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Grundbucheintragung der Pfändung einer verdeckten Eigentümergrundschuld

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 65/22 – Beschluss vom 03.05.2022

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: bis 15.000,– EUR.

Gründe

I.

Im betroffenen Grundbuch ist seit dem 17.01.2011 A in Abt. I, lfd. Nr. 4, als alleiniger Eigentümer eingetragen. In Abt. III, lfd. Nrn. 1 und 2, sind seit dem 10.01.1981/17.08.1982 und dem 08.09.1982 zwei Briefgrundschulden jeweils zu Gunsten der Bank1 eG über 13.804,88 EUR und 15.338,76 EUR jeweils nebst Zinsen und einmaliger Nebenleistung eingetragen. Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 24.02.2022 (Bl. 220 ff. d. A.) hat der Antragsteller gegenüber dem Grundbuch beantragt, die Pfändung der beiden Briefgrundschulden im Grundbuch zu vermerken (Ziffer 1.) und die beiden Briefgrundschulden zu löschen (Ziffer 2.). Vorgelegt hat er hierzu eine Ausfertigung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Fritzlar vom 28.05.2021 (Bl. 222 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird und ausweislich dessen unter anderem wegen einer Forderung des Antragstellers gegen den im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen A in Höhe von insgesamt 33.994,83 EUR die angeblichen Eigentümergrundschulden, in die sich die beiden bezeichneten im Grundbuch eingetragenen Briefgrundschulden ganz oder teilweise verwandelt hätten, zu Gunsten des Antragstellers gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurden. Als Drittschuldner ist in diesem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss A aufgeführt. Diesem ist er ausweislich einer ebenfalls vorgelegten Zustellungsurkunde am 02.06.2021 zugestellt worden. Weiter hat der Verfahrensbevollmächtigte dem Grundbuchamt mit dem oben bezeichneten Schreiben eine Löschungsbewilligung der Bank2 vom 07.04.2008 (Bl. 237 d. A.), eine Drittschuldnererklärung der Bank2 eG vom 03.12.2020 nebst Anschreiben vom 08.12.2020 (Bl. 232 ff. d. A.), ausweislich der die Löschungsbewilligung und die Grundschuldbriefe am 07.04.2008 an A ausgehändigt worden seien, die beiden Grundschuldbriefe (Bl. 235, 236 d. A.) und ein Schreiben der Obergerichtsvollzieherin B vom 21.11.2021 (Bl. 239 d. A.) überreicht. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird ebenfalls verwiesen.

Durch die angefochtene Zwischenverfügung (Bl. 244 d. A.), auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Grundbuchamt als Hindernis aufgeführt, dass dem Grundbuchamt für die Eintragung der Pfändung einer sogenannten verschleierten Eigentümergrundschuld das Entstehen des Eigentümerrechts in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden müsse. Die Grundbucheintragung der Pfändung einer „angeblichen“ Eigentümergrundschuld, wie im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgeführt, sei nicht statthaft. Durch eine bloße Löschungsbewilligung des Gläubigers und die Schreiben vom 03.12.2020 und 08.12.2020 könne dieser Nachweis nicht erbracht werden; Letztere entsprächen auch nicht der Form des § 29 GBO. Zur Löschung der Grundschuld sei der Löschungsantrag/die Zustimmung des Eigentümers in der Form des §§ 29, 27 GBO vorzulegen.

Gegen diese Zwischenverfügung hat der Antragsteller mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 30.03.2022 (Bl. 249 ff. d. A.) beim Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf seinen Antrag vom 24.02.2022 nebst Anlagen verwiesen. Nach Rückgabe der Sache an das Grundbuchamt hat dieses durch Beschluss vom 19.04.2022 (Bl. 283 ff. d. A.) der Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Zwischenverfügung nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde, über die nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung gemäß § 75 GBO das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist gemäß den §§ 71, 73 GBO statthaft und auch ansonsten zulässig.

Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Zwischenverfügung ist nicht zu beanstanden.

Die angefochtene Verfügung stellt sich auf Grund der darin enthaltenen Fristsetzung gemäß § 18 GBO, der Bezeichnung der Eintragungshindernisse und der Angabe des Mittels zur Behebung dieser Hindernisse sowie der Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten als anfechtbare Zwischenverfügung im Sinn des § 18 GBO und nicht als bloße Meinungsäußerung dar, gegen die keine Beschwerde zulässig wäre.

Der Erlass dieser Zwischenverfügung ist nicht aus formellen Gründen zu beanstanden. Anders als bei vollstreckungsrechtlichen Mängeln, zu deren Beseitigung der Erlass einer Zwischenverfügung nicht zulässig gewesen wäre, musste im vorliegenden Fall keine sofortige Zurückweisung erfolgen, weil die Entstehung der Eigentümergrundschuld nicht bereits bei Antragstellung nachgewiesen worden ist. Zum einen handelt es sich bei diesem Nachweis nicht um ein vollstreckungsrechtliches Erfordernis, zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Urkunden zu diesem Nachweis bereits existieren (vgl. zu einem weitgehend gleichgelagerten Sachverhalt: Senat, Beschluss vom 01.12.2015, 20 W 257/15, zitiert nach juris = BeckRS 2016, 04873, dort auch zur erforderlichen Bezeichnung der Art und Weise der Nachweisführung; vgl. auch allgemein Demharter, GBO, 32. Aufl., § 18 Rz. 11).

Das Grundbuchamt hat in der Sache zu Recht die beantragte Eintragung der Pfändung der Rechte in Abt. III, lfd. Nrn. 1 und 2, im Grundbuch (Ziffer 1. des Schreibens vom 24.02.2022) von dem Nachweis der Entstehung einer Eigentümergrundschuld in der Form des § 29 GBO abhängig gemacht.

Die Grundbucheintragung der wirksamen Pfändung, die im Fall eines Briefrechts außer dem Pfändungsbeschluss die Übergabe des Briefs an den Gläubiger voraussetzt, §§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 1 Satz 1 ZPO, ist als Grundbuchberichtigung zur Sicherung des Verfügungsverbots durch die ausgebrachte Pfändung gegen Beeinträchtigung mit gutgläubigem Erwerb Dritter grundsätzlich zulässig. Sie erfolgt auf Antrag des Gläubigers, wenn dem Grundbuchamt durch Vorlage des Pfändungsbeschlusses in Ausfertigung und des Briefs die Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen ist (vgl. Senat a.a.O. und dazu ergänzend auch OLG München RPfleger 2015, 199, zitiert nach juris; BeckOK ZPO/Riedel, Stand: 01.03.2022, § 857 Rz. 22.3).

Vorliegend ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass sich der Antrag Ziffer 1. auf Vermerk der ausgebrachten Pfändung im Grundbuch nicht auf sogenannte offene Eigentümergrundschulden bezieht, bei denen der Eigentümer als der Gläubiger der Rechte im Grundbuch eingetragen ist. Im Grundbuch eingetragene Gläubigerin der Briefgrundschulden ist vielmehr die Bank1 eG, so dass es sich bei den Rechten allenfalls um sogenannte verdeckte bzw. verschleierte Eigentümergrundschulden handeln kann. Für die eingetragene Gläubigerin gilt die gesetzliche Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB, die besagt, dass dann, wenn im Grundbuch für jemand ein Recht eingetragen ist, vermutet wird, dass ihm auch das Recht zusteht (vgl. Senat a.a.O.).

Ausweislich der vorgelegten Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 28.05.2021 sind die angeblichen Eigentümergrundschulden gepfändet und zur Einziehung überwiesen worden. Es ist einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur, dass lediglich die Eintragung der Pfändung einer entstandenen – also nicht einer angeblichen – Eigentümergrundschuld im Grundbuch zulässig ist und die Entstehung daher dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachzuweisen ist; der Senat hat sich dem in der zitierten Entscheidung angeschlossen (vgl. die vielfältigen Nachweise bei Senat, a.a.O.; vgl. dazu ergänzend auch BeckOK ZPO/Riedel, a.a.O., § 857 Rz. 22.3; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 9. Aufl., Rz. 739; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., § 857 Rz. 24; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 19. Aufl., § 857 Rz. 17).

Dieser Nachweis ist vom Antragsteller nicht geführt. Insoweit ist der Rechtsauffassung des Grundbuchamts zu folgen. Nicht hinreichend ist hierfür die Vorlage der Löschungsbewilligung der Bank2 eG vom 07.04.2008 (Bl. 237 d. A.), sollte diese überhaupt die im Grundbuch eingetragene Gläubigerin bzw. oder aber auch deren Rechtsnachfolgerin sein. Zutreffend hat das Grundbuchamt angenommen, dass der erforderliche Nachweis des Entstehens einer Eigentümergrundschuld nicht durch Vorlage einer bloßen Löschungsbewilligung des eingetragenen Gläubigers geführt werden kann (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rz. 2468; Bauer/Schaub/Krauß, GBO, 4. Aufl., AT D Rz. 183; vgl. auch Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rz. 1945, jeweils unter Hinweis auf – je nach gesetzlicher Grundlage – unterschiedliche Nachweismöglichkeiten). Dass der im Grundbuch eingetragene Gläubiger die Löschung einer Briefgrundschuld bewilligt, kann nämlich vielfältige Gründe haben. Damit ist aber noch nicht zwingend das Entstehen einer Eigentümergrundschuld verbunden, deren Vorliegen aber Grundlage des Eintragungsantrags Ziffer 1. ist. Bei der Grundschuld entsteht eine solche nur in gesetzlich geregelten Einzelfällen, gänzlich abgesehen davon, dass im Zeitpunkt der Erstellung der Löschungsbewilligung A auch noch gar nicht Alleineigentümer des betroffenen Grundbesitzes war. Aus der Drittschuldnererklärung der Bank2 eG vom 03.12.2020 ergibt sich wie auch aus deren Anschreiben vom 08.12.2020 inhaltlich nichts Weitergehendes, abgesehen davon, dass diese Unterlagen nicht der Form des § 29 GBO entsprechen. Auch insoweit ist dem Grundbuchamt zu folgen.

Hinsichtlich des Antrags Ziffer 2. auf Löschung der (behaupteten) Eigentümergrundschulden bedarf es – wie das Grundbuchamt ebenfalls zutreffend angenommen hat – nach § 27 GBO der Zustimmung des Grundstückseigentümers hierzu (vgl. dazu etwa Munzig in KEHE, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 27 Rz. 10; Demharter, a.a.O., § 27 Rz. 10, 19, 24). Ein etwaiges Bestehen eines gesetzlichen Löschungsanspruchs des Antragstellers gegen den Eigentümer würde daran nichts ändern (vgl. im Übrigen – für den hier nicht einmal vorliegenden – Fall der Pfändung und Überweisung des Zustimmungsrechts BGH NJW 2018, 710; OLG München Rpfleger 2017, 84, je zitiert nach juris; Demharter, a.a.O., § 27 Rz. 18).

Eine Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht angezeigt, weil sich die Kostentragungspflicht des Beschwerdeführers aus dem Gesetz ergibt, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 53 Abs. 1, Abs. 2, 36 Abs. 1 GNotKG. Ausgehend von dem Nennwert der Grundschulden als Beziehungswert hat der Senat berücksichtigt, welche Schwierigkeiten die Behebung des Hindernisses macht (vgl. dazu Demharter, a.a.O., § 77 Rz. 45) und insoweit lediglich die Hälfte des Nennwerts in Ansatz gebracht.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind, § 78 GBO. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben, da im Gesetz nicht vorgesehen.

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