OLG Koblenz – Az.: 2 U 1212/18 – Beschluss vom 12.06.2019
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21.09.2018 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Koblenz und dieser Senatsbeschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf … € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Bauträgervertrages. Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf den Beschluss des Senates vom 23.04.2019 (Bl. 173 – 181 GA) sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
In der Berufungsinstanz beantragt die Beklagte, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21.09.2018 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
1.
Zur Begründung wird auf die vorausgegangenen Hinweise des Senats Bezug genommen. Die von der Beklagten gegen die Auffassung des Senats erhobenen Einwände geben keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Insbesondere sind die Voraussetzungen für eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen nicht gegeben. Denn dafür wäre zunächst erforderlich – worauf der Senat in seinem Beschluss hingewiesen hat – dass die Beklagte darlegt, wer auf Seiten der Beklagten mit wem auf Seiten der Kläger vor Abschluss des notariellen Vertrages über den (kompletten) Wegfall des Treppenhauses zum Dachgeschoss gesprochen hat und was konkret Gegenstand der Vereinbarung gewesen sein soll. Dazu hat die Beklagte trotz Hinweises des Senats auch in ihrer Stellungnahme keine näheren Angaben gemacht. Insoweit sieht der Senat schon keine Verletzung von Hinweispflichten. Abgesehen davon legt die Beklagte nicht dar, welche Hinweise noch zu erteilen gewesen wären und was sie dazu vorgetragen hätte.
2.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, der Kläger habe eine Vereinbarung über den Entfall des Treppenhauses mit seiner E-Mail an den Notar …[A] vom 12.02.2018 eingeräumt. Der Senat hat berücksichtigt, dass der Kläger insbesondere am Ende der E-Mail von einer „vor Beurkundung vereinbarten Änderung“ spricht. Auf den Inhalt der E-Mail ist der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss eingegangen und hat ausgeführt, weshalb er nicht davon auszugehen vermag, dass der Kläger tatsächlich eine Vereinbarung über den Entfall des Treppenhauses bestätigen wollte. Erst recht ist der E-Mail kein Zugeständnis der Nichtigkeit des Vertrages zu entnehmen. Dass der Kläger sich selbst nicht über die Wirksamkeit des Vertrages im Klaren war, folgt bereits daraus, dass er im Betreff seiner E-Mail hinter den Begriff „Nichtigkeit“ mehrere Fragezeichen gesetzt hatte.
Darüber hinaus wird aus dieser E-Mail auch nicht hinreichend deutlich, welche konkrete Einigung bezogen auf einen Entfall des Treppenhauses der Kläger denn hätte bestätigen wollen und ob sein Verständnis einer getroffenen Vereinbarung mit dem Verständnis der Beklagten übereinstimmt. Insoweit könnte der E-Mail allenfalls eine Einigung über den Wegfall des Treppenhauses entnommen werden. Zu etwaigen Auswirkungen auf eine Gegenleistung verhält sich die E-Mail hingegen nicht. Der in der E-Mail enthaltene Hinweis des Klägers darauf, dass die Beklagte nunmehr im Nachhinein einen Mehrpreis fordere, deutet darauf hin, dass der Kläger nicht davon ausgegangen ist, für den Entfall des Treppenhauses eine zusätzliche Vergütung zahlen zu müssen. Dass es eine Einigung mit diesem Inhalt gegeben hat, behauptet die Beklagte aber selbst nicht. Vielmehr hat sie erstinstanzlich dazu vorgetragen, es liege auf der Hand, dass die durch den Wegfall des Treppenhauses nunmehr vorgenommenen umfangreichen Umbaumaßnahmen selbstverständlich nicht kostenneutral erfolgen würden. In diesem Sinne fordert die Beklagte von den Klägern auch die Zahlung einer weitergehenden Vergütung, worauf sie allerdings schon keinen Anspruch gehabt hätte, wenn notariell lediglich der „Entfall des Treppenhauses“ beurkundet worden wäre. Dies legt es nahe, dass von einer einvernehmlichen Änderung – und nicht lediglich von einer noch unverbindlichen Diskussion, wie von den Klägern vorgetragen – in Bezug auf das Treppenhaus nur dann hätte ausgegangen werden können, wenn sich die Parteien auch darüber einig gewesen wären, wie sich der Wegfall des Treppenhauses auf die von den Klägern zu erbringende Gegenleistung auswirkt. Insoweit fehlt es seitens der Beklagten jedoch wie ausgeführt an jeglichem Vortrag dazu, ob und ggfs. was die Parteien im Hinblick auf eine etwaige Gegenleistung verbindlich vereinbart haben. Solange die Beklagte daher nicht den konkreten und gesamten Inhalt der von ihr behaupteten, vor Abschluss des notariellen Vertrages vermeintlich getroffenen Einigung darlegt oder klarstellt, kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger mit seiner E-Mail vom 12.02.2018 eine solche einvernehmlich getroffene Änderung bestätigen wollte. Dies gilt gleichermaßen für die von der Beklagten unter Beweis gestellte Behauptung, der Beklagte habe anlässlich eines gemeinsamen Ortstermins am 02.02.2018 ausdrücklich bestätigt, die Vereinbarung betreffend des Wegfalls des Treppenhauses zum Dachgeschoss sei bereits vor Abschluss des notariellen Bauvertrages getroffen worden. Ohne einen substantiierten Vortrag zu den konkreten Vereinbarungen kann auch nicht beurteilt werden, ob die Parteien eine übereinstimmende Änderung des ursprünglich angedachten Vertrages bereits getroffen hatten, worüber dann möglicherweise Beweis zu erheben wäre, oder ob der Entfall des Treppenhauses lediglich im Gespräch war, eine zu beurkunde Einigung aber noch nicht vorlag.
3.
Abgesehen davon hält der Senat an seinen weiteren Bedenken an dem Zustandekommen einer – zu beurkundenden – Vereinbarung vor Abschluss des notariellen Vertrages fest. Dies gilt insbesondere auch für die E-Mail vom 15.08.2016 (18:07 h), auf die sich die Beklagte maßgeblich stützt. Der Senat verbleibt dabei, dass diese E-Mail unter Berücksichtigung der vorangegangenen Korrespondenz und ihrer Gestaltung nicht dafür spricht, dass mit dieser der Entfall des kompletten Treppenhauses gemeint war und dies so in den notariellen Vertrag mit aufgenommen werden sollte. Dass die Beklagte dies auch nicht gewollt haben kann, folgt daraus, dass sie dann wegen des Entfalls des Treppenhauses keinen Anspruch auf den jetzt von ihr verlangten Mehrpreis gehabt hätte. Das Formgebot des § 311 b Abs. 1 BGB bezieht sich auf alle Abreden, aus denen sich nach dem Willen beider Seiten das schuldrechtliche Geschäft zusammensetzt; es schließt auch zwischen Angebot und Annahme verbindlich vereinbarte Änderungen ein (vgl. Gehrlein in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 4. Auflage 2019, § 311 b Rn. 20). So liegt der Fall hier – wie gezeigt – indessen gerade nicht.
4.
Vorsorglich weist der Senat auf die Anfrage des Beklagtenvertreters darauf hin, dass sich die Anlagen B 17 – B 20 nicht bei den Akten befinden und nicht nachvollzogen werden kann, ob sie überhaupt zur Akte gelangt sind. Von maßgeblicher Bedeutung ist nach dem Vorbringen der Beklagten aber lediglich die mit der Anlage B 20 angesprochene E-Mail. Deren Inhalt hatte die Beklagte bereits erstinstanzlich schriftsätzlich (wörtlich) zitiert und nunmehr vorgelegt. Der Senat hat diese E-Mail – wie sich aus den obigen Ausführungen, sowie den Hinweisen aus dem vorangegangenen Beschluss des Senats vom 23.04.2019 ergibt – somit bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO bestimmt.