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Sondereigentumsfähigkeit eines Heizungsraums

Oberlandesgericht Bremen – Az.: 3 W 28/15 – Beschluss vom 26.04.2016

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 08.12.2015 wird der Beschluss des Amtsgerichts Bremen – Grundbuchamt – vom 12.10.2015 aufgehoben. Das Amtsgerichts Bremen – Grundbuchamt – wird angewiesen, die beantragte Eintragung vorzunehmen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks. Mit notarieller Urkunde vom 10.06.2015 (URNr. […]) hat sie die Teilung des Grundstücks in zwei Wohnungseigentume erklärt. Mit Schriftsatz vom 15.07.2015 beantragte der hierzu beauftragte Notar gemäß § 15 GBO die entsprechende Eintragung der Aufteilung in Wohnungseigentum gemäß § 8 WEG.

Mit Aufklärungsbeschluss vom 14.09.2015 hat das Amtsgericht Bremen -Grundbuchamt – dem Notar mitgeteilt, dass der beantragten Eintragung Hindernisse entgegenstehen würden. Die Zugänge zu einer gemeinschaftlichen Heizungsanlage und den in gemeinschaftlichem Gebrauch stehenden Zentraleinrichtungen der Hausversorgung seien nicht sondereigentumsfähig. Heizungsräume seien grundsätzlich nicht sondereigentumsfähig, es sei denn, es würden weitere Gebäude von dort aus mit Heizenergie versorgt, was vorliegend nicht der Fall sei. Entsprechend der Rechtsprechung des BayOblG (Beschl. v. 25.3.1992, 2 Z BR 1/92) könne ein Raum, in dem sich die gemeinschaftliche Heizanlage befinde, in der Teilungserklärung als „Heizungsraum“ bezeichnet werde und im Aufteilungsplan mit „Heizung“ gekennzeichnet sei, nur als Teil des gemeinschaftlichen Eigentums in das Grundbuch eingetragen werden. Das gleiche gelte grundsätzlich auch für die Räumlichkeiten, die den einzigen Zugang zum Heizungsraum eröffnen. Da die Regelung in § 2 der notariellen Urkunde vom 10.06.2015 vor diesem Hintergrund unzulässig sei, brauche an dieser Stelle auch nicht über die Frage der Zulässigkeit einer in § 2 b) der Urkunde enthaltenen beschränkt persönlichen Dienstbarkeit als Belastung eines Sondereigentums für einen anderen Sondereigentümer entschieden werden.

Mit Schriftsatz vom 02.10.2015 hat der Notar die Ausfertigung einer Abänderungserklärung zur UR-Nr.412/2015 eingereicht, die nicht mehr in der Akte enthalten ist, aus der sich nach dem Vortrag in der Beschwerde die Aufhebung der Bestimmung zur Dienstbarkeit ergeben soll.

Mit Beschluss vom 12.10.2015 hat das Amtsgericht Bremen – Grundbuchamt – den Antrag auf Eintragung der Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Entscheidung des OLG Schleswig, auf die sich die Antragstellerin gestützt habe, vorliegend nicht einschlägig sei. In der dortigen Entscheidung habe das OLG Schleswig ausgeführt, dass ein Heizungsraum nicht dadurch seinen Charakter verliere, dass er zu weiteren „gleichwertigen Nutzungszwecken“ genutzt werde. Aus den tatsächlichen Gegebenheiten in der entschiedenen Wohnanlage ergebe sich aber, dass der Heizungsraum Gemeinschaftseigentum sei. Im vorliegenden Fall gehe das Grundbuchamt davon aus, dass das Badezimmer eines Sondereigentümers und dessen Nutzung als Bad, mithin zu höchstpersönlichen und intimen Zwecken, im Verhältnis zur gleichzeitigen Nutzung des Raumes als Heizanlage für alle Eigentümer keinen annähernd gleichwertigen Nutzungszweck darstelle. Zur Begründung hat sich das Grundbuchamt auch auf die Kommentierung im WEG-Kommentar Vandenhouten zu § 5 WEG bezogen, aus dem sich ergebe, dass ein Heizungsraum zwingend gemeinschaftliches Eigentum sein müsse, es sei denn, er diene noch anderen – annähernd gleichwertigen – Nutzungszwecken. Auch aus weiteren im Einzelnen zitierten Entscheidungen ergebe sich die Notwendigkeit, dass ein Heizungsraum Gemeinschaftseigentum sein müsse. Dies gelte auch für die zu durchquerenden Flure.

Mit Schriftsatz vom 08.12.2015 hat der Notar gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Er widerspricht der Ansicht, dass ein mit einer Heizungsanlage versehener Raum grundsätzlich nicht sondereigentumsfähig sei. Richtig sei, dass es für eine Nutzung in dem hier relevanten Zusammenhang auf die bloße Zweckbenennung im Aufteilungsplan nicht entscheidend ankomme, wenn diese nicht als verbindliche Festlegung der Nutzung in der Teilungserklärung oder anderweitig bestimmt worden sei. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Von daher wachse den Nutzungsangaben im Teilungsplan nur eine eingeschränkte Bedeutung zu. Fehle es an einer verbindlichen Nutzungsregelung im Aufteilungsplan, so sei nach Auffassung des OLG Schleswig maßgebend, ob der Raum nach seiner Art, Lage und Beschaffenheit, insbesondere nach seiner Größe, objektiv geeignet sei, neben der Unterbringung der Heizungsanlage noch andere, zumindest annähernd gleichwertige Nutzungszwecke zu erfüllen. Untergeordnete oder lediglich periphere Nutzungsmöglichkeiten müssten indes außer Betracht bleiben; sie würden den Charakter des Raumes nicht infrage stellen. Eine subjektive, allein am Nutzungswillen des betroffenen Sondereigentums orientierte Sichtweise erscheine hingegen nicht sachgerecht. Sie würde diesem gestatten, die in der Teilungserklärung erfolgte fälschliche Zuweisung des Raumes zum Sondereigentum durch eine wie auch immer geartete sekundäre Nutzung zu manifestieren. Die Argumentation des Grundbuchamtes, das auf die Nutzung des Bades zu höchstpersönlichen und intimen Zwecken abstelle, greife nicht, da mit dieser Begründung eine strukturelle Vorentscheidung zu Gunsten der privaten Nutzung getroffen werde und eine am Einzelfall orientierte tatbestandsbezogene Prüfung der Gleichwertigkeit der Nutzungszwecke überflüssig machen würde. Im vorliegenden Fall läge es vielmehr näher, dass die Nutzung als Bad auch mit Rücksicht auf die Privatheit, die von dieser Nutzung gefordert werde, erhebliches Gewicht habe und daher mindestens gleichwertig oder sogar deutlich vorrangig sei. Dies gelte umso mehr, wenn die betroffene Wohnung für ihre Abgeschlossenheit gerade auf die Zugehörigkeit des Raumes zum Sondereigentum angewiesen sei, weil sich darin die zu hygienischen Zwecken dienende erforderliche Wasserversorgung samt Abflüssen befinde, die gerade innerhalb der Wohnung liegen müssten und die für die Abgeschlossenheit der Wohnung die erforderliche Ausstattung bildeten.

Auch die Begründung, mit der das Grundbuchamt die Eintragung des im Keller gelegenen Flures als Sondereigentum ablehne, könne nicht überzeugen. Zwar habe der BGH (in NJW 1991, 2909) ausgesprochen, dass Räume bzw. Flure, die den einzigen Zugang zur gemeinschaftlichen Heizungsanlage und zu den zentralen Versorgungseinrichtungen des Hauses darstellen, nicht Gegenstand des Sondereigentumes seien. In diesem Fall sei es aber um einen ausschließlich für Zwecke der Heizungsanlage zur Verfügung stehenden Raum gegangen, der gerade im gemeinschaftlichen Eigentum gestanden habe. Methodisch sei vorliegend daher zunächst die Vorfrage zu klären, ob der gemischt genutzte Raum dem Sondereigentum zuzuordnen sei.

Im Weiteren sei es erforderlich, den Zugang zu der Gemeinschaftsanlage zu gewährleisten und dinglich zu sichern, so dass die in der ursprünglichen Teilungserklärung vorgesehene beschränkt persönliche Dienstbarkeit zulässig sei.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 16.12.2015 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

Trotz der missverständlichen Formulierung in der Beschwerdeschrift ist das Rechtsmittel ersichtlich von ihrem Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin eingelegt worden. Auch im Grundbuchverfahren sind Rechtsmittel, bei denen nicht ausdrücklich angegeben ist, in wessen Namen sie eingelegt werden, als vom Antragsberechtigten eingelegt anzusehen. Die Formulierung „Ich lege Beschwerde ein“ in der Beschwerdeschrift eines Notars steht dem nicht entgegen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.4.2006, 20 W 563/05, zitiert nach Juris).

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Zu Unrecht hat das Grundbuchamt die beantragte Eintragung abgelehnt. Insbesondere steht dem nicht § 5 WEG entgegen.

Nach § 5 Abs. 2 WEG sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Die streitgegenständliche Heizung stellt zweifellos eine Anlage dar, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dient. Ein Raum, der eine Gemeinschaftseinrichtung beherbergt, muss seinerseits nicht zwingend Gemeinschaftseigentum sein, denn anderenfalls ergäbe § 5 Abs. 2 letzter Halbs. WEG keinen Sinn (OLG Schleswig, Beschl. v. 06.03.2006, 2 W 13/06, Rdnr. 19, zitiert nach Juris). Bleibt nämlich eine dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienende Anlage selbst dann Gemeinschaftseigentum, „wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume“ befindet, so folgt daraus, dass die Zuordnung solcher Räume zum Sondereigentum jedenfalls nicht ausgeschlossen ist (OLG Schleswig, a.a.O.). Der BGH hat bereits in einer Entscheidung vom 02.02.1979 entschieden, dass Sondereigentum an dem eine gemeinschaftliche Anlage beinhaltenden Raum vor allem dann in Betracht kommen könne, wenn der Raum nicht ausschließlich demselben Zweck wie die Anlage diene (BGH, Urt. v. 02.02.1979, V ZR 14/77, Rdnr. 31, zitiert nach Juris; so auch OLG Schleswig, a.a.O.). Ob der Raum, in dem die zentrale Heizungsanlage eines Objektes untergebracht ist, allein der Energieversorgung oder auch noch anderen Zwecken dient, bestimmt sich in erster Linie nach den Nutzungsangaben in dem der Teilungserklärung anliegenden Aufteilungsplan. Sofern diese nicht als verbindlich anzusehen sein sollten, ist maßgebend, ob der Raum nach seiner Art, Lage und Beschaffenheit, insbesondere auch seiner Größe, objektiv geeignet ist, neben der Unterbringung der Heizungsanlage noch andere, zumindest annähernd gleichwertige Nutzungszwecke zu erfüllen. Untergeordnete oder lediglich periphere Nutzungsmöglichkeiten müssen indes außer Betracht bleiben; sie vermögen den Charakter des Raums als Heizungsraum nicht in Frage zu stellen. Eine subjektive, allein am Nutzungswillen des betroffenen Sondereigentümers orientierte Sichtweise erscheint nicht sachgerecht. Sie würde diesem gestatten, die in der Teilungserklärung erfolgte fälschliche Zuordnung des Raums zum Sondereigentum durch eine wie auch immer geartete sekundäre Nutzung zu manifestieren. Womöglich könnte er den Mangel der Teilungserklärung bereits dadurch heilen, dass er in den Ecken und Nischen des Heizungsraums – eben dort, wo gerade noch Platz ist – Gegenstände wie Kisten, Kartons oder Fahrräder abstellt (zum Ganzen: OLG Schleswig, a.a.O.). Auch das Bayrische Oberste Landesgericht hat in einer Entscheidung, die das Grundbuchamt im Aufklärungsbeschluss vom 14.09.2015 heranzieht, eine Ausnahme von seiner grundsätzlich angenommenen Pflicht zur Begründung von Gemeinschaftseigentum angenommen, wenn der Raum nicht ausschließlich demselben Zweck wie die Anlage dient und dabei maßgeblich auf den Aufteilungsplan abgestellt (Beschl. v. 25.03.1992, 2Z BR 1/92, Rdnr. 13, zitiert nach Juris). Vorliegend ist nach dem insoweit maßgeblichen Aufteilungsplan der Raum, in dem die Heizung untergebracht ist, ein Bad. Auch die Größe der Heizung, die nach den Ausführungen in der Beschwerde das Ausmaß eines größeren Reisekoffers habe, im Verhältnis zur Raumgröße (8,24 qm), lässt eine Nutzung als Bad unproblematisch zu. Die Heizung ist somit für den Raum, in dem sie untergebracht ist, nicht prägend. Etwas anderes könnte gelten, wenn in einem Heizungsraum die Anlage den erheblichen Teil des Raumes einnimmt (so etwa im Fall des OLG Schleswig, a.a.O.: Dort mit Hinweis darauf, dass sich bei einer Nutzung als Wohn- oder Gewerberaum, z.B. als Arbeitszimmer oder Büroraum, eine andere Beurteilung ergeben könnte) oder wenn in dem Raum das Heizöl gelagert wird. Den schutzwürdigen Belangen der anderen Sondereigentümer wird bereits durch die Gestattungspflicht in § 14 Nr. 4 WEG Rechnung getragen. Diese Gestattungspflicht kann aber auch durch Vereinbarung oder in der Teilungserklärung erweitert werden (für Eigentumsanlage mit zwei Wohneinheiten: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.04.1998, 5 W 161/97, Rdnr. 24, zitiert nach Juris: für Gas- und Wasseranschlüsse sowie Wasseruhren in einem Kellerraum; vgl. LG Duisburg, Urt. v. 07.06.2013, 2 O 334/12, zitiert nach Juris: für Gas- und Wasseranschluss sowie Wasseruhren, Strom- und Telefonanschluss). Dies gilt entsprechend auch für die Zugangswege zu dem Raum, in dem sich die Heizung befindet (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.).

Im Beschwerdeverfahren ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

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