinerlei Veränderung der Ansicht des Gesetzgebers. Dementsprechend sind auch weiterhin die Wünsche von der erkrankten Person für die medizinische Behandlung maßgeblich. Das Notvertretungsrecht gibt dementsprechend dem Ehepartner oder auch Lebenspartner nicht die Berechtigung dazu, gegen die ausdrücklichen Wünsche des Patienten zu handeln. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Patient seine Wünsche entsprechend schriftlich mittels einer Patientenverfügung oder auch im Rahmen eines Arzt-Patientengesprächs dargelegt hat.

Sollten die Wünsche eines Patienten nicht direkt ersichtlich sein, so muss der behandelnde Arzt diese Wünsche im Rahmen von Gesprächen mit den Angehörigen so gut es geht ermitteln.

Was genau sind eigentlich freiheitsentziehende Maßnahmen?

Es kommt in der gängigen Praxis nicht selten vor, dass ein Patient im Rahmen der medizinischen Behandlung in gewisser Hinsicht vor sich selbst und vor Eigenverletzungen oder vor Unfällen geschützt werden muss. Kurzfristige freiheitsentziehende Maßnahmen können hierfür zwingend erforderlich werden. Sei es das Hochstellen des Bettgitters oder auch die Anbringung von einem Bauchgurt, rechtlich betrachtet handelt es sich hierbei – trotz des besten Willens um die Genesung des Patienten – um kurzfristige freiheitsentziehende Maßnahmen. Gleichermaßen verhält es sich auch, wenn dem Patienten Medikamente mit ruhig stellender Wirkung verabreicht werden. Rechtlich betrachtet sind derartige Maßnahmen vor der Einführung des Notvertretungsrechts überaus problematisch gewesen, da lediglich ein Richter in Deutschland die Befugnis zur Anordnung derartiger Maßnahmen hatte. Durch das neue Notvertretungsrecht haben jedoch auch Ehepartner oder Lebenspartner die Berechtigung dazu, sofern es die aktuelle Situation des Patienten zwingend erfordert.

Die Grenzen des Not- oder auch Ehegattenvertretungsrecht

Durch das neue Notvertretungsrecht sind Ehepartner oder auch Lebenspartner ausdrücklich nicht dazu berechtigt, die finanziellen Angelegenheiten von dem Patienten zu regeln. Es ist dementsprechend auch nicht möglich, Geld der erkrankten Person für die Begleichung von bestimmten Forderungen zu verwenden oder auch die Ansprüche des Patienten gegenüber Behörden durchzusetzen. Gleichermaßen kann ein Ehepartner oder Lebenspartner auch nicht Verträge kündigen oder Verträge abschließen.

Der Abschluss von Verträgen, welche für die medizinische Behandlung des Patienten respektive Maßnahmen der Rehabilitation zwingend erforderlich sind, können jedoch auf der Basis des Notvertretungsrechts von dem Ehepartner respektive Lebenspartner sehr wohl für den Patienten abgeschlossen werden.

Hat ein Arzt die Verpflichtung zur Überprüfung, ob das Notvertretungsrecht ausgeübt werden darf?

Der Arzt hat rechtlich betrachtet keinerlei Verpflichtung dazu, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung des Notvertretungsrechts zu überprüfen. Vielmehr beschränkt sich die Verpflichtung des Arztes darauf, die entsprechende Person im Hinblick auf die entsprechende Berechtigung zur Ausübung des Notvertretungsrechts zu befragen. Sollte jedoch dem Arzt bekannt sein, dass der Patient über eine Vorsorgevollmacht verfügt und die Vorsorgevollmacht eine andere Person als den Ehepartner oder den Lebenspartner ausweisen, so übt diese Person das Vertretungsrecht für den Patienten aus. Das Notvertretungsrecht kommt ausdrücklich nicht zur Anwendung, wenn es bereits eine Trennung des Patienten von dem Ehegatten oder dem Lebenspartner gegeben hat.

Der Patient möchte nicht, dass das Notvertretungsrecht zur Anwendung kommt

Es ist auch denkbar, dass die Anwendung des Notvertretungsrechts überhaupt nicht dem Willen des Patienten entspricht und dass der Patient dementsprechend auch bereits einen Widerspruch dagegen eingelegt hat. In derartigen Fällen kommt das Notvertretungsrecht ebenfalls nicht zur Anwendung. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Widerspruch des Patienten bei dem ZVR (Zentrales Vorsorgeregister) in schriftlicher Form vorliegt. In einem derartigen Fall muss der Wunsch des Patienten ausdrücklich berücksichtigt werden, sodass der Ehepartner oder Lebenspartner auch entsprechend keinerlei Berechtigung zur Ausübung des Notvertretungsrechts hat.

Selbst Vorsorgen ist auch weiterhin sehr sinnvoll

Obgleich durch das neue Notvertretungsrecht einige dringende gesetzliche Lücken im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung eines Patienten geschlossen wurden, ist es auch künftig sehr sinnvoll, für sich selbst mittels einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsvollmacht bzw. einer Vertretungsvollmacht vorzusorgen. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass sich das Notvertretungsrecht vollständig auf die gesundheitlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Patienten beschränkt. Vertragliche oder auch rechtliche Angelegenheiten können auf der Basis dieses Gesetzes, welches ohnehin lediglich eine Beschränkung auf den Wirkungszeitraum von sechs Monaten hat, nicht geregelt werden und bedürfen ohnehin einer anderweitigen Regelung.

Zugriff auf das Vorsorgeregister

Seit Anfang 2023 sieht das Gesetz vor, dass Ärzte jederzeit beim Vorsorgeregister Anfragen nach Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten stellen dürfen, sofern die Auskunft „für die Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung erforderlich ist“. Diese Regelung findet sich in § 78b Absatz 1 der Bundesnotarordnung.

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