OLG Frankfurt – Az.: 20 W 391/11 – Beschluss vom 29.03.2012
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: bis 1.000,– EURO.
Gründe
I.
Der verfahrensbevollmächtigte Notar beantragte mit Schreiben vom 1. August 2012 den Vollzug des von ihm beurkundeten Kaufvertrages UR-Nr. 30/2011 auch zu Blatt 32461. Mit UR-Nr. 30/2011 hatten die Antragsteller zu 1) und 2) das Wohnungseigentum Blatt 32341 und das (zugehörige) Teileigentum Blatt 32461 an die Antragsteller zu 3) und 4) veräußert. Auf Grund des mit Schreiben des Notars vom 24. Mai 2011 gestellten Antrages auf Vollzug gemäß § 15 GBO war zunächst am 20. Juli 2011 nur die Eigentumsumschreibung zu Blatt 32341 vollzogen worden.
Nach antragsgemäßer Eigentumsumschreibung zu Blatt 32461 am 4. August 2011 übersandte das Grundbuchamt am 5. August 2011 die Eintragungsmitteilung an den Notar unter Beifügung von weiteren Eintragungsmitteilungen für die Antragsteller zu 1) bis 4).
Daraufhin sandte der Notar mit Schreiben vom 9. August 2011 die für die Antragsteller zu 1) bis 4) bestimmten Eintragungsnachrichten mit dem bemerken zurück, er habe dem Grundbuchamt nicht mitgeteilt, dass er die Aufgaben des Postillions für das Amtsgericht übernehme.
Das Grundbuchamt sandte die Eintragungsmitteilungen unter Bezugnahme auf den Beschluss des 20. Zivilsenates vom 1. November 2004 (Az. 20 W 53/04 = OLG-Report Frankfurt 2005, 563 = NotBZ 2005, 366) an den Notar zurück.
Der Notar legte sodann mit Schreiben vom 17. August 2011 gegen die konstante Weigerung des Grundbuchamtes zur Befolgung des § 55 Abs. 1 GBO unter Hinweis auf den Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 26. Oktober 2010 (Az. 5 W 214/10-82 = DNotZ 2011, 549) Beschwerde ein.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes half der Beschwerde mit Beschluss vom Verfügung vom 22. August 2011 nicht ab und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor.
II.
Die Beschwerde, über die nach der Nichtabhilfeentscheidung des Grundbuchamtes gemäß §§ 72, 75 GBO der Senat als Beschwerdegericht zu entscheiden hat, ist zulässig. Hierbei geht der Senat allerdings davon aus, dass das Rechtsmittel von dem Notar für die Antragsteller aufgrund der Ermächtigung des § 15 GBO eingelegt wurde, weil nur dann eine zulässige Beschwerde gegeben ist. Denn für eine Beschwerdeeinlegung im eigenen Namen würde dem Notar, der eine Eintragungsbekanntmachung selbst gemäß § 55 GBO unmittelbar erhalten hat, die Beschwerdebefugnis fehlen würde (so bereits Senatsbeschluss vom 1. November 2004, a.a.O., m.w.N.).
In der Sache führt die Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg.
Gemäß § 55 Abs. 1 GBO soll jede Eintragung dem den Antrag einreichenden Notar, dem Antragsteller und dem eingetragenen Eigentümer sowie allen aus dem Grundbuch ersichtlichen Personen bekannt gemacht werden, zu deren Gunsten die Eintragung erfolgt ist oder deren Recht durch sie betroffen wird. Dabei entspricht es ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass im Falle einer Antragstellung durch den Notar nach § 15 GBO die nach § 55 GBO vorgeschriebene Eintragungsnachricht nur an den Notar und nicht zusätzlich an den oder die von ihm vertretenen Antragsteller bzw. Urkundsbeteiligten zu erfolgen hat, wobei auch eine ausdrückliche Vollmachtsbeschränkung bezüglich der Entgegennahme der Eintragungsmitteilung ganz überwiegend nicht als wirksam erachtet wird (vgl. BayObLGZ 1988, 307/310; OLG Köln Rpfleger 2001, 123 und FGPrax 2011, 277; OLG Düsseldorf FGPrax 2001, 11; Thüringer OLG FGPrax 2002, 150/151; OLG Brandenburg RNotZ 2008, 224; Bauer/von Oefele/Meincke, GBO, 2. Aufl., § 55 Rn. 6; Meikel/Morvillius, GBO, 10. Aufl., Rn. 6 und 26 sowie Meikel/Böttcher, a.a.O., § 15 Rn. 33; KEHE/Munzig, GBO, 5. Aufl., § 15 Rn. 38 und § 55 Rn. 2; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 15 Rn. 19 und § 55 Rn. 10; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 186; Hügel/Wilsch, Beck’scher Onlinekommentar GBO, § 55 Rn. 4).
Der Senat hat sich dieser Auffassung bereits mit Beschluss vom 01. November 2004 angeschlossen (OLG-Report Frankfurt 2005, 563 = NotBZ 2005, 366) und hält an dieser Auffassung auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Saarländischen OLG vom 26. Oktober 2010 (DNotZ 2011, 549; so auch LG Schwerin NotBZ 2003, 401 mit zust. Anm. Biermann-Ratjen) fest.
Der Argumentation des Saarländischen OLG, wonach der Wortlaut des § 55 GBO auch im Falle der Antragstellung durch den Notar gemäß § 15 GBO eine zusätzliche unmittelbare Benachrichtigung des oder der Antragsteller ebenso wie dessen eigenes Informationsinteresse gebiete, vermag der Senat nicht zu folgen.
Der Wortlaut des § 55 Abs. 1 GBO sieht zwar eine Benachrichtigung des Antragstellers und der sonstigen näher aufgeführten Personen vor, jedoch kann dem Wortlaut der Vorschrift keine zwingende Verpflichtung des Grundbuchamtes entnommen werden, alle dort aufgeführten Personen stets unmittelbar über die Eintragung zu informieren. Vielmehr folgt aus der Regelung des § 15 GBO, dass der Notar im Grundbuchverfahren aufgrund seiner Amtstätigkeit im Rahmen einer umfassenden Vertretungsbefugnis für die Urkundsbeteiligten tätig wird (so insbesondere auch OLG Köln FGPrax 2011, 277/278 und OLG Brandenburg RNotZ 2008, 224). Nach der Regelung des § 15 GBO kommt dem Notar im Grundbuchverfahren aufgrund seiner Aufgaben und besonderen Sachkunde die Funktion eines umfassenden Repräsentanten der Beteiligten gegenüber dem Grundbuchamt zu. Er ist befugt, die Eintragungsanträge beim Grundbuchamt einzureichen und kann diese auch zurücknehmen, nur ihm sind etwaige Zwischenverfügungen oder ein Zurückweisungsbeschluss bekannt zu machen und er kann für die Beteiligten – auch soweit er für sie einen Eintragungsantrag nicht gestellt hat, sie aber antragsberechtigt sind – Beschwerde einlegen. Deshalb kann sehr wohl davon ausgegangen werden, dass die ausschließliche Empfangszuständigkeit des Notars in den Fällen des § 15 GBO nicht nur den Belangen des Grundbuchverkehrs dient, sondern auch im Interesse der Praktikabilität der Rechtspflege und des effektiven Rechtsschutzes liegt, zumal mit der Übersendung der Eintragungsnachricht an den Notar dessen Verpflichtung zur inhaltlichen Überprüfung und alsbaldigen Weiterleitung an die Beteiligten verbunden ist, an der aus der Sicht der Urkundsbeteiligten im Hinblick auf die besondere Sachkunde des Notars sowie die Gefahr des Verlustes etwaiger Amtshaftungsansprüche bei Unterlassung der zeitnahen Beanstandung unrichtiger Eintragungen ein besonderes Interesse besteht (vgl. hierzu insbesondere OLG Köln, a.a.O. und OLG Brandenburg, a.a.O., BGH NJW 1994, 1748; Bauer/von Oefele/Meincke, a.a.O., § 55 Rn. 33; Hügel/Wilsch, a.a.O., § 55 Rn. 3).
Ob eine ausdrückliche Einschränkung des Umfanges der dem Notar nach § 15 GBO zukommenden Vollmacht bezüglich der Entgegennahme der Eintragungsmitteilung für den Antragsteller bzw. die weiteren Urkundsbeteiligten möglich und wirksam ist (so Meikel/Böttcher, a.a.O., § 15 Rn. 34; Bauer/von Oefele/Wilke, a.a.O., § 15 Rn. 28), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil eine solche ausdrückliche Beschränkung mit der Einreichung des Antrages nicht erklärt wurde und das Grundbuchamt somit seine gesetzliche Verpflichtung gemäß § 55 Abs. 1 GBO gegenüber den Antragstellern bereits durch die Übersendung der Eintragungsmitteilungen an den Notar erfüllt hatte.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1 KostO.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 78 GBO im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Saarländischen OLG vom 26. Oktober 2010 – 5 W 214/10 – zuzulassen.