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Schenkungsrecht: Widerruf wegen groben Undanks

Undank ist der Welten Lohn. Dieses Sprichwort ist wahrlich so alt wie die Menschheit selbst und bewahrheitet sich immer wieder aufs Neue. Sicherlich ist der Gedankengang richtig, dass diejenige Person, welche einer anderen Person ein Geschenk macht, hierfür keine Gegenleistung erwartet. Ein gewisses Verhalten der Dankbarkeit darf jedoch trotzdem erwartet werden. Wenn die beschenkte Person jedoch groben Undank zeigt, ist es auch möglich, das Geschenk zu widerrufen.

Schenkung widerufen

Eine Schenkung kann wegen groben Undanks gemäß § 530 BGB widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers schuldig gemacht hat. Eine schwere Verfehlung liegt vor, wenn der Beschenkte durch sein Verhalten den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers in besonderer Weise verletzt oder geschädigt hat oder eine solche Verletzung oder Schädigung unmittelbar bevorsteht. Dabei müssen sowohl objektive als auch subjektive Voraussetzungen vorliegen. Die objektive Voraussetzung ist eine schwere Verfehlung des Beschenkten, während die subjektive Voraussetzung ein schuldhaftes Verhalten des Beschenkten darstellt. Der Widerruf muss innerhalb einer angemessenen Frist erklärt werden, die von den Umständen des Einzelfalls abhängt.

In Deutschland hat sich jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage des Widerrufs wegen groben Undank beschäftigt und ein Urteil gesprochen. Der Widerruf eines Geschenks aufgrund von grobem Undank ist laut Ansicht des BGH rechtens.

Der zugrundeliegende Fall

Schenkung widerrufen
Das Schenkungsrecht ermöglicht es einem Schenker, eine Schenkung zu widerrufen, wenn der Beschenkte grob undankbar ist. Ein grober Undank liegt vor, wenn der Beschenkte sich gegenüber dem Schenker unangemessen verhält, z.B. durch Verleumdung, Bedrohung oder körperliche Gewalt. (Symbolfoto: Agenturfotografin/Shutterstock.com)

Eine Frau hat einer anderen Person ein Grundstück geschenkt und dieses Geschenk später ohne eine Angabe von Gründen widerrufen. Dies wollte die beschenkte Person so in dieser Form nicht hinnehmen, weswegen die Gerichte mit dem Fall bemüht wurden. Dieser Fall wurde letztlich dem BGH zur finalen höchstrichterlichen Entscheidung vorgelegt. Die Richter am BGH stellten fest, dass es bei einem Widerruf einer Schenkung aufgrund von groben Undanks ausdrücklich keiner Begründung bedarf (vgl. Urteil des BGH v. 11.10.2022, Aktenzeichen X ZR 42/20). Damit wurde die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt /Main vom 27.12.2019 (Aktenzeichen 8 U 142/13) durch den BGH aufgehoben.

Die Entscheidungsbegründung des BGH

Der BGH vertrat die Auffassung, dass im Fall eines begründungspflichtigen Widerrufs ein Widerspruch zu dem gesetzlich vorgesehenen Regelungskonzept des Schenkungsrechts gegeben wäre. Das Regelungskonzept an sich schütz die beschenkte Person zwar nicht formell, allerdings durch gewisse Wirksamkeitsanforderungen, die an den Schenkungswiderruf geknüpft sind. Diese Frage war bislang in der juristischen Fachwelt überaus umstritten. Die ursprüngliche Klägerin als schenkende Person, welche im Verlauf des Verfahrens zu der Beklagten wurde, ist mittlerweile verstorben und wird die Auswirkungen der BGH-Entscheidung nicht mehr zur Kenntnis nehmen können. Die Entscheidung des BGH hat jedoch Signalwirkung auf das deutsche Schenkungsrecht. Da die Schenkerin das Grundstück an die beschenkte Person mit der Prämisse eines lebenslangen Nießbrauchrechts übertragen und sich die ganze Angelegenheit durch das Verhalten der beschenkten Person in eine, für die schenkende Person, vollständig unerwünschte Richtung, entwickelt hatte, musste letztlich der BGH die höchstrichterliche Entscheidung treffen. Sie klagte zwischenzeitig auf den Widerruf der Schenkung und erfuhr vor dem OLG Frankfurt /Main diesbezüglich eine Ablehnung.

Das OLG Frankfurt /Main leitete den Fall weiter

Vor dem BGH wurde festgestellt, dass die Begründungspflicht im Zusammenhang mit dem Schenkungswiderruf als ungeklärte rechtliche Frage anzusehen sei. In diesem Punkt folgte der BGH der Sichtweise des OLG Frankfurt /Main ausdrücklich nicht. Dem reinen Grundsatz nach ist das Begründungserfordernis zwar ein fester Bestandteil der juristischen Fachliteratur, allerdings ist diese Frage in der Fachliteratur nicht abschließend einheitlich geklärt. Der X. Zivilsenat hat sich in der Vergangenheit bereits häufiger mit dieser Frage beschäftigt und sie nicht abschließend klären können (vgl. Urteil vom 22.10.2019, Aktenzeichen X ZR 48/17). In diesem Urteil wurde die Frage aufgrund der mangelnden Entscheidungserheblichkeit nicht geklärt.

Das sagt der Gesetzgeber

Maßgeblich für die Begründung des Widerrufs einer Schenkung der § 530 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser Paragraf sieht das Erfordernis einer Begründung dem reinen Grundsatz nach überhaupt nicht vor. Es gibt jedoch zahlreiche gegenteilige Auffassungen in der juristischen Fachwelt, welche insbesondere auf die für die beschenkte Person als gravierend anzusehenden Konsequenzen eines Schenkungswiderrufs hinweisen und dementsprechend in dem § 530 BGB sehr wohl einen zwingend erforderlichen Widerrufsgrund sehen. Zudem ist auch die Frage der Widerrufsfrist gem. § 532 BGB maßgeblich entscheidend. Diese Sichtweise wird jedoch von dem BGH in dieser Form nicht geteilt. Der BGH vertritt vielmehr die Auffassung, dass ein Schutz der beschenkten Person durch die eng festgelegten subjektiven sowie objektiven Voraussetzungen für den Schenkungswiderruf bereits als hinreichend gegeben anzusehen ist.

Ein Schenkungswiderruf hat lediglich dann eine hinreichende Erfolgsaussicht, wenn die schenkende Person das Vorliegen eben jener objektiven sowie subjektiven Widerrufsvoraussetzungen gerichtlich glaubhaft beweisen kann.

Grober Undank ist an sehr enge Voraussetzungen geknüpft

Die Rahmenrichtlinien im Zusammenhang mit dem groben Undank wurden in der Vergangenheit bereits auf höchstrichterlicher Ebene geklärt und auch in dem zugrundeliegenden Fall zur Anwendung gebracht. Im Sinne des § 530 BGB ist der grobe Undank auf der objektiven Ebene nur im Kontext der Verfehlung von der beschenkten Person denkbar, wobei diese Verfehlung eine gewisse Schwere aufweisen muss. Auf der subjektiven Ebene setzt der grobe Undank eine Verfehlung der beschenkten Person im Zusammenhang mit dem Ausdruck der Gesinnung von der beschenkten Person voraus. Diese Verfehlung bezieht sich auf den Ausdruck der Dankbarkeit.

Lässt die beschenkte Person in einem ganz erheblichen Ausmaß den Ausdruck der Dankbarkeit vermissen, so kann von einem groben Undank ausgegangen werden. Maßgeblich hierfür ist jedoch die Form der Dankbarkeit, welche eine schenkende Person als Resultat aus dem Geschenk heraus erwarten kann.

Das Begründungserfordernis ist laut Ansicht des BGH nicht gegeben

Auf der Maßgabe der vorherigen Gerichtsurteile sowie der geltenden Rechtsprechung konnte der BGH kein Begründungserfordernis für den Schenkungswiderruf erkennen. Der Vergleich mit dem § 626 BGB macht dies auch deutlich. In dem § 626 BGB wird die Dienstvertragskündigung auf fristloser Basis geregelt. Auch für diesen Schritt, der sich aus dem Verhalten des anderen Vertragspartners heraus ergibt, ist gem. der ständigen Rechtsprechung die Begründung als nicht maßgeblich anzusehen. Dies sei, laut Sichtweise des BGH, durchaus mit der aktuellen Problematik des Begründungserfordernisses im Zusammenhang mit dem Schenkungswiderruf vergleichbar.

Die Vorinstanz muss erneut entscheiden

Der Fall wurde nunmehr von dem BGH wieder an das zuvor zuständige OLG Frankfurt /Main zurückgesandt. Das OLG muss dementsprechend jetzt eine erneute Entscheidung treffen und dabei die Rechtsauffassung des BGH berücksichtigen. Der BGH verwies auch darauf, dass gem. § 561 Zivilprozessordnung (ZPO) die Entscheidung des OLG nicht korrekt gewesen ist. Das OLG hatte bei diesem Fall den groben Undank im Vorwege rein vorsorglich verneint, was laut Sichtweise des BGH so in dieser Form nicht tragfähig ist. Es wurden vielmehr gewisse gravierende Aspekte des Falls von dem OLG nicht berücksichtigt, welche jedoch für die Entscheidungsfindung überaus relevant gewesen wären. Der Fall wird dementsprechend aktuell vor dem OLG Frankfurt /Main neu verhandelt. Dies wird allerdings ohne die schenkende Person stattfinden.

Grober Undank ist schwer definierbar

Es ist sehr stark davon auszugehen, dass die Frage des Schenkungswiderrufs ohne Begründung auch künftig noch die Gerichte in Deutschland beschäftigen wird. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass sich die groben Bemessungskriterien im Hinblick auf den groben Undank nicht genau erfassen lassen. Sowohl die objektive als auch die subjektive Anforderung an den groben Undank sind hierfür zu allgemein gefasst. Zwar muss der Umstand als korrekt anzusehen sein, dass eine schenkende Person das Geschenk an sich aus dem Gedanken des „Freude bereitens“ durchführt und dementsprechend eine Gegenleistung von der beschenkten Person auch nicht erwartet wird, allerdings sollte das Verhalten der beschenkten Person auch angemessen sein. Hierbei streiten sich jedoch die Geister, welches Verhalten denn als angemessen gilt und in welchem Ausmaß die schenkende Person von der beschenkten Person einen Dank erwarten darf. Dies ist letztlich auf der menschlichen Ebene vollständig unterschiedlich gehalten. So manch ein Mensch zeigt seine Freude über ein Geschenk auf die ihm ureigene Weise, welche von der Art der schenkenden Person abweichen kann. Hier letztlich eine Gradlinie zwischen einem normalen Verhalten und dem groben Undank zu ziehen dürfte sich auch zukünftig, trotz der Entscheidung des BGH, als überaus schwierig erweisen und wird wohl nicht abschließend möglich sein.

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