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Bestellung Erbbaurecht – vertraglich vereinbarte Heimfallklauseln

Mancher Traum vom Eigenheim endet abrupt, wenn das Grundstück nicht dem Hausherrn gehört: Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet einen ungewöhnlichen Konflikt um ein Erbbaurecht, das eine Kirchengemeinde verweigerte. Im Zentrum steht die brisante Frage, ob der Verkauf eines Hauses blockiert werden darf, weil die Käuferin kein Kirchenmitglied ist. Der Fall zeigt die komplexen Grenzen kirchlicher Autonomie und die weitreichende Bedeutung des Grund und Bodens.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 18/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Flensburg
  • Datum: 22.11.2019
  • Aktenzeichen: 3 O 18/19
  • Verfahrensart: Klageverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbbaurecht, Allgemeines Zivilrecht (Vertragsrecht, AGB-Recht, Sittenwidrigkeit)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Käufer eines Erbbaurechts, der die beklagte Kirchengemeinde auf Zustimmung zu einem Weiterverkauf des Erbbaurechts und auf Schadensersatz verklagte. Er argumentierte, die Zustimmungspflicht der Kirchengemeinde sei gegeben, und vertragliche Klauseln seien unwirksam oder sittenwidrig.
  • Beklagte: Eine Kirchengemeinde als Grundstückseigentümerin, die die Zustimmung zum Weiterverkauf des Erbbaurechts verweigerte. Sie berief sich auf eine vertragliche Klausel, die bei fehlender Kirchenmitgliedschaft des Erwerbers eine Zustimmung verweigern durfte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Kirchengemeinde hatte ein Erbbaurecht an ihrem Grundstück bestellt. Der Erbbaurechtsinhaber wollte dieses Recht an eine Person weiterverkaufen, die kein Kirchenmitglied war. Die Kirchengemeinde verweigerte daraufhin ihre vertraglich notwendige Zustimmung zum Weiterverkauf.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Kirchengemeinde verpflichtet war, der Veräußerung des Erbbaurechts zuzustimmen, obwohl der vorgesehene Erwerber kein Kirchenmitglied ist. Dabei ging es um die Auslegung und Gültigkeit von Klauseln im Erbbaurechtsvertrag, insbesondere einer Heimfallklausel.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage des Erbbaurechtsinhabers wurde abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte die Zustimmung berechtigt verweigert hatte. Der verfolgte Zweck des Erbbaurechts, nämlich die Verbundenheit zur Kirche durch Kirchenmitgliedschaft, war gefährdet. Die Heimfallklausel, die ein Ende des Erbbaurechts bei fehlender Kirchenmitgliedschaft vorsah, wurde als gültig und nicht sittenwidrig erachtet, da die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der Kirchen die Wahl des Vertragspartners erlaubt.
  • Folgen: Der Kläger konnte das Erbbaurecht nicht wie geplant an die nicht-kirchliche Käuferin veräußern. Er musste die gesamten Verfahrenskosten tragen und erhielt keinen Schadensersatz oder Ersatz für vorgerichtliche Anwaltskosten.

Der Fall vor Gericht


Wenn das Grundstück der Kirche gehört: Ein Urteil über Kirchenmitgliedschaft und das Recht am Eigenheim

Jeder kennt den Traum vom eigenen Haus. Man kauft ein Grundstück, baut darauf und schafft sich ein Zuhause. Doch was, wenn man zwar das Haus besitzt, aber nicht den Boden, auf dem es steht? Genau das ist das Prinzip des Erbbaurechts. Hierbei pachtet man ein Grundstück für eine sehr lange Zeit – oft 99 Jahre – und darf darauf ein Gebäude errichten, das einem dann auch gehört. Man zahlt dem Grundstückseigentümer dafür eine jährliche Gebühr, den sogenannten Erbbauzins. Ein Gerichtsurteil des Landgerichts Flensburg beleuchtet einen Fall, in dem genau diese Konstellation zu einem tiefgreifenden Konflikt führte. Im Mittelpunkt stand die Frage: Darf eine Kirchengemeinde als Grundstückseigentümerin den Verkauf eines solchen Erbbaurechts verbieten, nur weil die potenzielle Käuferin kein Kirchenmitglied ist?

Der geplatzte Verkauf und die verweigerte Zustimmung

Drei Personen im Büro bei einer Ablehnung des Hauskaufs durch die Kirche, angespannte Atmosphäre
Kirchenverweigerung beim Hausverkauf: Erbbaurecht ablehnen, Konflikt zwischen Grundstück, Vertrag und Kirche. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Die Ausgangslage war zunächst alltäglich. Ein Mann, der Kläger, hatte ein solches Erbbaurecht von einem Voreigentümer erworben und wollte es nun für 1.090.000 Euro weiterverkaufen. Das Grundstück selbst gehörte einer evangelischen Kirchengemeinde, der Beklagten. Er fand eine Käuferin, Frau P., und schloss mit ihr einen notariellen Kaufvertrag ab. Doch es gab einen Haken, der in vielen Erbbaurechtsverträgen verankert ist: Der Grundstückseigentümer, hier also die Kirchengemeinde, muss dem Verkauf zustimmen.

Der Kläger reichte den Antrag auf Zustimmung bei der Kirchengemeinde ein. Frau P. wurde sogar zu einem Gespräch mit dem Kirchengemeinderat eingeladen. Kurz darauf kam jedoch die Ablehnung: Die Kirchengemeinde verweigerte die Zustimmung zum Verkauf ohne eine detaillierte Begründung. Da im Kaufvertrag eine Frist für diese Zustimmung vereinbart war, trat Frau P. vom Kauf zurück. Der Verkauf war geplatzt. Der Kläger war der Meinung, die Kirchengemeinde habe rechtswidrig gehandelt und verklagte sie auf Schadensersatz. Er war überzeugt, dass die Gemeinde zur Zustimmung verpflichtet gewesen wäre.

Der Vertrag im Detail: Was stand in den entscheidenden Klauseln?

Um den Fall zu verstehen, müssen wir uns den ursprünglichen Erbbaurechtsvertrag aus dem Jahr 1961 genauer ansehen, in den der Kläger als Rechtsnachfolger eingetreten war. Zwei Regelungen waren hier von zentraler Bedeutung.

Die Zustimmungsklausel: Ein Muss oder nur ein Soll?

In § 8 des Vertrags stand, dass jede Veräußerung des Erbbaurechts der schriftlichen Zustimmung der Kirchengemeinde bedarf. Allerdings hieß es weiter, die Zustimmung solle nicht versagt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehörte, dass der Zweck des Erbbaurechts nicht gefährdet wird und die Person des Käufers eine ordnungsgemäße Erfüllung der Vertragspflichten erwarten lässt. Der Kläger argumentierte, dass dies im Grunde eine Pflicht zur Zustimmung sei.

Die Heimfallklausel: Das Recht der Kirche auf Rückforderung

Noch wichtiger war § 10 des Vertrags. Dort war eine sogenannte Heimfallklausel enthalten. Eine solche Klausel gibt dem Grundstückseigentümer das Recht, unter bestimmten Umständen die Rückübertragung des Erbbaurechts zu verlangen. Es fällt also an den Eigentümer „heim“. Einer dieser Gründe war, wenn die Fortsetzung des Vertrags für die Kirchengemeinde eine „unbillige Härte“ bedeuten würde. Als Beispiel wurde im Vertrag explizit genannt: „Kirchenaustritt oder kirchenfeindliches Verhalten des Erbbauberechtigten“.

Die Kernfrage für das Gericht: Durfte die Kirchengemeinde die Zustimmung verweigern?

Das Gericht musste nun eine entscheidende Frage klären: War die Weigerung der Kirchengemeinde rechtmäßig? Durfte sie den Verkauf an Frau P. blockieren, weil diese kein Kirchenmitglied war? Der Kläger argumentierte, die fehlende Kirchenmitgliedschaft sei kein ausreichender Grund. Die Heimfallklausel spreche nur vom „Kirchenaustritt“, was bedeute, dass jemand erst Mitglied gewesen und dann ausgetreten sein müsse. Frau P. sei aber nie Mitglied gewesen. Zudem sei eine solche Klausel, die an die Religionszugehörigkeit anknüpft, heutzutage sittenwidrig und damit nach § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unwirksam. Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Die Kirchengemeinde hielt dagegen: Der Zweck des Vertrags sei es, das Grundstück an Menschen zu vergeben, die der Kirche verbunden sind. Eine Veräußerung an eine Nicht-Kirchenmitglied gefährde genau diesen Zweck. Die Heimfallklausel zeige diesen Willen ganz deutlich.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Klage wird abgewiesen

Das Landgericht Flensburg wies die Klage vollständig ab. Der Kläger bekam keinen Schadensersatz und musste die Kosten des Verfahrens tragen. Das Gericht entschied, dass die Kirchengemeinde die Zustimmung zu Recht verweigert hatte. Doch wie kam es zu dieser Einschätzung?

Die Begründung des Urteils Schritt für Schritt erklärt

Das Gericht baute seine Argumentation auf mehreren Säulen auf, die es logisch miteinander verknüpfte.

Warum der Zweck des Vertrags entscheidend war

Zuerst schaute sich das Gericht den „Zweck“ des Erbbaurechts an, von dem in der Zustimmungsklausel die Rede ist. Es stellte fest, dass dieser Zweck sich nicht nur auf das Bauen und Wohnen beschränkt. Um den wahren Zweck zu verstehen, müsse man den gesamten Vertrag betrachten, insbesondere die Heimfallklausel in § 10. Diese Klausel machte nach Ansicht des Gerichts unmissverständlich klar, dass der Kirchengemeinde die persönliche Verbundenheit des Erbbauberechtigten zur Kirche wichtig war. Die Regelung zum Kirchenaustritt sei so zu verstehen, dass eine Kirchenmitgliedschaft grundsätzlich vorausgesetzt wird. Ein Verkauf an jemanden, der von vornherein kein Mitglied ist, würde diesem Zweck also direkt zuwiderlaufen.

Die Logik des „sofortigen Zurückforderns“

Darauf aufbauend nutzte das Gericht ein schlagkräftiges juristisches Argument aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der besagt, dass jeder seine Rechte fair und anständig ausüben muss. Das Gericht stellte eine einfache, aber entscheidende logische Frage: Warum sollte die Kirchengemeinde gezwungen sein, einem Verkauf zuzustimmen, wenn sie direkt danach das Recht hätte, das Erbbaurecht wegen der fehlenden Kirchenmitgliedschaft der neuen Käuferin wieder an sich zu ziehen? Denn wenn „Kirchenaustritt“ ein Heimfallgrund ist, dann erst recht das von Anfang an bestehende Fehlen der Mitgliedschaft. Einem Verkauf zuzustimmen, nur um ihn sofort wieder rückgängig machen zu können, wäre widersprüchlich und sinnlos.

Ist die Klausel zur Kirchenmitgliedschaft sittenwidrig?

Der Kläger hatte die Heimfallklausel als sittenwidrig und als unzulässigen Eingriff in die Religionsfreiheit bezeichnet. Auch hier folgte das Gericht seiner Argumentation nicht. Es wog zwei wichtige Grundrechte gegeneinander ab: die allgemeine Vertragsfreiheit des Einzelnen und das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht der Kirchen (Art. 140 Grundgesetz). Dieses Recht erlaubt es den Kirchen, ihre eigenen Angelegenheiten, wozu auch die Verwaltung ihres Vermögens gehört, selbstständig zu ordnen.

Das Gericht entschied, dass das Selbstverwaltungsrecht der Kirche hier überwiegt. Einer Kirche könne nicht verboten werden, bei der Vergabe von Vorteilen – wie einem günstigen Erbbaurecht – auf die Kirchenmitgliedschaft ihrer Vertragspartner zu achten. Jeder, der einen solchen Vertrag abschließt, tut dies freiwillig und in Kenntnis dieser speziellen Bedingung. Es sei kein unzulässiger Druck, sondern eine freiwillig eingegangene vertragliche Verpflichtung.

Was ist mit dem vorherigen Verkauf an den Kläger?

Ein interessanter Punkt war, dass der Kläger selbst ebenfalls aus der Kirche ausgetreten war und die Gemeinde ihm den Erwerb trotzdem genehmigt hatte. Ist das nicht ein Widerspruch? Das Gericht verneinte dies. Die Kirchengemeinde hatte glaubhaft dargelegt, dass sie von dem Kirchenaustritt des Klägers erst während des laufenden Gerichtsverfahrens erfahren hatte. Zuvor war sie davon ausgegangen, er sei Mitglied. Sie hatte also keine frühere Zweckentfremdung wissentlich geduldet.

Weitere Argumente und die Antwort des Gerichts

Auch die übrigen Argumente des Klägers ließ das Gericht nicht gelten. Die Behauptung, bei dem Vertrag handle es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), also um vorformuliertes „Kleingedrucktes“, das strengeren Kontrollen unterliegt, wies das Gericht zurück. Es handle sich nicht um eine Vielzahl von Verträgen, sondern um ein einziges Vertragsverhältnis, in das verschiedene Personen über die Jahre nur eingetreten sind. Es ist wie ein Staffelstab, der von einem Läufer zum nächsten weitergereicht wird – es bleibt aber dasselbe Rennen. Auch der Hinweis des Klägers auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs zum kirchlichen Arbeitsrecht wurde als nicht übertragbar erachtet, da es hier um Vermögensverwaltung und nicht um ein Arbeitsverhältnis ging.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Kirchengemeinden bei der Vergabe von Erbbaurechten die Kirchenmitgliedschaft der Käufer berücksichtigen dürfen und den Verkauf an Nicht-Mitglieder verweigern können. Dies gilt selbst dann, wenn im Vertrag nur der „Kirchenaustritt“ als Grund für eine Rückforderung genannt wird – das Gericht sah darin einen klaren Hinweis darauf, dass eine Mitgliedschaft grundsätzlich vorausgesetzt wird. Die Religionsfreiheit und das kirchliche Selbstverwaltungsrecht wiegen schwerer als die allgemeine Vertragsfreiheit, sodass solche Klauseln nicht sittenwidrig sind. Wer ein Erbbaurecht von einer Kirchengemeinde erwirbt oder verkaufen möchte, muss daher mit entsprechenden Einschränkungen rechnen und sollte die Kirchenmitgliedschaft aller Beteiligten frühzeitig klären.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist eigentlich ein Erbbaurecht und wie unterscheidet es sich vom normalen Grundstückskauf?

Ein Erbbaurecht ist ein besonderes Recht, das es Ihnen ermöglicht, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu errichten und zu besitzen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Haus bauen, aber nicht das Grundstück kaufen, auf dem es stehen soll. Beim Erbbaurecht erwerben Sie nicht das Land selbst, sondern nur das Recht, dieses Land über einen sehr langen Zeitraum – oft 99 Jahre – zu nutzen und darauf Ihr Eigentum (das Gebäude) zu haben. Für die Nutzung des fremden Grundstücks zahlen Sie regelmäßig einen sogenannten Erbbauzins an den Grundstückseigentümer. Dieses Recht ist im Grundbuch eingetragen und kann wie ein normales Grundstück gehandelt, belastet oder vererbt werden. Es ist im deutschen Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) geregelt.

Der normale Grundstückskauf im Vergleich

Beim normalen Grundstückskauf erwerben Sie das volle Eigentum am Grund und Boden inklusive aller darauf befindlichen Gebäude. Das bedeutet, Ihnen gehört nicht nur das Haus, sondern auch das gesamte Grundstück, auf dem es steht. Sie sind der alleinige Eigentümer und haben die umfassende Verfügungsgewalt über Ihr Eigentum, innerhalb der gesetzlichen Grenzen.

Die wesentlichen Unterschiede

Der Hauptunterschied liegt im Eigentumsumfang:

  • Beim Grundstückskauf erwerben Sie Grund und Boden sowie das Gebäude. Sie sind der Eigentümer von allem.
  • Beim Erbbaurecht erwerben Sie das Eigentum am Gebäude und das Recht zur Nutzung des fremden Grundstücks. Das Grundstück selbst bleibt Eigentum einer anderen Person oder Institution (des sogenannten Erbbaurechtsgebers).

Für Sie bedeutet das auch einen Unterschied bei den Kosten und der Dauer:

  • Ein Grundstückskauf ist in der Regel mit einem höheren Kaufpreis verbunden, da Sie das Land direkt erwerben. Danach fallen keine regelmäßigen Zahlungen an einen Landeigentümer mehr an (abgesehen von Steuern und Abgaben). Das Eigentum ist zeitlich unbegrenzt.
  • Ein Erbbaurecht erfordert zwar keinen Kauf des Grundstücks, dafür zahlen Sie aber über die gesamte Laufzeit den Erbbauzins. Dies kann die anfänglichen Kosten senken, da der Kaufpreis für das Grundstück entfällt. Allerdings ist das Erbbaurecht zeitlich befristet. Nach Ablauf des Erbbaurechts fällt das Gebäude in der Regel an den Grundstückseigentümer zurück, wobei der Erbbaurechtsnehmer für das Gebäude in den meisten Fällen eine Entschädigung erhält.

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Welche wichtigen Rechte und Pflichten habe ich als Erbbauberechtigter und welche Einschränkungen können im Vertrag stehen?

Als Erbbauberechtigter haben Sie eine besonders starke Rechtsposition, die der eines Eigentümers ähnelt, auch wenn Ihnen der Grund und Boden nicht gehört. Das Erbbaurecht ist ein grundstücksgleiches Recht, das im Grundbuch eingetragen wird.

Ihre wichtigen Rechte als Erbbauberechtigter

  • Nutzung und Bebauung: Sie haben das umfassende Recht, auf dem fremden Grundstück ein Bauwerk zu errichten, zu nutzen, zu vermieten oder umzubauen. Für Sie bedeutet das, Sie können Ihr Haus nach Ihren Vorstellungen gestalten und bewohnen, als wäre es Ihr eigenes Grundstück.
  • Verkauf und Beleihung: Sie können Ihr Erbbaurecht – das ist der Wert des Gebäudes plus der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks – verkaufen oder beleihen (zum Beispiel, um einen Kredit aufzunehmen). Dies ermöglicht es Ihnen, Finanzierungen zu erhalten, ähnlich wie bei einer Immobilie, die auf eigenem Grund steht.
  • Vererbbarkeit: Das Erbbaurecht ist vererbbar. Das bedeutet, Ihre Erben treten in Ihre Position als Erbbauberechtigter ein und können das Gebäude und das Recht daran weiternutzen.
  • Recht auf Verlängerung: Oft enthält der Erbbaurechtsvertrag Regelungen, die Ihnen oder Ihren Erben einen Anspruch auf Verlängerung des Erbbaurechts nach Ablauf der vereinbarten Zeit einräumen, manchmal gegen eine Anpassung der Konditionen.

Ihre wesentlichen Pflichten als Erbbauberechtigter

Die wichtigsten Pflichten ergeben sich aus dem Erbbauvertrag, der zwischen Ihnen und dem Grundstückseigentümer geschlossen wird:

  • Zahlung des Erbbauzinses: Die zentrale Pflicht ist die regelmäßige Zahlung des Erbbauzinses an den Grundstückseigentümer. Dieser Zins ist quasi die Pacht für die Nutzung des Grundstücks und wird meist monatlich oder jährlich fällig. Die Höhe und Anpassungsmöglichkeiten sind im Vertrag festgelegt.
  • Instandhaltung und Versicherung: Sie sind in der Regel für die Instandhaltung und Pflege des Gebäudes verantwortlich. Dazu gehört oft auch die Pflicht, das Gebäude ausreichend gegen Schäden wie Feuer oder Wasserschäden zu versichern.
  • Nutzungsvorgaben: Der Vertrag kann spezifische Vorgaben zur Nutzung des Gebäudes enthalten. Das kann bedeuten, dass das Gebäude nur zu Wohnzwecken oder nur als Gewerbe genutzt werden darf. Auch können bestimmte Bauvorschriften oder die Art der Bebauung vorgeschrieben sein.
  • Wiederaufbaupflicht: Wird das Gebäude zerstört (z.B. durch Brand), kann der Vertrag die Pflicht vorsehen, es wieder aufzubauen.

Typische Einschränkungen im Erbbaurechtsvertrag

Neben Rechten und Pflichten können im Erbbaurechtsvertrag auch verschiedene Einschränkungen festgelegt sein, die Sie beachten müssen:

  • Zustimmungspflichten des Grundstückseigentümers: Für bestimmte wichtige Handlungen kann die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich sein. Dies betrifft häufig:
    • Den Verkauf des Erbbaurechts: Wenn Sie Ihr Erbbaurecht verkaufen möchten, muss der Eigentümer dem Verkauf an den neuen Erbbauberechtigten zustimmen.
    • Die Beleihung des Erbbaurechts: Wenn Sie ein Darlehen aufnehmen und Ihr Erbbaurecht als Sicherheit dienen soll, kann auch hierfür die Zustimmung des Eigentümers notwendig sein.
    • Wesentliche Änderungen am Gebäude oder der Nutzung: Große Umbauten, Erweiterungen oder eine Änderung des Nutzungszwecks können ebenfalls der Zustimmung des Eigentümers bedürfen. Diese Klauseln dienen dem Schutz des Eigentümers und sollen sicherstellen, dass die Nutzung des Grundstücks seinen Vorstellungen entspricht.
  • Heimfallrecht: Ein wichtiger Punkt ist das sogenannte Heimfallrecht. Dies ist das Recht des Grundstückseigentümers, das Erbbaurecht unter bestimmten, vertraglich festgelegten Umständen vorzeitig zurückzufordern. Typische Gründe dafür können sein:
    • Wiederholter und schwerwiegender Verstoß gegen die Pflicht zur Zahlung des Erbbauzinses.
    • Grobe Vernachlässigung des Gebäudes.
    • Verstoß gegen die Nutzungsvorgaben. Im Falle eines Heimfalls muss der Eigentümer in der Regel eine angemessene Entschädigung für den Wert des Gebäudes an den Erbbauberechtigten zahlen.
  • Anpassung des Erbbauzinses: Der Erbbauzins ist nicht für die gesamte Laufzeit des Vertrags festgeschrieben. Im Vertrag sind Klauseln zur Anpassung des Erbbauzinses enthalten. Diese Anpassungen erfolgen meist in bestimmten Zeitabständen (z.B. alle 5 oder 10 Jahre) oder sind an die Entwicklung von Preisindizes gebunden. Es ist wichtig zu verstehen, wie und wann der Erbbauzins sich erhöhen kann, da dies Ihre monatlichen Belastungen beeinflusst.
  • Vorkaufsrecht des Eigentümers: Der Grundstückseigentümer kann sich im Vertrag ein Vorkaufsrecht für den Fall einräumen lassen, dass Sie Ihr Erbbaurecht verkaufen möchten. Das bedeutet, er hätte das Recht, Ihr Erbbaurecht zu denselben Konditionen zu erwerben, die Sie mit einem Dritten vereinbart haben.

Für Sie als Erbbauberechtigter ist es entscheidend, die genauen Inhalte Ihres individuellen Erbbaurechtsvertrages zu kennen, da dort alle Rechte, Pflichten und Einschränkungen detailliert geregelt sind.


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Was bedeutet eine Heimfallklausel im Erbbaurechtsvertrag und wann kann der Grundstückseigentümer mein Recht zurückfordern?

Eine Heimfallklausel ist ein sehr wichtiger Bestandteil im Erbbaurechtsvertrag. Stellen Sie sich vor, Sie bauen ein Haus auf einem Grundstück, das Ihnen nicht gehört, sondern das Sie von jemand anderem für lange Zeit „gemietet“ haben. Dieses „Mietverhältnis“ für das Grundstück, auf dem Sie Ihr Haus bauen oder stehen haben, nennt man Erbbaurecht. Sie sind dann der „Erbbauberechtigte“ und der Grundstückseigentümer ist der „Erbbaurechtsgeber“.

Die Heimfallklausel ist eine vertragliche Vereinbarung, die es dem Grundstückseigentümer ermöglicht, unter bestimmten, vorher genau festgelegten Bedingungen Ihr Erbbaurecht – und damit auch das darauf stehende Gebäude – zurückzufordern. Es ist also ein vertraglich vereinbartes Rückfallrecht für den Grundstückseigentümer.

Wann kann der Heimfall eintreten?

Der Heimfall kann nur dann vom Grundstückseigentümer verlangt werden, wenn Sie als Erbbauberechtigter gegen schwerwiegende Pflichten aus dem Erbbaurechtsvertrag verstoßen. Diese Bedingungen müssen eindeutig im Erbbaurechtsvertrag beschrieben sein und sind oft auch im Grundbuch vermerkt, genauer im sogenannten Erbbaugrundbuch. Ohne eine solche Klausel im Vertrag gibt es keinen Heimfallanspruch.

Typische Gründe, die einen Heimfall auslösen können, sind:

  • Zahlungsverzug beim Erbbauzins: Wenn Sie den sogenannten Erbbauzins, also die regelmäßige Zahlung für die Nutzung des Grundstücks, über einen längeren Zeitraum (oft zwei oder mehr Jahre) nicht bezahlen.
  • Verstoß gegen die Baupflicht: Wenn Sie trotz vertraglicher Vereinbarung kein Gebäude errichten oder ein bestehendes Gebäude verkommen lassen, obwohl Sie zur Instandhaltung verpflichtet wären.
  • Nutzungsänderung ohne Zustimmung: Wenn Sie das Gebäude oder Grundstück anders nutzen, als im Vertrag vereinbart (z.B. ein Wohnhaus plötzlich gewerblich nutzen), ohne die Erlaubnis des Grundstückseigentümers einzuholen.
  • Insolvenz: Wenn Sie als Erbbauberechtigter insolvent werden, kann der Vertrag den Heimfall vorsehen, um den Grundstückseigentümer abzusichern.
  • Verstoß gegen Veräußerungsbeschränkungen: Wenn Sie das Erbbaurecht ohne die vertraglich notwendige Zustimmung des Grundstückseigentümers verkaufen oder belasten wollen.

Es ist wichtig zu wissen, dass der Heimfall nicht automatisch eintritt. Der Grundstückseigentümer muss den Heimfall aktiv geltend machen und Sie in der Regel zuerst abmahnen und Ihnen eine Frist zur Beseitigung des Verstoßes setzen.

Was passiert beim Heimfall?

Tritt der Heimfall ein, geht Ihr Erbbaurecht wieder an den Grundstückseigentümer über. Für das Gebäude, das Sie auf dem Grundstück errichtet haben, steht Ihnen als ehemaligem Erbbauberechtigtem in der Regel eine Entschädigung zu. Das Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) schreibt vor, dass die Entschädigung mindestens zwei Drittel des Verkehrswertes des Gebäudes betragen muss. Die genaue Höhe und Berechnung dieser Entschädigung ist ebenfalls oft im Erbbaurechtsvertrag geregelt.

Die Heimfallklausel dient also dem Grundstückseigentümer als eine Art „Sicherheitsnetz“, um seine Interessen zu schützen, wenn die vertraglichen Pflichten aus dem Erbbaurecht schwerwiegend verletzt werden. Für Sie als Erbbauberechtigter bedeutet das, dass Sie die Bedingungen Ihres Erbbaurechtsvertrages sehr genau kennen und einhalten sollten, um das Risiko eines Heimfalls zu vermeiden.


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Darf ich mein Erbbaurecht frei verkaufen und wann benötigt der Eigentümer der Grundstücksfläche meine Zustimmung?

Ein Erbbaurecht, also das Recht, ein Gebäude auf einem fremden Grundstück zu besitzen und zu nutzen, ist grundsätzlich frei veräußerlich. Das bedeutet, Sie können Ihr Erbbaurecht grundsätzlich verkaufen, ähnlich wie Sie ein normales Grundstück verkaufen könnten. Es wird sogar in einem eigenen Grundbuch (dem Erbbaugrundbuch) eingetragen und kann belastet (z.B. mit einer Hypothek) oder vererbt werden.

Zustimmung des Grundstückseigentümers beim Verkauf

Obwohl das Erbbaurecht frei veräußerlich ist, ist der Verkauf in der Praxis fast immer an die Zustimmung des Grundstückseigentümers geknüpft. Diese Notwendigkeit der Zustimmung ist in der Regel im Erbbaurechtsvertrag, der Grundlage Ihres Rechts, ausdrücklich festgelegt. Das Gesetz (das Erbbaurechtsgesetz) sieht diese Möglichkeit ebenfalls vor. Für Sie bedeutet das: Ohne die Zustimmung des Grundstückseigentümers kann der Verkauf Ihres Erbbaurechts in der Regel nicht wirksam abgeschlossen werden.

Wann kann der Eigentümer die Zustimmung verweigern?

Der Grundstückseigentümer kann seine Zustimmung zum Verkauf des Erbbaurechts nicht willkürlich verweigern. Er benötigt dafür einen wichtigen Grund. Das Gesetz schützt Sie als Erbbauberechtigten, indem es die Bedingungen für eine solche Verweigerung klar begrenzt. Ein wichtiger Grund liegt beispielsweise vor, wenn:

  • der potenzielle neue Erbbauberechtigte nicht vertrauenswürdig oder nicht in der Lage wäre, die Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag (z.B. die Zahlung des Erbbauzinses) zu erfüllen. Dies könnte der Fall sein, wenn er bereits zahlungsunfähig ist oder wiederholt gegen vertragliche Pflichten verstoßen hat.
  • durch den Verkauf die vorgesehene Nutzung des Erbbaurechts oder des Gesamtgrundstücks (z.B. soziale Wohnzwecke) gefährdet wäre.
  • andere persönliche Umstände des Erwerbers die Verweigerung rechtfertigen, die über eine bloße Unsympathie hinausgehen.

Eine Verweigerung, nur weil der Eigentümer den Kaufpreis selbst für zu niedrig hält oder das Erbbaurecht selbst erwerben möchte, ist in der Regel kein wichtiger Grund. Wenn der Grundstückseigentümer die Zustimmung ohne einen solchen wichtigen Grund verweigert, können Sie als Erbbauberechtigter die Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen. Das Gericht prüft dann, ob die Verweigerung berechtigt ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Sie dürfen Ihr Erbbaurecht grundsätzlich verkaufen, aber die Zustimmung des Grundstückseigentümers ist ein zentraler Schritt, dessen Bedingungen im Erbbaurechtsvertrag und den gesetzlichen Vorschriften geregelt sind.


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Sind besondere Bedingungen, wie zum Beispiel die Kirchenmitgliedschaft, in einem Erbbaurechtsvertrag rechtlich zulässig?

Grundsätzlich gilt in Deutschland die Vertragsfreiheit. Das bedeutet, Parteien können im Prinzip frei entscheiden, mit wem sie einen Vertrag schließen und welche Bedingungen sie darin festlegen. Diese Freiheit hat jedoch Grenzen, die durch Gesetze und die Grundrechte gesetzt werden.

Allgemeine Grenzen der Vertragsfreiheit

Eine Vereinbarung in einem Vertrag darf niemals gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder gegen die guten Sitten verstoßen. Die guten Sitten beschreiben das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Ein Verstoß kann dazu führen, dass die betreffende Klausel im Vertrag nichtig ist, also rechtlich unwirksam.

Besonders relevant sind hier die Diskriminierungsverbote. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Personen vor Benachteiligung aufgrund von Merkmalen wie Religion, Weltanschauung, ethnischer Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Alter oder Behinderung. Wenn eine Bedingung, wie die Kirchenmitgliedschaft, dazu führt, dass Bewerber allein aufgrund ihrer Religion ausgeschlossen werden, kann dies eine unzulässige Diskriminierung darstellen.

Sonderfall: Kirchen als Vertragspartner im Erbbaurecht

Bei Erbbaurechtsverträgen, die von Kirchen oder kirchlichen Einrichtungen angeboten werden, gibt es eine Besonderheit. Kirchen haben in Deutschland ein Selbstbestimmungsrecht. Dieses Recht erlaubt es ihnen, ihre Angelegenheiten im Rahmen der geltenden Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten.

Das bedeutet für Bedingungen wie die Kirchenmitgliedschaft:

  • Eine solche Klausel ist nicht automatisch unzulässig.
  • Sie kann zulässig sein, wenn sie einem konkreten, legitimen kirchlichen Zweck dient. Das ist der Fall, wenn die Vergabe des Erbbaurechts untrennbar mit der kirchlichen oder gemeinnützigen Aufgabenstellung der Kirche verbunden ist. Beispiele hierfür könnten sein: die Bereitstellung von Wohnraum für Mitarbeiter der Kirche oder für Projekte, die direkt dem kirchlichen oder sozialen Auftrag der Kirche dienen. Stellen Sie sich vor, eine Kirche möchte auf ihrem Gelände bezahlbaren Wohnraum speziell für Menschen schaffen, die sich aktiv in der Kirchengemeinde engagieren, um deren soziale oder seelsorgerische Arbeit zu unterstützen. In solchen Fällen kann eine Klausel zur Kirchenmitgliedschaft unter Umständen rechtlich haltbar sein.
  • Ist die Bedingung der Kirchenmitgliedschaft jedoch nicht durch einen solchen spezifischen kirchlichen Zweck gerechtfertigt und dient sie lediglich dazu, die Auswahl der Erbbauberechtigten willkürlich einzuschränken oder Personen ohne Bezug zur kirchlichen Arbeit auszuschließen, ist sie in der Regel unzulässig. Sie wäre dann eine unzulässige Diskriminierung und somit unwirksam.

Was bedeutet das für Sie?

Die Zulässigkeit einer Bedingung wie der Kirchenmitgliedschaft in einem Erbbaurechtsvertrag hängt also maßgeblich vom konkreten Hintergrund und Zweck ab, der mit dieser Klausel verfolgt wird. Eine pauschale Aussage ist nicht möglich. Wenn eine solche Klausel im Vertrag steht, kommt es darauf an, ob sie einen direkten Bezug zur kirchlichen oder gemeinnützigen Aufgabe hat, die mit dem jeweiligen Grundstück verfolgt wird. Wenn sie lediglich als allgemeine Zugangsbarriere dient, kann sie rechtlich angreifbar sein.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbbaurecht

Das Erbbaurecht ist ein dingliches Nutzungsrecht an einem fremden Grundstück, das es dem Berechtigten erlaubt, dort für eine lange Zeit (oft 99 Jahre) ein Gebäude zu errichten und zu nutzen. Dabei bleibt das Grundstück im Eigentum des Erbbaurechtsgebers, während der Erbbauberechtigte Eigentümer des Gebäudes wird. Das Erbbaurecht ist im Grundbuch eingetragen und kann ähnlich wie Eigentum verkauft, vererbt oder belastet werden. Es ist gesetzlich im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) geregelt und bietet eine Alternative zum Grundstückskauf, wenn der Erwerb des Bodens nicht möglich oder gewollt ist.

Beispiel: Sie bauen auf einem kirchlichen Grundstück ein Haus, das Ihnen gehört, obwohl der Boden weiterhin der Kirche gehört. Dafür zahlen Sie jährlich einen Erbbauzins.


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Zustimmungsklausel im Erbbaurechtsvertrag

Die Zustimmungsklausel ist eine vertragliche Regelung, wonach der Grundstückseigentümer die Veräußerung des Erbbaurechts an eine dritte Person nur mit seiner schriftlichen Zustimmung erlauben darf. Diese Klausel soll den Eigentümer davor schützen, dass das Erbbaurecht an ungeeignete oder unerwünschte Personen verkauft wird. Allerdings darf die Zustimmung nicht willkürlich verweigert werden; es müssen in der Regel wichtige Gründe vorliegen, etwa die Befürchtung, dass der neue Erbbauberechtigte seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Beispiel: Sie wollen Ihr Erbbaurecht verkaufen, aber der Grundstückseigentümer lehnt die Käuferin ohne nachvollziehbaren Grund ab – das ist meist nicht zulässig.


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Heimfallklausel

Die Heimfallklausel erlaubt dem Grundstückseigentümer, das Erbbaurecht vor Ablauf der vereinbarten Zeit unter bestimmten vertraglich festgelegten Voraussetzungen zurückzufordern. Typische Auslösegründe sind schwere Vertragsverstöße wie anhaltender Zahlungsverzug beim Erbbauzins, missbräuchliche Nutzung oder der Verstoß gegen sonstige vertragliche Pflichten. Bei Heimfall wird das Erbbaurecht samt darauf stehendem Gebäude wieder Eigentum des Grundstückseigentümers, während der Erbbauberechtigte meist Anspruch auf eine angemessene Entschädigung hat, gesetzlich mindestens zwei Drittel des Gebäudewertes.

Beispiel: Wenn ein Erbbauberechtigter seinem Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, kann der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht mit Gebäude zurückfordern.


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Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB

Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn ein Rechtsgeschäft oder eine Vertragsklausel gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Nach § 138 BGB ist ein solcher Vertrag oder eine Vertragsbestimmung nichtig und damit unwirksam. Bei der Bewertung ist u.a. zu prüfen, ob die Klausel eine übermäßige Benachteiligung oder Diskriminierung darstellt. Im vorliegenden Fall wurde diskutiert, ob eine Klausel, die die Kirchenmitgliedschaft als Voraussetzung für den Erwerb eines Erbbaurechts verlangt, sittenwidrig ist. Das Gericht wertete eine solche Klausel als zulässig, solange sie einem legitimen Zweck der Kirche dient und die Vertragsfreiheit nicht willkürlich einschränkt.

Beispiel: Ein Vertrag, der jemanden zum Nachteil zu extremen Bedingungen zwingt, kann als sittenwidrig angesehen und damit unwirksam erklärt werden.


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Selbstverwaltungsrecht der Kirchen (Art. 140 Grundgesetz i.V.m. Art. 137 Weimarer Reichsverfassung)

Das Selbstverwaltungsrecht der Kirchen ist ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht, das es Kirchen erlaubt, ihre inneren Angelegenheiten und Vermögensverwaltung eigenständig zu regeln, ohne staatliche Einmischung. Dieses Recht schützt die Freiheit der Religionsgemeinschaften, eigene Regeln zu erstellen, z.B. bei der Vergabe von Immobilienrechten. Im vorliegenden Fall sicherte dieses Recht der Kirchengemeinde zu, das Erbbaurecht an Personen zu vergeben, die den kirchlichen Zielen entsprechen, wozu die Kirchenmitgliedschaft gehören kann. Dieses Selbstverwaltungsrecht hat Vorrang vor allgemeinen Diskriminierungsverboten, soweit es um interne kirchliche Angelegenheiten und Vermögen geht.

Beispiel: Eine Kirche darf selbst entscheiden, ob sie Wohnraum auf ihrem Gelände nur an Mitglieder ihrer Gemeinde vergibt, wenn dies Teil ihres Selbstverwaltungsrechts ist.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 542 BGB (Erbbaurecht): Das Erbbaurecht ermöglicht es, ein Grundstück zeitlich befristet zu nutzen und darauf ein Gebäude zu errichten, das dem Erbbauberechtigten gehört, während das Grundstück selbst im Eigentum Dritter verbleibt. Es regelt die rechtlichen Grundlagen des dinglichen Rechts, das zwischen Grundstückseigentümer und Berechtigtem besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das zugrundeliegende Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Kirchengemeinde ist ein Erbbaurechtsvertrag, der den Rahmen für die Nutzung und Veräußerung des Grundstücks vorgibt.
  • § 305 ff. BGB – AGB-Recht (Vertragsfreiheit und individuelle Vereinbarungen im Erbbaurechtsvertrag): Regelungen, die speziell im Vertrag über Erbbaurechte getroffen werden, müssen im Lichte der Vertragsfreiheit und den Grundsätzen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen geprüft werden. Bei Individualverträgen gilt grundsätzlich Vertragsautonomie ohne strenge AGB-Kontrolle. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht leitete ab, dass der Erbbaurechtsvertrag ein Individualvertrag ist, sodass die Klauseln zur Kirchenmitgliedschaft und Zustimmung nicht der strengen AGB-Kontrolle unterliegen und somit wirksam sein können.
  • § 8 Erbbaurechtsvertrag (Zustimmung zur Veräußerung): Diese Klausel verlangt die schriftliche Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung des Erbbaurechts, wobei die Zustimmung nicht ohne berechtigten Grund verweigert werden darf. Die Verweigerung muss verhältnismäßig sein und darf den Zweck des Vertrags nicht gefährden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kirchengemeinde durfte die Zustimmung zum Verkauf an eine Nicht-Kirchenmitgliedin unter Berufung auf den Vertragszweck verweigern, weil dadurch der Vertragszweck gefährdet wäre.
  • § 10 Erbbaurechtsvertrag (Heimfallklausel): Ermächtigt den Grundstückseigentümer, das Erbbaurecht unter bestimmten Umständen – z.B. bei Kirchenaustritt oder kirchenfeindlichem Verhalten – zurückzufordern, um unbillige Härten zu verhindern und den kirchlichen Zweck zu wahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Heimfallrecht stützt die Argumentation, dass eine Übertragung des Erbbaurechts an Nicht-Kirchenmitglieder den Vertragszweck untergräbt und deshalb die Zustimmung zu verweigern ist.
  • § 138 BGB (Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften): Ein Rechtsgeschäft ist nichtig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dies dient dem Schutz der guten Sitten und der öffentlichen Ordnung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verneinte die Sittenwidrigkeit der Klausel zur Kirchenmitgliedschaft, da das verfassungsrechtlich geschützte Selbstverwaltungsrecht der Kirche die Regelung gerechtfertigt.
  • Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV (Selbstverwaltungsrecht der Kirchen): Gewährt den Kirchen das Recht, ihre inneren Angelegenheiten, einschließlich Vermögensverwaltung und Organisation, eigenverantwortlich zu regeln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Dieses verfassungsrechtliche Grundrecht stellt die Grundlage dafür dar, dass die Kirchengemeinde die Auswahl ihrer Vertragspartner nach der Kirchenmitgliedschaft treffen darf.

Das vorliegende Urteil


LG Flensburg – Az.: 3 O 18/19 – Urteil vom 22.11.2019


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