Transmortale Vollmachten weiterhin wirksam nach Erbfall?
Das OLG Nürnberg hat mit Beschluss vom 25.03.2024 (Az.: 15 Wx 2176/23) entschieden, dass die transmortale Vollmacht der Antragstellerin, auch nach dem Tod des Vollmachtgebers und ihrer Alleinerbenstellung, wirksam bleibt, und somit die Verfügungen über ein Grundstück wirksam von ihr vorgenommen werden können. Das Amtsgericht Weißenburg wurde angewiesen, die beantragten Grundbucheintragungen vorzunehmen, da die Voraussetzungen für die Eintragung der Antragstellerin als Eigentümerin erfüllt sind.
Übersicht
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das OLG Nürnberg hob den Beschluss des Amtsgerichts Weißenburg auf und wies dieses an, die von der Antragstellerin beantragten Grundbucheintragungen vorzunehmen.
- Eine transmortale Vollmacht erlischt nicht automatisch durch den Tod des Vollmachtgebers oder durch die Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten, sondern bleibt für Verfügungen über ein Grundstück wirksam.
- Die Antragstellerin handelte auf Grundlage einer notariell beurkundeten Generalvollmacht, die ausdrücklich auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig war.
- Das Amtsgericht – Grundbuchamt – hatte zu Unrecht die Eintragung abgelehnt, da es fälschlicherweise von einem Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion ausgegangen war.
- Das OLG betont, dass für das Grundbuchamt die materielle Rechtslage bezüglich der Erbenstellung bis zum Vorliegen eines formellen Nachweises nicht maßgeblich ist.
- Es ist im Interesse des Rechtsverkehrs, die Legitimationswirkung einer transmortalen Vollmacht als fortbestehend anzusehen, solange keine entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen vorliegen.
- Die Entscheidung trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Vertrauensschutz im Grundbuchverkehr Rechnung.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden auf 80.000,00 € festgesetzt.
- Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde nicht für gegeben erachtet, da kein grundlegender Rechtsirrtum vorlag.
Transmortale Vollmacht und ihr Fortbestand
Bei einer transmortalen Vollmacht handelt es sich um eine besondere Form der Vertretungsmacht, die dem Bevollmächtigten vom Vollmachtgeber explizit dafür erteilt wurde, auch noch nach dessen Tod wirksam zu bleiben. Im klassischen Fall soll der Bevollmächtigte so in die Lage versetzt werden, die Erben zu vertreten und Verfügungen über das Vermögen des Erblassers vorzunehmen.
Allerdings existieren unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber, ob eine solche Vollmacht tatsächlich ihre Legitimationswirkung behält, wenn der Bevollmächtigte selbst zum (Alleiner-)Erben wird. Während manche Juristen von einem Erlöschen durch „Konfusion“ der Vertretungs- und Vertretenensphäre ausgehen, betonen andere den Vorrang des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit im Rechtsverkehr.
➜ Der Fall im Detail
Rechtsgültigkeit transmortaler Vollmachten bestätigt
In einem bemerkenswerten Rechtsstreit hat das OLG Nürnberg unter dem Aktenzeichen 15 Wx 2176/23 eine Entscheidung gefällt, die die Rechtsgültigkeit transmortaler Vollmachten nach dem Ableben des Vollmachtgebers bekräftigt.
Ausgangspunkt war die sofortige Beschwerde einer Antragstellerin gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Weißenburg i. Bay., welcher ihren Antrag auf Grundbucheintragung abgelehnt hatte. Im Kern des Streits stand die Frage, ob eine vor dem Tod erteilte Vollmacht, die explizit auch über den Tod hinaus Gültigkeit besitzen sollte, nach dem Erbfall und der Annahme der Erbschaft durch die Bevollmächtigte ihre Wirksamkeit verliert.
Der rechtliche Hintergrund des Falls
Die Kontroverse entzündete sich am Grundbuchamt Weißenburg, das die Eintragung der Antragstellerin als neue Eigentümerin eines Grundstücks ablehnte. Als Grund wurde angeführt, dass durch die Alleinerbenstellung der Antragstellerin die ihr erteilte Vollmacht durch Konfusion erloschen sei. Dies widersprach jedoch der Argumentation der Antragstellerin, die sich auf eine notariell beurkundete Generalvollmacht berief, die ihr vom verstorbenen Ehemann erteilt wurde und ausdrücklich über dessen Tod hinaus Gültigkeit behalten sollte.
Die Entscheidung des OLG Nürnberg
Das OLG Nürnberg hob den Beschluss des Amtsgerichts auf und wies dieses an, den von der Antragstellerin beantragten grundbuchamtlichen Vollzug vorzunehmen. Die Richter argumentierten, dass die transmortale Vollmacht ihre Legitimationswirkung nicht verliert, selbst wenn der Bevollmächtigte zum Alleinerben wird. Sie stützten sich dabei auf die Rechtsprechung und herrschende Meinungen, die das Fortbestehen der Legitimationswirkung einer solchen Vollmacht im Außenverhältnis zum Schutz des Rechtsverkehrs bejahen.
Rechtliche Erwägungen und Abwägungen
Die Entscheidung beruht auf der Überlegung, dass das Grundbuchamt die materielle Rechtslage bezüglich der Erbenstellung nicht überprüfen muss, solange kein formeller Nachweis erbracht wird. Das Gericht betonte, dass im Interesse eines reibungslosen Rechtsverkehrs die Legitimationswirkung der Vollmacht als fortbestehend angesehen werden muss, solange diese den Erben weitergehende Handlungsmöglichkeiten eröffnet und keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung bestätigt die Rechtssicherheit und Vertrauensschutz im Grundbuchverkehr und stellt klar, dass eine transmortale Vollmacht auch nach dem Tod des Vollmachtgebers und der Annahme der Erbschaft durch den Bevollmächtigten ihre Gültigkeit behält. Für Erben und Bevollmächtigte bedeutet dies, dass sie auf die Beständigkeit solcher Vollmachten vertrauen können, solange diese ordnungsgemäß dokumentiert und erteilt wurden.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was versteht man unter einer transmortalen Vollmacht?
Eine transmortale Vollmacht ist eine Vollmacht, die auch nach dem Tod des Vollmachtgebers wirksam bleibt. Der Bevollmächtigte kann in diesem Fall auch nach dem Tod des Erblassers den Erblasser vertreten, d.h. z.B. Verträge abschließen oder kündigen.
Der Hauptsinn einer transmortalen Vollmacht liegt darin, dass eine vollmachtgebende Person bereits zu Lebzeiten die Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigten für die Zeit nach dem eigenen Tod sicherstellen kann. Aufgrund einer solchen Vollmacht wird nicht mehr der verstorbene Vollmachtgeber vertreten, da dieser mit seinem Ableben als Rechtssubjekt aus dem Rechtsverkehr ausgeschieden ist. Die transmortale Vollmacht wirkt vielmehr für und gegen die Erben.
Ein besonderer Vorteil der transmortalen Vollmacht ist, dass der Bevollmächtigte keinen Erbschein oder sonstige Nachweise benötigt, sondern lediglich die ihn ausweisende Vollmachtsurkunde. Bei einer entsprechend weit gefassten Vollmacht besitzt der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Erblassers umfängliche Vertretungsbefugnisse. Dadurch kann eine Handlungsunfähigkeit im Falle eines Erbfalls vermieden werden.
Die transmortale Vollmacht unterscheidet sich von der postmortalen Vollmacht dadurch, dass sie bereits zu Lebzeiten des Vollmachtgebers erteilt wird und ihre Wirksamkeit entfaltet. Die postmortale Vollmacht hingegen wird erst mit dem Tod des Vollmachtgebers wirksam.
Prinzipiell bedarf es sowohl für eine postmortale als auch für eine transmortale Vollmacht lediglich der Schriftform. Sollten sich allerdings Beteiligungen an Gesellschaften oder Immobilienvermögenswerte im Besitz des Erblassers befinden, so sollte die Vollmacht auf jeden Fall notariell beurkundet werden.
Wie wirkt sich die Alleinerbenstellung auf eine erteilte transmortale Vollmacht aus?
Eine transmortale Vollmacht erlischt grundsätzlich, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass niemand sich selbst aufgrund einer Vollmacht vertreten kann.
Wird der Bevollmächtigte Alleinerbe, führt dies dazu, dass er nicht mehr als Vertreter des Erblassers handeln kann, da er mit dem Erbfall selbst Rechtsnachfolger wird. Die Vollmacht verliert damit ihre Wirkung.
In der Praxis bedeutet dies, dass der bevollmächtigte Alleinerbe nicht mehr auf Grundlage der Vollmacht über Nachlassgegenstände, insbesondere Immobilien, verfügen kann. Er muss stattdessen seine Erbenstellung, z.B. durch einen Erbschein, nachweisen. Dies kann mit zusätzlichem Aufwand und Kosten verbunden sein.
Allerdings gibt es auch Rechtsprechung, die eine gegenteilige Auffassung vertritt. So hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass eine transmortale Vollmacht nicht durch die Alleinerbenstellung des Bevollmächtigten erlischt. Danach könnte der Bevollmächtigte weiterhin von der Vollmacht Gebrauch machen.
Die überwiegende Meinung geht jedoch davon aus, dass die Alleinerbenstellung zum Erlöschen der transmortalen Vollmacht führt. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sollte der bevollmächtigte Alleinerbe daher seine Erbenstellung stets gesondert ausweisen und sich nicht allein auf die Vollmacht verlassen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 181 BGB (Befreiung von den Beschränkungen des Selbstkontrahierens): Erklärt, warum die Bevollmächtigte im vorliegenden Fall trotz der erteilten Vollmacht für und gegen den Vollmachtgeber handeln konnte, was normalerweise ohne diese Befreiung nicht zulässig wäre. Der Bezug zum Thema liegt darin, dass die transmortale Vollmacht so gestaltet war, dass sie auch nach dem Tod des Vollmachtgebers weiterhin Gültigkeit besaß und die Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB ausdrücklich befreit wurde.
- §§ 873, 925 BGB (Einigung und Auflassung bei Grundstücksübertragungen): Diese Paragraphen sind zentral, da sie die rechtlichen Grundlagen für die Übertragung von Eigentum an Grundstücken bilden. Im Kontext des Urteils wurde die Einigung über den Eigentumsübergang auf Grundlage einer transmortalen Vollmacht erreicht, was die Legitimationswirkung dieser Vollmacht unterstreicht.
- §§ 13, 19, 20, 29 GBO (Grundbuchordnung betreffend Eintragungsvoraussetzungen): Die genannten Paragraphen der Grundbuchordnung sind für das Verständnis entscheidend, da sie die Voraussetzungen für die Eintragung im Grundbuch definieren. Im Fall wurde auf die Einhaltung dieser Voraussetzungen hingewiesen, um die Antragstellerin als neue Eigentümerin einzutragen, basierend auf der transmortalen Vollmacht.
- § 35 GBO (Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren): Dieser Paragraph ist relevant, weil das Grundbuchamt ursprünglich eine Eintragung auf Basis der transmortalen Vollmacht ablehnte, da es von einem Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion ausging. Der Paragraph klärt, unter welchen Umständen die Erbfolge im Grundbuchverfahren nachgewiesen werden muss.
- §§ 170 bis 173 BGB (Fortwirkung der Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers): Diese Bestimmungen sind im gegebenen Kontext wichtig, da sie die Fortwirkung von Vollmachten nach dem Tod des Vollmachtgebers behandeln. Die transmortale Vollmacht fiel unter diese Regelungen, was ihre Legitimationswirkung auch nach dem Tod des Vollmachtgebers sicherte.
- § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1, § 73 GBO (Rechtsbehelfe im Grundbuchverfahren): Diese Rechtsnormen sind im vorliegenden Fall relevant, da sie die Zulässigkeit und das Verfahren der eingelegten Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts bestimmen. Sie bilden die rechtliche Grundlage für das erfolgreiche Beschwerdeverfahren, das zur Aufhebung des ursprünglichen Beschlusses führte.
Das vorliegende Urteil
OLG Nürnberg – Az.: 15 Wx 2176/23 – Beschluss vom 25.03.2024
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Weißenburg i. Bay. vom 28.09.2023, Az. GU-8282-12, aufgehoben.
2. Das Amtsgericht – Grundbuchamt – Weißenburg wird angewiesen, den mit Schreiben vom 08.08.2023 beantragten grundbuchamtlichen Vollzug der Urkunde des Notars, UVZ-Nr., vorzunehmen.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 80.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
1.
Als Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Weißenburg von zu Band, Blatt, geführten Grundbesitzes (Flurstücke Nr. und ) ist der am 15.01.2022 verstorbene Ehemann der Antragstellerin, Herr, geboren am, eingetragen. Dieser hatte der Antragstellerin am 13.02.1990 Generalvollmacht erteilt, die durch das Ableben des Vollmachtgebers nicht erlöschen sollte (transmortale Vollmacht). Von den Beschränkungen des § 181 BGB wurde die Bevollmächtigte ausdrücklich befreit (vgl. UR-Nr. des Notars).
Mit notarieller Urkunde des Notars,, vom 19.07.2023 (UVZ-Nr. ) schloss die Antragstellerin einen Vertrag über die Überlassung dieses Grundbesitzes. Dabei handelte sie auf Veräußererseite ausdrücklich „für die Erben des verstorbenen Herrn … aufgrund Vollmacht des Notars,, vom 13.02.1990…“ und auf Erwerberseite im eigenen Namen, und einigte sich so auch über den Eigentumsübergang und bewilligte und beantragte die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch.
2.
Mit Schreiben des Urkundsnotars vom 08.08.2023 beantragte die Antragstellerin den grundbuchamtlichen Vollzug der Urkunde beim Amtsgericht – Grundbuchamt – Weißenburg.
Dieses wies mit Verfügung vom 06.09.2023 darauf hin, dass aus dem Nachlassverfahren Az. 54 VI 92/22 bekannt sei, dass der verstorbene Grundstückseigentümer von der Antragstellerin allein beerbt worden sei und diese die Erbschaft angenommen habe. Durch ihre Alleinerbenstellung sei die erteilte Vollmacht durch Konfusion erloschen. Sie könne daher nur im Wege der Grundbuchberichtigung mittels Erbscheines eingetragen werden.
Mit Schreiben vom 21.09.2023 hielt der Urkundsnotar den Antrag aufrecht. Die Antragstellerin habe gerade nicht als mögliche Erbin gehandelt, diese Stellung habe im Grundbuchverfahren ohne entsprechenden Nachweis auch keine Bedeutung. Sie sei vielmehr aufgrund wirksamer Vollmacht als Vertreterin der Erben ihres Ehemanns aufgetreten.
3.
Das Amtsgericht – Grundbuchamt – Weißenburg wies den Antrag mit Beschluss vom 28.09.2023 unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Argumentation zurück. Insbesondere habe die Antragstellerin durch positive Erbschaftsannahmeerklärung vom 26.04.2022 gegenüber dem Nachlassgericht die Legitimationswirkung der Vollmacht aufgehoben.
Hiergegen wurde mit Schreiben des Urkundsnotars vom 23.10.2023, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Beschwerde eingelegt. Die bereits gegen die Zwischenverfügung erhobenen Einwendungen werden im Wesentlichen aufrechterhalten und es wird auf die neuere Rechtsprechung insbesondere des OLG München, verwiesen. Materiell sei die begehrte Eintragung ohnehin richtig.
Das Grundbuchamt beim Amtsgericht Weißenburg half mit Beschluss vom 26.10.2023 der Beschwerde nicht ab, wobei es sich im Wesentlichen auf die bisherigen Ausführungen beruft und ergänzend ausführt, dass der vorliegende Eintragungsantrag nicht in einen Grundbuchberichtigungsantrag hinsichtlich der Erbfolge umgedeutet werden könne.
II.
1.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Weißenburg vom 28.09.2023 ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde wurde gemäß § 73 GBO formgerecht beim zuständigen Gericht eingereicht.
Obwohl er anzugeben hat, für wen er die Beschwerde führt (BayObLG, Beschl. v. 02.08.1989 – BReg 2 Z 86/89, NJW-RR 1989, 1495; Demharter/Demharter, 33. Aufl. 2023, GBO § 15 Rn. 20), beschränkt sich der Notar im vorliegenden Fall darauf, selbst das Rechtsmittel einzulegen, ohne die Personen zu bezeichnen, für die er handelt. Fehlt eine solche Angabe, so sind – sofern sich, wie hier, aus den Umständen nichts anderes ergibt – als Beschwerdeführer alle Antragsberechtigten anzusehen (BGH, Beschl. v. 24.01.1985 – V ZB 5/84, NJW 1985, 3070; BayObLG, Beschl. v. 24.04.1985 – BReg 3 Z 30/85), hier also die Antragstellerin. Insofern ist zu berücksichtigen, dass aus § 15 GBO dem Notar kein eigenständiges Antragsrecht erwächst und somit auch keine Beschwerdebefugnis (BayObLG, Beschl. v. 02.08.1989 – BReg 2 Z 86/89, a.a.O.; OLG München, Beschl. v. 28.06.2017 – 34 Wx 421/16; KG Berlin, Beschl. v. 11.02.2014 – 1 W 130/13; Demharter a.a.O.).
2.
Die Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg, da die Voraussetzungen für die Eintragung der Antragstellerin als Eigentümerin (§§ 13, 19, 20, 29 GBO) gegeben sind, insbesondere die Einigung (§§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB), die von der Antragstellerin als Vertreterin der Erben ihres Ehemanns erklärt worden ist, in grundbuchgemäßer Form nachgewiesen wurde. Eine Voreintragung der Erben nach §§ 39, 40 GBO ist nicht erforderlich.
Zwar ist das Erstgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass es zur Prüfung verpflichtet ist, ob die zur Grundstücksübertragung erforderliche Auflassung von der verfügungsberechtigten Person erklärt worden ist. Nachdem der Erbfall im Zeitpunkt der Erklärung bereits eingetreten war, war somit zu prüfen, ob die Antragstellerin die Erben des eingetragenen Eigentümers aufgrund wirksamer Vollmacht vertreten hat.
Dies ist hier aber der Fall. Die Antragstellerin hat eine vom Erblasser erteilte notarielle Generalvollmacht vom 13.02.1990 als Nachweis i.S.v. § 29 Abs. 1 GBO vorgelegt. Diese war ausdrücklich auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig und hat die Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Daher durfte sie nach dem Erbfall den bzw. die Erben in ihrer Gesamtheit vertreten (BGH Urt. v. 23.02.1983 – IV a ZR 186/81, NJW 1983, 1487), unabhängig davon, ob diese im Zeitpunkt des Vertreterhandelns bereits feststanden.
Das Grundbuchamt muss auch vom Fortbestand dieser transmortalen Vollmacht ausgehen, da diese ihre Legitimationswirkung nicht verloren hat. Die Frage, ob eine solche Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers eine wirksame Verfügung des Bevollmächtigten ermöglicht, wenn dieser Erbe des Vollmachtgebers geworden ist, und wie im Grundbuchverfahren mit dieser Konstellation umzugehen ist, ist streitig.
Teilweise wird vertreten, dass eine Eigentumsumschreibung aufgrund eines mit einer solchen Vollmacht vorgenommenen Verfügungsgeschäfts nicht erfolgen könne, da diese durch Vereinigung der Position des Vertreters und des Vertretenen wirkungslos werde (z.B. OLG Stuttgart, Urt. v. 12. 5. 1948 – 1 RS 49/48, NJW 1947/48, 627: „,,, die Fiktion eines Fortbestehens der Vollmacht [kann] nur da eingreifen, wo überhaupt ein Handeln des Bevollmächtigten auf Grund der Vollmacht mit Wirkung für einen Dritten noch rechtlich möglich ist. Diese rechtliche Möglichkeit ist aber hier deshalb nicht gegeben, weil die Bevollmächtigte nach dem Tode ihres Vollmachtgebers dessen Alleinerbin geworden ist.“) bzw. durch sog. „Konfusion“ erlösche (OLG Hamm, Beschl. v. 10.01.2013 – I-15 W 79/12, ErbR 2013, 187 = FGPrax 2013, 148 = DNotZ 2013, 689 m. Anm. Keim = ZEV 2013, 341 m. Anm. Lange: „Eine solche Form der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung ist nach Auffassung des Senats durch § 164 BGB ausgeschlossen, der eine Personenverschiedenheit zwischen dem Vertreter und dem rechtsgeschäftlich Vertretenen voraussetzt. Folglich muss eine Vollmacht durch Konfusion erlöschen, wenn der Bevollmächtigte die Vollmachtgeberin allein beerbt.“; Bestelmeyer, Anm. zu OLG München, Beschl. v. 4.8.2016 – 34 Wx 110/16, FGPrax 2016, 205: „… zutreffend entschieden hatte, dass solche Vollmachten infolge Konfusion erlöschen, wenn der Bevollmächtigte zum Alleinerben des Vollmachtgebers berufen ist, weil sich niemand selbst vertreten kann.“).
Hierbei wird aber teilweise die Einschränkung gemacht, dass dies nur in Fällen gelten soll, in denen der Bevollmächtigte Alleinerbe geworden ist, nicht jedoch bei einem Miterben (OLG München, Beschl. v. 10.02.2022 – 34 Wx 431/21, BWNotZ 2022, 365; OLG Schleswig, Beschl. v. 15.07.2014 – 2 W 48/14, FGPrax 2014, 206 = ErbR 2016, 86). Teilweise betreffen diese Entscheidungen im Übrigen Sachverhalte, in denen sich der jeweilige Bevollmächtigte bei der Verfügung ausdrücklich auf seine Alleinerbenstellung berufen hat (OLG Hamm a.a.O.; OLG München Beschl. v. 31.08.2016 – 34 Wx 273/16, NJW 2016, 3381 = ZEV 2016, 659 m. Anm. Reimann = ErbR 2017, 43 m. Anm. Wendt) oder diese sogar in der Form des § 35 GBO nachgewiesen ist (OLG München Beschl. v. 04.01.2017 – 34 Wx 382/16, 34 Wx 383/16, ZEV 2017, 280).
Unabhängig vom materiellen Erlöschen der Vollmacht wird allerdings zwischenzeitlich von einer in Rechtsprechung in Literatur weithin verbreiteten Meinung vertreten, dass hieraus nicht zwingend ein Hindernis für den grundbuchrechtlichen Vollzug der Eigentumsübertragung folge, da die Vollmacht nicht zwangsläufig wirkungslos werde, sondern ihre Legitimationswirkung bestehen bleiben könne (OLG München, Beschl. v. 04.08.2016 – 34 Wx 110/16, ZEV 2016, 656 = FGPrax 2016, 205 m. Anm. Bestelmeyer = ErbR 2017, 40 m. Anm. Wendt, mit ausführlicher Darlegung des Streitstands; KG Berlin, Beschl. v. 02.03.2021 – 1 W 1503/20, ErbR 2021, 705 m. Anm. Wendt = DNotZ 2021, 703 m. Anm. Meier; OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.11.2018 – 8 W 312/18, MittBayNot 2019, 578; OLG Bremen, Beschl. v. 31.08.2023 – 3 W 15/23, FGPrax 2023, 241; Herrler, DNotZ 2017, 508; Zimmer, NJW 2016, 3341; Wendt ErbR 2017, 19; Weidlich, ZEV 2016, 57; Reimann, ZEV 2016, 659; BeckOK GBO/Wilsch, 52. Ed. 1.3.2024, GBO § 35 Rn. 78; Bauer/Schaub/Schaub, 5. Aufl. 2023, GBO § 35 Rn. 50, 51; Demharter/Demharter, 33. Aufl. 2023, GBO § 19 Rn. 81b; jew. m.w.N.). Es sei nämlich im Außenverhältnis zum Geschäftsgegner durch §§ 170 bis 173 BGB das Vertrauen auf deren Fortbestand geschützt, was auch von dem Grundbuchamt zu beachten sei. Im Interesse eines reibungslosen Rechtsverkehrs sei die Legitimationswirkung als fortbestehend anzusehen, wenn die Vollmacht den Erben weitergehende Handlungsmöglichkeiten eröffne und schutzwürdige Interessen nicht entgegenständen. Das Grundbuch werde auch nicht unrichtig, da der Erwerber jedenfalls Eigentum erlange, entweder aufgrund wirksamer Verfügung des Bevollmächtigten oder – sollte die Vollmacht aufgrund dessen Alleinerbenstellung erloschen sein – aufgrund wirksamer Verfügung des Eigentümers.
Dieser Auffassung schließt der Senat sich an. Ausschlaggebend hierfür ist das Argument, dass für das Grundbuchamt die materielle Rechtslage in Bezug auf die Erbenstellung des Bevollmächtigten bis zur Vorlage eines förmlichen Nachweises nicht maßgeblich sein kann (OLG München, Beschl. v. 4.8.2016 – 34 Wx 110/16, a.a.O.: „Diese Rechtsmacht [Verfügungen zu treffen] ist vom Erblasser abgeleitet; die Gesamtrechtsnachfolge spielt insoweit keine Rolle. Im Grundbuchverkehr ist die materielle Erbenstellung grds. unerheblich, solange nicht der Nachweis in Form der in § 35 Abs. 1 GBO bezeichneten Urkunden erbracht ist.“), sondern die Erbfolge keine Bedeutung für die Entscheidung über die Grundbucheintragung hat (Weidlich, ZEV 2016, 57, 63: „… Verfügungsmacht beruht entweder auf der Vollmacht oder auf seiner Erbenstellung. Sie ist daher offenkundig, so dass die Erbfolge nicht entscheidend und ein Erbnachweis entbehrlich ist (s. auch § 29 Abs. 1 S. 2 GBO). Aus Sicht des Grundbuchamts bedeutet dies bei Vorlage einer Vollmacht, dass eine etwaige Erbenstellung des Bevollmächtigten unabhängig davon, ob diese offengelegt wird oder nicht, nicht zu überprüfen ist.“; Herrler a.a.O.: „Es wäre widersprüchlich, einerseits zulasten des Handelnden das Erlöschen seiner Vollmacht infolge seiner Alleinerbenstellung anzunehmen, ihm andererseits aber die Verfügungsbefugnis aufgrund eben jener Alleinerbenstellung zu verweigern.“).
Ob eine Alleinerbenstellung gegeben ist, ist nämlich häufig nicht leicht zu entscheiden. Vielmehr kann auch im Falle einer vermeintlich eindeutigen erbrechtlichen Lage aufgrund einer testamentarischen Alleinerbeneinsetzung nie ausgeschlossen werden, dass eine weitere letztwillige Verfügung auftaucht, eine Anfechtung erklärt wird oder sich die zunächst angenommene Erbfolge auf andere Weise – möglicherweise rückwirkend – noch verändert. Dieser Problematik, dass die erbrechtliche Lage über einen längeren Zeitraum unklar sein kann, und es im Interesse des Rechtsverkehrs liegt, in dieser Zeit trotzdem Verfügungen des dazu ausdrücklich vom späteren Erblasser Bevollmächtigten zu ermöglichen, trägt das Grundbuchverfahrensrecht aber nach der hier vertretenen Auffassung auch Rechnung. Die vom Grundbuchamt zu prüfende Verfügungsmacht des Bevollmächtigten kann nämlich i.S.d. § 29 GBO durch die Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden, ohne dass es – mangels Nachweisvorlage i.S.d. § 35 GBO – auf die Erbfolge, die ihm im Falle einer Alleinerbenstellung genauso Verfügungsmacht vermitteln würde, ankäme.
Der Einwand, hierdurch würde das „allgemein gültige grundbuchverfahrensrechtliche Prinzip, wonach das Grundbuchamt keine Eintragung vornehmen darf, wenn es (gleich woher, auf welche Weise und in welcher Form) vom Bestehen eines Eintragungshindernisses Kenntnis erlangt hat“ (Bestelmeyer a.a.O.), greift daher für diesen konkreten Sachverhalt nicht durch. Für den Sonderfall des Nachweises der Erbenstellung sind nämlich durch § 35 GBO die verwertbaren Nachweise beschränkt alleine auf den Erbschein und letztwillige Verfügungen in öffentlichen Urkunden und es besteht gerade nicht die Möglichkeit, auf andere öffentliche Urkunden oder Akten zurückzugreifen. Der Regelungsbereich des § 35 GBO ist in Fällen wie dem vorliegenden auch eröffnet, wenn das Grundbuchamt die Alleinerbenstellung eines Beteiligten (von Amts wegen und alleine durch Einsichtnahme in die Nachlassakte) im Rahmen der Prüfung eines Erlöschens der Vollmacht berücksichtigen will. Es wäre – wie Zimmer (a.a.O.) zutreffend ausführt – „paradox, wenn das Grundbuchamt bei Überzeugung der Erbfolge in anderer Form als § 35 GBO die Eintragung (zu Recht) ablehnen müsste, wenn es aber um die Ablehnung einer vorzunehmenden Eintragung geht, behaupten dürfte, man habe sich anderweitig von der Alleinerbenstellung des Verfügenden und damit vom Erlöschen der Vollmacht überzeugt“. Das Grundbuchamt hat daher in solchen Fällen gerade keine berücksichtigungsfähige Kenntnis vom Erlöschen der Vollmacht, und darf mangels weiterer Ermittlungsmöglichkeiten auch nicht von einem Eintragungshindernis ausgehen (vgl. auch Herrler a.a.O.: „… Entweder liegt der Erbnachweis bereits formgerecht vor; … Oder die Erbfolge ist – jedenfalls aus grundbuchverfahrensrechtlicher Sicht – noch ungeklärt; dann ist die transmortale Vollmacht im Grundbuchverfahren ohne jede Einschränkung einsetzbar.“).
Dies führt dazu, dass – obwohl es aufgrund des aus der Nachlassakte desselben Amtsgerichts festgestellten Sachverhalts (eigenhändiges Testament zugunsten der Antragstellerin als Alleinerbin, Eröffnung, Annahmeerklärung) nach derzeitigem Stand sehr wahrscheinlich ist, dass die Antragstellerin Alleinerbin wurde, so dass durch den Erbfall ein Zusammenfallen der Personen der Vollmachtnehmerin und des Vollmachtgebers (in Person seiner Alleinerbin) eingetreten sein könnte – diese Erkenntnis grundbuchverfahrensrechtlich nicht verwertbar ist. Vorliegend liegt nämlich kein Nachweis in der Form des § 35 GBO vor, da es laut Nachlassakte nur zwei eigenhändige Testamente gibt.
Die Antragstellerin hat sich hier im Übrigen – anders als in den Fällen, die den Entscheidungen des OLG Hamm (a.a.O.) und OLG München (Beschl. v. 31.8.2016 – 34 Wx 273/16, a.a.O.) zugrunde lagen – bei der Vornahme des Geschäfts nicht (auch) auf ihre Alleinerbenstellung berufen, sondern handelte ausdrücklich ausschließlich als Bevollmächtigte. Es bedarf daher hier keiner Entscheidung, ob solche Äußerungen die Legitimationswirkung der Vollmacht bereits entfallen lassen können, wogegen allerdings spricht, dass es in solchen Fällen dennoch regelmäßig an einem Nachweis der Erbenstellung in grundbuchtauglicher Form fehlen wird.
Der beantragten Eintragung des Eigentümerwechsels steht daher aus Sicht des Senats nichts entgegen.
3.
Die Anweisung zum Vollzug der Urkunde steht unter dem Vorbehalt, dass ihr nicht inzwischen eingetretene Veränderungen des Grundbuchstands entgegenstehen und sich beim Grundbuchamt nicht nachträglich zu anderen, bisher nicht geprüften Punkten Bedenken ergeben (Schmidt-Räntsch in: Meikel, GBO, 11. Auflage, § 77 Rn. 36).
III.
Die Kostenfolge der zulässigen und begründeten Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetz (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG). Für eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die Staatskasse kommt in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligte in Betracht, der bei erfolgreicher Beschwerde die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer auferlegt werden könnten (Demharter, a.a.O., § 77 Rn. 33).
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 46 GNotKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor. Insbesondere steht die Entscheidung nach dem oben Ausgeführten nicht im Widerspruch zu den zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm und München, denen Sachverhalte zugrunde lagen, in denen sich die Verfügenden ausdrücklich (auch) auf ihre Alleinerbenstellung beriefen.