Was tun, wenn ein Miterbe nicht kooperiert und blockiert?
Ein zentrales Problem bei Erbengemeinschaften ist das Aufeinandertreffen mehrerer Erben mit unterschiedlichen Interessen. Häufig führt dies zu Konflikten, da alle Mitglieder dieser unfreiwilligen Gemeinschaft eigene Ziele verfolgen. Obwohl das Hauptziel einer Erbengemeinschaft – die Abwicklung des Nachlasses – klar ist und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit bekannt ist, treten Schwierigkeiten auf, wenn die Bereitschaft zu Kompromissen fehlt oder einzelne Mitglieder die Abwicklung bewusst behindern.
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Zentrale Problematik bei Erbengemeinschaften: Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen der Erben kann zu Konflikten führen, besonders wenn einzelne Mitglieder die Abwicklung blockieren.
- Grund für Entstehung von Erbengemeinschaften: Automatische Bildung bei mehreren Erben mit dem Ziel, das Erbe abzuwickeln und die Gemeinschaft aufzulösen.
- Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft: Nur gemeinschaftliches Handeln möglich, da alle Mitglieder gemeinsam über den Nachlass verfügen müssen.
- Problempotenzial: Kein Mitglied kann individuelle Ansprüche auf bestimmte Nachlassteile erheben, was zu Blockadehaltungen führen kann.
- Lösungsansätze bei Blockaden: Gespräche, Teilungsauseinandersetzung, Erwerb oder Verkauf von Anteilen, Abschichtungsvereinbarung, Vermittlungsverfahren oder Teilungsklage.
- Teilungsauseinandersetzung: Praktikable Methode zur Nachlassabwicklung, kann aber bei Immobilien komplex sein.
- Eigeninitiative erforderlich: Erstellung eines Teilungsplans als Versuch, die Blockade aufzulösen, und als letztes Mittel die Teilungsklage mit Unterstützung eines Rechtsanwalts.
Wo liegt die Kernproblematik bei einem blockierenden Miterben?
Um das Grundproblem eines blockierenden Erben richtig erfassen zu können ist es zunächst erst einmal wichtig zu wissen, warum eine Erbengemeinschaft überhaupt entsteht. Sollte ein Erblasser mehrere Erben haben, so werden diese mehreren Erben vollständig automatisch und ohne ein eigenes aktives Mitwirken zu einem Teil einer Erbengemeinschaft. Eine derartige Erbengemeinschaft ist jedoch nicht auf Dauer ausgelegt, sie verfolgt ein einziges klares Ziel: Die Abwicklung des Erbes und damit auch die Auflösung der Gemeinschaft. Die Abwicklung des Erbes erfolgt auf der Grundlage einer sogenannten Erbquote, welche jedem einzelnen Mitglied der Zweckgemeinschaft zugeordnet wird. In der gängigen Praxis jedoch bringt der Umstand, dass kein einziges Mitglied einer Erbengemeinschaft eigenständig im Namen der Gemeinschaft handeln kann, durchaus Probleme mit sich.
Eine Erbengemeinschaft kann lediglich gemeinschaftlich handeln. Derartige Gemeinschaften haben den Charakter einer Gesamthandsgemeinschaft, sodass für jegliches Handeln eine einvernehmliche Lösung im Sinne aller Mitglieder gefunden werden muss. Der komplette Nachlass steht im rechtlichen Eigentum aller und dementsprechend können auch nur alle gemeinsam über das Erbe verfügen bzw. die Erbabwicklung durchführen.
Das Problempotenzial, welches sich aus diesem Umstand heraus ergibt, liegt darin, dass kein einzelnes Mitglied einen Anspruch auf einen ganz bestimmten Erbmassenbestandteil erheben kann. Dies bedeutet, dass auch diejenigen Erben mit einer verhältnismäßig geringen Quote die Möglichkeit haben, gewisse Blockadehaltungen bei der Erbabwicklung an den Tag zu legen.
Welche Möglichkeiten gibt, wenn ein Erbe die gesamte Gemeinschaft blockiert?
Sollten die Interessen der einzelnen Mitglieder aufgrund von unterschiedlichen Ansichten oder auch Mentalitäten gänzlich auseinandergehen, so gibt es verschiedene Möglichkeiten der Lösung. Blockiert ein Mitglied der Gemeinschaft durch seine Haltung die gesamte Gemeinschaft, sollte zunächst erst einmal der Weg des Gesprächs gewählt werden. In diesem Gespräch sollten dann die Fragen, wie die Erbabwicklung aus der Sicht des Erblassers gewünscht gewesen ist oder wie genau der Erbbestand überhaupt geklärt ist, geklärt werden. Überdies sollten sich die Gespräche lediglich im Rahmen der tatsächlich bekannten Fakten bewegen, sodass Spekulationen über etwaige Werte keinen Raum bekommen sollten. Zudem sollte in einem Gespräch auch herausgefunden werden, aus welchem Grund das Mitglied die Blockadehaltung an den Tag legt.
Führt das Gespräch zu keinem Erfolg, so kann jedes Mitglied der Erbengemeinschaft für sich selbst Wege wählen, um die Erbengemeinschaft aufzulösen bzw. die Erbabwicklung zu beschleunigen.
Diese Wege stehen jedem Mitglied zur Verfügung
- die Teilungsauseinandersetzung
- der Erwerb des Anteils eines anderen Mitglieds bzw. der Verkauf des eigenen Anteils
- die Abschichtungsvereinbarung
- das Vermittlungsverfahren
- die Teilungsklage
Die Nachlassabwicklung mittels Teilungsauseinandersetzung
Die Teilungsauseinandersetzung ist in der gängigen Praxis absolut keine Seltenheit, da es nicht selten überaus schwierig ist, einen Nachlass innerhalb einer Zwangsgemeinschaft abzuwickeln. Die Teilungsauseinandersetzung ist allgemeinhin auch als Erbteilung bekannt, denn die jeweiligen einzelnen Nachlasswerte werden nach und nach innerhalb der Gemeinschaft verteilt. Dies ist in der Regel bei Bargeldwerten relativ simpel. Sind die Bargeldwerte erst einmal verteilt, so geht es mit den Wertgegenständen weiter.
Das Teilungsauseinandersetzungsverfahren ist dann, wenn eine Immobilie ein fester Bestandteil der Erbmasse ist, durchaus komplex. Die Immobilie müsste für eine gerechte Vermögensverteilung versteigert werden. Es steht jedem Erben jedoch völlig frei, bei einer derartigen Versteigerung als Bieter mitzubieten.
Der Erwerb des Anteils eines anderen Mitglieds bzw. der Verkauf des eigenen Anteils
Eine gute Möglichkeit, ein blockierendes Mitglied zum Umdenken zu bewegen, ist der Kauf des Anteils von dem blockierenden Mitglied. Diese Vorgehensweise ist jedoch nur dann möglich, wenn ein beiderseitiges Einvernehmen im Hinblick auf den Kauf besteht. Ein gutes Verhandlungsgeschick ist natürlich ebenfalls notwendig. Sollte das blockierende Mitglied keinerlei Einsicht zeigen, so kann jedes Mitglied den eigenen Anteil an dem Nachlass gem. § 2033 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) veräußern. Eine Zustimmung der anderen Mitglieder ist hierfür nicht notwendig, allerdings besitzt jedes Mitglied der Erbengemeinschaft ein sogenanntes Vorkaufsrecht. Dies bedeutet, dass ein verkaufswilliges Mitglied der Gemeinschaft bei einem gleichwertigen Angebot eines anderen Mitglieds den eigenen Erbteil an dieses Mitglied verkaufen muss, bevor der Verkauf an eine außenstehende dritte Person erfolgt. Überdies kann ein derartiger Verkauf nur dann erfolgen, wenn ein notariell beurkundeter Erbteilkaufvertrag zwischen den beiden Parteien abgeschlossen wird.
Durch den Verkauf des eigenen Erbanteils scheidet das verkaufende Mitglied aus der Erbengemeinschaft aus und verliert dadurch auch sämtliche Ansprüche an dem Erbe.
Die Abschichtungsvereinbarung
Die Abschichtungsvereinbarung ist eine gute Alternative zu dem Verkauf eines Erbteils. Durch eine derartige Vereinbarung, welche mit sämtlichen anderen Mitgliedern der Gemeinschaft abgeschlossen werden muss, scheidet ein einzelnes Mitglied aus der Zwangsgemeinschaft aus. In der Regel geschieht dies durch die Zahlung eines gewissen Betrages – der Abfindung. Diejenige Person, welche aus der Gemeinschaft ausscheidet, überträgt dabei die eigenen Anteile auf die restlichen Mitglieder der gesamten Gemeinschaft. Eine derartige Vereinbarung ist nicht an eine gewisse Form gebunden und kann formfrei erfolgen. Es ist lediglich erforderlich, dass eine notarielle Beurkundung erfolgt, wenn sich der Erbteil auf eine Immobilie im Nachlass bezieht.
Das Vermittlungsverfahren
Auf der Grundlage des § 363 FamFG kann jedes Mitglied einer Erbengemeinschaft eine externe Person wie beispielsweise einen Notar damit beauftragen, eine Vermittlerposition innerhalb der Zwangsgemeinschaft einzunehmen. Dieses Vermittlungsverfahren ist durchaus dann eine denkbare Alternative, wenn innerhalb der Erben keinerlei rechtliche Probleme bestehen und es lediglich um die Nachlassverteilung geht. Beachtet werden muss dabei jedoch der Umstand, dass der Notar lediglich eine Vermittlungsposition einnehmen kann. Eine Entscheidungsgewalt kommt dem Notar dabei nicht zu. Es obliegt letztlich der Gemeinschaft, die Vorschläge des Notars aufzunehmen oder nicht. Sollte ein blockierendes Mitglied einer Erbengemeinschaft dem Vermittlungserfahren mittels eines Notars nicht zustimmen, so kann der Notar als Vermittler nicht tätig werden und das Vermittlungsverfahren gilt als gescheitert.
Sollten alle Mitglieder der Zwangsgemeinschaft jedoch der Vermittlung mittels eines Notars zustimmen, so erfolgt seitens des Notars eine Beurkundung dieses Ergebnisses. Sollte das blockierende Mitglied sich trotz der Zustimmung umentscheiden und nicht zu dem vereinbarten Verhandlungstermin erscheinen, so kann der Notar gegen dieses blockierende Mitglied ausdrücklich ein Versäumnisverfahren anstreben.
Die Vermittlerposition muss nicht zwingend ein Notar sein. Es ist auch möglich, eine anderweitige Person wie beispielsweise einen Mediator mit dieser Aufgabe zu beauftragen. Unabhängig von der beruflichen Stellung dieser Person ist jedoch die Zustimmung der gesamten Gemeinschaft erforderlich.
Sollte es innerhalb einer Erbengemeinschaft eine blockierende Person geben, so ist durchaus ein gewisses Maß an Eigeninitiative erforderlich. Ein guter Ansatz hierfür wäre es, einen Teilungsplan aufzustellen und diesen Teilungsplan der Gemeinschaft vorzulegen. Dieser Teilungsplan muss dann natürlich wiederum die Zustimmung der Gemeinschaft finden. In der gängigen Praxis fangen hierbei dann wieder die Probleme an, denn die Blockadehaltung einer blockierenden Person lässt sich durch einen Teilungsplan für gewöhnlich nicht auflösen. Als letzte Möglichkeit gäbe es dann noch die Option, die Erbauseinandersetzung mittels einer Teilungsklage zu realisieren. Hierfür ist allerdings die Hilfe eines erfahrenen und kompetenten Rechtsanwalts überaus ratsam.
Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag: Erbengemeinschaft auflösen – diese Optionen gibt es