OLG München – Az.: 34 Wx 153/14 – Beschluss vom 04.07.2014
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Starnberg – Grundbuchamt – vom 13. Februar 2014 wird verworfen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Zu notarieller Urkunde vom 21.7.1994 teilte der damalige Eigentümer – Beteiligter zu 1 – den Grundbesitz in Wohnungseigentum auf. Beabsichtigt war die Errichtung einer Wohnanlage mit drei Mehrfamilienhäusern (21 Wohneinheiten) sowie Tiefgarage. Er behielt sich das Recht vor, bezüglich jedes einzelnen der im Plan durch farbige Umrandung gekennzeichneten 11 oberirdischen Kfz-Stellplätze Sondernutzungsrechte zu begründen und einem beliebigen Wohnungseigentum zuzuordnen. Weiter heißt es dort (Gebrauchsregelung Abschnitt IV.3.):
Diese Sondernutzungsrechtsbegründung erfolgt hiermit unter der aufschiebenden Bedingung der Zuordnung zu einer oder mehrerer Sondereigentumseinheiten. Die Zuweisung hat spätestens mit Veräußerung der letzten Sondereigentumseinheit zu erfolgen. Erfolgt diese nicht, so verbleiben die dann noch nicht zugewiesenen Flächen im Gemeinschaftseigentum ohne Gebrauchsregelung.
Nach Abschnitt IV.4. (2. Abs. letzter Satz) können Sondernutzungsrechte ganz oder teilweise auf andere Wohnungs- oder Teileigentümer übertragen werden. Gemäß Abschnitt V. bewilligte und beantragte der Eigentümer, die Aufteilung des Grundstücks nach § 8 WEG einschließlich der Begründung der Sondernutzungsrechte gemäß Abschn. IV sowie die als Anlage beigefügte Gemeinschaftsordnung in das Grundbuch einzutragen. Dies hat am 27.4.1995 stattgefunden.
Das gegenständliche Wohnungseigentum wurde vom teilenden Eigentümer veräußert. Im Vertrag vom 27.12.1994 mit der Ersterwerberin – Beteiligte zu 2 – ist mitverkauft das Sondernutzungsrecht an der oberirdischen Stellplatzfläche Nr. 6, welches bei dieser Gelegenheit mit dem Sondereigentum verbunden und wofür der entsprechende Grundbuchvollzug bewilligt und beantragt wurde (Ziff. II a. E.). Nach der am 8.8.1996 erklärten Auflassung blieb beim abschließenden Vollzug gemäß Antrag vom 13.8.1996 das Sondernutzungsrecht unberücksichtigt. Als die derzeitigen Eigentümer ihrerseits die Wohnung mitsamt einem Sondernutzungsrecht an dem oberirdischen Stellplatz Nr. 6 Ende 2013 weiterveräußern wollten, wurde festgestellt, dass ein solches im Grundbuch nicht eingetragen ist.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 13.2.2014 den Eintragungsantrag – soweit noch unerledigt – zurückgewiesen. Dieser sei nicht mehr vollziehbar, nachdem die letzte dem teilenden Eigentümer gehörende Einheit am 20.10.2003 veräußert worden sei. Das Sondernutzungsrecht sei mit Zuweisung zwar entstanden; könne jedoch mangels Eintragung gegenüber Sondernachfolgern keine Wirkung entfalten. Am 28.11.2005 habe der erste Erwerb durch einen anderen Eigentümer stattgefunden. Diesem gegenüber sei das nicht eingetragene Sondernutzungsrecht unwirksam. Seitdem hätten mehrere Eigentumsänderungen und Belastungen in der Anlage stattgefunden. Die betreffende Zuweisung durch den teilenden Eigentümer hätte aber spätestens mit der letzten Veräußerung im Grundbuch eingetragen sein müssen. Die nachträgliche Eintragung eines allenfalls rein schuldrechtlichen, frei veräußerbaren Sondernutzungsrechts bedürfe der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer und sonstiger Berechtigter mit Ausnahme des jeweils begünstigten Sonder- oder Teileigentums.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde, die der Rechtsnachfolger des damals beurkundenden Notars eingelegt hat. Dieser meint, die Voraussetzungen für die wirksame Entstehung des Sondernutzungsrechts seien erfüllt; einer – ohnehin nicht konstitutiven – Eintragung des Rechts im Grundbuch habe es nicht bedurft. Die Befugnis zur Zuweisung habe im fraglichen Zeitpunkt (Ende 1994) vorgelegen. Die betreffenden Rechte seien damit entstanden.
Die Vereinbarung sei bereits mit Vollzug der Teilungserklärung Inhalt des Grundbuchs geworden, worauf dort Bezug genommen werde. Das Bestandsverzeichnis weise dies allerdings nicht aus. Es komme ein ergänzender Vermerk in Betracht. Auch wenn nach der Rechtsprechung in der Regel kein Anspruch auf ausdrückliche Verlautbarung bestehe, so sei eine Buchung hier aber vorzunehmen, schon um Missverständnissen vorzubeugen, nachdem bei anderen Einheiten in der Anlage Sondernutzungsrechte im Bestandsverzeichnis verbucht seien. Dazu bedürfe es auch keiner Zustimmung der anderen Wohnungs- und Teileigentümer. Denn die Zuweisung sei von Anfang an latent erfolgt.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Selbst wenn Sondernutzungsrechte schon ursprünglich eingetragen gewesen seien, ergäben die Ausführungen der Beschwerde nichts zur Notwendigkeit, später die Zuweisung einzutragen.
II.
Das Rechtsmittel ist erfolglos.
1. Gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrags, eine Sachentscheidung des Grundbuchamts, ist die – unbefristete – Beschwerde der statthafte Rechtsbehelf (§ 71 Abs. 1 GBO). Eingelegt ist die Beschwerde von dem Amtsnachfolger des damaligen Urkundsnotars für die seinerzeit Antragsberechtigten (siehe § 15 Abs. 2 GBO; Demharter GBO 29. Aufl. § 15 Rn. 20). Die Beschwerdeberechtigung im Antragsverfahren deckt sich mit der Antragsberechtigung (Demharter § 71 Rn. 57 und 63). Sie muss (noch) im Zeitpunkt über die Entscheidung der Beschwerde gegeben sein (Demharter § 71 Rn. 66; auch Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 222). § 878 BGB hilft hier nicht (Senat vom 2.10.2008, 34 Wx 33/08 = FGPrax 2009,12/13; BayObLGZ 1969, 284/289; Palandt/Bassenge BGB 73. Aufl. § 878 Rn. 2). Es genügte auch nicht, wenn aus dem Vertrag von 1996 noch schuldrechtliche Verpflichtungen zur Herbeiführung des Grundbuchvollzugs beständen (BayObLG a. a. O.).
Das Grundbuch weist aktuell keinen der seinerzeitigen Antragsberechtigten als Rechtsinhaber aus. Für einen Fall der Verfahrensstandschaft jener an der Beurkundung vom 8.8.1996 (Antrag vom 13.8.1996) beteiligten Personen ist nichts ersichtlich.
Für die aktuellen, bereits seit 3.1.2007 eingetragenen Eigentümer als Berechtigten ist ein Rechtsmittel nicht eingelegt.
2. Das Rechtsmittel bliebe aber auch in der Sache jedenfalls insoweit erfolglos, als die begehrte Eintragung an der bislang fehlenden Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und sonstigen dinglich Berechtigten scheitert.
Mit Eintragungsanträgen der bezeichneten Art hatte sich der Senat in jüngster Zeit wiederholt zu befassen. Er hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 11.6.2014 (34 Wx 172/14 zur Veröffentlichung vorgesehen in juris) ausgeführt:
Es ist nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, dass zu der Wohnung … auch das beschriebene Sondernutzungsrecht gehört. Das Grundbuchamt lässt deshalb zu Recht die Eintragung an der fehlenden Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer und dinglich Berechtigten scheitern. …
a) Das Sondernutzungsrecht als Form der Gebrauchsregelung gemeinschaftlichen Eigentums (§ 15 Abs. 1 WEG) kann im Grundbuch eingetragen werden (vgl. § 10 Abs. 3 WEG). Zu dessen Wirksamkeit muss es dies aber nicht. Eine derartige Gebrauchsregelung lag hier mit der Zuweisung der fraglichen Garagenfläche … vor.
b) Der Eigentümer kann das seinem Sondereigentum zugewiesene Recht „isoliert“, auch ohne dass dies im Grundbuch verlautbart werden müsste, durch Abtretung nach § 398 BGB an ein anderes Mitglied der Gemeinschaft übertragen (h.M.; vgl. Senat vom 11.5.2012, 34 Wx 137/12 = NJW-RR = 2013, 135, vom 18.4.2013, 34 Wx 363/12 = Rpfleger 2013, 514, vom 27.5.2014, 34 Wx 149/14; Bärmann/Klein WEG 12. Aufl. § 13 Rn. 121; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten WEG § 13 Rn. 35; Riecke in Riecke/Schmid WEG 3. Aufl. Anhang zu § 13 Rn. 164; Böttcher ZNotP 2014, 47/56).
Die Übertragung des Sondereigentums führt auch grundsätzlich – ohne dass die Abtretung im Vertrag ausdrücklich verlautbart sein müsste (vgl. OLG Hamm FGPrax 1998, 175; OLG Schleswig FGPrax 1996, 56; Hügel/Kral GBO 2. Aufl. Wohnungseigentum Rn. 140) – zum Übergang des schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts nach § 746 BGB (a. A. Bärmann/Klein § 13 Rn. 122).
c) Dazu kommt es aber nicht, wenn der jeweilige Voreigentümer das Sondernutzungsrecht ganz oder teilweise auf andere Miteigentümer übertragen hatte. Denn dann stand das Recht einem anderen Wohnungseigentümer als gerade dem hiesigen Rechtsvorgänger im Eigentum der Beteiligten zu. Da sich der Vorgang außerhalb des Grundbuchs abspielt, ist dessen Publizität insoweit eingeschränkt.
Mangels bisheriger Eintragung (vgl. § 10 Abs. 3 WEG) spricht deshalb auch keine Vermutung (§ 891 BGB) für die Zugehörigkeit des – einmal zugewiesenen – Sondernutzungsrechts an dem Garagenstellplatz gerade zum gegenständlichen Wohnungseigentum, eben weil das Recht zwischen den Wohnungseigentümern ein und derselben Gemeinschaft regelmäßig ohne Mitwirkung der anderen außerhalb des Grundbuchs wirksam übertragen werden kann. Es ist weder auszuschließen noch gänzlich unwahrscheinlich, dass dies in der Vergangenheit auch geschehen ist. Das Grundbuch verlautbart bislang eine Zuordnung des Sondernutzungsrechts zu einem Sondereigentum nicht, so dass für die begehrte Buchung des Rechts bei der Wohnung … der Beteiligten die verfahrensrechtliche Mitwirkung aller Miteigentümer notwendig ist. Es steht nämlich nach der erstmaligen Zuweisung … nicht fest, ob und gegebenenfalls an wen das Sondernutzungsrecht abgetreten wurde. Ebenso bedarf es zur Buchung des bis jetzt lediglich „schuldrechtlichen“ Sondernutzungsrechts der Zustimmung der Gläubiger nach Maßgabe von § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG.
d) Eine abgeschwächte Form des Nachweises, dass das Recht (noch immer) zur ursprünglichen Wohneinheit gehört, zum Beispiel durch eidesstattliche Versicherung, ist im Eintragungsverfahren grundsätzlich unzulässig (Demharter § 29 Rn. 23). … Offenkundigkeit im grundbuchrechtlichen Sinne, also das Vorhandensein eines Umstands, den das Grundbuchamt so sicher erfahren hat, dass ein Zweifel ausgeschlossen ist (KG JfG 20, 217/220; Demharter § 29 Rn. 60), kann nicht bejaht werden. Es lässt sich, …, keineswegs ausschließen, dass … einer der Rechtsvorgänger das Stellplatzrecht, etwa mangels Eigenbedarfs, auf einen Miteigentümer übertragen hat. …
Die vorliegende Sache wäre nicht anders zu würdigen. Es ließe sich nämlich nicht ausschließen, dass es unter den Eigentümern der aus 21 Wohnungen bestehenden Anlage in den vergangenen nahezu zwei Jahrzehnten zu Übertragungen oder zum Tausch von Stellplätzen gekommen ist. Dass die Verhältnisse seit der Zuweisung unverändert geblieben wären, steht demnach weder fest noch erscheint dies gänzlich unwahrscheinlich. Die in der Beschwerde angestellten Überlegungen würden zu keinem anderen Ergebnis führen: der Mangel liegt nicht in der Wirksamkeit der – erstmaligen – Zuweisung, sondern im Nachweis, dass das zugewiesene Recht noch mit demselben Sondereigentum verbunden ist. Eine entsprechende Eintragung im Grundbuch fehlt bisher, so dass ein Klarstellungsvermerk ausscheidet. Die Eintragung beim gegenständlichen Wohnungseigentum könnte demnach nur vorgenommen werden, wenn alle in Betracht kommenden Inhaber von Rechten entsprechend § 19 GBO zustimmen (siehe auch OLG Zweibrücken vom 1.7.2013, 3 W 22/13 bei juris).
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich; diese hat schon von Gesetzes wegen (§ 22 GNotKG) der Veranlasser des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
4. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 79 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 i. V. m. §§ 46, 49 Abs. 1 GNotKG.
5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die auf anerkannten Nachweisgrundsätzen beruht.