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Miterbeninteresse an umfassender Grundbucheinsicht

Ausgleichsansprüche gegen einen Miterben

OLG Braunschweig – Az.: 1 W 41/19 – Beschluss vom 12.06.2019

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts H. – Grundbuchamt – vom 01.08.2018 aufgehoben, soweit das Amtsgericht der Erinnerung des Antragstellers gegen die Versagung der Akteneinsicht nicht abgeholfen hat.

2. Das Grundbuchamt wird angewiesen,

a) dem Antragsteller einen vollständigen einfachen Grundbuchauszug hinsichtlich des im Grundbuch des Amtsgerichts H. von B. L. eingetragenen Grundstücks zu erteilen,

b) dem Antragsteller aus der Grundakte zu dem vorbezeichneten Grundstück eine beglaubigte Abschrift des notariellen Übertragungsvertrages vom 21.03.2013 zwischen M. L. und B. R. (UR Nr.) sowie des notariellen Kaufvertrages vom 13.11.2013 zwischen M. L. und B. R. als Verkäuferinnen und W. R. als Käuferin (UR Nr.) zu erteilen.

3. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

5. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Eheleute W. und M. L. waren vormalig Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts H. von B. L. unter lfd. Nr. 1, 2 eingetragenen Hausgrundstücks. Der Antragsteller ist ein Sohn der Eheleute. Sein Vater W. L. verstarb 2013. W. und M. L. haben sich durch privatschriftliches gemeinschaftliches Testament aus dem Jahr 1993 gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und ihre drei Kinder zu gleichen Teilen als Erben des Letztversterbenden bestimmt (Bl. 131 d. A.). Das Testament wurde eröffnet. In der Folge wurde der Miteigentumsanteil von W. L. an dem vorbenannten Grundstück auf M. L. als Alleineigentümerin umgeschrieben. M. L. verstarb 2018. Gemäß dem Erbschein des Amtsgerichts H. vom 01.02.2019 (Az. 8 VI 384/18) wurde M. L. von dem Antragsteller, seiner Schwester B. R., geb. L., sowie den Erbinnen des vorverstorbenen Bruders D. gemeinsam beerbt.

M. L. hatte ihr Eigentum an dem Hausgrundstück im Jahr 2013 auf ihre Tochter B. R. übertragen. B. R. veräußerte das Grundstück kurz darauf an eine dritte Person weiter. Sie gab der Betreuerin des Antragstellers auf Anfrage keine Auskunft über die Veräußerungsvorgänge. Der Antragsteller begehrt deshalb einen Grundbuchauszug und die Erteilung von Abschriften der notariellen Verträge, die zu einem Eigentumswechsel von W. L. und/oder M. L. auf dritte Personen geführt haben. Er macht geltend, im Hinblick erbrechtliche Ausgleichungs- und/oder Anrechnungsansprüche ein berechtigtes Interesse an den begehrten Auskünften zu haben.

Mit Schreiben vom 02.03.2018 wies die Urkundsbeamtin den Antrag der Betreuerin auf Erteilung eines Grundbuchauszuges mit der Begründung zurück, dass der Beschwerdeführer eine Vollmacht der jetzigen Eigentümerin benötige. Auskunft, an wen B. R. das Grundstück veräußert habe, könne nicht erteilt werden (Bl. 136 d. A.). Mit gleicher Begründung wies das Grundbuchamt das nachfolgende anwaltliche Ersuchen zurück (Bl. 139, 143 d. A.). Auf das Anwaltsschreiben vom 17.04.2018 (Bl. 144 d. A.) erteilte die Urkundsbeamtin mit Schreiben vom 04.05.2018 einen „gekürzte[n]/teilweise[n] Grundbuchauszug“ bezogen auf den Erbfall nach dem Vater des Beschwerdeführers und lehnte den weitergehenden Antrag ab (Bl. 145 d. A.). Hiergegen legte der Beschwerdeführer mit Anwaltsschreiben vom 14.05.2018, beim Grundbuchamt eingegangen am 17.05.2018, „Rechtsmittel“ ein und machte Ausführungen zum rechtlichen Interesse an der Einsichtnahme (Bl. 147 d. A.). Die Urkundsbeamtin half dem nicht ab und legte den Vorgang der Rechtspflegerin zur Entscheidung vor (Bl. 146 d. A.).

Mit Beschluss vom 01.08.2018 hat die Rechtspflegerin am Grundbuchamt der Erinnerung insoweit abgeholfen, dass dem Beschwerdeführer eine beglaubigte Abschrift der Auflassungsurkunde vom 21.03.2013 übersandt und mitgeteilt wurde, dass B. R. infolge der Auflassung am 24.07.2013 Eigentümerin der unter lfd. Nr. 1 und 2 im Bestandsverzeichnis eingetragenen Grundstücke geworden ist. Die Erteilung eines vollständigen Grundbuchauszuges lehnte sie unter Hinweis darauf ab, dass B. R. aktuell nicht mehr Eigentümerin sei.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 11.04.2019 hat der Beschwerdeführer um Zuleitung der Akten an das Oberlandesgericht gebeten zur Entscheidung über den „noch nicht bearbeiteten und insofern nicht abgeholfenen Antrag“ (Bl. 153 d. A.).

Das Amtsgericht – Grundbuchamt – hat der Beschwerde durch Beschluss vom 14.05.2019 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 156 d. A.).

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. a) Das Anwaltsschreiben vom 11.04.2019 ist als Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamtes – vom 01.08.2018 auszulegen. Mit der Bitte um Zuleitung der Akten an das Oberlandesgericht als dem nach der Gerichtsverfassung dem entscheidenden Gericht übergeordneten Beschwerdegericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG) bringt der Antragsteller, auch ohne den Ausdruck „Beschwerde“ zu gebrauchen, eindeutig zum Ausdruck, dass er eine Entscheidung der nächsthöheren Instanz begehrt. Dazu ist die Beschwerde das einzig infrage kommende Rechtsmittel.

Die Beschwerde richtet sich sowohl gegen die Versagung eines vollständigen Grundbuchauszuges als auch gegen die Nichterteilung von Abschriften der zur Grundakte gelangten Veräußerungsverträge. Das Amtsgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss zu den Abschriften zwar nicht explizit geäußert. Seine Entscheidung ist bei verständiger Würdigung jedoch als vollumfängliche Zurückweisung des Einsichtsgesuches zu werten, soweit dem Gesuch nicht stattgegeben wurde. Denn nach der Gesetzessystematik ist die Erteilung von Abschriften gemäß § 12 Abs. 2 GBO lediglich eine erweiterte Form der Grundbucheinsicht (vgl. Demharter, GBO31, § 12 Rn. 22). Die Rechtspflegerin im Grundbuchamt ging auch erkennbar davon aus, abschließend über das Gesuch des Antragstellers zu entscheiden. Ihre Verfügung zu dem angefochtenen Beschluss endet mit der Anordnung „Weglegen“ (Bl. 149 R d. A.). Aus dem Beschwerdeschriftsatz ergibt sich, dass der Antragsteller den Beschluss vom 01.08.2018 ebenfalls als abschließende Entscheidung über das gesamte Gesuch verstanden hat. Das folgt aus der Formulierung „damit dieses [Anm.: gemeint ist das Oberlandesgericht] über unseren noch nicht bearbeiteten und insofern nicht abgeholfenen Antrag [Hervorhebung durch den Senat] entscheiden kann.“

b) Gegen die Versagung von Grundbucheinsicht durch den Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 Buchst. h RPflG) ist die Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO; § 12c Abs. 4 S. 2 GBO) und auch formgemäß nach § 73 GBO mit § 10 Abs. 2 S. 1 FamFG eingelegt. Die Beschwerde ist nicht fristgebunden. Der Antragsteller ist auch beschwerdeberechtigt. Durch die Behauptung, die Grundbucheinsicht zu dem Zweck zu benötigen, erbrechtliche Anrechnungs- und/oder Ausgleichungsansprüche gegen seine Schwester B. R. als Miterbin hinsichtlich des Nachlasses von M. L. prüfen zu können, erscheint eine Beschwer zumindest möglich.

2. Der Antragsteller kann gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 GBO und § 46 Abs. 1, 3 S. 1 GBV einen uneingeschränkten Grundbuchauszug und die Erteilung von beglaubigten Abschriften der Veräußerungsverträge verlangen. Einer Vollmacht der Grundstückseigentümerin bedarf es insoweit nicht.

a) Die Einsicht in das Grundbuch ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt (§ 12 Abs. 1 S. 1 GBO). In diesem Rahmen umfasst das Einsichtsrecht auch die in Bezug genommenen Urkunden (§ 12 Abs. 1 S. 2 GBO) und über § 12 Abs. 3 Nr. 1 GBO in Verbindung mit § 46 GBV den übrigen Inhalt der Grundakten, auch wenn dieser keinen unmittelbaren Bezug zur Grundbucheintragung hat (Demharter GBO31, § 12 Rn. 9, 17; Hügel/Wilsch GBO3, § 12 Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 27. Februar 2019 – 34 Wx 28/19 –, Rn. 12 juris). Gemäß § 12 Abs. 2 GBO und § 46 Abs. 3 GBV kann, soweit ein Einsichtsrecht besteht, auch die Übersendung von Abschriften gefordert werden.

Ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch im Sinne von § 12 Abs. 1 GBO ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan wird, das sich im Unterschied zum rechtlichen Interesse nicht auf ein bereits vorhandenes Recht oder konkretes Rechtsverhältnis stützen muss, sondern auch mit einem (beispielsweise) bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann (OLG Oldenburg, Beschluss vom 30. September 2013 – 12 W 261/13 (GB) –, Rn. 2 juris = RPfleger 2014, 131; OLG München, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 34 Wx 188/18 –, Rn. 11 juris; Beschluss vom 11. Januar 2018 – 34 Wx 408/17 –, Rn. 13 juris; Demharter, GBO31, § 12 Rn. 7 ff.).

Darlegung bedeutet einen nachvollziehbaren Vortrag von Tatsachen in der Weise, dass dem Grundbuchamt daraus die Überzeugung von der Berechtigung des geltend gemachten Interesses verschafft wird, also mehr als die bloße Behauptung von Tatsachen und mehr als einen pauschalen Vortrag (Demharter, GBO31, § 12 Rn. 13; Hügel/Wilsch, GBO3, § 12 Rn. 7). Entscheidend ist in der Regel das Vorbringen sachlicher Gründe, die die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen (OLG München, Beschluss vom 27. Februar 2019 – 34 Wx 28/19 –, Rn. 16 juris; KG Berlin, Beschluss vom 19. Juni 2001 – 1 W 132/01 –, Rn. 9 juris = NJW 2002, 223 ff.). Dies ist im Fall erbrechtlicher Ansprüche nicht grundsätzlich der Fall, sondern im Einzelfall zu prüfen (Maaß in: Bauer/von Oefele, GBO3, § 12 Rn. 38; Hügel/Wilsch, GBO3, § 12 Rn. 58).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsteller vorliegend sein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch und in die Veräußerungsverträge dargetan.

aa) Der Antragsteller ist Erbe der verstorbenen früheren Grundstückseigentümerin M. L. und befindet sich in einer Erbengemeinschaft mit seiner Schwester B. R., die das hier betroffene Grundstück zu Lebzeiten von M. L. erworben und sodann an die aktuelle Eigentümerin weiterveräußert hat. Dass der Antragsteller und B. R. Miterben sind, ergibt sich aus dem Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 11.04.2019 (Bl. 153 d. A.). Darin wird auf den gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts H. vom 01.02.2019 hingewiesen. Das Grundbuchamt hat diese Angabe überprüft, indem es die Nachlassakte beigezogen hat. Unbeachtlich ist hier, ob das Erbrecht auf gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge beruht.

bb) Der Antragsteller hat ausreichend dargelegt, dass sein Gesuch der Klärung von Ausgleichspflichten nach §§ 2050 ff. BGB dient. Hierin liegt ein anzuerkennendes wirtschaftliches Interesse des Antragstellers (vgl. OLG München, Beschluss vom 11. Januar 2018 – 34 Wx 408/17 –, Rn. 15 juris). Nach §§ 2050 ff. BGB haben Abkömmlinge des Erblassers unter bestimmten Voraussetzungen lebzeitige Zuwendungen des Erblassers untereinander auszugleichen. Vorliegend erscheinen derartige Ansprüche möglich, weil die Erblasserin ihrer Tochter B. R. das hier gegenständliche Hausgrundstück zu Alleineigentum zugewendet hat, ihr nach gesetzlichem Erbrecht jedoch wertmäßig nur 1/3 des Nachlasses zusteht, weil Abkömmlinge zu gleichen Teilen erben (§ 1924 Abs. 4 BGB). Das Ehegattentestament aus dem Jahr 1993 enthält die entsprechende Anordnung, dass die drei Kinder zu gleichen Teilen erben sollen. Bei gewillkürter Erbfolge könnten die Ausgleichsregeln der §§ 2050, 2051 BGB demnach über § 2052 BGB anwendbar sein.

Das Anliegen des Antragstellers ist vergleichbar mit einem Pflichtteilsberechtigten, dem in der Regel ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 12 GBO in Verbindung mit § 46 GBV zuerkannt wird, wenn er nach dem Tod des im Grundbuch eingetragenen Erblassers seine erbrechtlichen Ansprüche prüfen will (h. M., vgl. OLG München, Beschluss vom 07. November 2012 – 34 Wx 360/12 –, Rn. 8 juris = FamRZ 2013, 1070–1071; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. September 2013 – 11 Wx 57/13 –, Rn. 10 juris = ZEV 2013, 621–623; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04. Februar 2014 – I-3 Wx 15/14 –, Rn. 12 juris; Beschluss vom 07. April 2015 – I-3 Wx 61/15 –, Rn. 13, 14 juris; LG Stuttgart, Beschluss vom 09. Februar 2005 – 1 T 1/2005 –, Rn. 9 juris; Demharter, GBO31, § 12 Rn. 12 a. E.). Dem Pflichtteilsberechtigten wird Grundbucheinsicht auch dann gewährt, wenn inzwischen der Erbe oder ein Dritter als Rechtsnachfolger im Grundbuch eingetragen ist, weil es zur Klärung dient, ob Pflichtteilsergänzungsansprüche entstanden sind (OLG München, Beschluss vom 07. November 2012 – 34 Wx 360/12 –, Rn. 8 juris = FamRZ 2013, 1070–1071; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. September 2013 – 11 Wx 57/13 – Rn. 10 juris = ZEV 2013, 621–623). Auch wenn der Erblasser vor seinem Tod eine Immobilie veräußert hat, soll der Pflichtteilsberechtigte selbst überprüfen können, ob es Anhaltspunkte für eine zumindest teilweise Unentgeltlichkeit der Übertragung gibt. Der Erwerber muss es hinnehmen, dass erbrechtliche Beteiligte über die Grundbucheinsicht das Bestehen etwaiger Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erbfall prüfen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. September 2013 – 11 Wx 57/13 – Rn. 10 juris = ZEV 2013, 621–623).

Diese Wertungen sind auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar.

(1) Der Antragsteller kann aus § 12 Abs. 1 S. 1 GBO einen vollständigen Grundbuchauszug verlangen. Sein berechtigtes Interesse erstreckt sich nicht lediglich auf das Bestandsverzeichnis und die Angaben in Abteilung I des Grundbuchs oder Teile davon, sondern auf die gesamten Eintragungen (vgl. OLG München, Beschluss vom 07. November 2012 – 34 Wx 360/12 –, Rn. 8 juris = FamRZ 2013, 1070–1071). Denn neben den Eigentumsverhältnissen ist für die Höhe der Zuwendung an B. R. auch von Bedeutung, ob und ggf. in welchem Umfang dingliche Belastungen übernommen oder neu begründet worden sind.

(2) Der Antragsteller hat zudem gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1 GBO i. V. m. § 46 Abs. 1, 3 GBV Anspruch auf eine beglaubigte Abschrift des Veräußerungsvertrages vom 21.03.2013 zwischen M. L. und ihrer Tochter B. R.. Der Veräußerungsvertrag vermag Aufschluss zu geben über schuldrechtliche Vereinbarungen, die nicht zum eigentlichen Grundbuchinhalt gehören, dessen Publizität § 12 Abs. 1 GBO sicherstellt, und die daher nicht dem Einsichtsrecht nach § 12 Abs. 1 S. 2 GBO unterliegen. Insofern ist das Interesse an der Grundbucheinsicht mit dem Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen (OLG München, Beschluss vom 27. Februar 2019 – 34 Wx 28/19 –, Rn. 14 juris). Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob durch die Einsichtnahme schutzwürdige Interessen der Eingetragenen oder ihrer Rechtsnachfolger verletzt werden können, um Unbefugten keinen Einblick in deren Rechts- und Vermögensverhältnisse zu gewähren (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 03. Dezember 1998 – 2Z BR 174/98 –, Rn. 13 juris = Rpfleger 1999, 216/217; OLG München, Beschluss vom 11. Januar 2018 – 34 Wx 408/17 –, Rn. 14 juris; Demharter, GBO31, § 12 Rn. 14). Es gilt auch deshalb ein strenger Maßstab, weil diese Beteiligten im Einsichtsverfahren nicht angehört werden (Hügel/Wilsch, GBO3, § 12 Rn. 25).

Bei Abwägung der maßgeblichen Umstände überwiegen hier die Interessen des Antragstellers. Schutzwürdige Belange der Miterbin B. R. stehen nicht entgegen, weil sie dem Antragsteller und den übrigen Erben gemäß § 2057 BGB ohnehin zur Auskunft über die erhaltenen Zuwendungen verpflichtet ist. Rechte der aktuellen Eigentümerin werden durch die Überlassung der Abschrift nicht tangiert, weil sie selbst nicht Vertragspartei des notariellen Vertrages vom 21.03.2013 war.

(3) Der Antragsteller kann schließlich gemäß § 46 Abs. 1, 3 GBV auch eine beglaubigte Abschrift des notariellen Kaufvertrages vom 13.11.2013 verlangen.

Der Anspruch ist von seinem Auskunftsbegehren gedeckt. Der Antrag vom 19.03.2018 (Bl. 139 d. A.) bezieht sich im Wortlaut zwar nur auf notarielle Verträge, die zu einem Eigentumswechsel von W. und/oder M. L. auf dritte Personen geführt haben. Damit wäre die Weiterveräußerung des Grundstücks von B. R. an die aktuelle Eigentümerin strenggenommen nicht erfasst. Doch wird aus der Begründung der Beschwerde deutlich, dass der Antragsteller ebenfalls Einsicht in den Kaufvertrag zwischen B. R. und der aktuellen Eigentümerin begehrt. Er möchte erfahren, zu welchem Kaufpreis B. R. das Grundstück veräußert hat, nachdem es ihr die Mutter übertragen hat.

Auf die Auslegung des Antrages kommt es im Ergebnis nicht an, weil in derselben Vertragsurkunde zugleich ein Veräußerungsgeschäft von M. L. beurkundet wird. M. L. hat mit dem notariellen Vertrag vom 13.11.2013 ein angrenzendes Flurstück, das nunmehr unter lfd. Nr. 3 im Bestandsverzeichnis des hier betroffenen Grundbuchblattes geführt wird, an die aktuelle Eigentümerin verkauft.

Das berechtigte Interesse des Antragstellers an der Einsicht in den Vertrag überwiegt die schützenswerten Belange der Erwerberin des Grundstücks. Die Einsicht in den Vertrag ist zur Befriedigung des berechtigten Interesses des Antragstellers erforderlich. Er benötigt die nicht schon aus dem Grundbuchauszug folgenden Informationen zum Kaufpreis und den weiteren Vertragsmodalitäten als Grundlage für die Wertbemessung des Grundstücks im Veräußerungszeitpunkt. Die Angaben sind nötig, um prüfen zu können, ob Ausgleichungsansprüche gegen die Miterbin B. R. entstanden sind. Dahinter hat das Geheimhaltungsinteresse der Käuferin des Grundstücks hinsichtlich dieser Daten zurückzustehen. Die Daten genießen keinen besonderen Schutz, weil sie von der Auskunftspflicht des Miterben aus § 2057 BGB erfasst und aufgrund der gesetzlichen Auskunftsverpflichtung ohnehin preiszugeben wären.

Der Antragsteller muss sich nicht auf seinen Anspruch aus § 2057 BGB gegen seine Schwester B. R. als Miterbin verweisen lassen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 20. Januar 2004 – 1 W 294/03 –, Rn. 4 juris = MDR 2004, 943–944; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. September 2013 – 11 Wx 57/13 –, Rn. 11 juris). § 12 GBO ist eine Einschränkung des Einsichtsrechts auf Fälle, in denen die benötigte Auskunft nicht anderweitig – etwa durch Einholung der Auskünfte Dritter – erlangt werden kann, nicht zu entnehmen. Zudem kann der Miterbe gerade ein berechtigtes Interesse daran haben, die Richtigkeit einer ihm erteilten Auskunft durch eigene Einsichtnahme in das Grundbuch zu überprüfen.

3. Anlass für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht nicht, vgl. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG.

4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

5. Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 61, 36 Abs. 1 und 3 GNotKG. Anhaltspunkte für eine tragfähige Schätzung des Wertes des von dem Antragsteller mit seinem Rechtsmittel verfolgten Interesses an einer Erleichterung seiner Rechtsverfolgung sind der Grundakte nicht zu entnehmen.

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