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Vertretungsmacht als eine Voraussetzung für Eigentumsumschreibung im Grundbuch

Oberlandesgericht Brandenburg – Aktenzeichen:  5 Wx 70/10 – Beschluss vom 19.01.2011

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts … – Grundbuchamt – vom 16. April 2010 – Gz. … Blatt 9394-16 – wird zurückgewiesen.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 168.000,00 €

Gründe

I.

Am 15. August 2008 schlossen die Beteiligte zu 1 als Verkäuferin und die Beteiligte zu 2 als Käuferin zur UR-Nr. D 439/2008 des Notars … mit Amtssitz in B… einen notariellen Kaufvertrag über eine noch unvermessene Teilfläche von ca. 1.400 qm des Grundstücks Flur 139 Flurstück 189, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … von … Blatt 9394. Die Beteiligte zu 2 wurde bei Abschluss des Kaufvertrages aufgrund einer in Sankt Petersburg notariell beglaubigten Vollmacht der Generaldirektorin der Beteiligten zu 2 vom 29. Juli 2008 durch S… A… vertreten, die ausweislich der Vollmachtsurkunde am …. Juli 1955 geboren ist; in der Kaufvertragsurkunde ist das Geburtsdatum mit …. Juli 1954 angegeben. Zugunsten der Beteiligten zu 2 wurde am 20. August 2008 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

Das Flurstück 189 wurde zwischenzeitlich in die Flurstücke 238 und 239 jeweils der Flur 139 geteilt. Am 19. November 2009 beurkundeten die Beteiligten zu 1 und 2 zur UR-Nr. D 705/2009 des Notars … zunächst, dass das Flurstück 238 der Flur 139 mit einer Größe von 1.400 qm mit der veräußerten Teilfläche identisch ist und erklärten hinsichtlich des Flurstücks 238 der Flur 139 die Auflassung. Bei diesem Beurkundungstermin wurden die Beteiligten zu 1 und 2 aufgrund der in § 8 des notariellen Kaufvertrages vom 15. August 2008 erteilten Vollmacht von der Notariatsmitarbeiterin A… Z… vertreten.

Der Verfahrensbevollmächtigte beantrage am 19. November 2009 die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2.

Mit Zwischenverfügung vom 8. Januar 2010 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass die Vollmachtsurkunde nicht mit einer Apostille versehen sei und nicht erkennbar sei, von wem die Übersetzung stamme. Weiter wies das Grundbuchamt darauf hin, dass durch den Auszug aus dem Staatlichen Einheitsregister nur der Nachweis des Bestandes der Gesellschaft, nicht aber deren Vertretungsbefugnis geführt werden könne. Es sei daher die Vertretungsbefugnis der als gesetzliche Vertreterin handelnden Generaldirektorin nachzuweisen. Schließlich fehle es an einer wirksamen Identitäts- und Auflassungserklärung, da die bei Beurkundung des Kaufvertrages für die Beteiligte zu 2 aufgetretene Vertreterin nicht zur Übertragung der Vollmacht auf Dritte befugt gewesen sei.

Nachdem die in der Zwischenverfügung aufgezeigten Eintragungshindernisse nicht innerhalb der gesetzten Frist von zwei Monaten beseitigt worden waren, wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 16. April 2010 den Eintragungsantrag vom 19. November 2009 zurück.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2010 legten, wie mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2010 klargestellt, die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. April 2010 ein. Diesem Schriftsatz waren die Vollmacht vom 29. Juli 2008 nebst Apostille und Übersetzung, die am 16. April 2010 durch S… A… erklärte Genehmigung der zur UR-Nr. D 705/2009 abgegebenen Erklärungen nebst Apostille und Übersetzung sowie ein Auszug aus dem Einheitlichen staatlichen Register nebst Apostille und Übersetzung beigefügt.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch weiteren Beschluss vom 24. Juni 2010 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, durch die mit der Beschwerdeschrift eingereichten Unterlagen seien zwar zwei der drei in der Zwischenverfügung aufgeführten Beanstandungen behoben, der Nachweis der Vertretungsbefugnis könne aber durch den Auszug aus dem Einheitlichen staatlichen Register nicht geführt werden.

Der Senat hat mit Verfügung vom 6.Dezember 2010 vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit des erleichterten Nachweises der Vertretungsberechtigung nach § 32 Abs. 1 GBO grundsätzlich nicht für ausländische Personen gilt. Der Verfahrensbevollmächtigte hat hierzu mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2010 mitgeteilt, er habe sich insoweit nochmals an die Beteiligten gewandt, eine weitere Stellungnahme ist hierzu aber nicht mehr eingereicht worden.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2, über die gemäß § 72 GBO, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist zulässig (§§ 71, 73 GBO). Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Grundbuchamt hat zu Recht den Antrag auf Eigentumsumschreibung deswegen zurückgewiesen, weil allein durch den Auszug aus dem Einheitlichen staatlichen Register (einschließlich Apostille und Übersetzung) der Nachweis der gesetzlichen Vertretungsmacht der eingetragenen Generaldirektorin und damit der Nachweis, dass die im Termin zur Beurkundung des Kaufvertrages für die Beteiligte zu 2 durch die am 29. Juli 2008 erteilte Vollmacht wirksam bevollmächtigt war, nicht in einer den Anforderungen der GBO genügenden Art und Weise geführt werden kann.

1.

Nach § 32 Abs. 1 S. 1 GBO in seiner seit dem 1. Oktober 2009 geltenden Fassung kann bei im Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen Vertretungsberechtigungen, Sitzverlegungen, Firmen- oder Namensänderungen sowie das Bestehen juristischer Personen und Gesellschaften durch eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 BNotO geführt werden. Nach S. 3 dieser Vorschrift kann der Nachweis auch durch einen amtlichen Registerausdruck oder eine beglaubigte Registerabschrift geführt werden.

Diese Nachweiserleichterung des § 32 Abs. 1 GBO gilt für alle registerfähigen Personen und Gesellschaften, die in einem inländischen öffentlichen Register eingetragen sind (Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 32 Rdnr. 2). Auf ausländische juristische Personen und Gesellschaften kann § 32 Abs. 1 GBO nicht angewandt werden; ihr Bestehen und die Vertretungsbefugnis sind dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachzuweisen (BayObLG FGPrax 2003, 59; OLG Hamm Rpfleger 1995, 153; Demharter, a. a. O., § 32 GBO Rdnr. 8; Meikel/Roth, GBO, 10. Aufl. 2009, § 32 GBO Rdnr. 9 für § 32 GBO a. F.). Ausnahmsweise kann die durch einen deutschen Notar aufgrund einer Einsicht in ein ausländisches Register ausgestellte Bescheinigung über eine Vertretungsberechtigung als öffentliche Urkunde nach § 29 Abs. 1 S. 2 GBO ausreichen, sofern zur Überzeugung des Grundbuchamtes feststeht, dass das ausländische Register seiner rechtlichen Bedeutung nach dem deutschen Register entspricht (OLG Schleswig RPfleger 2008, 498; Demharter, a. a. O., § 32 GBO Rdnr. 8; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rdnr. 3636b; a. A. Meikel/Roth, a. a. O.).

2.

Die Vertretungsberechtigung der Beteiligten zu 2 durch ihre Generaldirektorin als gesetzliche Vertreterin bei Erteilung der Vollmacht an die bei Beurkundung des Kaufvertrages für die Beteiligte zu 2 aufgetretene Vertreterin ist danach gegenüber dem Grundbuchamt nicht in einer den Anforderungen des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO genügenden Weise nachgewiesen.

a) Der von einem allgemeinen beeidigten Dolmetscher übersetzte und mit einer Apostille versehene Registerauszug aus dem Einheitlichen staatlichen Register juristischer Personen vom 23. Juli 2009, der mit dem Beschwerdeschriftsatz vorgelegt worden ist, vermag danach allein den erforderlichen Nachweis der Vertretungsberechtigung nicht zu erbringen, weil die Erleichterung der Nachweisführung nach § 32 Abs. 1 S. 3 GBO nur für inländische Registerauszüge gilt.

Es kommt deswegen nicht darauf an, dass Zweifel an der Geeignetheit zur Nachweisführung auch deswegen bestehen, weil dieser mit der Beschwerde eingereichte Registerauszug vom 23. Juli 2009 datiert, es aber auf die Vertretungsberechtigung der Generaldirektorin zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht vom 29. Juli 2008 ankommt. Der zuvor mit Schriftsatz vom 4. September 2008 eingereichte Auszug stammt zwar vom 16. Juli 2008, ist aber nicht mit einer Apostille versehen und lässt nicht erkennen, durch wen er übersetzt worden ist.

Es kommt schließlich auch nicht darauf an, dass die mit Schriftsatz vom 4. September 2008 und mit der Beschwerde eingereichten Vollmachtsurkunden vom 29. Juli 2008 in der Übersetzung insoweit voneinander abweichen, als die mit Schriftsatz vom 4. September 2008 eingereichte Vollmacht auf ein Jahr begrenzt war, die mit dem Beschwerdeschriftsatz eingereichte Vollmacht dagegen auf fünf Jahre. Der Text der russischen Originalurkunden stimmen insoweit der Zeile über der Unterschrift ebenfalls nicht vollständig überein.

In diesem Zusammenhang ist lediglich ergänzend anzumerken, dass die Angaben zu der von der Generaldirektorin bestellten Vertreterin nicht vollständig mit den Angaben zur Person der im Beurkundungstermin aufgetretenen Vertreterin übereinstimmen. Abweichend vom Text der Vollmachtsurkunde wird in der notariellen Kaufvertragsurkunde das Geburtsdatum der Vertreterin mit …. Juli 1954 angegeben.

b) Der Nachweis der Vertretungsberechtigung ist auch nicht durch Vorlage einer Notarbescheinigung geführt worden.

Es fehlt bereits an einer solchen Notarbescheinigung eines deutschen Notars gemäß § 21 Abs. 1 BNotO über die Vertretungsberechtigung der Generaldirektorin als gesetzliche Vertreterin der Beteiligten zu 2 und damit an einer den Anforderungen des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO genügenden Urkunde, mit der die Vertretungsmacht der Generaldirektorin bei Erteilung der Vollmacht vom 29. Juli 2008 nachgewiesen werden könnte.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass zur Überzeugung des Grundbuchamtes auch nicht hinreichend dargelegt sein dürfte, dass das russische Einheitliche staatliche Register in seiner rechtlichen Bedeutung mit dem entsprechenden deutschen Register vergleichbar ist. Insbesondere ist die Bezugnahme auf die mit Schriftsatz vom 19. Juli 2010 eingereichte gutachterliche Stellungnahme unzureichend. Dieses Rechtsgutachten setzt sich in erster Linie mit den Modalitäten der Eintragung insbesondere des Generaldirektors auseinander, nicht aber mit der Vergleichbarkeit dieses Registers mit dem deutschen Handelsregister. Auf S. 3 dieses Gutachtens wird lediglich festgestellt, dass dem russischen Recht der Begriff des öffentlichen Glaubens im Hinblick auf die Angaben im einheitlichen Register fremd sei. Die Vergleichbarkeit der rechtlichen Bedeutung des Einheitlichen staatlichen Registers mit dem deutschen Handelsregister wird dadurch jedenfalls im Hinblick auf die Publizitätswirkung hinsichtlich der eingetragenen vertretungsberechtigten Personen gerade nicht belegt.

Weiter heißt es dann im letzten Absatz auf dieser Seite, der Nachweis, welche Person zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Kaufvertrages (hier: zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht) befugt gewesen sei, die Gesellschaft zu vertreten, könne ausschließlich durch die Vorlage eines Auszuges aus dem Register sowie des Gesellschafterbeschlusses über die Bestellung der vertretungsberechtigten Person geführt werden. Ein solcher Gesellschafterbeschluss über die Bestellung der Generaldirektorin ist aber gerade nicht vorgelegt worden.

3.

Die Kostenfolge hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz (§ § 131 Abs. 1 KostO); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.

 

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