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Eigentumswohnungskauf – Inhaltskontrolle der Frist für Bindung des Käufers an Kaufangebot

OLG Nürnberg – Az.: 1 U 1522/11 – Urteil vom 31.01.2012

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.6.2011 abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu Händen eines von dem Kläger zu beauftragenden Notars 94.744,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung des Klägers vor dem beauftragten Notar:

„Ich bin eingetragener Eigentümer der Eigentumswohnung in P., …straße …, ETW Nr. …, eingetragen im Grundbuch von P. des Amtsgerichts P., Blatt …, Flurstück … bestehend aus …/1.000stel Miteigentumsanteil an dem vorbenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. … bezeichneten Wohnung, gelegen im … Obergeschoss nebst Kellerraum Nr. …

Ich verpflichte mich hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf die E. GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Briefgrundschulden der G. Bank GmbH in Höhe von … €.

Ich erteile hierzu der E. GmbH die unwiderrufliche Vollmacht, in meinem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Ich erteile mein Einverständnis mit einer Weisung der E. GmbH an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Briefgrundschulden der G. Bank GmbH zu verwenden.

Ich bewillige die Eintragung der E. GmbH als Eigentümerin.

Ich verpflichte mich hiermit, sämtliche und jegliche weiteren Willenserklärungen abzugeben, die notwendig sind, um der E. GmbH das Eigentum an der vorbezeichneten Eigentumswohnung zu verschaffen.

Der Notar darf von dieser Erklärung nur Gebrauch machen, wenn die Verurteilungssumme auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist.

Ein etwaig überschießender Betrag ist an mich auszuzahlen.“

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückübertragung der unter Ziffer 1. genannten Eigentumswohnung seit 7.9.2010 in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.762,94 € zu bezahlen.

4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits – beider Instanzen – trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

1. Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.6.2011 wird dahin berichtigt, dass in Ziffer I. des Tenors und in Ziffer 1. des im Tatbestand auf S. 4/5 wiedergegebenen Klageantrags jeweils die Bezeichnung „E. AG“ durch die Bezeichnung „E. GmbH“ ersetzt wird.

2. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 103.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages. Für die Darstellung des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand auf Seite 4 bis 6 im Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.6.2011 (Bl. 81/83 d.A.), berichtigt durch Beschluss vom 1.8.2011 (Bl. 95/96 d.A.), Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 103.500 EUR nebst Zinsen zu Händen eines von dem Kläger zu beauftragenden Notars Zug um Zug gegen Abgabe der im einzelnen vorformulierten Erklärungen des Klägers zur Rückübertragung der Wohnung verurteilt und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückübertragung der Wohnung seit 7.9.2010 in Annahmeverzug befinde. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB, da ein wirksamer Kaufvertrag zwischen den Parteien nicht zustande gekommen sei.

Zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung sei das Angebot des Klägers bereits erloschen gewesen.

Die Bestimmung über die Annahmefrist unterliege nach § 310 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BGB der Inhaltskontrolle. Die Bindungsfrist von drei Monaten beeinträchtige den Käufer unangemessen in seiner Dispositionsfreiheit und verstoße gegen § 308 Nr. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes seien beim Erwerb einer Eigentumswohnung vier Wochen angemessen. Die Beklagte habe keine Tatsachen vorgetragen, die eine andere Beurteilung rechtfertigten.

Auch nach § 147 Abs. 2 BGB sei eine Annahmeerklärung innerhalb von vier Wochen zu erwarten gewesen. Eine Annahme des nach § 150 Abs. 1 BGB anzunehmenden neuen Angebots der Beklagten liege nicht vor. Bei bedeutenden Rechtsgeschäften komme eine Annahme durch bloßes Schweigen nicht in Betracht. In der Kaufpreiszahlung liege keine stillschweigende Annahme, weil beide Parteien von einem wirksamen Vertragsschluss ausgegangen seien und dem Kläger daher ein Erklärungswille gefehlt habe.

Verjährung sei nicht eingetreten. § 196 BGB sei auf Rückabwicklungsansprüche aus einem nichtigen Grundstückskaufvertrag nicht anwendbar.

Verwirkung sei nicht gegeben, da die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen habe, die das erforderliche Umstandsmoment begründeten.

Der Kläger könne Rückzahlung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wohnung verlangen. Wertersatz für die vereinnahmten Mietzahlungen müsse er nicht leisten, weil er diesen Einnahmen im Wege der Saldierung nach § 818 Abs. 3 BGB die Zinszahlungen für den Finanzierungskredit entgegenhalten könne. Da der Kläger keinen Nutzungsersatz für den Kaufpreis verlange, stehe er bei Abzug der Zinsen nicht besser als wenn kein Leistungsaustausch stattgefunden hätte.

Auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten seien zu ersetzen. Durch die Verwendung unwirksamer Klauseln verletze der Verwender die Verpflichtung zur vorvertraglichen Rücksichtnahme auf den Vertragspartner.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 27.7.2011, bei Gericht eingegangen am 28.7.2011, Berufung eingelegt (Bl. 108/109 d.A.) und diese mit Schriftsatz vom 26.9.2011, eingegangen am gleichen Tag, begründet (Bl. 118/125 d.A.), nachdem die Begründungsfrist bis zum 26.9.2011 verlängert worden war (Bl. 113 d.A.).

Die Beklagte erstrebt Klageabweisung, hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung.

Die Bindungsfrist sei den Umständen des konkreten Falles angemessen. Die vom Landgericht herangezogene Rechtsprechung betreffe den Erwerb einer bereits fertig gestellten Eigentumswohnung ohne steuerliche Erwägungen und damit einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. Im vorliegenden Fall habe der Kläger nicht nur gewusst, dass die Beklagte zunächst die Finanzierung bewerkstelligen musste, sondern dass wegen § 7i EStG mit den Sanierungsarbeiten erst nach Verkauf sämtlicher Wohnungseinheiten begonnen werden konnte. Nur dann habe der Kläger auch seine steuerlichen Vorteile realisieren können.

Jedenfalls sei Verwirkung eingetreten. Das Landgericht übergehe den Vortrag der Beklagten und verstoße damit gegen deren rechtliches Gehör. Obwohl der Kläger sich bereits 2004 unangemessen lange gebunden gefühlt habe, habe er sechs Jahre lang die Vorteile des Vertrages realisiert und sich erst nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.6.2010 auf den fehlenden Vertragsschluss berufen.

Die Beklagte beantragt:

1. Auf die Berufung der Beklagten vom 27.7.2011 wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Ein Vertrag sei nicht zustande gekommen, weil das Angebot erloschen gewesen sei. Eine Bindungsfrist von 4,5 Monaten beeinträchtige unangemessen die Dispositionsfreiheit des Klägers. Sachvortrag der Beklagten zur Begründung eines schutzwürdigen Interesses sei in erster Instanz nicht erfolgt. Der Vortrag in der Berufungsinstanz sei verspätet.

Es sei unerheblich, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofes eine Bestandsimmobilie betreffe; im Fall eines Bauträgervertrages sei nicht anders zu urteilen.

Mit Nichtwissen werde bestritten, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger noch nicht alle Wohnungen verkauft gewesen seien.

Für die Inanspruchnahme von Steuervorteilen nach § 7i EStG sei dies auch unerheblich. Der Verkauf aller Wohnungen vor Beginn der Bauarbeiten liege allein im Interesse der Beklagten an einer Maximierung ihres Gewinns, das aber nicht die lange Bindung des Klägers an sein Angebot rechtfertigen könne.

Der Vortrag der Beklagten rechtfertige auch nicht die Annahme einer Verwirkung. Es sei nicht zu erkennen, wodurch der Kläger sich widersprüchlich verhalten haben solle. Die Unwirksamkeit der von ihr verwendeten AGB-Bestimmung gehe zu Lasten der Beklagten. Angesichts der Vollfinanzierung des Wohnungskaufs und der Tatsache, dass Mieteinnahmen und Steuervorteile die daraus entstehenden Belastungen von vornherein nicht ausgleichen konnten, habe der Kläger keinerlei Vorteile genossen.

Eine Beweisaufnahme vor dem Senat hat nicht stattgefunden.

II.

Der Senat hat das erstinstanzliche Urteil dahingehend berichtigt, dass er im Tenor und bei der Wiedergabe des Klageantrags im Tatbestand durchgehend die Rechtsformbezeichnung „AG“ der Beklagten durch „GmbH“ ersetzt hat. Es handelt sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, weil im Rubrum des landgerichtlichen Urteils – anders als im Tenor und im Tatbestand – die Beklagte als GmbH bezeichnet ist. Das Gericht hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die Beklagte unstreitig während des Rechtsstreits ihre Rechtsform von AG in GmbH geändert und der Kläger daraufhin seinen Klageantrag mit Schriftsatz vom 5.4.2011 geändert hat.

Im Berichtigungsbeschluss vom 1.8.2011 ist diese Änderung nicht enthalten. Das Berufungsgericht ist für die Vornahme erforderlicher Berichtigungen des Ersturteils nach § 319 ZPO zuständig, solange der Rechtsstreit bei ihm anhängig ist (st. Rspr., z.B. BGH NJW-RR 2006, 1628; NJW 1996, 2574).

III.

Die zulässige Berufung der Beklagten führt dazu, dass die Klage in Höhe eines Betrages von 8.755,56 EUR abzuweisen ist. Im übrigen bleibt sie ohne Erfolg.

A.

Die Berufung ist zulässig. Da ein Empfangsbekenntnis des Beklagtenvertreters nicht vorliegt, ist das im Schriftsatz vom 27.7.2011 (Bl. 108/109 d.A.) vom Beklagtenvertreter angegebene Datum 11.7.2011 als Zustellungszeitpunkt zugrunde zu legen.

B.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises zu, weil er ihn ohne Rechtsgrund gezahlt hat (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB). Zwischen den Parteien ist kein Kaufvertrag über die Eigentumswohnung in P. zustande gekommen.

1. Die Beklagte hat zwar das Angebot des Klägers vom 17.8.2004 innerhalb der darin bestimmten Annahmefrist bis zum 31.12.2004 angenommen. Die Annahme war aber unwirksam, weil das Angebot des Klägers am 18.10.2004 bereits erloschen war (§ 146 BGB).

a) Die im Vertragsangebot vom 17.8.2004 festgelegte Bindungsfrist ist unangemessen lang und wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam.

aa) Bei der Annahmefrist im Angebot des Klägers handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte hatte – wie auch der Hinweis auf die Aufteilung des Grundbesitzes nach dem WEG auf Seite 1 der Anlage zur Angebotsurkunde zeigt – das gesamte Anwesen erworben und die Wohneinheiten an Anleger verkauft. Nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war in zwölf der Kaufangebote die Bindungsfrist bis zum 31.12.2004 enthalten; lediglich im ersten und letzten Vertragsangebot wurden abweichende Fristen festgelegt. Die Voraussetzung, dass eine Bestimmung „für eine Vielzahl von Verträgen“ vorformuliert ist (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB), kann schon bei drei Verwendungen erfüllt sein (Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 305 Rn. 9). Unabhängig davon ergibt sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Inhaltskontrolle auch aus § 310 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BGB (ebenso BGH NJW 2010, 2873 für einen gleichgelagerten Sachverhalt).

bb) Zwar erstreckt sich die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen typischerweise auf den Inhalt eines Vertrages; die Bestimmung des § 308 Nr. 1 BGB unterstellt aber auch bestimmte Vertragsabschlussklauseln – die nicht den Inhalt, sondern eine Modalität des Vertragsabschlusses betreffen – der Inhaltskontrolle (BGH NJW 2010, 2873; OLG Dresden BauR 2005, 559).

cc) Welche Bindungsfrist angemessen ist, ist unter Berücksichtigung der für den Vertragsgegenstand typischen Umstände durch die Abwägung der Interessen der Verhandlungspartner zu beurteilen (BGH NJW 2010, 2873; NJW 1986, 1807; Palandt-Grüneberg, aaO, § 308 Rn. 4). Der Zeitraum ergibt sich aus der für die Übermittlung der Erklärungen notwendigen Zeit zuzüglich einer angemessenen Bearbeitungs- und Überlegungsfrist – insbesondere auch für typischerweise durchzuführende Nachforschungen, Kalkulationen oder Verhandlungen – einerseits, dem schutzwürdigen Interesse des Vertragspartners an einem baldigen Wegfall der Bindung andererseits (BGH NJW 1986, 1807). Dabei wiegt bei Immobilienkäufen das Interesse des Käufers erheblich, weil er während bestehender Bindung von günstigeren Angeboten regelmäßig keinen Gebrauch machen kann, während der Verkäufer in jeder Hinsicht frei bleibt (BGH NJW 2010, 2873). Auch bei finanzierten und beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäften kann der Eingang der Annahmeerklärung regelmäßig innerhalb von vier Wochen erwartet werden; eine längere Frist stellt nur dann keine unangemessene Beeinträchtigung dar, wenn der Verwender hierfür ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, hinter dem das Interesse des Kunden an dem baldigen Wegfall seiner Bindung zurückstehen muss (BGH NJW 2010, 2873). Eine Bindungsfrist von vier Monaten und drei Wochen für die Annahme des Angebots über den Kauf einer bereits fertig gestellten Wohnung ist unangemessen, auch wenn der Verkäufer dem Käufer bei der Finanzierung behilflich ist und dazu eine Bonitätsprüfung durchgeführt werden muss, ferner der Verkäufer seine eigene Erfüllungsfähigkeit etwa unter dem Blickwinkel einer bei Zustandekommen des Vertrages notwendig werdenden Pfandfreistellung abklären muss (BGH NJW 2010, 2873).

Diese vom Kläger und vom Landgericht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.6.2010 (NJW 2010, 2873) bezieht sich allerdings auf einen nicht vollständig vergleichbaren Sachverhalt. Anders als dort handelt es sich im vorliegenden Fall um eine noch nicht fertig gestellte Wohnung, deren Sanierung noch nicht begonnen hatte; für die Beklagte stellte sich vor der Annahme des Angebots die Frage, ob die Durchführung des Sanierungsvorhabens finanziell gesichert und gewinnbringend sei, wozu insbesondere der Verkauf eines entsprechenden Teils der Wohnungen gehörte. Die Anleger können die erstrebten Steuervorteile auch nur für nach Vertragsschluss durchgeführte Baumaßnahmen in Anspruch nehmen (§ 7i Abs. 1 S. 5 EStG). Der Beklagten war deshalb eine „Platzierungsfrist“ zuzubilligen.

Das Oberlandesgericht Dresden hat beim Verkauf einer noch nicht sanierten Wohnung eine Bindungsfrist von zehn Wochen für zu lang und sechs Wochen als angemessen angesehen; die Entscheidung beruht darauf, dass eine Abklärung der Finanzierungsfragen bereits vor der Beurkundung des Angebots erfolgt war, so dass lediglich eine bankinterne Bearbeitungsfrist von vier Wochen anzuerkennen war, dass nach dem Vortrag der dortigen Verkäuferin ein Bautenstand von 75% erreicht war und die Verkäuferin einen Baubeginn vor Ablauf der bankinternen Prüfungsfrist zugesagt hatte (OLG Dresden BauR 2005, 559).

Auch unter dem Gesichtspunkt der „Platzierungsfrist“ erscheint eine Bindungsfrist von über vier Monaten im vorliegenden Fall als zu lang. Denn es ist dabei nicht lediglich das Interesse der Beklagten zu berücksichtigen, einen möglichst langen Zeitraum für den Absatz und die wirtschaftliche Sicherung ihres Vorhabens zur Verfügung zu haben, sondern auch das Interesse der Anleger, gegebenenfalls ein anderes Angebot wahrnehmen zu können. Der Anleger kann davon ausgehen, dass Rentabilität und Finanzierung vor Vermarktungsbeginn geprüft wurden, und dass die Wohnungen gleichzeitig anderen Interessenten angeboten werden oder auch zuvor schon angeboten wurden. Ein weiterer Zeitraum für die Klärung dieser Voraussetzungen ist der Beklagten deshalb nicht zuzubilligen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass zum Absatz zumindest eines erheblichen Teils der Wohnungen ein Zeitraum von mehr als vier Monaten notwendig gewesen wäre. Es handelte sich um insgesamt vierzehn Wohnungen. Nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurden die Kaufangebote im Zeitraum Juli bis Oktober 2004 abgegeben, davon im Oktober 2004 die letzten zwei. Zum Nachteil der Käufer fällt ferner ins Gewicht, dass die von der Beklagten vorgesehene Frist bis zum Jahresende lief und dem Anleger damit die Möglichkeit verwehrt blieb, aus Steuerersparnisgründen eine andere Beteiligungsmöglichkeit wahrzunehmen. Die Frist begünstigte damit einseitig die Beklagte und trug den Interessen ihrer Vertragspartner nicht ausreichend Rechnung. Schutzwürdige Interessen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, legt die Beklagte nicht dar.

dd) Die durch die Unwirksamkeit der Bindungsfrist entstandene Lücke kann nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden, weil die Bindungsklausel als Vertragsabschlussklausel nicht Gegenstand eines Vertrages war. Eine sinnentsprechende Anwendung dieser Grundsätze scheitert schon daran, dass deren lückenschließende Heranziehung nur in Betracht kommt, wenn das nach § 306 Abs. 2 BGB zugrunde zu legende Gesetzesrecht das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Kunden verschöbe. Das ist jedoch nicht der Fall; denn mit der Regelung des § 147 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber den Interessenkonflikt auch für Konstellationen der vorliegenden Art angemessen austariert (BGH NJW 2010, 2873).

b) Das Angebot des Klägers ist auch nicht innerhalb der nach § 147 Abs. 2 BGB geltenden regelmäßigen Frist angenommen worden.

Die nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Annahmefrist nach § 147 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie der Zeit der Übermittlung der Antwort an den Antragenden. Sie beginnt daher schon mit der Abgabe der Erklärung und nicht erst mit deren Zugang bei dem Empfänger (BGH NJW 2010, 2873). Zu den regelmäßigen Umständen im Sinne von § 147 Abs. 2 BGB gehören dabei solche verzögernden Umstände, die der Antragende kannte oder kennen musste (BGH NJW 2008, 1148; Busche, in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 147 Rn. 32). Auch bei finanzierten und beurkundungsbedürftigen Verträgen, deren Abschluss regelmäßig eine Bonitätsprüfung vorausgeht, kann der Eingang der Annahmeerklärung jedenfalls innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen erwartet werden (BGH NJW 2010, 2873). Ob eine längere Bindungsfrist bei Bauträgerverträgen anzuerkennen ist, hält der Bundesgerichtshof für zweifelhaft (BGH NJW 2010, 2873). Das Oberlandesgericht Dresden hat eine Bindungsfrist von sechs Wochen beim Angebot zum Erwerb einer nicht sanierten Wohnung für angemessen gehalten (OLG Dresden BauR 2005, 559).

Selbst wenn man der Beklagten für die erforderliche „Platzierung“ ihres Angebots eine Frist zur Prüfung zubilligt, ob eine für die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens ausreichende Anzahl von Kaufangeboten eingeht, kann diese nicht länger als mit sechs bis maximal acht Wochen angenommen werden. Denn es ging nicht darum, dass die Beklagte erst nach dem Angebot des Klägers abzuklären begann, ob das Vorhaben tragfähig war; die Anleger konnten regelmäßig erwarten, dass die Beklagte bei sorgfältigem Vorgehen die Finanzierung und Rentabilität des Vorhabens schon vor Verkaufsbeginn so weit geklärt hatte, dass sie bei Erreichen der zur Wirtschaftlichkeit erforderlichen Zahl von Angeboten die Kaufverträge umgehend zustande bringen konnte. Selbst wenn einzelne Wohnungen noch nicht verkauft waren, blieb der Beklagten die Möglichkeit, den Beginn der Umbauarbeiten zumindest hinsichtlich der noch nicht verkauften Wohnungen hinauszuzögern, soweit dies notwendig war, um deren Käufern die Steuervorteile zu erhalten. Im Unterschied etwa zu einem Immobilienfonds handelte es sich auch um ein Vorhaben von überschaubarem Umfang. Die Anleger wiederum hatten für die Beklagte erkennbar Interesse an einer zügigen Abwicklung des Anlagegeschäfts und an der Vermeidung eines Schwebezustandes, bei dem er gebunden, die Beklagte in ihrer Entscheidung aber frei war und während dessen sie weder auf die Anlage verzichten noch sich für eine Alternative entscheiden konnten. Sie konnten davon ausgehen, dass die Wohnungen gleichzeitig auch anderen Interessenten angeboten wurden. Der Kläger konnte daher, selbst wenn er einer der ersten Anleger gewesen sein sollte, regelmäßig erwarten, dass die Beklagte in einem Zeitraum von sechs bis höchstens acht Wochen entschieden hatte, ob sie sein Angebot annehmen wollte. Dass konkret Verzögerungen absehbar gewesen wären, die der Kläger in Rechnung stellen musste, trägt die Beklagte nicht vor.

Das Angebot des Klägers ist deshalb spätestens mit Ablauf des 13.10.2004 erloschen, so dass die Annahme am 18.10.2004 verspätet erfolgte.

c) Der Vertrag ist auch nicht dadurch zustande gekommen, dass der Kläger die als neues Angebot geltende Annahmeerklärung der Beklagten seinerseits angenommen hätte. Der Kläger hat keine ausdrückliche Annahme erklärt; sein Verhalten bei der Abwicklung des Vertrages ist auch nicht als konkludente Annahmeerklärung oder eine Annahme durch Schweigen zu werten.

Eine Annahme der nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot geltenden verspäteten Annahmeerklärung durch Schweigen kommt bei besonders bedeutsamen Rechtsgeschäften, wozu beurkundungsbedürftige Grundstücksgeschäfte gehören, nicht in Betracht (BGH NJW 2010, 2873). Zwar entspricht es gerade bei dem in einer verspäteten Annahme liegenden, nur formell neuen Angebot häufig der Verkehrsübung, das bloße Schweigen auf die verspätete Annahmeerklärung als Annahme der neuen Offerte aufzufassen; das gilt insbesondere, wenn keine Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Änderung seiner sachlichen Entschließung nahelegen (BGH NJW-RR 1994, 1163; NJW 1986, 1807; NJW 1951, 313). Dies gilt aber nicht für außergewöhnliche und besonders bedeutsame, insbesondere beurkundungsbedürftige Geschäfte (BGH NJW-RR 1994, 1163; NJW 2010, 2873) wie den Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung zu mehr als 100.000 EUR im vorliegenden Fall.

In der Zahlung des Kaufpreises, der Erklärung der Auflassung und der Durchführung des Vertrages in der Folgezeit liegt auch keine stillschweigende Annahme des neuen Angebots. Die fehlende Einhaltung der notariellen Beurkundung (§ 311b BGB) wäre zwar durch die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch geheilt (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB). Die Qualifizierung eines Verhaltens als schlüssige Annahmeerklärung setzt aber das Bewusstsein voraus, dass für das Zustandekommen des Vertrages zumindest möglicherweise noch eine Erklärung erforderlich ist; der Erklärende muss zumindest Zweifel an dem Zustandekommen des Vertrages haben (BGH NJW 2010, 2873). Soweit einem tatsächlichen Verhalten auch ohne ein solches Erklärungsbewusstsein oder ohne einen Rechtsbindungswillen die Wirkungen einer Willenserklärung beigelegt werden, geschieht dies zum Schutze des redlichen Rechtsverkehrs und setzt einen Zurechnungsgrund voraus. Ein solcher liegt nur vor, wenn ein sich in missverständlicher Weise Verhaltender bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass die in seinem Verhalten liegende Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH NJW 2010, 2873). Danach scheidet eine Würdigung der Zahlung ebenso wie der Vertragsdurchführung seitens des Klägers als eine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung aus. Beide Parteien gingen bei Zahlung des Kaufpreises von einem Vertragsschluss und damit davon aus, dass der Kläger mit der Zahlung lediglich den vermeintlich zustande gekommenen Vertrag erfüllen wollte. Erst mit der Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.6.2010 wurde erkennbar, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen sein könnte; dies ist erstmals mit Schreiben vom 5.8.2010 geltend gemacht worden. Dass der Kläger schon zuvor davon ausgegangen sei, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen sei, oder zumindest dahingehende Zweifel hatte, bestreitet er; ausreichende Anhaltspunkte dafür sind von der Beklagten nicht substantiiert dargelegt worden. Dass der Kläger sich schon 2004 zu lang an das Angebot gebunden gefühlt habe, reicht dafür nicht aus; die weitere Abwicklung des Vertrages durch ihn könnte nur dann als konkludente Willenserklärung verstanden werden, wenn dem Kläger außerdem bewusst gewesen wäre, dass er an das Angebot möglicherweise rechtlich nicht mehr gebunden war oder dass ein Vertrag nicht zustande gekommen war. Indizien dafür fehlen. Aus den gleichen Gründen hat der Kläger auch nicht in zurechenbarer Weise den Anschein hervorgerufen, er wolle an dem als (möglicherweise) unwirksam erkannten Vertrag festhalten; es fehlt auch an der Grundlage für ein entsprechendes Vertrauen der Beklagten.

2. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt oder sonst ausgeschlossen.

a) Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Es kann dabei dahinstehen, ob die Verjährungsfrist nach § 196 BGB oder die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB maßgeblich ist.

aa) Nach §§ 196, 200 BGB würde die Verjährungsfrist erst im Jahr 2014 enden, so dass keine Verjährung eingetreten ist. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes gilt die Vorschrift auch für bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche bei nichtigen Grundstücksgeschäften; auch der Anspruch auf Rückgewähr sei ein Anspruch auf die Gegenleistung, weil § 196 BGB allein auf den Inhalt, nicht auf den Grund des Anspruchs abstelle (BGH NJW-RR 2008, 824). Ein Gegenseitigkeitsverhältnis kann sich auch aus dem Anlass und dem Zusammenhang ergeben, in dem die rechtsgrundlose Leistung erbracht wurde. Dazu gehört bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der (gescheiterte) Vertrag, aufgrund dessen die darin vorgesehenen Leistungen erbracht wurden, die rückabgewickelt werden sollen. Anders ließe sich, wie vom Gesetzgeber angestrebt, nicht erreichen, dass die Ansprüche beider Parteien einer gleich langen Verjährungsfrist unterliegen (BGH NJW-RR 2008, 824).

bb) Aber auch die regelmäßige Verjährungsfrist war bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen.

§§ 195, 199 BGB verlangen Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen in einer Form, die ihn in den Stand versetzen würde, zumindest eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Feststellungsklage zu erheben (st. Rspr.; Palandt-Ellenberger, aaO, § 199 Rn. 28). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs hat die Kenntnis, wenn er die Leistung und die Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (Palandt-Ellenberger, aaO, § 199 Rn. 27). Zu diesen Tatsachen gehört im vorliegenden Fall, dass die Bindung an das Angebot unwirksam sein und die Annahmeerklärung verspätet erfolgt sein könnte. Der Kläger ist juristischer Laie und trägt vor, er habe erst im Jahr 2010 aus einer Radiosendung und von seinem Prozessbevollmächtigten erfahren, dass kein Vertrag zustande gekommen sei. Die Beklagte hat eine frühere Kenntnis nicht dargelegt noch ergibt sie sich sonst aus dem Vortrag der Parteien. Die Beklagte behauptet selbst, bei Vertragsschluss habe niemand die Länge der Frist beanstandet und auch der Notar habe keine Bedenken gesehen. Der Vortrag, der Kläger habe sich schon 2004 zu lange an das Angebot gebunden gefühlt, reicht unter diesen Umständen nicht aus; er besagt nichts darüber, dass der Kläger – wie es notwendig gewesen wäre – gewusst hat oder sich ihm aufgedrängt hat, dass die Bindungsfrist früher endete als in dem notariellen Angebot bestimmt. Wenn die sachkundige Beklagte keine Zweifel an der Wirksamkeit des Vertrages hatte, ist dies beim Kläger um so weniger anzunehmen.

b) Ansprüche des Klägers sind nicht durch § 814 BGB ausgeschlossen.

Ein Bereicherungsanspruch ist nach § 814 BGB nur ausgeschlossen, wenn der Bereicherungsgläubiger positive Kenntnis von der Nichtschuld hat, aus den ihm möglicherweise bekannten Umstände mithin im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre auch die richtigen Schlüsse gezogen hat (BGH NJW-RR 2008, 824). Dass der Kläger bei Zahlung des Kaufpreises in diesem Sinne gewusst hätte, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen war, legt die Beklagte nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.

c) Ansprüche des Klägers sind nicht verwirkt.

aa) Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre (Zeitmoment), und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Umstandsmoment). Die Verwirkung ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens. Der Verstoß gegen Treu und Glauben besteht in der Illoyalität der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs (st. Rspr., z.B. BGH NJW 2008, 2254).

bb) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es fehlt jedenfalls an einem „Umstandsmoment“, das die verspätete Erhebung der Ansprüche als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte (Palandt-Grüneberg, aaO, § 242 Rn. 95) erscheinen ließe.

Der Kläger hat seinen Rückzahlungsanspruch erstmals im August 2010 und damit fast sechs Jahre nach der Zahlung geltend gemacht; dieser Zeitraum überschreitet deutlich die regelmäßige Verjährungsfrist; er erreicht andererseits nicht die längere Verjährungsfrist bei Grundstücksgeschäften (§ 196 BGB).

Es fehlen aber ausreichende Tatsachen, an die die Beklagte das Vertrauen knüpfen konnte, der Kläger werde seine Ansprüche nicht mehr geltend machen. Sie ist selbst der Auffassung, dass ein wirksamer Vertrag zustande gekommen sei. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, die diese Schlussfolgerung nahelegte, ist erst am 11.6.2010 ergangen. Dass der Kläger vor 2010 von den Umständen erfahren hätte, die dazu führen, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen ist – etwa von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 26.6.2003 (BauR 2005, 559) -, ist nicht ersichtlich, so dass auch nicht davon gesprochen werden kann, er sei längere Zeit unter Umständen untätig geblieben, die eigentlich eine Rückforderung des Kaufpreises erwarten ließen. Das Verhalten des Klägers war kein anderes als das eines Vertragspartners, der den abgewickelten Vertrag für wirksam hält, und konnte auch aus Sicht der Beklagten nicht anders verstanden werden.

cc) Der Bundesgerichtshof hat allerdings die Rückforderung einer Treuhändervergütung, die durch eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermöglicht wurde, als unzulässige Rechtsausübung angesehen, da der Vertrag längst abgewickelt sei (im konkreten Fall über 10 Jahre), der Anleger sämtliche sich daraus ergebenden Vorteile genossen habe, die Treuhändervergütung für den Anleger nur einen kleinen Teil (1%) der Gesamtvergütung ausmache, es für den Treuhänder aber existenzvernichtende Folgen haben könne, wenn zeitgleich eine Vielzahl von Anlegern Rückforderungsansprüche geltend mache (BGH NJW 2007, 1130).

Diese Entscheidung ist aber auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zwar konnte die Klägerin darauf vertrauen, den erhaltenen Kaufpreis behalten zu dürfen und ihn für die Sanierungsarbeiten verwenden zu können; der Kläger hat über mehrere Jahre die Vorteile (Mieteinnahmen und Steuervorteile) aus dem Vertrag genossen, und für die Beklagte könnte es existenzbedrohende Folgen haben, wenn mehrere oder alle Erwerber der Wohnungen Rückzahlung des Kaufpreises verlangen könnten. Daran würde es wohl auch nichts ändern, dass die Beklagte im Gegenzug die Wohnung zurückerhalten würde; der Kläger behauptet gerade, dass die Wohnung den Kaufpreis nicht wert sei. Anders als im Fall des Bundesgerichtshofes stehen dem aber auch fortdauernde Nachteile des Klägers gegenüber, insbesondere die Belastung durch die Kredittilgung. Vor allem aber betrifft die Rückforderung nicht nur einen kleinen Teil der Vergütung, dessen Verlust dem Kläger gegenüber der Existenzgefährdung des Vertragspartners zuzumuten wäre, sondern würde dem Kläger seine gesamten Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufvertrages mit erheblicher Höhe abschneiden. Der Kläger war zudem ebenso wie die Beklagte von der Wirksamkeit des Kaufvertrages ausgegangen und damit ebenfalls schutzwürdig. Unter diesen Umständen muss die Interessenabwägung hier zu Gunsten des Klägers ausfallen.

3. Dem Kläger stehen Ansprüche in Höhe von 94.744,44 EUR zu.

a) Der Kläger kann Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Wohnung fordern.

Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gegenseitiger Verträge hat nach den Grundsätzen der so genannten Saldotheorie zu erfolgen. Danach ist der Bereicherungsanspruch bei beiderseits ausgeführten gegenseitigen nichtigen Verträgen ein von vornherein in sich beschränkter einheitlicher Anspruch auf Ausgleich aller mit der Vermögensverschiebung zurechenbar zusammenhängender Vorgänge in Höhe des sich dabei ergebenden Saldos. Es ist deshalb durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile zu ermitteln, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Leistung und Gegenleistung sind dabei in Fortgeltung des bei Vertragsschluss gewollten Austauschverhältnisses für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung entsprechend § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich zu saldieren. Dies bedeutet bei ungleichartigen Leistungen, dass der Bereicherungsschuldner die erlangte Leistung nur Zug um Zug gegen seine volle Gegenleistung herauszugeben braucht, ohne dass es der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bedarf (BGH NJW 2001, 1863; ähnlich NJW 2000, 3064; NJW 2005, 884).

b) Der Kläger muss sich auf den Kaufpreis den erzielten Mietertrag anrechnen lassen. Eine Saldierung dieses Vermögensvorteils mit Vermögensnachteilen, die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Kaufvertrages eingetreten sind, findet nicht statt. Der Kläger muss sich aber auch nicht die erzielten Steuervorteile anrechnen lassen.

aa) Im Rahmen der Saldierung sind auf Seiten des Klägers die Mieteinnahmen als gezogene Nutzungen zu berücksichtigen (§ 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB; so auch BGH NJW 2000, 3064). Im Rahmen von §§ 812, 818 BGB kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger weitere Nutzungen hätte ziehen können.

bb) Der Kläger kann diesen Vermögensvorteil nicht mit den Belastungen aus Beurkundungskosten, Grunderwerbsteuer und Finanzierungskosten saldieren. Diese Aufwendungen sind im Rahmen der Saldierung nicht ansatzfähig.

Erforderlich für eine Berücksichtigung von Aufwendungen ist jedenfalls ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem rechtsgrundlosen Vermögenszuwachs und dem Vermögensverlust (BGH NJW 1992, 2415). Darüber hinaus ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit das (jeweilige) Entreicherungsrisiko gemäß § 818 Abs. 3 BGB nach den Vorschriften zu dem fehlgeschlagenen Geschäft oder nach dem Willen der Vertragschließenden jeweils der einen oder anderen Partei zugewiesen sein sollte (BGH NJW 1992, 1037).

Beurkundungs- und Grundbuchkosten ebenso wie die Grunderwerbsteuer hat auch bei der Rückabwicklung nichtiger Kaufverträge der Käufer zu tragen; das folgt aus der Wertung des § 448 Abs. 2 BGB (BGH NJW 2010, 2873 Tz. 21 – zitiert nach juris) und aus dem Umstand, dass diese Kosten an den Abschluss des Grundgeschäfts anknüpfen, nicht an den rechtsgrundlosen Erwerb (Schwab, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 818 Rn. 143).

Auch die Kosten der Finanzierung des Vertrages und die Sicherung der Darlehen liegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allein im Risikobereich und im wirtschaftlichen Interesse des Käufers (BGH NJW 1992, 1037; NJW 2000, 3064). Denn sonst entstünde ein Widerspruch zu § 818 Abs. 1 BGB: Dem Käufer gebühren danach die Nutzungen der Verkäuferseite aus der rechtsgrundlos erbrachten Kaufpreis- und Nebenleistung. Wenn der Kaufpreis finanziert ist, kann der Käufer daher nicht sowohl seinen Kreditaufwand von der rückgewährpflichtigen Leistung abziehen als auch seine eigene Leistung uneingeschränkt herausverlangen und zusätzlich die Nutzungen des Verkäufers in Anspruch nehmen; denn dann stünde er besser, als wenn überhaupt kein Leistungsaustausch stattgefunden hätte. Auch beruhen die Finanzierungskosten nicht auf dem rechtsgrundlosen Erwerb. Das Finanzierungsdarlehen nimmt der Erwerber auf, weil er sich zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet hat; die Aufwendungen beruhen also auf dem nichtigen Kausalgeschäft, nicht dem rechtsgrundlosen Erwerb (Schwab, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 818 Rn. 132; ähnlich Lorenz, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2007, § 818 Rn. 37). Die Ansicht des Landgerichts, im vorliegenden Fall fehle eine solche doppelte Begünstigung des Klägers, weil er keinen Nutzungsersatz für den hingegebenen Kaufpreis verlange, überzeugt nicht: denn es kommt auf die generelle Rechtslage an, nicht darauf, ob der Kläger im konkreten Fall tatsächlich Ersatz der aus dem Kaufpreis gezogenen Nutzungen verlangt. Der Kläger hätte sonst ein Wahlrecht, welches Vorgehen für ihn günstiger ist – je nachdem ob die Finanzierungsaufwendungen höher sind oder der Nutzungsersatz und die erzielten Steuervorteile.

cc) Der Kläger muss sich die erzielten Steuervorteile nicht anrechnen lassen.

Hier will nicht der Kläger einen Abzug von dem zurückzuzahlenden Betrag vornehmen, sondern der Beklagte ihn durch Anrechnung von dem Kläger entstandenen Vorteilen mindern. Dafür bietet § 818 Abs. 3 BGB keine Grundlage: er schränkt nämlich die Haftung des Bereicherungsschuldners auf die noch in dessen Vermögen vorhandene Bereicherung ein, begründet aber keine selbständige Anspruchsgrundlage (Schwab, aaO, § 818 Rn. 119, 130). Die Steuervorteile beruhen ferner auf dem Abschluss des Kausalgeschäfts, nicht auf dem rechtsgrundlosen Erwerb. Und schließlich erhält der Kläger die Finanzierungszinsen nicht erstattet; dann wäre es aber inkonsequent, dem Beklagten den Vorteil aus der steuerlichen Abzugsfähigkeit dieser Zinsen zukommen zu lassen.

dd) Gegen dieses Ergebnis lässt sich nicht einwenden, dass es die durch das – allerdings nicht näher bekannte – Anlagemodell geschaffene Verknüpfung zwischen Mietzinsen und den nicht zu berücksichtigenden Positionen Finanzierungskosten und Steuervorteile außer Acht lässt. Letztlich entspricht es dem Zweck des § 818 Abs. 3 BGB, den Bereicherten davor zu schützen, dass er über den Betrag einer wirklichen (bestehengebliebenen) Bereicherung hinaus zur Herausgabe oder zum Wertersatz verpflichtet werden soll (vgl. BGH NJW 1992, 2415). Die Beklagte steht nicht schlechter als sie ohne die Vermögensverschiebung gestanden hätte; das Risiko, den finanzierten Gegenstand nicht wie geplant nutzen zu können und die angestrebten Steuervorteile zu erzielen, gehört dagegen zum Bereich des Erwerbers und kann bereicherungsrechtlich nicht auf den Veräußerer verschoben werden.

ee) Der Abzugsbetrag für die Mieterträge beläuft sich auf 8.755,56 EUR.

Das Mietverhältnis ab 1.12.2006 und dessen Beendigung zum 28.2.2010 mit den erzielten Nettomieten von 10.764 EUR (276 EUR für 39 Monate) sind vom Kläger dargelegt (Anl. K 19, K 35). Zur Ermittlung der gezogenen Nutzungen ist die Nettomiete um die nicht umlagefähigen Kosten zu kürzen, weil es insoweit an einem Ertrag des Klägers fehlt. Die umlagefähigen Kosten bleiben außer Betracht, weil sie mit den Mietern abgerechnet werden; zu ihnen gehört nach 7.1, 7.2 des Mietvertrages auch die Grundsteuer.

Die nicht umlagefähigen Kosten sind für die Zeit vom 1.9.2007 bis 31.8.2010 durch Vorlage der Abrechnungen nachgewiesen (Anl. K 21, K 25, K 29). Aus der Abrechnung für den Zeitraum 1.9.2009 bis 31.8.2010 (Anl. K 29) ist dabei nur der vom 1.9.2009 bis zum Ende des Mietverhältnisses am 28.2.2010 anfallende Teil anzusetzen, was 181 Tagen entspricht. Für den Zeitraum vom 17.11.2006 bis 31.8.2007 ergibt sich der vom Kläger zu tragende Betrag von 363,27 EUR aus Anl. K 17, von dem nur der auf die Zeit ab 1.12.2006 entfallende Teil (274 von 288 Tagen) zu berücksichtigen ist, was 345,61 EUR ergibt.

Für die Dauer des Mietverhältnisses (1.12.2006 bis 28.2.2010) fallen demnach an 615,95 EUR (K 21) + 691,57 EUR (K 25) + 355,31 EUR (K 29 für 181 Tage) + 345,61 EUR (K 16, K 17 für 274 Tage). Von den Mieteinnahmen sind deshalb 2008,44 EUR nicht umlagefähiger Nebenkosten in Abzug zu bringen, so dass 8.755,56 EUR verbleiben.

4. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten. Weitergehende Schadensersatzansprüche stehen ihm nicht zu.

a) Es kann dahinstehen, ob der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Vermittlungs- oder Beratungsvertrag geltend machen kann oder ob derartige Verträge nur mit dem Vermittler selbst oder der Fa. A. AG zustande gekommen sind. Eine Haftung der Beklagten könnte jedenfalls auf die Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss gestützt werden. Zwar handelt es sich nicht um einen Fall der sog. uneigentlichen Prospekthaftung, weil ein Prospekt über das Vorhaben nicht zum Einsatz kam. Der künftige Vertragspartner des Anlegers haftet jedoch nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss auch für andere falsche oder unvollständige Angaben, etwa Angaben bei einer Verkaufspräsentation (BGH WM 2008, 1545). Der Vermittler ist dabei Erfüllungsgehilfe der Beklagten, wenn und weil sie sich seiner zum Vertrieb der Wohnungen bedient (§ 278 BGB); sie haftet für sein Verhalten (BGH NJW 1986, 2677; NJW-RR 1991, 804). Die Beklagte hat aber den Vortrag des Klägers zu der vorvertraglichen Beratung und die Richtigkeit der Zahlen zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten; zu ersterem hat der Kläger keinen Beweis angeboten, so dass eine Pflichtverletzung nicht erwiesen ist.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann die Verwendung unwirksamer Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einer Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss führen. Zu erstatten sind jedoch nur Schäden, die gerade durch die Unwirksamkeit der Klausel verursacht worden sind. Denn ersatzfähig sind nur solche Schäden, deren Realisierung die verletzte Norm verhindern soll (Schutzzweck der Norm). Durch § 308 Nr. 1 BGB soll der Vertragspartner lediglich vor den Nachteilen bewahrt werden, die sich aus einer zu langen Annahmefrist ergeben; von dem Schutzzweck der Regelung erfasst sind daher nur solche Schäden, die gerade und lediglich durch die überlange Bindung des Vertragspartners verursacht worden sind (BGH NJW 2010, 2873).

Der Kläger hat damit Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten; denn sie sind durch die Verwendung der unwirksamen Regelung über die Bindungsfrist in der notariellen Angebotsurkunde veranlasst.

Dagegen fallen weder der Abzug der Mietbelastungen noch die Finanzierungskosten des Klägers unter den Schutzzweck des § 308 Nr. 1 BGB, weil sie nicht aus der zu langen Bindungsfrist resultieren.

5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291, § 288 Abs. 1 BGB.

6. Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme der Wohnung seit 7.9.2010 in Annahmeverzug, nachdem sie der Kläger mit Schreiben vom 5.8.2010 zur Rückabwicklung des Kaufvertrages unter Fristsetzung bis zum 6.9.2010 aufgefordert hatte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

VI.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

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