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Bestellung beschränkte persönliche Dienstbarkeit – Vormerkungseintragung

OLG München – Az.: 34 Wx 399/15 – Beschluss vom 06.04.2016

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Aichach – Grundbuchamt – vom 12. November 2015 aufgehoben.

II. Das Amtsgericht Aichach – Grundbuchamt – wird angewiesen, den Eintragungsantrag vom 9. Oktober 2015 nicht wegen fehlender Eintragungsfähigkeit des Inhalts der notariellen Urkunde vom 24. September 2015 (zwei Vormerkungen zur Sicherung zweier Dienstbarkeitsbestellungsansprüche gemäß Abschnitt III.) zurückzuweisen.

Gründe

I.

Der Berechtigte ist Eigentümer von Grundbesitz. Er beabsichtigt, hierauf eine fremdfinanzierte Photovoltaikanlage zu betreiben und die Einspeisevergütung zur Kreditsicherung einzusetzen. Zur Absicherung eines dauerhaft ungehinderten Anlagenbetriebs traf er zu notarieller Urkunde vom 24.9.2015 folgende Regelung:

In Abschnitt II. der Urkunde bewilligte er zu seinen Gunsten eine beschränkte persönliche (Eigentümer-)Dienstbarkeit in Form eines Errichtungs-, Betriebs- und Nutzungsrechts für die auf dem Grundstück bzw. auf dem Dach des auf dem Grundstück gelegenen Gebäudes installierte bzw. zu installierende Photovoltaikanlage einschließlich aller Nebeneinrichtungen. Die Ausübung der Dienstbarkeit soll der Berechtigte Dritten überlassen dürfen.

Gemäß Abschnitt III. der Urkunde verpflichtete sich der Beteiligte gegenüber einer namentlich bezeichneten Sparkasse, dieser oder ihrem Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger das gleiche Recht einzuräumen und die gleiche Dienstbarkeit zu bestellen, wie in Abschnitt II. bewilligt, falls die Sparkasse oder ihr Rechtsnachfolger den Anlagenbetrieb übernimmt (Ziffer 1. a)). Darüber hinaus verpflichtete er sich gegenüber der bezeichneten Sparkasse mit unmittelbarer Drittwirkung für den Fall, dass diese einen Dritten benennt, der den Betrieb der Photovoltaikanlage übernimmt, dem jeweiligen Übernehmer sowie dessen Gesamt- und Einzelrechtsnachfolgern das gleiche Recht einzuräumen und die gleiche Dienstbarkeit zu bestellen (Ziffer 1. b)). Die in Ziffern 1. a) und 1. b) jeweils übernommene Verpflichtung soll für beliebig viele Fälle der Rechtsnachfolge gelten.

Der Beteiligte bewilligte die Eintragung je einer Vormerkung zugunsten der Sparkasse zur Sicherung des Dienstbarkeitsbestellungsanspruchs aus Ziffer 1. a) einerseits und aus Ziffer 1. b) andererseits.

Über den Urkundsnotar hat der Beteiligte am 9.10.2015 den Vollzug der Urkunde beantragt.

Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 12.11.2015 zurückgewiesen. Die in Abschnitt III. begründeten Bestellungsansprüche könnten nicht mit nur zwei Vormerkungen gesichert werden, denn eine Vormerkung könne nicht beliebig viele Rechtsnachfolgen abdecken. Weil es erforderlich sei, für jeden Anspruch eine gesonderte Vormerkung einzutragen, sei der diesbezügliche Inhalt der Urkunde nicht eintragungsfähig. Das habe die Zurückweisung sämtlicher im Verbund gestellten Eintragungsanträge zur Folge.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit der Beschwerde, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.

II.

Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags hat in der Sache Erfolg, denn das angenommene Eintragungshindernis besteht nicht.

1. Nicht zu beanstanden ist der rechtliche Ausgangspunkt, wonach mehrere materiell-rechtliche Ansprüche nur durch ebenso viele Vormerkungen sicherbar sind (vgl. BayObLG NJW-RR 2003, 450; Rpfleger 2002, 135; 1999, 529; Demharter GBO 29. Aufl. Anh. zu § 44 Rn. 108; Giehl MittBayNot 2002, 158).

2. In Abschnitt III. der Urkunde wurde allerdings unter 1. a) einerseits und 1. b) andererseits (nur) je ein schuldrechtlicher Anspruch auf Dienstbarkeitseinräumung begründet, der jeweils mittels einer einzigen Vormerkung gesichert werden kann.

a) Im Zusammenhang mit Herstellung und Betrieb von Energiegewinnungsanlagen wie z. B. Photovoltaikanlagen besteht regelmäßig mit Blick auf den erheblichen finanziellen Investitionsaufwand und die damit korrespondierende lange Amortisationsdauer ein praktisches Bedürfnis, das Nutzungsrecht zugunsten mehrerer Sukzessivberechtigter und etwaiger dritter Betreiber einschließlich deren Rechtsnachfolger abzusichern (vgl. Klühs RNotZ 2012, 28 f.).

aa) Nach herrschender Meinung kann sich der Grundstückseigentümer schuldrechtlich gegenüber seinem Vertragspartner (in der Regel dem ersten Anlagenbetreiber oder der die Anlage finanzierenden Bank) verpflichten, nacheinander diesem und dessen Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolgern eine jeweils inhaltsgleiche beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1090 Abs. 1 BGB zu bestellen (Hügel/Kral GBO 3. Aufl. § 44 Rn. 15; Keller MittBayNot 2012, 446; ders. ZfIR 2011, 705/707; Böttcher NJW 2012, 822/825 f.).

Ein derartiger Dienstbarkeitsbestellungsanspruch des Vertragsgläubigers lässt sich durch eine (einzige) Vormerkung (§ 883 Abs. 1 BGB) im Grundbuch absichern (BGHZ 28, 99/103; Senat vom 18.4.2012, 34 Wx 35/12 = MittBayNot 2012, 466; OLG München – 27. Zivilsenat – MittBayNot 2011, 231; OLG Hamm FGPrax 2012, 192; vgl. auch KG DNotZ 1937, 330/331; Meikel/Morvilius GBO 11. Aufl. Einl B Rn. 19; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 261a mit 261f; Keller ZfIR 2011, 705/708; kritisch Reymann ZIP 2013, 605/610 ff.), weil es sich angesichts der Kontinuität des Anspruchsinhalts um einen einzigen Daueranspruch handelt, der gegen den gleichbleibenden Vertragspartner gerichtet ist und die wiederholte Erbringung der geschuldeten Leistung zum Inhalt hat (Preuß MittBayNot 2011, 231/232; Böttcher a. a. O.). Der Anspruch erlischt daher nicht bei Erfüllung der gegenüber der Sparkasse übernommenen Bestellungspflicht (mit ähnlicher Begründung Keller a. a. O.). Folglich entstehen auch nicht sukzessive „neue“, eigenständige und daher gesondert durch Vormerkung zu sichernde Bestellungsansprüche zugunsten des jeweiligen Rechtsnachfolgers. Dass das dem Daueranspruch entspringende wiederholte Forderungsrecht des Vertragspartners darauf gerichtet ist, vom verpflichteten Grundstückseigentümer die Dienstbarkeitsbestellung zugunsten unterschiedlicher Personen – zu eigenen Gunsten und nachfolgend bei Eintritt von Rechtsnachfolge zugunsten des jeweiligen Gesamt- bzw. Einzelrechtsnachfolgers – zu verlangen, ändert nichts an der Einheitlichkeit und Identität des schuldrechtlichen Anspruchs selbst.

bb) Nichts anderes gilt, wenn sich der Grundstückseigentümer seinem Vertragspartner, dem Versprechensempfänger, gegenüber in Form eines (echten oder unechten) Vertrags zugunsten Dritter (§§ 328, 335 BGB) verpflichtet, dem von letzterem zu benennenden dritten Anlagenbetreiber und dessen Rechtsnachfolgern eine jeweils inhaltsgleiche beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1090 Abs. 1 BGB zu bestellen (Senat vom 18.4.2012; OLG Nürnberg, 15 W 1608/15, juris Rn. 22, 28-32; OLG Naumburg, 11 U 213/01, BeckRS 2001, 30228227; OLG Hamm FGPrax 2012, 192; OLG München MittBayNot 2011, 231; Hügel/Kral § 44 Rn. 15; Demharter Anh. zu § 44 Rn. 26; Schöner/Stöber Rn. 1204 und 1494; BeckOK-GBO/Kral Stand 1.2.2016 § 44 Rn. 15; Kappler ZfIR 2012, 264/272; Keller DNotZ 2011, 99/110 f.; Böttcher NJW 2012, 822/825 f.). Auch dieser schuldrechtliche Daueranspruch erlischt nicht bereits mit der erstmaligen Benennung eines Dritten durch den Vertragspartner des Eigentümers. Er bleibt vielmehr auch danach erfüllbar, solange nach den zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen die weitere Benennung eines Drittbegünstigten möglich ist.

b) Danach ist zwar der schuldrechtliche Anspruch der Sparkasse, bei Eintritt der vereinbarten Bedingung in eigener Person oder in Person ihrer Rechtsnachfolgerin Berechtigte der Dienstbarkeit zu werden (III. 1.a)), ein anderer Anspruch als der aus dem Vertrag zugunsten Dritter fließende Anspruch der Sparkasse, bei Bedingungseintritt die Dienstbarkeitsbestellung für den unter Ausübung des Bestimmungsrechts benannten Dritten oder dessen Rechtsnachfolger verlangen zu können (III. 1.b)). Jeder dieser Ansprüche kann aber mit nur einer Vormerkung gesichert werden (Senat vom 18.4.2012; Hügel/Kral § 44 Rn. 15; Schöner/Stöber Rn. 1204; weitergehend – insgesamt nur eine Vormerkung ausreichend – Demharter Anh. zu § 44 Rn. 26; Palandt/Bassenge BGB 75. Aufl. § 883 Rn. 11; Kappler ZfIR 2012, 602 f.; Keller MittBayNot 2012, 446/448).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren nicht anfallen (vgl. § 25 Abs. 1 GNotKG) und keine weiteren Beteiligten mit gegenläufigen Anträgen vorhanden sind.

In dieser Situation bedarf es auch keiner Geschäftswertfestsetzung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 GBO) liegen nicht vor.

 

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