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Die Erbverzichtserklärung und ihre notarielle Beurkundung: Warum ist dies so wichtig?

Der Erbfall tritt in Deutschland regelmäßig ein und nahezu immer steht hinter jedem Erbfall auch eine Geschichte. Zwar regelt der Gesetzgeber mittels der gesetzlich festgelegten Erbfolge in gewisser Hinsicht die Erbauseinandersetzung, allerdings kann es auch individuelle Konstellationen geben. Der Erblasser hat für gewöhnlich seine eigenen Vorstellungen davon, wer welchen Anteil an der Erbmasse erhält und wer nicht. Sollte eine Person als Erbe auftreten, die von dem Erblasser so in dieser Form als Erbnehmer nicht vorgesehen ist, so kann mit der sogenannten Erbverzichtserklärung eine gute einvernehmliche Lösung getroffen werden.

Grundlagen der Erbverzichtserklärung

Erbverzichtserklärung
Erbverzichtserklärung: Eine proaktive, notariell beurkundete Maßnahme, um zukünftige Erbstreitigkeiten zu vermeiden und Nachlass gezielt zu verteilen. (Symbolfoto: Africa Studio /Shutterstock.com)

Die Bezeichnung der Erbverzichtserklärung ist genau genommen ein wenig falsch gewählt. Zwar handelt es sich um eine einseitige Erklärung des Erbnehmers auf den Verzicht des Erbanteils, allerdings geht die Erklärung rechtlich betrachtet mit einem zwingend folgenden Vertrag zwischen dem Erblasser und dem Erbnehmer einher. Der Gesetzgeber hat hierfür die Form eines Vertrages vorgeschrieben, der zudem auch notariell beurkundet werden muss. An dieser Stelle kann auch direkt die Abgrenzung zu dem klassischen Testament als Grundlage für die Erbauseinandersetzung gezogen werden, da die letztwillige Verfügung des Erblassers nicht zwingend notariell beurkundet werden muss.

Eine weitere Abgrenzung bezieht sich die rechtlichen Folgen, die mit der Verzichtserklärung einhergehen. Es handelt sich bei der Verzichtserklärung um eine einvernehmliche, vollständige Enterbung der verzichtenden Person. Eben jene vollständige Enterbung ist mit einem Testament nicht möglich.

Motivation und Gründe für einen Erbverzicht

Es kann eine wahre Vielzahl von Gründen dafür geben, einen Erbverzicht auszusprechen. Ein Grund, der in der gängigen Praxis nicht selten anzutreffen ist, ist in den persönlichen Differenzen zwischen dem Erbnehmer und dem Erblasser zu finden. Eine andere Motivation wäre, dass der Erbe keinerlei Interesse daran hat, die Erbmasse überhaupt anzunehmen. Sei es, dass mit dem Erbe eine Unternehmensnachfolge einhergeht oder mit der Annahme des Erbes ein Streit innerhalb der Familie zu befürchten ist, viele Erben lehnen mittels eines Erbverzichts die Annahme des Erbes ab. Für den Erblasser bietet sich die vorteilhafte Situation, dass die Erbmasse schon vor dem Ableben an die Erben verteilt oder eine Unternehmensnachfolge gefunden werden kann.

Rechtsfolgen eines Erbverzichts

Die rechtlichen Konsequenzen des Erbverzichts sind gravierend. Im Gegensatz zu der Erbausschlagung, die in der gängigen Praxis mit dem Erbverzicht regelmäßig verwechselt wird, geht mit der Verzichtserklärung der vollständige Anspruch auf das Erbvermögen des Erblassers verloren. Dies bezieht sich nicht nur auf die Vermögenswerte, sondern auch auf die sogenannten Liebhabererinnerungsstücke. Im Gegensatz zu der Erbausschlagung ist die Erbverzichtserklärung rechtlich auch nicht so einfach anzufechten.

Wesentliche Unterschiede zwischen Erbverzicht und Erbausschlagung

Wie oben bereits erwähnt, werden beide Begriffe oft miteinander verwechselt. Die Erbausschlagung und der Erbverzicht in Deutschland unterscheiden sich jedoch hauptsächlich in ihrem Zeitpunkt und ihrer Wirkung.

  • Erbverzicht: Ein Erbverzicht ist eine Vereinbarung, die zu Lebzeiten des Erblassers getroffen wird. Mit einem Erbverzicht verzichtet eine Person, die potenziell erben würde, auf ihr Erbrecht. Dies muss in Form eines notariellen Vertrages mit dem Erblasser geschehen. Ein wichtiger Aspekt des Erbverzichts ist, dass der Verzichtende auf sein gesamtes Erbrecht verzichtet, einschließlich des Pflichtteils, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart wird. Ein Erbverzicht kann sinnvoll sein, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten seinen Nachlass regeln und bestimmte Personen von der Erbfolge ausschließen möchte.
  • Erbausschlagung: Die Erbausschlagung findet hingegen nach dem Tod des Erblassers statt. Innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis vom Tod des Erblassers und der Erbschaft kann der Erbe das Erbe ausschlagen, indem er eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht abgibt. Eine Erbausschlagung kann sinnvoll sein, wenn der Nachlass überschuldet ist, da der Erbe mit der Ausschlagung auch die Haftung für die Schulden des Erblassers vermeidet. Nach einer Erbausschlagung tritt der Erbe sozusagen seine Stellung in der Erbfolge ab, und die nächsten Erben rücken nach.

Im Wesentlichen ist der Erbverzicht also eine proaktive Maßnahme ist, die zu Lebzeiten des Erblassers getroffen wird, um zukünftige Erbstreitigkeiten zu vermeiden oder um sicherzustellen, dass der Nachlass an bestimmte Personen geht. Die Erbausschlagung hingegen ist eine reaktive Maßnahme, die nach dem Tod des Erblassers ergriffen wird, um das Erbe und die damit verbundenen Verpflichtungen, insbesondere Schulden, abzulehnen.

Notwendigkeit und Vorteile einer notariellen Beurkundung der Erbverzichtserklärung

Bedingt durch den Umstand, dass gem. § 2346 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit der Verzichtserklärung ein vollständiger Verlust des Erbanspruchs für die verzichtende Person einhergeht, hat der Gesetzgeber die notarielle Beurkundung des Verzichtsvertrages als zwingende Form vorgeschrieben. In der gängigen Praxis geht ein derartiger Verzicht auch mit einer Abfindungszahlung einher, die jedoch der Schenkungssteuer unterliegt. Damit sich jede Person der rechtlichen Tragweite einer derartigen Erklärung bewusst ist, muss der Gang zu einem Notar auf jeden Fall angetreten werden. Der Vorteil dieser vorgeschriebenen Vorgehensweise liegt in dem Umstand, dass durch den Verzichtsvertrag sowohl für den Erblasser als auch für die verzichtende Person eine verbindliche Form der Rechtssicherheit geschaffen wird.

Ablauf und Anforderungen an die notarielle Beurkundung

Wenn sich der Erblasser und der Erbe im Hinblick auf die Verzichtserklärung und den damit einhergehenden Vertrag einig sind, kann ein Termin bei einem Notar vereinbart werden. Beide Parteien benötigen hierfür ihre gültigen Ausweisdokumente zum Nachweis der Identität. Sollte ein Vertrag bereits existieren, so kann dieser von dem Notar geprüft und in dem Beurkundungstermin verlesen werden. Wenn noch kein Vertrag existieren sollte, kann der Notar damit beauftragt werden, einen derartigen Vertrag auf der Grundlage der beiderseitigen Wünsche aufzusetzen. Wurde der Vertrag von dem Notar verlesen und von beiden Seiten akzeptiert, so erfolgt die Unterschrift des Erblassers und der verzichtenden Person auf dem Vertrag. Abschließend unterzeichnet noch der Notar und der Erbverzichtsvertrag erlangt seine rechtliche Gültigkeit.

Gestaltungsmöglichkeiten des Erbverzichtsvertrags

Insbesondere dann, wenn große Vermögenswerte ein Teil der Erbmasse sind, wird ein Erbverzicht in der gängigen Praxis nur durch eine entsprechende Gegenleistung von der verzichtenden Person unterzeichnet. Diese Gegenleistung kann sich in Form einer Abfindungszahlung oder auch in Form von Nutzungs- bzw. Nießbrauchsrechten an Immobilien äußern. Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf den Inhalt eines derartigen Vertrages keine zwingenden Anforderungen gestellt. Der Vertrag unterliegt somit in seiner inhaltlichen Form gänzlich dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Die Schriftform sowie die notarielle Beurkundung sind jedoch zwingend vorgeschrieben. Alle wichtigen Informationen wie die Kontaktdaten des Erblassers und des verzichtenden Erben sollten ebenso in dem Vertrag aufgenommen werden wie die genaue Bezeichnung des Umfangs von dem Verzicht sowie des Umfangs der Gegenleistung. Der Notar nimmt hierbei eine unparteiische Beraterfunktion ein.

Auswirkungen des Erbverzichts auf die Erbengemeinschaft und die Erbfolge

Der Erbverzicht wirkt sich rechtlich so aus, dass der verzichtende Erbe aus der Erbfolge herausgenommen wird. Sollte die verzichtende Person Teil einer Erbengemeinschaft sein, so wird der Anteil des verzichtenden Erben auf die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen verteilt. Sofern der verzichtende Erbe als Alleinerbe eingesetzt worden sein und Kinder haben, so nehmen die Kinder den Platz des verzichtenden Erben ein. Wenn es keine nachrückenden Kinder gibt, so geht die gesetzliche Erbfolge mit der sogenannten 2. Ordnung weiter. Dieses Prinzip wird so lange fortgesetzt, bis es keine potenziellen Erben mehr gibt.

Widerruf und Änderungen des Erbverzichts

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeiten der Veränderung oder des Widerrufs von dem Erbverzichtsvertrag sehr stark eingeschränkt. Derartige Maßnahmen sind lediglich dann möglich, wenn beide Vertragsparteien sich einvernehmlich dazu entschließen. Eine gesetzlich festgelegte Frist kennt der deutsche Gesetzgeber zwar nicht, allerdings sind sowohl Änderungen als auch ein Widerruf des Erbverzichtsvertrags nur zu Lebzeiten des verzichtenden Erben oder des Erblassers möglich. Überdies bedarf jede Änderung des Vertrages oder der Widerruf einer neuen Erklärung, da ein neuer Vertrag zwischen den beiden Beteiligten geschlossen werden muss. Im Fall eines Widerrufs handelt es sich um einen Aufhebungsvertrag und im Fall einer Änderung wäre ein vollständig neuer Vertrag erforderlich. Für beides wäre dann eine neue notarielle Beurkundung erforderlich, welche wiederum Kosten verursacht. Die Höhe der Notargebühren für die Beurkundung richtet sich jedoch nach dem Gegenstandswert. Dieser Gegenstandswert wird auf der Grundlage der Gegenleistung für den Verzicht bemessen.

Fazit und Handlungsempfehlungen für Betroffene

Der Verzicht auf das Erbe ist ein großer Schritt für die verzichtende Person, da der Erbverzicht sich von der Erbausschlagung unterscheidet. Im Gegensatz zu der Ausschlagung bezieht sich der Verzicht auf den vollständigen Erbanspruch, sodass auch der Pflichtteilsanspruch davon betroffen ist. Dieser Schritt bedarf zwingend der notariellen Beurkundung und hat zudem auch Auswirkungen auf andere Erbnehmer. Mit der Erbverzichtserklärung geht auch ein Vertrag zwischen dem Erbnehmer und dem Erblasser einher, da in der gängigen Praxis eine Abfindungszahlung als Gegenleistung erbracht wird. Für den Erblasser bietet sich der Vorteil, dass die Erbmasse noch zu den Lebzeiten entsprechend den Vorstellungen verteilt werden kann. Beachtet werden muss allerdings, dass sich der Erbverzichtsvertrag nicht so ohne Weiteres anfechten lässt. Für Änderungen oder einen Widerruf dieser vertraglichen Regelung ist die Einvernehmlichkeit der beiden Vertragsparteien eine Grundvoraussetzung. Überdies bedarf sowohl der Widerruf als auch jede Veränderung des geschlossenen Vertrages eine neue notarielle Beurkundung. Der Notar übernimmt hierbei eine unparteiische beratende Funktion für beide Seiten und führt die Beurkundung auf der Grundlage der Wünsche aller Beteiligten durch.

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