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Grundbuchverfahren – Zuschreibung landwirtschaftlicher Grundstücke

OLG Celle –  Az.: 7 W 31/12 – Beschluss vom 11.07.2012

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird die Verfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Walsrode vom 29.03.2012 aufgehoben und dieses angewiesen, unter Beachtung der Gründe dieses Beschlusses erneut zu entscheiden.

Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2 ist Landwirt und Eigentümer eines im Grundbuch des Amtsgerichts Walsrode eingetragenen Hofes. Gemäß notariell beurkundetem Vertrag vom 30.01.2012 erwarb er zwei als landwirtschaftliche Flächen sowie zwei weitere als Grünland bezeichnete Flurstücke von der Beteiligten zu 1 als Verkäuferin. Den Antrag vom 28.03.2012, diese Flurstücke dem Grundbuchblatt des Hofes zuzuschreiben, lehnte der Rechtspfleger des Grundbuchamts ohne sachliche Prüfung ab. Nach § 7 Abs. 1 HöfeVfO könne ein zum Hof gehörendes Grundstück nur auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts dem Grundbuchblatt des Hofes zugeschrieben werden, wie der erkennende Senat durch Beschluss vom 25.01.2010 (7 W 4/10) erneut festgestellt habe. Es sei deshalb von dem Beteiligten zu 2 binnen 1 Monat eine Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts herbei zu führen. Die sachliche Prüfung durch das Grundbuchamt würde zwar sicherlich zur Binnenoptimierung vorhandener Ressourcen in der Justiz führen, sei aber in Befolgung des vorgenannten Senatsbeschlusses nicht möglich.

Gegen diese Zwischenverfügung des Rechtspflegers des Grundbuchamts richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2, mit der er dem Senatsbeschluss 7 W 4/10 unter Hinweis auf die neue geänderte Kommentierung bei Wöhrmann entgegentritt.

II.

Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO, § 73 GBO zulässige Beschwerde ist dahin begründet, dass die angefochtenen Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufzuheben ist und dieses erneut zu entscheiden hat, ob es dem Antrag stattgibt, weil es die Voraussetzungen nach § 2 lit. a) HöfeO für objektiv gegeben hält, oder ob es Zweifel hat, die es selbst nicht klären kann. Nur im letzteren Fall wäre das Grundbuchamt gehalten, von sich aus die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts herbeizuführen (oder als Eintragungsvoraussetzung vom Antragsteller zu verlangen).

Es trifft zwar zu, dass die zum Hof gehörenden Grundstücke desselben Eigentümers nach § 7 Abs. 1 HöfeVfO, der insoweit der Grundbuchordnung als Spezialvorschrift vorgeht, auf von Amts wegen zu stellendes Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts auf einem besonderen Grundbuchblatt einzutragen sind. An seiner in dem Beschluss 7 W 4/10 geäußerten Auffassung, eine Eintragung könne nur auf diese Weise herbeigeführt werden, hält der Senat indes nicht länger fest.

Allerdings steht es nicht in dem freien Belieben eines Landwirts, ein erworbenes Grundstück seinem Hof zuschreiben zu lassen. Vielmehr ist dieses Begehren an objektive Voraussetzungen geknüpft, die im Zweifel der Kontrolle des Landwirtschaftsgerichts unterliegen (vgl. BGH AgrarR 1989, 219, Rn. 13 f.). So muss ein Hof im Sinne von § 1 HöfeO vorhanden sein und das zuzuschreibende Grundstück muss dazu geeignet und bestimmt sein, regelmäßig von der Hofstelle aus bewirtschaftet zu werden (vgl. Senatsbeschluss vom 07.10.1974 in AgrarR 1975, 105). Jedoch ist es nach dem Gesetzeswortlauf des § 7 Abs. 1 HöfeVfO nicht zwingend, dass die Prüfung in jedem Fall durch das Landwirtschaftsgericht zu erfolgen hat. Dieses hat zwar, wenn es mit der Sache befasst ist oder wird, ggf. von Amts wegen ein entsprechendes Ersuchen zu stellen, mit der Folge, dass das Grundbuchamt diesem Ersuchen ohne eigene höferechtliche Prüfung Folge zu leisten hat. Jedoch verbietet diese Vorschrift nicht ausdrücklich, dass das Grundbuchamt, wenn es selbst unmittelbar angegangen wird, etwa bei Eintragungsanträgen wie im vorliegenden Fall, die Prüfung eigenständig und ohne Befassung des Landwirtschaftsgerichts vornimmt. So wird auch in der Kommentarliteratur zu § 7 HöfeVfO darauf hingewiesen, die Vorschrift sei restriktiv auszulegen, das Grundbuchamt buche in der Regel von sich aus alle demselben Eigentümer gehörenden Grundstücke einer Gemarkung zusammen, nur wenn dies unterbleibe, sei ein Ersuchen durch den Landwirtschaftsrichter zu stellen (Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, Höfeordnung, 3. Aufl., § 7 HöfeVfO, Rn. 6, 12). Ferner wird in der Neuauflage bei Wöhrmann zum Landwirtschaftserbrecht (10. Aufl., § 2, Rn. 64), wie vom Antragsteller mit der Beschwerdebegründung zutreffend zitiert, die Senatsentscheidung 7 W 4/10, wonach die Eintragung nur auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts möglich sei, als „formaler, materiell-rechtlich sinnfreier Umweg“ abgelehnt und zutreffend darauf hingewiesen, dass die Hofeseigenschaft nach objektiven Kriterien zu bestimmen ist, nämlich davon abhängt, ob ein Hof im Sinne von § 1 HöfeO vorhanden ist und die Bewirtschaftung in landwirtschaftlicher Nutzung tatsächlich vom Hof aus erfolgt (oder beabsichtigt ist, soweit es um neu erworbene, vom Erwerber bislang noch nicht bewirtschaftete Grundstücke geht).

Der Senat ist allerdings – insoweit wohl entgegen Wöhrmann – der Auffassung, dass es dem Rechtspfleger des Grundbuchamts nicht grundsätzlich untersagt ist, eine Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts zu erwirken oder zu verlangen. Denn bei der Eintragung ist, auch wenn diese die Hofeseigenschaft nicht konstitutiv herbeiführt, sondern nach § 5 HöfeVfO nur die Vermutung für ihr Vorliegen begründet, gleichwohl zu prüfen, ob es sich um ein landwirtschaftliches Grundstück handelt, dessen Bewirtschaftung vom Hof aus erfolgen soll. Entsprechend ist, so auch Wöhrmann, die Zweckbestimmung aufzuklären. Sieht sich das Grundbuchamt indes aufgrund besonderer Schwierigkeiten in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht nicht in der Lage, diese Prüfung eigenständig vorzunehmen, ist der Vorgang dem Landwirtschaftsgericht zur Entscheidung nach § 7 HöfeVfO vorzulegen, ohne dass schon zuvor ein neues, gesondertes Grundbuchblatt angelegt wird.

Im vorliegenden Fall hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts aber – in Befolgung der Senatsentscheidung 7 W 4/10, an der der Senat, wie ausgeführt, nicht mehr festhält – gar keine Entscheidung getroffen, ob es objektive Zweifel an der Zweckbestimmung der zuzuschreibenden Flurstücke gibt und ob er diese in eigener Prüfung aufklären kann. Der Senat hat daher die Zwischenverfügung aufgehoben, damit der Rechtspfleger erneut über den Zuschreibungsantrag – und ggf. über die Notwendigkeit einer Zwischenverfügung – entscheiden kann.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 30 Abs. 2 KostO.

Die Entscheidung ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht anfechtbar (§ 70 FamFG).

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