Nießbrauch und Nießbrauchrecht – Nutzen und Funktion
In der gängigen Praxis kommt es nicht selten vor, dass ein Eigentümer einer bestimmten Sache oder einer Immobilie das Eigentum an der Sache auf eine andere Person überträgt und die Sache bzw. Immobilie trotzdem noch weiter nutzen darf. Dies ist in Verbindung mit einem Nießbrauchrecht durchaus möglich, allerdings ist vielen Menschen der genaue rechtliche Hintergrund sowie auch die Funktionsweise von dem Nießbrauchrecht nicht bekannt.
Das Nießbrauchrecht wird seitens des Eigentümers gegenüber einer anderen Person angewandt. Durch die Übertragung werden im Fall einer Immobile die Rechte des Bewohnens sowie der wirtschaftlichen Nutzung übertragen. In der Regel behält sich der Eigentümer jedoch ein sogenanntes Verfügungsrecht vor, sodass der Nießbrauchrechtnehmer (auch Nutznießer genannt) die Immobilie künftig nutzen sowie die Gewinne aus der Immobilie heraus beziehen darf. Ein Verkauf der Immobile durch den Nutznießer ist jedoch nicht möglich.
Die rechtliche Bedeutung des Nießbrauchs
Die gesetzliche Grundlage für das Nießbrauchrecht findet sich in dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wieder. Das BGB unterscheidet jedoch grundsätzlich zwischen dem Nießbrauch an Gegenständen, welches in den §§ 1030 – 1067 BGB geregelt ist, und dem Nießbrauch an Rechten, welches in den §§ 1068 – 1084 BGB gegelt ist, sowie dem Nießbrauch an Vermögen, welches in den §§ 1085 – 1089 BGB geregelt ist.
Als häufigste Form findet sich in der gängigen Praxis das Nießbrauch in Verbindung mit Immobilien wieder. Durch das Nießbrauch wird einer bestimmten Person oder bestimmten Personen das Recht auf die Wohnnutzung owie der wirtschaftlichen Nutzung der Immobilie eingeräumt. In Verbindung mit einem sogenannten Vorbehaltsnießbrauch kann der ursprüngliche Eigentümer der Immobilie die Immobilie auch weiterhin nutzen, obgleich er rechtlich betrachtet die Rechte an der Immobilie nicht mehr innehat.
Die Rechte an der Immobilie werden übertragen. Aufgrund des Verfügungsrechts jedoch kann der ursprüngliche Eigentümer die Immobilie bis zu seinem Lebensende weiter nutzen und muss keinen vorzeitigen Verkauf der Immobilie befürchten. Der ursprüngliche Eigentümer wird somit zu dem Nießbraucher.
Das BGB besagt, dass durch einen Nießbrauch an sich keinerlei Übertragung des Eigentums stattfindet. Es handelt es sich rechtlich betrachtet lediglich um eine Übertragung der Rechte sowie der sogenannten Fruchtziehung. Ein derartiger Nießbrauch muss sich dabei nicht einmal zwingend auf die Immobilie als Ganzes beziehen, es ist auch ein sogenannter Teilnießbrauch rechtlich möglich. In derartigen Fällen würde sich der Nießbrauch lediglich auf einen festgelegten Teil der Immobilie beziehen. Rechtlich betrachtet handelt es sich dabei um den sogenannten Bruchteilsnießbrauch.
Der Nießbrauch bedarf zwingend eines Vertrages, der notariell beglaubigt werden muss. Überdies wird ein Nießbrauch auch in dem Grundbuch eingetragen, sodass es sich um eine Belastung der Immobilie handelt.
Der Unterschied zu dem Wohnrecht
In der gängigen Praxis kommt es sehr häufig zu einer Verwechslung zwischen dem Nießbrauchrecht und dem Wohnrecht. Zwar haben diese beiden Rechte durchaus ihre Gemeinsamkeiten, sie gelten beide immerhin als eine Immobilienbelastung, es gibt jedoch gravierende Unterschiede. Der Hauptunterschied liegt in dem Umstand, dass der Inhaber eines Wohnrechts aus der Immobilie heraus keinerlei wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann. Die sogenannte Fruchtziehung ist lediglich in Verbindung mit einem Nießbrauchrecht möglich.
Individuell anpassbar
Es ist durchaus möglich, ein Nießbrauchrecht individuell an die jeweiligen Lebensumstände anzupassen. Der Gesetzgeber kennt diesbezüglich auch unterschiedliche Formen von dem Nießbrauchrecht.
Die verschiedenen Arten im Überblick
- Zuwendungsnießbrauch (die Immobilie wechselt ausdrücklich nicht den Eigentümer)
- der entgeltliche Zuwendungsnießbrauch (der Nutznießer zahlt ein Entgelt an den Eigentümer)
- der unentgeltliche Zuwendungsnießbrauch (es wird kein Entgelt für den Nießbrauch gezahlt)
- der teilentgeltliche Zuwendungsnießbrauch
- der Vorbehaltsnießbrauch (es erfolgt eine Eigentumsübertragung der Immobilie im Gegenzug zu dem Nießbrauch)
- der nachrangige Nießbrauch
- der Quotennießbrauch
Welche Rechte sowie Pflichten gehen mit dem Nießbrauch einher
Gem. BGB ist es möglich, die jeweiligen Rechte sowie Pflichten des Eigentümers sowie des Nutznießers individuell an die jeweiligen Lebensumstände anzupassen. Der Nießbrauchvertrag unterliegt ausdrücklich der Vertragsfreiheit. Es gibt jedoch seitens des Gesetzgebers durchaus festgelegte Rechte und Pflichten, welche sowohl für den Eigentümer als auch für den Nutznießer unabhängig von der vertraglichen Regelung gelten.
Der Nießbraucher hat sowohl das Recht auf die Fruchtziehung der Immobilie als auch das Recht auf die umfassende Nutzung. Ihm obliegt die sogenannte Verfügungsgewalt, welche sich auf sämtliche Erträge der Immobilie bezieht. Sollte das Nießbrauchrecht verletzt werden hat der Nießbraucher auch einen Anspruch auf Schadensersatz. Im Gegenzug besteht jedoch für den Nießbraucher die Verpflichtung, die entsprechende Immobilie in ihrem Zustand zu erhalten sowie sie zu versichern und zu bewirtschaften. Überdies müssen die sogenannten gewöhnlichen Lasten in Form der Grundsteuer durch den Nießbraucher getragen werden.
Sollte sich trotz einer ordnungsgemäßen Nutzung und Bewirtschaftung an dem Objekt eine Verschlechterung einstellen, so hat der Nießbraucher nicht die Verpflichtung, dafür aufzukommen. Auch Modernisierungsmaßnahmen müssen seitens des Nießbrauchers nicht getragen werden.
Der Nießbraucher ist nicht dazu berechtigt, eine Umgestaltung oder Veränderung der Immobilie herbeizuführen. Sollten Ausbesserungen zwingend notwendig werden oder eine Beschädigung der Immobilie vorliegen, so muss der Nießbraucher diesen Umstand dem Eigentümer unverzüglich melden.
Ein Eigentümer hat die Berechtigung, den Nießbrauchvertrag zu beschränken. Dieses Recht muss dem Eigentümer jedoch ausdrücklich zu dem Zeitpunkt der Bestellung eines Nießbrauchs eingeräumt werden. Der Eigentümer hat zudem das sogenannte Verfügungsrecht der Immobilie und kann diese auch veräußern. Sollte es zu einer Veräußerung der Immobilie kommen führt dies jedoch nicht zu einem Erlöschen des Nießbrauchs. Dieses Recht bleibt solange als Belastung der Immobilie bestehen, bis es aus dem Grundbuch herausgelöscht wird.
Für den Eigentümer besteht die Verpflichtung, die außergewöhnlichen Unterhaltskosten für die Immobilie zu tragen. Diese außergewöhnlichen Unterhaltskosten können sich als Modernisierungskosten oder Kosten für die Elektroanlage bzw. Heizung darstellen. Sollte ein Eigentümer dieser Verpflichtung nicht nachkommen, so gilt dies als Verletzung des Nießbrauchs und der Eigentümer ist gegenüber dem Nießbraucher zur Ableistung von Schadensersatz verpflichtet.
Ein Nießbrauch bleibt auch dann bestehen, wenn ein Eigentümer einer Immobilie verstirbt und die Immobilie im Zuge des Erbrechts auf einen anderen Eigentümer übertragen wird. In derartigen Fällen übernimmt der neue Eigentümer die Immobilie mit der Belastung und muss sich mit dem Nutznießer entsprechend einigen. Der Nießbrauchvertrag kann lediglich in Verbindung mit einer einvernehmlichen Einigung des Eigentümers und des Nutznießers beendet werden. Dies kann durch eine simple Kündigung des Vertrages als auch durch einen Aufhebungsvertrag geschehen. Gründe für einen derartigen Aufhebungsvertrag kann es in der gängigen Praxis durchaus viele geben. Sei es, dass der neue Eigentümer kein Interesse an der Immobilie hat und diese veräußern möchte oder weil der Nutznießer selbst eine Veränderung wünscht – viele Konstellationen sind denkbar.
Problematiken bei dem Verkauf der Immobilie
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass eine Immobilie mit einem Nießbrauch sich auf dem Markt erheblich schwerer verkaufen lässt. Die Belastung mit einem Nießbrauch vermindert den Wert einer Immobilie, sodass die Löschung des Nießbrauchs vor dem geplanten Verkauf auf jeden Fall ratsam ist. Mitunter ist es durchaus möglich, eine gute zwischenmenschliche Kommunikation zwischen dem Nutznießer und dem Eigentümer herzustellen und auf diese Weise zu einer Einigung zu kommen. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen eine derartige gute Kommunikation nicht möglich ist. In derartigen Fällen wäre der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt, welcher die Kommunikation mit dem Nutznießer herstellt, auf jeden Fall ratsam. Nicht selten handelt es sich dabei sogar um eine Familienangelegenheit, welche nur in Verbindung mit einem Rechtsanwalt gelöst werden kann.
Das Nießbrauchrecht ist durchaus sinnvoll, es kann jedoch in gewissen Situationen auch zu Spannungen führen. Aus diesem Grund sollte sich jeder Eigentümer einer Immobilie im Vorfeld sehr genau überlegen, ob ein derartiges Recht überhaupt erforderlich ist oder ob es nicht auch anderweitige Lösungen gibt. Auch hierbei kann ein erfahrener Rechtsanwalt sehr gute Beratungsdienste leisten.