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Erbauzinsanpassung ohne Zustimmung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte

Erbbaurechtstreit: Gerichtsurteil schützt Rechte Dritter

Für eine nachträgliche Änderung des dinglichen Erbbauzinses ist gemäß §§ 877, 876 BGB die Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte erforderlich; die Beschwerde gegen die erforderliche Zustimmung zur Erhöhung des Erbbauzinses nach Bestandteilszuschreibung wurde zurückgewiesen.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Eine nachträgliche Änderung des dinglichen Erbbauzinses bedarf gemäß §§ 877, 876 BGB der Zustimmung von Inhabern gleich- oder nachrangiger Rechte.
  • Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte, dass für die Erhöhung des Erbbauzinses nach Bestandteilszuschreibung die Zustimmung nachrangiger Rechtsinhaber notwendig ist.
  • Die Beschwerde gegen die Anforderung dieser Zustimmung wurde abgewiesen und die Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt.
  • Das Gericht argumentierte, dass jede rechtliche und nicht nur wirtschaftliche Beeinträchtigung von Drittrechten ausgeschlossen sein muss, um ohne Zustimmung ändern zu dürfen.
  • Im vorliegenden Fall führte die Bestandteilszuschreibung und die damit verbundene Erhöhung des Erbbauzinses zu einer notwendigen Zustimmung der nachrangigen Rechtsinhaber.
  • Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Schutzes nachrangiger Rechtspositionen bei Änderungen im Grundbuch.
  • Die Festsetzung des Streitwerts basiert auf dem zwanzigfachen Jahreswert des zusätzlich eingetragenen Erbbauzinses.
  • Die Erklärung des Gerichts verdeutlicht, dass bei einer Flächenerweiterung durch Bestandteilszuschreibung und einer dadurch bedingten Erhöhung des Erbbauzinses die Zustimmung der nachrangigen Rechtsinhaber erforderlich ist, um deren Positionen zu wahren.

Erbbauzinsänderungen bei Zuschreibung von Flächen

Die Erbbauzinsreallast ist ein dingliches Recht zur Belastung eines Erbbaugrundstücks. Bei einer Änderung ihres Inhalts, etwa nach Flächenzuschreibungen, stellt sich die Frage nach Zustimmungserfordernissen. Denn grundsätzlich bedürfen Inhaltsänderungen des Erbbaurechts der Zustimmung anderer Berechtigter.

Dabei muss der Drittschutz gewährleistet sein: Nachrangige Rechte dürfen durch Änderungen nicht rechtlich beeinträchtigt werden, sofern die Inhaber nicht zustimmen. Um diese Balance zu wahren, hat die Rechtsprechung Leitlinien entwickelt. Entscheidend ist insbesondere, ob die Änderung zu einer Mehrbelastung im rechtlichen Sinne führt.

➜ Der Fall im Detail


Streit um Erbbauzinsanpassung erreicht Oberlandesgericht

Im Zentrum des Falles stand die Frage, ob und inwieweit die Zustimmung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte für die nachträgliche Anpassung des Erbbauzinses erforderlich ist. Diese juristische Auseinandersetzung entbrannte zwischen den Eigentümern eines Grundstücks, den Inhabern eines Erbbaurechts und einer Bank, die eine Grundschuld innehatte. Die Eigentümer und Inhaber des Erbbaurechts strebten eine Erhöhung des Erbbauzinses an, nachdem ein zusätzliches Flurstück in das bestehende Erbbaugrundstück eingegliedert worden war. Diese Bestandteilszuschreibung führte zu einer direkten Betroffenheit der Grundschuld der Bank, da durch die Erhöhung des Erbbauzinses ihre Rechtsposition potenziell beeinträchtigt wurde.

Rechtliche Rahmenbedingungen der Erbbauzinsanpassung

Das rechtliche Dilemma ergab sich aus den §§ 877, 876 BGB, die klarstellen, dass jede Inhaltsänderung eines Erbbaurechts, wie eine Anpassung des Erbbauzinses, die Zustimmung aller Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte erfordert. Der Kern der Auseinandersetzung lag darin, ob die Erhöhung des Erbbauzinses aufgrund der Erweiterung der Erbbaugrundstücksfläche eine solche Inhaltsänderung darstellt, die die Rechtsposition der Bank berührt und daher ihrer Zustimmung bedarf.

Entscheidungsfindung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt wies die Beschwerde der Eigentümer und Inhaber des Erbbaurechts zurück und bestätigte damit die Auffassung des Grundbuchamts sowie die rechtliche Notwendigkeit der Zustimmung der Bank. Das Gericht argumentierte, dass durch die Erhöhung des Erbbauzinses die Rechtsstellung der Bank als Inhaberin einer Grundschuld unmittelbar und nicht nur wirtschaftlich betroffen sei, was eine explizite Zustimmung erfordere. Besonders betont wurde die Tatsache, dass die Zustimmung der Bank notwendig ist, um ihre Rechtsposition zu schützen, selbst wenn der Erbbauzins pro Quadratmeter unverändert blieb, da der Gesamtbetrag des Zinses durch die Flächenerweiterung effektiv anstieg.

Juristische Begründung und Implikationen

Die detaillierte juristische Begründung des Gerichts unterstrich die Bedeutung des Schutzes der Rechte Dritter bei jeder Änderung des Erbbaurechts. Das Gericht stellte klar, dass selbst eine indirekte Beeinträchtigung durch eine veränderte Rangfolge im Grundbuch die Zustimmung der betroffenen Parteien erfordert. Diese Entscheidung verdeutlicht die sorgfältige Abwägung der Interessen aller beteiligten Rechtsinhaber im Kontext von Erbbaurechten und setzt ein wichtiges Signal für die Handhabung ähnlicher Fälle in der Zukunft.

Bedeutung der Entscheidung für die Praxis

Für die Praxis bedeutet dieses Urteil eine klare Leitlinie hinsichtlich der Notwendigkeit der Zustimmung aller betroffenen Rechtsinhaber bei der Anpassung von Erbbauzinsen, besonders im Kontext von Bestandteilszuschreibungen. Es unterstreicht die Relevanz transparenter und einvernehmlicher Lösungen zwischen allen Beteiligten, um Rechtsstreitigkeiten und Unsicherheiten im Grundbuchrecht zu minimieren.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein Erbbauzins und welche Rolle spielt er im Erbbaurecht?

Der Erbbauzins ist eine wesentliche Komponente im Rahmen des Erbbaurechts, das den Erbbauberechtigten ermöglicht, ein Grundstück zu nutzen, das ihm nicht gehört, um darauf ein Bauwerk zu errichten oder zu unterhalten. Der Erbbauzins stellt somit eine regelmäßige finanzielle Leistung dar, die der Erbbauberechtigte an den Grundstückseigentümer (Erbbaurechtgeber) entrichtet. Diese Zahlung ist als Gegenleistung für die Überlassung des Nutzungsrechts am Grundstück zu verstehen und wird im Erbbaurechtsvertrag zwischen den Parteien festgelegt.

Die Höhe des Erbbauzinses ist variabel und wird in der Regel als Prozentsatz des Grundstückswertes zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festgelegt. Üblich sind Sätze zwischen 3 und 5 Prozent des Grundstückswertes, wobei die genaue Höhe frei verhandelbar ist und im Erbbaurechtsvertrag festgeschrieben wird. Der Erbbauzins kann sowohl jährlich als auch monatlich gezahlt werden und ist oft an die Inflationsrate oder andere Indizes gekoppelt, um eine faire Anpassung an die wirtschaftlichen Verhältnisse zu gewährleisten.

Eine Besonderheit des Erbbauzinses ist, dass er im Erbbaugrundbuch als sogenannte Erbbauzinsreallast eingetragen wird, was seine dingliche Sicherung gewährleistet. Dies bedeutet, dass der Anspruch auf Zahlung des Erbbauzinses rechtlich stark abgesichert ist und im Falle von Zahlungsverzug des Erbbauberechtigten verschiedene rechtliche Schritte gegen diesen eingeleitet werden können, bis hin zur Ausübung des Heimfallrechts, bei dem das Bauwerk an den Grundstückseigentümer übergeht.

Zusammenfassend spielt der Erbbauzins eine zentrale Rolle im Erbbaurecht, da er die finanzielle Grundlage der Nutzungsüberlassung des Grundstücks bildet und somit eine kontinuierliche Einnahmequelle für den Grundstückseigentümer darstellt, während er dem Erbbauberechtigten die Möglichkeit gibt, ein Grundstück für Bau- und Wohnzwecke zu nutzen, ohne das Grundstück selbst erwerben zu müssen.

Warum ist die Zustimmung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte bei einer Erbbauzinsanpassung erforderlich?

Die Zustimmung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte bei einer Erbbauzinsanpassung ist erforderlich, um die Rechtsstellung dieser Inhaber zu wahren und mögliche Beeinträchtigungen ihrer Rechte durch die Anpassung des Erbbauzinses zu verhindern. Dieses Erfordernis basiert auf dem Grundsatz, dass Änderungen, die potenziell die Rechte Dritter beeinflussen können, deren Zustimmung voraussetzen, um rechtliche Konflikte und Benachteiligungen zu vermeiden.

Im Kontext des Erbbaurechts bedeutet dies, dass wenn der Erbbauzins angepasst werden soll, insbesondere wenn es um die Einführung oder Änderung einer Wertsicherungsklausel geht, die Zustimmung der Inhaber von Rechten, die im Rang gleich oder nach dem Erbbauzins stehen, notwendig ist. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass eine Erhöhung des Erbbauzinses durch eine Wertsicherungsklausel die wirtschaftliche Belastung des Erbbaurechts erhöhen und somit indirekt die Wertigkeit und Sicherheit der nachrangigen Rechte beeinträchtigen könnte.

Die Rechtsprechung und die juristische Literatur bestätigen, dass die Zustimmung der nachrangigen Rechteinhaber insbesondere dann erforderlich ist, wenn durch die Anpassung des Erbbauzinses ihre Rechtsstellung berührt wird. Dies ist der Fall, wenn die Anpassung zu einer höheren Belastung des Erbbaurechts führt, was die Sicherheit oder den Wert der nachrangigen Rechte beeinträchtigen könnte. Die Zustimmung dient somit dem Schutz der nachrangigen Rechteinhaber vor unvorhergesehenen oder ungewollten Verschlechterungen ihrer Rechtsposition.

Es gibt jedoch auch die Auffassung, dass eine Zustimmung der nachrangigen Rechteinhaber nicht erforderlich ist, wenn ihre Rechtsstellung durch die Anpassung des Erbbauzinses nicht berührt wird, beispielsweise wenn die Anpassung lediglich eine formelle Änderung darstellt oder wenn die Anpassungsklausel bereits im ursprünglichen Erbbaurechtsvertrag vorgesehen war und lediglich aktiviert wird. In solchen Fällen kann argumentiert werden, dass die nachrangigen Rechteinhaber durch die Anpassung keine Nachteile erleiden und daher ihre Zustimmung nicht erforderlich ist.

Zusammenfassend ist die Zustimmung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte bei einer Erbbauzinsanpassung ein wichtiger rechtlicher Mechanismus, um die Interessen und Rechte aller Beteiligten zu wahren und zu schützen. Sie stellt sicher, dass Änderungen, die potenziell die Rechtsstellung Dritter beeinflussen können, nur mit deren Einverständnis vorgenommen werden.

Was bedeutet eine Bestandteilszuschreibung im Kontext des Erbbaurechts?

Eine Bestandteilszuschreibung im Kontext des Erbbaurechts bezieht sich auf den rechtlichen Vorgang, bei dem ein Grundstück oder ein Teil davon rechtlich so behandelt wird, als wäre es ein Bestandteil eines bereits bestehenden Erbbaurechts. Dies bedeutet, dass das zusätzlich zugeschriebene Land in die rechtliche und wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts integriert wird, wodurch das Erbbaurecht erweitert wird. Die Bestandteilszuschreibung hat zur Folge, dass das zugeschriebene Grundstück den gleichen rechtlichen Bedingungen unterliegt wie das ursprüngliche Erbbaugrundstück.

Rechtlich gesehen führt die Bestandteilszuschreibung dazu, dass das zugeschriebene Grundstück nicht mehr als eigenständiges Grundstück behandelt wird, sondern als Teil des Erbbaurechts. Dies hat verschiedene Implikationen für die Beteiligten:

  • Für den Erbbauberechtigten bedeutet dies eine Erweiterung seines Nutzungsrechts, da er nun zusätzliches Land im Rahmen seines Erbbaurechts nutzen kann. Dies kann beispielsweise für Erweiterungsbauten oder zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten relevant sein.
  • Für den Grundstückseigentümer bedeutet die Bestandteilszuschreibung, dass er über das zugeschriebene Land nicht mehr frei verfügen kann, da es nun Teil des Erbbaurechts ist. Er bleibt zwar Eigentümer des Grundstücks, aber das Nutzungsrecht liegt beim Erbbauberechtigten.
  • Aus rechtlicher Sicht wird das zugeschriebene Land im Grundbuch entsprechend vermerkt. Dies kann die Eintragung einer Bestandteilszuschreibung erfordern, die klarstellt, dass das zusätzliche Land nun Teil des Erbbaurechts ist. Dies dient der Rechtssicherheit und gewährleistet, dass alle Beteiligten über den Umfang und die Grenzen des Erbbaurechts informiert sind.

Die Bestandteilszuschreibung ist ein flexibles Instrument im Erbbaurecht, das es ermöglicht, die räumliche Ausdehnung eines Erbbaurechts den Bedürfnissen der Beteiligten anzupassen. Es erfordert jedoch eine sorgfältige rechtliche Prüfung und die Zustimmung aller Beteiligten, da es die Rechte und Pflichten sowohl des Erbbauberechtigten als auch des Grundstückseigentümers beeinflusst.

Wie wirkt sich eine Erbbauzinsanpassung auf die Rechtsposition von Grundschuldinhabern aus?

Eine Erbbauzinsanpassung kann erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsposition von Grundschuldinhabern haben. Diese Auswirkungen betreffen sowohl die Sicherheiten als auch die Prioritäten dieser Inhaber im Grundbuch. Die Anpassung des Erbbauzinses kann die finanzielle Belastung des Erbbaurechts erhöhen, was wiederum die Sicherheit der Grundschuldinhaber beeinflussen kann.

Wenn der Erbbauzins erhöht wird, steigt die finanzielle Verpflichtung des Erbbauberechtigten. Dies kann die Bonität des Erbbauberechtigten beeinträchtigen und somit das Risiko für die Grundschuldinhaber erhöhen, da die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Erbbauberechtigte seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. In einem solchen Fall könnte der Wert der Sicherheit, die die Grundschuld darstellt, sinken, da die erhöhten Kosten des Erbbauzinses die verfügbaren finanziellen Mittel des Erbbauberechtigten für die Bedienung der Grundschuld verringern.

Darüber hinaus kann eine Erbbauzinsanpassung auch die Priorität der Rechte im Grundbuch beeinflussen. Wenn eine Erbbauzinsreallast nebst Anpassungsvormerkung an erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen wird, kann dies die Rangordnung der nachfolgenden Rechte, einschließlich der Grundschulden, beeinträchtigen. Die Priorität im Grundbuch bestimmt die Reihenfolge, in der Gläubiger im Falle einer Zwangsversteigerung befriedigt werden. Eine höhere Priorität der Erbbauzinsreallast bedeutet, dass diese vor den Grundschulden bedient wird, was die Sicherheit der Grundschuldinhaber weiter verringern kann.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass jede rechtliche Beeinträchtigung der Grundschuldinhaber durch eine Erbbauzinsanpassung ausgeschlossen sein muss, um eine Zustimmung entbehrlich zu machen. Das bedeutet, dass in Fällen, in denen die Erhöhung des Erbbauzinses die Rechtsstellung der Grundschuldinhaber beeinträchtigt, deren Zustimmung zur Anpassung erforderlich ist. Dies stellt sicher, dass die Rechte der Grundschuldinhaber gewahrt bleiben und nicht ohne deren Einverständnis beeinträchtigt werden.

Zusammenfassend hat eine Erbbauzinsanpassung potenziell signifikante Auswirkungen auf die Rechtsposition von Grundschuldinhabern, indem sie sowohl die Sicherheit als auch die Priorität ihrer Rechte beeinflussen kann. Die Zustimmung der Grundschuldinhaber kann erforderlich sein, um ihre Rechte zu schützen und sicherzustellen, dass ihre Position im Grundbuch nicht ohne ihre Zustimmung nachteilig verändert wird.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • §§ 877, 876 BGB: Regeln die notwendige Zustimmung für Inhaltsänderungen bei Erbbaurechten, wie z.B. Anpassungen des Erbbauzinses. Im Kontext des Falles ist dies zentral, da ohne diese Zustimmung keine rechtsgültige Erhöhung des Erbbauzinses erfolgen kann.
  • § 880 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 29 GBO: Stellt klar, dass für die Änderung einer im Grundbuch eingetragenen Last, wie der Erbbauzinsreallast, die Zustimmung der im Rang betroffenen Rechtsinhaber in notariell beglaubigter Form vorliegen muss. Dies ist relevant, da die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin für die Eintragung eines erhöhten Erbbauzinses erforderlich ist.
  • §§ 890 Abs. 2, 1131 Satz 1 BGB: Erklären die Auswirkungen von Bestandteilszuschreibungen auf bestehende Grundpfandrechte. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass durch die Zuschreibung eines Grundstücks als Bestandteil des Erbbaugrundstücks auch die damit verbundenen Pfandrechte erweitert werden, was eine indirekte Beeinträchtigung der Rechte der Grundschuldgläubigerin darstellen kann.
  • §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 43 Satz 1, 52 Abs. 1, Abs. 2 GNotKG: Sind für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts im Beschwerdeverfahren relevant. Sie legen fest, wie der Wert einer Beschwerde, hier basierend auf dem zwanzigfachen Jahreswert des zusätzlich eingetragenen Erbbauzinses, zu bestimmen ist.
  • § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO: Legt die Verfahrensweise des Grundbuchamts fest, wenn einem Eintragungsantrag ein Hindernis entgegensteht. Dies unterstreicht die Bedeutung der Zwischenverfügung des Amtsgerichts, die auf ein fehlendes Zustimmungserfordernis hinwies.
  • §§ 80, 84 FamFG: Grundlage für die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren, die die Beschwerdeführer zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Dies verdeutlicht die finanziellen Konsequenzen einer erfolglosen Beschwerde im Zusammenhang mit der Erbbauzinsanpassung.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 43/22 – Beschluss vom 26.04.2023

Leitsatz

1. Für eine nachträgliche Änderung des dinglichen Erbbauzinses ist gemäß §§ 877, 876 Satz 1 BGB als Inhaltsänderung die Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte am Erbbaurecht erforderlich.

2. Die Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte ist auch dann erforderlich, wenn die Inhaltsänderung darauf beruht, dass aufgrund Bestandteilszuschreibung nunmehr durch die verdeckte Nachverpfändung ein Bezug auf das bestandteilszugeschriebene Erbbaurecht eine Grundschuld im Rang der im Inhalt zu ändernde Erbbauzinsreallast vorgeht.


Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Halle (Saale) —- Grundbuchamt — vom 25. März 2022 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 22.680,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin des in den Grundbüchern von … Blatt 115 und 705 verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Die Beteiligten zu 2) sind als Berechtigte eines Erbbaurechts für die Dauer von 75 Jahren an dem im Grundbuch von … Blatt 705 verzeichneten Grundstück im Grundbuch (Erbbaugrundbuch) von … Blatt 706 eingetragen. In lfd. Nr. 1 der Abt. Ill des Grundbuchs von … Blatt 706 ist zugunsten der Beteiligten zu 3) eine Grundschuld ohne Brief über einen Betrag in Höhe 313.000,00 € eingetragen. In lfd. Nr. 1 der Abt. ll des Grundbuchs von … Blatt 706 ist — im Rang vor der vorstehenden Grundschuld — zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ein, Erbbauzins in Höhe von 1.134,00 € jährlich eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 haben die Beteiligten zu 1) und 2) unter Vorlage einer Ausfertigung des Nachtrages zum Erbbaurechtsvertrag vom 10. August 2021, einer kirchenrechtlichen Genehmigung und einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts beantragt, das im Grundbuch von … Blatt 115 verzeichnete Flurstück 160 als Bestandteil zu dem in Blatt 705 für … gebuchten Erbbaugrundstück zuzuschreiben und die Ausdehnung des Erbbaurechts auf das Flurstück 160 sowie einen auf 2.268,00 € erhöhten Erbbauzins in die betroffenen Grundbücher einzutragen.

Mit Zwischenverfügung vom 25. März 2022 hat das Grundbuchamt die Beteiligten zu 1) und 2) darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung das Hindernis einer fehlenden Zustimmung der Beteiligten zu 3) zu der Inhaltsänderung der Erbbauzinsreallast entgegenstehe, zu dessen formgerechter Behebung eine Frist von vier Monaten gesetzt werde. Zur Begründung hat das Grundbuchamt ausgeführt, dass es für die begehrte Inhaltsänderung der Zustimmung der Grundschuldgläubigerin bedürfe, die infolge der Bestandteilzuschreibung nunmehr durch die verdeckte Nachverpfändung in Bezug auf das bestandteilzugeschriebene Erbbaurecht im Rang der in Bezug auf die im Inhalt zu ändernde Erbbauzinsreallast vorgehe, so dass ihr Recht nicht nur wirtschaftlich, sondern unmittelbar in ihrer Rangfolge auch materiell-rechtlich gemäß §§ 879, 877, 876 BGB betroffen sei. Danach bedürfe es zur Inhaltsänderung der im Rang vorgehenden Erbbauzinsreallast der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin nach § 880 Abs. 2 BGB in der Form des § 29 GBO.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz vom 9. August 2022 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und zu entscheiden, dass im Falle der Inhaltsänderung eines Erbbaurechts mittel Bestandteilzuschreibung eines weiteren Grundstücks zum Erbbaugrundstück die Inhaltsänderung keiner Zustimmung eines am Erbbaurecht Berechtigten bzw. – hilfsweise – eines am Erbbaurecht berechtigten Grundpfandrechtsgläubigers bedürfe. Sie haben zur Begründung ausgeführt, dass nach überwiegender Meinung im Rahmen einer Inhaltsänderung die Zustimmung des Drittberechtigten dann entbehrlich sei, wenn dessen dingliche Rechtsstellung durch die Inhaltsänderung nicht berührt werde. Dies setze voraus, dass jede rechtliche und nicht bloß wirtschaftliche Beeinträchtigung des Dritten ausgeschlossen sei. Die Zustimmung sei nur dann erforderlich, wenn die Rechtsstellung des Drittberechtigten durch die Inhaltsänderung verschlechtert werde.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 16. September 2022 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht — Beschwerdesenat — zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben zu ihrer Beschwerde mit Schriftsatz vom 28. September 2022 ergänzend ausgeführt, dass auch im Zusammenhang mit der zur Eintragung bewilligten Änderung der vorrangigen Erbbauzinsreallast die Zustimmung des Grundpfandrechtsgläubigers dann entbehrlich sei, wenn dessen dingliche Rechtsstellung durch die Inhaltsänderung nicht berührt werde. So liege es hier. Die Änderung des Zinses sei allein der Flächenvergrößerung geschuldet, welche aus der Bestandteilzuschreibung resultiere. Die mittels der Reallast gesicherte wiederkehrende Leistung und ihre Anpassungskriterien seien gegenüber der bereits eingetragenen Reallast unverändert geblieben. Der Zins betrage 1,80 € pro Quadratmeter Erbbaugrundstücksfläche jährlich. Eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Grundpfandrechtsgläubigers sei nicht gegeben. Seine rechtliche Beeinträchtigung sei ausgeschlossen.

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Zwischenverfügung vom 25. März 2022 ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

A.

Soweit die Beteiligten beantragt haben. die angefochtene Zwischenverfügung aufzuheben, besteht hierzu kein Anlass, denn die Voraussetzungen für den Erlass der Zwischenverfügung haben vorgelegen.

Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt einen Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Dabei soll eine Eintragung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden und auch die anderweitigen Voraussetzungen der Eintragung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen sind.

Zutreffend hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass es für die Eintragung eines erhöhten Erbbauzinses der Zustimmung der Beteiligten zu 3) bedarf.

Für eine nachträgliche Änderung des dinglichen Erbbauzinses ist gemäß §§ 877, 876 Satz 1 BGB als Inhaltsänderung die Zustimmung der Inhaber gleich— oder nachrangiger Rechte am Erbbaurecht erforderlich (z. B. Grziwotz, in: Meikel, GBO, 12. Aufl., Einleitung B, Rdn. 480). Aus dem Schutzzweck der §§ 877, 876 Satz 1 BGB, wie er auch in § 876 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommt, ist allerdings zu folgern, dass die Zustimmung des Dritten unnötig ist, wenn seine dingliche Rechtsstellung durch die Änderung nicht berührt wird. Danach muss also jede rechtliche, nicht bloß eine wirtschaftliche Beeinträchtigung ausgeschlossen sein (z. B. BGH, Beschluss vom 14. Juni 1984, V ZB 32/82, zitiert nach Juris). Bezogen auf den Erbbauzins gilt dabei, dass die Inhaber gleich- oder nachrangiger dinglicher Rechte am Erbbaurecht einer Änderung des Inhalts der Erbbauzinsreallast nicht zustimmen müssen, wenn sich aus der neuen Erbbauzinsreallast kein höherer Erbbauzins als derjenige aus der bisherigen Reallast ergeben kann (z. B. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016. V ZB 61/15, zitiert nach Juris).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der neuen Reallast zweifellos ein höherer Erbbauzins als bislang, nämlich 2.268,00 € jährlich statt 1.134,00 €.

Der Senat folgt den Beteiligten zu 1) und 2) auch nicht dahin, dass eine abweichende Bewertung gerechtfertigt sei, weil der Erbbauzins zwar in der Jahressumme erhöht sei, je Quadratmeter der um das zugeschriebene Grundstück vergrößerten Erbbaugrundstücksfläche aber unverändert bei 1,80 € liege. Tatsächlich führt die Zuschreibung des Flurstücks 160 als Bestandteil des Erbbaugrundstücks Flurstück 159 gemäß §§ 890 Abs. 2, 1131 Satz 1 BGB ohne weiteres dazu, dass sich Grundpfandrechte, die am „Hauptgrundstück“ bestehen, also an dem Grundstück, dem zugeschrieben wird, auch auf das zugeschriebene Grundstück erstrecken, und zwar gemäß § 1131 Satz 1 BGB im Nachrang zu dessen Belastungen (vgl. Hertel, in: BeckOGK BGB, 15. April 2021, Rdn. 73 zu § 890 BGB). Insofern haftet im Ergebnis der Zuschreibung ein größeres Grundstück für die Grundschuld der Beteiligten zu 3) als zuvor. Darin liegt für sich genommen keine Benachteiligung der Grundschuldgläubigerin.

Dessen ungeachtet besteht bei Eintragung eines als Jahresbetrag angegebenen höheren Erbbauzinses eine gegenüber der Grundschuld der Beteiligten zu 3) vorrangige Belastung des Erbbaurechts, die in ihrem absoluten Zahlbetrag einen deutlich größeren Umfang besitzt als zuvor. Zu dieser Benachteiligung ist die Zustimmung der Beteiligten zu 3) erforderlich.

B.

Soweit die Beteiligten zusätzlich allgemein die Entscheidung beantragen, dass im Falle der Inhaltsänderung eines Erbbaurechts mittel Bestandteilzuschreibung eines weiteren Grundstücks zum Erbbaugrundstück die Inhaltsänderung keiner Zustimmung eines am Erbbaurecht Berechtigten bzw. — hilfsweise — eines am Erbbaurecht berechtigten Grundpfandrechtsgläubigers bedürfe, bleibt die Beschwerde ebenfalls ohne Erfolg. Gegenstand der Beschwerde, über die der Senat zu entscheiden hat, kann ausschließlich die im konkreten Fall angefochtene Zwischenentscheidung sein, nicht aber die Feststellung allgemeiner Rechtssätze zu der Erforderlichkeit der Zustimmung eines Berechtigten/Grundpfandrechtsgläubigers in bestimmten Fallkonstellationen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 43 Satz 1. 52 Abs. 1, Abs. 2 GNotKG‚ nämlich dem zwanzigfachen Jahreswert des Erbbauzinses, der zusätzlich in das Grundbuch eingetragen werden soll.

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