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Verpflichtung zur Realteilung des Eigentums in notariellem Kaufvertrag

LG Berlin – Az.: 80 OH 54/16 und 80 OH 60/16 – Beschluss vom 29.01.2018

Die Notarkostenberechnungen des Antragstellers Nr. … und Nr. … jeweils vom 27. Mai 2014 werden aufgehoben. Der Antragsteller hat dem Antragsgegner 2.576,65 EUR zu erstatten. Der weitergehende Zinsantrag wird abgelehnt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Der Antragsteller hat die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu tragen.

Der Verfahrenswert beträgt 2.576,65 EUR.

Gründe

I.

Auf dem in Wohnungseigentum aufgeteiltem Grundstück … in … stehen zwei Gebäude, vorne ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen (Sondereigentumseinheiten Nr. 1 bis Nr. 6) und hinten zwei Gebäude in Form von zwei Einfamiliendoppelhaushälften (Sondereigentumseinheiten Nr. 7 und Nr. 8).

Es war der Wunsch des Eigentümers der beiden Doppelhaushälften (Sondereigentumseinheiten 7 und 8), das Grundstück wie folgt zu teilen: Die beiden Gebäude, aus denen sich das Sondereigentum der Wohnungseigentumseinheiten Nr. 7 und Nr. 8 (Doppelhaushälften) zusammensetzten, sollten aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausscheiden und für sie ein jeweils eigenes Grundstück gebildet werden. Für das verbleibende Grundstück mit den derzeitigen Sondereigentumseinheiten Nr. 1 bis Nr. 6 sollte dann die Teilungserklärung neu gefasst werden.

Hierzu ließ der Eigentümer der beiden Doppelhaushälften (fortan: Verkäufer) beim Notar … in … zwei Entwurfsurkunden fertigen:

o Teilung von Grundstücken zwecks Verkleinerung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nebst Eigentumsveränderungen und Dienstbarkeitsbestellungen nebst Lageplan als Anlage (Bl. 25 ff. d. NotAkte);

o Neufassung der Teilungserklärung (Bl. 30 R ff. d. NotAkte).

Mit Urkunde vom 13. März 2013 (UR-Nr. … ) nebst Nachtragsurkunde vom 26. Februar 2014 (UR-Nr. … ) beurkundete der Notar … in … auf der Grundlage der ersten Entwurfsurkunde die Teilung von Grundstücken zwecks Verkleinerung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nebst Eigentumsveränderungen und Dienstbarkeitsbestellungen nebst Lageplan als Anlage. Die darin vorgesehene Realteilung wurde mangels Zustimmung aller Beteiligten nicht vollzogen.

Der Antragsgegner wollte eine Doppelhaushälfte (Wohnungseigentumseinheit Nr. 7) kaufen. Er wusste, dass das Haus derzeit als Eigentumswohnung verkauft wurde. Die beiden vom Verkäufer initiierten Entwurfsurkunden lagen ihm vor; er übersandte sie dem Antragsteller (fortan: Notar).

Mit Kaufvertrag über Wohnungseigentum nebst Auflassung vom 17. Mai 2014 (Ur.-Nr. … des Notars) kaufte der Antragsgegner vom Verkäufer die Doppelhaushälfte (Wohnungseigentumseinheit Nr. 7). Im Kaufvertrag finden sich folgende Regelungen:

In § 1 wird zum Grundbuchbestand/Objektbeschreibung u. a. aufgeführt:

„Veräußerungsbeschränkung: Zustimmung des Verwalters“

In § 2 „Verkauf“ heißt es u. a.:

Dem Käufer ist bekannt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft teilweise eine Realteilung der bisherigen Wohnungseigentume veranlasst hat.

In § 13 „Besondere Vereinbarungen hinsichtlich der Realteilung“ heißt es u. a.

„Der Verkäufer verpflichtet sich gegenüber dem Käufer, die Realteilung durchzuführen und sämtliche damit zusammenhängenden Kosten zu übernehmen. Er stellt den Käufer von jeglicher Zahlungsverpflichtung in Bezug auf die Realteilung frei. Der Notar hat auf Sicherungsmöglichkeiten hingewiesen. Diese wurden ausdrücklich nicht gewünscht.“

In § 14 Nr. 7 findet sich die Belehrung, dass der Vertrag erst dann wirksam wird, wenn ggf. benötigte Genehmigungserklärungen in öffentlich beglaubigter Form vorliegen.

Am 17. Mai 2014 beurkundete der Notar die Grundschuldbestellung nebst Schuldanerkenntnis des Antragsgegners.

Bei der Beurkundung von Kaufvertrag und Grundschuldbestellung am 27. Mai 2014 wussten weder der Notar noch der Antragsgegner, dass die vom Verkäufer initiierte Entwurfsurkunde „Teilung von Grundstücken zwecks Verkleinerung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nebst Eigentumsveränderungen und Dienstbarkeitsbestellungen nebst Lageplan als Anlage“ zwischenzeitlich beurkundet war.

Mit Notarkostenberechnungen Nr. … und Nr. … jeweils vom 27. Mai 2014 (Bl. 81 und 85 d. A.) erhob der Notar vom Antragsgegner die Kosten für die Beurkundung des Kaufvertrages und der Grundschuldbestellung, insgesamt 2.576,65 EUR. Der Antragsgegner beglich die Notarkostenberechnungen.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2014 (Bl. 135 d. NotAkte) verweigerte der WEG-Verwalter die Zustimmung zum Kaufvertrag. Nach seiner Auffassung stehe das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft der erbetenen Zustimmung entgegen, nachdem eine Realteilung bisher mangels Zustimmung der Beteiligten nicht vollzogen sei und der Verkäufer daher die im Kaufvertrag vorgesehene Realteilung nicht durchführen könne.

Der Verkäufer erhob vor dem Landgericht Neuruppin (1 O 368/15) Klage gegen den Antragsgegner auf Herausgabe der Eigentumswohnung, da der Kaufvertrag unwirksam sei. Mit gerichtlichem Vergleich vom 21. November 2016 (Bl. 110 d. A.) einigten sich der Verkäufer und der Antragsgegner dahin, dass die im Kaufvertrag enthaltene Verpflichtung zur Realteilung entfällt und der Kaufpreis von 195.000 EUR auf 181.000 EUR verringert wird und der als wirksam bestätigte Kaufvertrag im Übrigen weiter vollzogen wird. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs wurden aufgehoben. Mit Rechnung vom 16. Februar 2017 (Bl. 115 d. A.) berechnete der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners ihm Anwaltskosten von brutto 4.718,77 EUR für die Vertretung im Rechtsstreit; nach Abzug bereits gezahlter 3.637,91 EUR wurden in der Rechnung noch ein Restbetrag von 1.080,86 EUR fällig gestellt.

Unter dem 16. Februar 2017 stimmte der WEG-Verwalter dem Kaufvertrag vom 17. Juni 2014 zu (Bl. 133 d. A.).

Hinsichtlich seiner beiden Notarkostenberechnungen Nr. … und Nr. … jeweils vom 27. Mai 2014 beantragt der Notar gerichtliche Entscheidung, nachdem der Antragsgegner vorgerichtlich Einwände erhoben hat. Der Notar verteidigt die Notarkostenberechnungen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß, die Notarkostenberechnungen aufzuheben und die Rückzahlung der bereits gezahlten Notarkosten von 2.576,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2016 anzuordnen. Er hält die Regelungen im Kaufvertrag zur Realteilung für zu unbestimmt und unwirksam und erhebt den Einwand der unrichtigen Sachbehandlung und erklärt die Aufrechnung mit einem angeblichen Amtshaftungsanspruch, den er auf seine Anwaltskosten von brutto 4.718,77 EUR für den Rechtsstreit vor dem Landgericht Neuruppin stützt.

Der als vorgesetzte Dienstbehörde des Notars angehörte Präsident des Landgerichts Berlin hat mit Schreiben vom 17. August 2016 (Bl. 94 d. A.) erklärt, von einer Stellungnahme abzusehen.

Die Notariatsnebenakte hat zu Informationszwecken vorgelegen.

II.

Der nach § 127 Abs. 1 Satz 2 GNotKG infolge vorgerichtliche Beanstandung der Kostenberechnungen statthafte und auch sonst zulässige Antrag des Notars ist unbegründet. Die Gegenanträge des Antragsgegners haben Erfolg.

1. Die Notarkostenberechnungen sind aufzuheben, weil der vom Antragsgegner erhobene Einwand der Aufrechnung mit einem Amtshaftungsanspruch (§ 19 Abs. 1 BNotO) durchgreift. Zugleich ist auf seinen Antrag der Notar gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 GNotKG zu verpflichten, die bereits empfangenen Notarkosten zurückzuzahlen.

a) Formelle oder materielle Einwände gegen die Notarkostenberechnungen Nr. … und Nr. … jeweils vom 27. Mai 2014 sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

b) Der Kostenanspruch ist aber nach § 389 BGB durch Aufrechnung mit einem Amtshaftungsanspruch erloschen. Die vom Antragsgegner erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Notar aus Amtshaftung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO) ist im Verfahren nach § 127 Abs. 1 GNotKG zulässig (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Oktober 2016 – 20 W 352/14, juris Rn. 32; KG, Beschluss vom 30. Juni 2015 – 9 W 103/14, MDR 2015, 890, juris Rn. 5). Die Aufrechnung greift durch. Dem Notar fällt eine Amtspflichtverletzung zur Last, in deren Folge dem Antragsgegner die zur Aufrechnung gestellten Anwaltskosten entstanden sind.

aa) Der Notar hat gegen seine Amtspflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG verstoßen, indem er in § 13 des Kaufvertrages die Verpflichtung des Verkäufers zur Realteilung ohne nähere Bestimmung ihres Inhalts aufnahm.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei sollen Irrtümer und Zweifel vermieden werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG). Bei Kaufverträgen ist daher insbesondere der Kaufgegenstand genau zu bezeichnen (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – III ZR 62/03, NJW 2004, 69, juris Rn. 17).

Diesen Anforderungen genügt der notarielle Kaufvertrag vom 17. Mai 2014 nicht. Zwar ist das verkaufte Wohnungseigentum in § 1 des Kaufvertrages hinreichend bestimmt worden. Die weitere Verpflichtung des Verkäufers zur Realteilung in § 13 Satz 1 des Kaufvertrages ist dagegen mit der bloßen Formulierung „die Realteilung durchzuführen“ unbestimmt geblieben. Mit dieser Formulierung blieb bereits unklar, ob der Verkäufer lediglich eine Tätigkeit oder einen Erfolg schuldete, also für die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer einstehen wollte. Vor allem blieb unklar, wie die Realteilung ausgeführt werden sollte und welche Größe und Lage das zur gekauften Doppelhaushälfte gehörende Grundstück erhalten sollte.

Ein Ausnahmefall, in dem geringere Anforderungen an die Beurkundungsdichte gelten, liegt nicht vor. Zunächst kann die Ausnahme eindeutiger Feststellbarkeit der verkauften Flächen nicht angenommen werden. Haben sich die Parteien bei Vertragsabschluss mit einem geringeren Bestimmtheitsgrad zufrieden gegeben und die verbindliche Festlegung der Durchführung des Vertrags oder einem Dritten überlassen, ist das Verpflichtungsgeschäft auch ohne eine solche maßstabsgerechte Darstellung wirksam. Wenn eindeutig feststellbar ist, welche Fläche verkauft werden soll, können die Parteien auch davon absehen, die Vorgaben, anhand derer die Teilfläche bei der Durchführung später exakt festgelegt werden soll, in den Vertrag aufzunehmen (BGH, Urteil vom 18. Januar 2008 – V ZR 174/06, NJW 2008, 1658, juris Rn. 18).

Dass im Sinne dieses Ausnahmefalles Art und Umfang der Realteilung eindeutig feststellbar waren, kann vorliegend nicht angenommen werden. Der Urkundenentwurf zur Teilung von Grundstücken zwecks Verkleinerung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nebst Eigentumsveränderungen und Dienstbarkeitsbestellungen nebst Lageplan als Anlage (Bl. 25 ff. d. NotAkte) belegt, dass die zukünftigen Grundstücksgrenzen in keiner Weise auf der Hand lagen. So war in § 4 b des Entwurfs nebst beigefügtem Lageplan folgende Regelung in Aussicht genommen:

„Die Eigentümer der Wohnungseigentumseinheiten Nrn. 1 bis 6 und 8 übertragen die Miteigentumsanteile an dem Grundstück, das in dem als Anlage 1 zu dieser Urkunde genommenen Lageplan mit Teilfläche 3 und Teilfläche 6 bezeichnet ist, so, dass Eigentümer dieser Flächen in einer Größe von ca. 215 m² und 116 m² der Eigentümer des bisherigen Wohnungseigentums Nr. 7 wird.“

Dass ohne diese Regelung und ohne Bezugnahme auf diesen Lageplan die Teilflächen der Realteilung eindeutig feststellbar waren, ist weder vom Notar geltend gemacht noch ersichtlich.

Auch ein übereinstimmender Parteiwille führt nicht zur Herabsetzung der Beurkundungsanforderungen. Nachdem sowohl Verkäufer als auch Käufer über den vorstehend zitierten Urkundenentwurf verfügten, liegt es nahe, dass die Verpflichtung zur Realteilung in dem Sinne dieses Urkundenentwurfs ausgelegt werden sollte. Zu solchen Überlegungen darf es aber der Notar nicht erst kommen lassen, wenn ihm eine eindeutige Bezeichnung unschwer möglich ist. Das gilt selbst dann, wenn die Vertragspartner über eine bestimmte Auslegung des Vertragstextes einig sind. Den Vertragswortlaut entsprechend dem Willen der Beteiligten so eindeutig wie möglich zu fassen, ist Aufgabe des beurkundenden Notars (BGH, Urteil vom 08. November 2001 – IX ZR 398/99 –, Rn. 8; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – III ZR 62/03, NJW 2004, 69, juris Rn. 17). Dieser Aufgabe ist der Notar nicht gerecht geworden. Er hätte hierzu nämlich zur nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG gebotenen Aufklärung des Willens die Beteiligten fragen müssen, ob die Realteilung im Sinne der Urkundenentwürfe im Kaufvertrag bestimmter gefasst werden könnte. Diese Frage hätte der Verkäufer bejaht unter Angabe, dass der Urkundenentwurf zwischenzeitlich bereits beurkundet worden ist. Damit wäre dem Notar eine Verweisung nach § 13a BeurkG und damit eine eindeutige Bestimmung der Realteilung möglich gewesen. Selbst wenn der Verkäufer die zwischenzeitliche Beurkundung des Urkundenentwurfs verschwiegen hätte, wäre eine Bestimmung der Realteilung durch Aufnahme der im Urkundenentwurf hierzu enthaltenen Regelungen möglich und geboten gewesen.

bb) Anhaltspunkte dafür, dass die damit gegebene objektive Pflichtverletzung hier ausnahmsweise nicht auf Verschulden beruht, sind nicht ersichtlich.

cc) Der Notar hat dem Antragsgegner den von ihm in dem Vorprozess beim Landgericht Neuruppin – 1 O 368/15 – aufgewendeten Prozesskosten als aus der Amtpflichtverletzung entstandener Schaden zu ersetzen. Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden die Amtspflichtverletzung des Notars zur Folge hatte, ist gemäß § 287 ZPO festzustellen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Notars genommen hätten, und wie dann die Vermögenslage des Betroffenen wäre; diesen haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen (BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – IX ZR 116/95, NJW 1996, 3343, juris Rn. 30).

Nach diesem Maßstab war der Verstoß gegen die Amtspflicht aus § 17 Abs. 1 BeurkG ursächlich für die Aufwendung von Rechtsanwaltskosten durch den Antragsgegners für den Rechtsstreit vor dem Landgericht Neuruppin – 1 O 368/15 -. Bei Beachtung der Amtspflicht aus § 17 Abs. 1 BeurkG durch formgerechte Beurkundung des Inhalts der Verpflichtung zur Realteilung hätte der Verkäufer nicht gestützt auf Formnichtigkeit den Antragsgegner auf Herausgabe der Eigentumswohnung in Anspruch genommen.

1) Der Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG war ursächlich für den Entschluss des Verkäufers, gestützt auf Nichtigkeit des Kaufvertrages den Antragsgegner auf Herausgabe der Eigentumswohnung vor dem Landgericht Neuruppin – 1 O 368/15 – in Anspruch zu nehmen. Die weitere Ursache in Form der Verweigerung der Verwalterzustimmung schließt die Mitursächlichkeit des Verstoßes gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG für die vom Verkäufer erhobene Klage nicht aus; Mitursächlichkeit reicht für die Schadenszurechnung.

Der Entschluss des Verkäufers, u. a. Formnichtigkeit des Kaufvertrages gerichtlich geltend zu machen, ist eine adäquate und damit zuzurechnende Folge des Verstoßes gegen die Amtspflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, diese Formnichtigkeit zu verhindern. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Einwand der Formnichtigkeit des Kaufvertrages vom 17. Mai 2014 rechtlich uneingeschränkt zutraf. Der Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG führte zur Formnichtigkeit der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 1 des Kaufvertrages betreffend die Verpflichtung zur Realteilung gemäß §§ 125 Satz 1 BGB iVm. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Wirksamkeit des nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungspflichtigen Kaufvertrags erfordert neben der inhaltlichen Bestimmtheit des Vereinbarten auch, dass die Parteien dem Vereinbarten in der Urkunde Ausdruck gegeben haben und damit eine Nichtigkeit wegen Formmangels ausscheidet. Beide Voraussetzungen müssen nebeneinander vorliegen, um von einem wirksamen Rechtsgeschäft ausgehen zu können (BGH, Urteil vom 19. April 2002 – V ZR 90/01 –, BGHZ 150, 334-343 = NJW 2002, 2247, juris Rn. 19). Hiernach ist die Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 1 des Kaufvertrages selbst dann formnichtig, wenn die Kaufvertragsparteien sie übereinstimmend im Sinne des Urkundenentwurfs zur Realteilung verstanden hätten.

Die Formnichtigkeit der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 1 des Kaufvertrages führte nach § 139 BGB auch zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrages. Eine Teilnichtigkeit nur der Verpflichtung zur Realteilung kann nicht angenommen werden. Die Verpflichtung zur Realteilung stand nicht isoliert neben den kaufvertraglichen Regelungen, sondern war untrennbar mit ihnen, vor allem mit der Regelung eines einheitlichen Kaufpreises, verbunden. Denn ohne die Verpflichtung zur Realteilung hätten die Parteien den Kaufvertrag jedenfalls mit einem anderen Inhalt, nämlich mit einem geringeren Kaufpreis geschlossen, wie auch der gerichtlicher Vergleich vom 21. November 2016 – 1 O 368/15 – (Bl. 110 d. A.) zeigt, in dem gegen Wegfall der Verpflichtung zur Realteilung der Kaufpreis verringert wurde.

2) Auch der Entschluss des Antragsgegners, sich gegen diese aussichtslose Klage zu verteidigen, ist der Amtspflichtverletzung nach § 287 Abs. 1 ZPO zuzurechnen. Eine Ersatzpflicht des Notars für Aufwendungen des Geschädigten, die auf dessen eigenem Willensentschluss beruhen, kommt auch dann in Betracht, wenn diese durch das haftungsbegründende Ereignis „herausgefordert“ worden sind und eine nicht ungewöhnliche Reaktion hierauf darstellen (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – III ZR 62/03, NJW 2004, 69, Rn. 19). So liegt es hier, weil der Antragsgegner gestützt auf eine notarielle Beurkundung und damit ersichtlich nachvollziehbar deren Wirksamkeit geltend gemacht hat. Ausweislich der Anwaltskostenrechnung vom 16. Februar 2016 (Bl. 115 d. A.) sind ihm dafür Aufwendungen nach einem Gegenstandswert von 195.000 EUR in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr (KV Nr. 2300) und einer um 0,65 angerechneten 1,3 Verfahrensgebühr (KV Nr. 3100 RVG) nebst Auslagen, zusammen 4.718,77 EUR brutto entstanden. Bedenken gegen die Anwaltskostenrechnung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

3) Die im gerichtlichen Vergleich vom 21. November 2016 – 1 O 368/15 – vor dem Landgericht Neuruppin erzielte Kaufpreisminderung hinsichtlich der Anwaltskosten stellt keinen Vorteilsausgleich dar. Hat die Amtspflichtverletzung dem davon Betroffenen auch Vorteile gebracht, so sind diese im Rahmen der Differenzrechnung schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn Vor- und Nachteile bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sind (BGH, Beschluss vom 30. April 2003 – III ZR 365/02, NJW-RR 2003, 1497, juris Rn. 3). Derartige Vorteile können nicht festgestellt werden. Die Kaufpreisminderung wurde zum Ausgleich des Nachteils vereinbart, der im Entfallen der Verpflichtung zur Realteilung liegt. Ein darüber hinaus gehender Vorteil ist nicht ersichtlich und vom Notar, den insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast trifft (BGH, Beschluss vom 30. April 2003 – III ZR 365/02, NJW-RR 2003, 1497, juris Rn. 3), nicht dargetan.

4) Der Haftungszusammenhang würde allerdings entfallen, wenn der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Notars infolge einer anderen beachtlichen Schadensursache eingetreten wäre. Für diesen – entlastenden – hypothetischen Geschehensablauf trägt der Notar die Darlegungslast und die nach § 287 Abs. 1 ZPO erleichterte Beweislast (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – IX ZR 94/03 –, BGHZ 168, 352-368, Rn. 25). Eine derartige Entlastung des Notars käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Verkäufer auch bei formgerechter Beurkundung der Verpflichtung zur Realteilung den Antragsgegner wegen der Verweigerung der Verwalterzustimmung auf Herausgabe der Eigentumswohnung in Anspruch genommen und damit die Aufwendung von Anwaltskosten auf Seiten des Antragsgegners veranlasst hätte.

Dieser Geschehensablauf kann indessen nicht überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 Abs. 1 ZPO) festgestellt werden. Zum einen ist weder dargetan noch überwiegend wahrscheinlich, dass der Verkäufer die Herausgabeklage auch allein gestützt auf die Verweigerung der Zustimmung erhoben hätte. Dies liegt auch nicht nahe, weil die Formnichtigkeit als Klagegrund ein viel stärkeres und sicheres Argument war als die bloße Zustimmungsverweigerung. Zum anderen wäre eine derartige Klage auch auf Kosten des Verkäufers (§ 91 Abs. 1 ZPO) als unbegründet abzuweisen gewesen, weil der Verwalter zur Zustimmung und der Verkäufer deshalb zu seiner Inanspruchnahme auf Zustimmung verpflichtet gewesen wäre. Der Verwalter darf die Zustimmung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG nur aus wichtigem Grund verweigern, wobei dieser Grund in der Person des Erwerbers bestehen und durch Tatsachen belegt sein, insbesondere durch seine persönliche oder finanzielle Unzuverlässigkeit (Staudinger/Heinrich Kreuzer (2005) WEG § 12, Rn. 44). Daran fehlt es vorliegend, weil der Verwalter die Zustimmung mit Schreiben vom 29. Juli 2014 (Bl. 135 d. NotAkte) wegen des Vertragsinhalts verweigert hat, aber nicht wegen der Person des Antragsgegners. Verweigert damit der Verwalter – wie hier – die Zustimmung zu Unrecht, muss der Verkäufer als Wohnungseigentümer den Verwalter gerichtlich auf Zustimmungserteilung in Anspruch nehmen (Staudinger/Heinrich Kreuzer (2005) WEG § 12, Rn. 39 u. Rn. 61) und kann deshalb nicht stattdessen mit Aussicht auf Erfolg Rückabwicklung des schwebend unwirksamen Vertrages vom Käufer verlangen.

dd) Der Schadensersatzanspruch der Antragsgegners ist nicht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist bei einer bloß fahrlässigen Amtspflichtverletzung des Notars ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten ausgeschlossen, wenn er auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Daran fehlt es. Insbesondere eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO in Form eines Schadensersatzanspruchs gegen seinen Prozessbevollmächtigten hat der Antragsgegner nicht. Ein um Beratung ersuchter Rechtsanwalt hat dem Auftraggeber den relativ sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist. Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit seinem Mandanten erörtern (BGH, st. Rspr., u. a. Urteil vom 03. Juli 2008 – III ZR 189/07, NJW-RR 2008, 1506, juris Rn. 14).

Nach diesem Maßstab durfte der Prozessbevollmächtigte dem Antragsgegner raten, sich gegen die Klage des Verkäufers zu verteidigen, weil erstens die geltend gemachte Nichtigkeit des Kaufvertrages nicht auf der Hand lag, zweitens die Streitverkündung gegenüber dem Notar sicherstellte, dass dieser im Falle eines Unterliegens des Antragsgegners die Formnichtigkeit nicht mehr in Abrede stellen durfte, sondern ihn aus Amtshaftung schadlos stellen musste, und weil drittens die Verteidigung die Möglichkeit bot, sich mit dem Verkäufer gütlich zu einigen, wie es hier auch gelungen ist.

ee) Insgesamt ist daher der Kostenanspruch des Notars aus beiden Notarkostenberechnungen Nr. … und Nr. … jeweils vom 27. Mai 2014 in Höhe von zusammen brutto 2.576,65 EUR durch die Aufrechnung mit dem Amtshaftungsanspruch wegen der Anwaltskosten von 4.718,77 EUR brutto gemäß Anwaltskostenrechnung vom 16. Februar 2016 (Bl. 115 d. A.) erloschen (§ 389 BGB). Die Notarkostenberechnungen sind daher aufzuheben.

2. Mit Blick auf die Aufhebung der beiden Notarkostenberechnungen hat der Notar dem Antragsgegner die bereits empfangenen Notarkosten von 2.576,65 EUR zu erstatten (§ 90 Abs. 1 Satz 1 GNotKG), worüber auf Antrag des Antragsgegners im Verfahren nach § 127 Abs. 1 GNotKG zu entscheiden ist (§ 90 Abs. 2 Satz 1 GNotKG). Der weitergehende Antrag auf Verzinsung der Rückerstattung ist mangels Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung unbegründet (§ 90 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 GNotKG).

3. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beruht die Kostenentscheidung auf § 81 Absatz 1 FamFG iVm. § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG. Bei Aufhebung der Kostenberechnung entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, dem Notar die Kosten aufzuerlegen. Von ihm muss erwartet werden, dass er rechtmäßige Kostenberechnungen erstellt, insbesondere Kosten nur dann einfordert, wenn diese tatsächlich angefallen sind (KG, Beschluss vom 22. November 2016 – 9 W 30/16 –, Rn. 13, juris) und nicht – wie hier – durch Aufrechnung erloschen sind.

Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 GNotKG ist die Entscheidung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vollstreckbar

Der Verfahrenswert entspricht der Höhe der angegriffenen Kostenberechnungen.

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