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Notarkosten – eidesstattliche Versicherung für Grundbuchberichtigung

LG Münster – Az.: 5 OH 19/21 – Beschluss vom 13.09.2021

Der Kostenprüfungsantrag des Beteiligten zu 1) vom 17.05.2021 wird zurückgewiesen.

Auf den Anschlussantrag der Beteiligten zu 3) vom 17.08.2021 wird die Kostenrechnung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  • Notarkostenrechnung Nr.: 210…
  • Leistungszeit: 28.04.2021 bis 05.05.2021 berechnet gem. § 19 GNotKG Geschäftswert: 97.333,00 EUR
  • Nachlass = 299.000,00 EUR – 7.000,00 EUR = 292.000,00 EUR, davon entsprechend dem Erbteil 1/3 = 97.333,00 EUR
  • KV 23300 Verfahrensgebühr § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GNotKG Geschäftswert: 97.333,00 EUR 273,00 EUR
  • KV 32001 Dokumentenpauschale (9 Seiten s/w) 1,35 EUR
  • KV 32005 Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 EUR
  • Zwischensumme netto 294,35 EUR
  • KV 32014 Umsatzsteuer 19 % 55,92 EUR
  • Gesamtbetrag 350,27 EUR

Gründe

I.

Am 07.10.1996 errichteten die Eltern des Beteiligten zu 1) ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und bestimmten, dass ein Kind, das nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils seinen Pflichtteil geltend macht, auch nach dem Tod des zweitversterbenden Elternteils nur den Pflichtteil bekommt. 2016 verstarb der Vater des Beteiligten zu 1) und wurde von der Mutter beerbt. Nach dem Tod der Mutter wurden der Beteiligte zu 1) und seine beiden Schwestern Erben zu gleichen Teilen. Zum Nachlass gehörte eine Wohnung, die verkauft werden sollte. Im Zusammenhang mit der dafür erforderlichen Grundbuchberichtigung wurden der Beteiligte zu 1) und seine Schwestern aufgefordert, an Eides statt zu versichern, dass sie seinerzeit nach dem Tod des Vaters ihren Pflichtteil nicht geltend gemacht hatten. Nach Vorlage der entsprechenden eidesstattlichen Versicherungen wurden der Beteiligte zu 1) und seine beiden Schwestern in Erbengemeinschaft im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Der Beteiligte zu 1) hatte seine eidesstattliche Versicherung am 04.05.2021 bei der Beteiligten zu 2) beurkunden lassen (Blatt 7 der Akte), die ihm für ihre Tätigkeit am 05.05.2021 insgesamt 277,69 EUR in Rechnung stellte (Blatt 6). Dabei brachte sie neben einer Dokumenten- und einer Post- und Telekommunikationspauschale eine Verfahrensgebühr nach KV 23300 und eine Vollzugsgebühr nach KV 22124 in Ansatz und legte einen Geschäftswert von 51.100,00 EUR zugrunde, den sie wie folgt errechnet hatte: Wert des Nachlasses der Mutter = 299.000,00 EUR abzüglich Verbindlichkeiten von 7.000,00 EUR = 292.000,00 EUR, davon Erbteil des Beteiligten zu 1) = 35% = 102.200,00 EUR, davon ½ = 51.100,00 EUR.

Diese Kostenberechnung legte der Beteiligte zu 1) am 17.05.2021 der Kammer zur gerichtlichen Überprüfung vor (Blatt 1ff) und beanstandete, dass seinen beiden Schwestern, die ihre eidesstattlichen Versicherungen bei einem anderen Notar hatten beurkunden lassen, deutlich geringere Beträge in Rechnung gestellt worden seien; zugrunde gelegt worden sei als Geschäftswert 1/12 des Nachlasses des vorverstorbenen Vaters.

Die Beteiligte zu 2) erläuterte ihre Wertberechnung mit Schriftsatz vom 31.05.2021 (Blatt 15). Der Präsident des Landgerichts nahm als vorgesetzte Dienstbehörde der Notarin zu dem Kostenprüfungsantrag unter dem 09.08.2021 Stellung (Blatt 18). Nach dem Ausscheiden der Beteiligten zu 2) aus dem Notaramt wurde die Verwahrung ihrer Akten, Bücher und Urkunden gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 BNotO der Beteiligten zu 3) übertragen (Blatt 22); diese schloss sich dem Verfahren auf Weisung des Landgerichtspräsidenten an mit dem Ziel, den (möglicherweise höher als bisher anzusetzenden) Geschäftswert überprüfen zu lassen (Blatt 23).

II.

Die zur Überprüfung gestellte Kostenberechnung entspricht den gesetzlichen Formerfordernissen des § 19 GNotKG und kann damit tauglicher Gegenstand eines Kostenprüfungsverfahrens nach § 127 GNotKG sein.

Der Kostenprüfungsantrag des Beteiligten zu 1) ist zwar nach § 127 Abs. 1 GNotKG zulässig, aber als unbegründet zurückzuweisen, weil entgegen seiner Auffassung der für die Berechnung der Notarkosten maßgebliche Geschäftswert nicht zu hoch, sondern im Gegenteil zu niedrig angesetzt worden ist. Auf den Anschlussantrag der Beteiligten zu 3), den diese als Amtsnachfolgerin der beurkundenden Notarin auf Weisung des Landgerichtspräsidenten als vorgesetzter Dienstbehörde gestellt hat und der nach § 130 Abs. 2 S. 2 GNotKG auch zu einer Erhöhung der Kostenrechnung führen kann, war die Kostenrechnung dementsprechend abzuändern.

Die von der Beteiligten zu 2) in ihrer Kostenrechnung zitierte Gebührenvorschrift des § 102 GNotKG ist vorliegend nicht einschlägig, weil sich diese Vorschrift auf die Beurkundung einer Verfügung von Todes wegen bezieht, eine solche Verfügung von Todes wegen tatsächlich aber gar nicht beurkundet worden ist.

Auch die Vorschrift des § 36 GNotKG, die auf das Interesse der Person abstellt, deren Erklärung beurkundet wird, kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Dabei mag letztlich dahinstehen, ob im vorliegenden Fall das Interesse des Beteiligten zu 1) entsprechend seinem Erbanteil nach dem Tod der Mutter mit 1/3 des (der Kammer nicht bekannten) Wertes der geerbten Wohnung zu bewerten ist, oder, da sich die beurkundete Erklärung im Sinne des § 86 GNotKG nur auf den Pflichtteil nach dem Tod des Vaters bezieht, entsprechend seinem Pflichtteil mit 1/12 des (der Kammer ebenfalls nicht bekannten) Vermögen des Vaters.

Nach Auffassung der Kammer ist der Geschäftswert vorliegend nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GNotKG zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift stellt im Verfahren „zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins …“ der Wert des Nachlasses (abzüglich Verbindlichkeiten) im Zeitpunkt des Erbfalls den Geschäftswert dar. Zwar diente die beurkundete eidesstattliche Versicherung im vorliegenden Fall nicht der Erlangung eines Erbscheins, denn ein Erbschein wurde tatsächlich gar nicht beantragt. Die Kammer hält die Vorschrift aber gleichwohl für entsprechend anwendbar aufgrund folgender Überlegung:

Die von der Mutter geerbte Wohnung sollte verkauft werden, was voraussetzte, dass zuvor die aus dem Beteiligten zu 1) und seinen Schwestern bestehende Erbengemeinschaft als Eigentümer der Wohnung im Grundbuch eingetragen wurde. Der Eigentumsübergang von der Mutter auf die Kinder beruht auf Erbfolge, die bei Beantragung einer entsprechenden Grundbuchberichtigung dem Grundbuchamt gegenüber nach § 35 Abs. 1 GBO grundsätzlich durch einen Erbschein nachzuweisen ist. Nach § 35 Abs. 1 S. 2 GBO genügt anstelle eines Erbscheins als Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt auch die Vorlage eines notariellen Testaments und die Niederschrift über die Testamentseröffnung. Die vom Grundbuchamt darüber hinaus geforderte an Eides statt zu versichernde Erklärung, dass nach dem Tod des Vaters der Pflichtteil nicht geltend gemacht wurde, war im vorliegenden Fall insofern erforderlich, als dem notariellen Testament der Eltern zufolge nur in diesem Fall die Kinder Erben werden sollten. Da also die beurkundete eidesstattliche Versicherung (zusammen mit dem notariellen Testament der Eltern und dem Eröffnungsprotokoll) an Stelle des für die angestrebte Grundbuchberichtigung ansonsten erforderlichen Erbscheins benötigt wurde, erscheint es der Kammer gerechtfertigt, die für eidesstattliche Versicherungen zur Erlangung eines Erbscheins maßgebliche Vorschrift des § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GNotKG auch auf diesen Fall anzuwenden.

Der Wert des Nachlasses beträgt den Angaben des Beteiligten zu 1) zufolge unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten 292.000,00 EUR, wovon auf den Beteiligten zu 1) entsprechend seinem Erbteil 1/3 = 97.333,00 EUR entfallen. Aus welchem Grund in der Kostenrechnung ein Erbanteil von 35 % angenommen und der errechnete Wert nochmals halbiert wurde, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar.

Ausgehend von diesem Geschäftswert ist dem Beteiligten zu 1) eine Gebühr nach Nummer 23300 KV GNotKG mit 273,00 EUR in Rechnung zu stellen. Eine zusätzliche Vollzugsgebühr ist nicht angefallen, weil diese nach Vorbemerkung 22124 KV GNotKG nur entsteht, wenn der Notar keine Beurkundungs- oder Entwurfsgebühr erhalten hat, die das zu vollziehende Geschäft betrifft. Hier wurde aber eine Beurkundungsgebühr berechnet. Die Dokumentenpauschale, die Post- und Telekommunikationspauschale und die Mehrwertsteuer sind wie im Beschlusstenor ausgewiesen berechtigt, was auch von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt wird.

Eine Kostenentscheidung und eine Wertfestsetzung sind nicht veranlasst. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind ersichtlich nicht angefallen.

 

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