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Nachweis des Untergangs eines Erbbaurechts – Berichtigungsbewilligung

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 87/18 – Beschluss vom 14.01.2019

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken – Saarländisches Grundbuchamt – vom 22.10.2018, Az. …-…-…, wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

Die Beteiligte ist Eigentümerin des im Grundbuch von L., Blatt …, eingetragenen Grundbesitzes. In Abteilung II des Grundbuchs ist unter der laufenden Nummer … gemäß notariellem Erbbaurechtsvertrag und Bewilligung vom 19.11.1998 ein Erbbaurecht auf 35 Jahre für den … pp. e.V. S., eingetragen. Es bezog sich auf ein als „Schulpavillon“ bezeichnetes Gebäude, in welchem der Verein ein Billard-Leistung-Zentrum betrieb. Als Dauer des Erbbaurechts waren 35 Jahre seit Eintragung im Grundbuch vereinbart.

In § 3 des Erbbaurechtsvertrags ist Folgendes geregelt:

„Heimfall

Der Berechtigte verpflichtet sich, das Erbbaurecht auf den jeweiligen Eigentümer oder auf einen von diesem zu benennenden Dritten sofort zu übertragen:

a) bei Liquidierung des Vereins

b) bei Entziehung der Rechtsfähigkeit

c) bei Eröffnung des Konkurses oder Nichteröffnung mangels Masse

[…]“

Mit Schreiben vom 16.6.2015 teilte der damalige Präsident des … pp. e.V., Herr F. T., der Beteiligten mit, dass der Verein sich in einer Generalversammlung am 24.6.2015 zum 30.6.2015 auflösen werde und „die Gebäudlichkeit der Gemeinde rückzuübertragen“ sei. Der Gemeinde werde mit der vorzeitigen Rückgabe eine anderweitige Nutzung ermöglicht. Mit Schreiben vom 24.6.2015 erklärten der Präsident und der Vizepräsident des Vereins gegenüber dem Amtsgericht Saarbrücken – Vereinsregister –, in der Generalversammlung vom 24.6.2015 sei einstimmig die Auflösung des Vereins beschlossen worden; der Kassenbestand betrage 0 €. Als Liquidatoren wurden die Herren F. T. und P. A. ins Vereinsregister eingetragen. Mit Eintragung vom 15.3.2017 wurde festgestellt, die Liquidation sei beendet, der Verein erloschen. Das Registerblatt wurde geschlossen.

Die Beteiligte hat mit Schreiben vom 13.9.2018 die Löschung des Erbbaurechts beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, gemäß § 3 des Erbbaurechtsvertrags sei „der Heimfall eingetreten“. Einer Nachtragsliquidation bedürfe es nicht. Das Grundbuch sei unrichtig. Das Amtsgericht – Saarländisches Grundbuchamt – Saarbrücken teilte der Beteiligten mit Verfügung vom 26.9.2018 mit, die Löschung könne im Wege der Grundbuchberichtigung derzeit nicht vollzogen werden. Es bedürfe einer Einigung zwischen dem Eigentümer und dem Erbbauberechtigten, wobei dieser durch die bisherigen Liquidatoren vertreten werden könne. Für die Einreichung der erforderlichen Unterlagen setzte das Amtsgericht eine Frist von einem Monat.

Die Beteiligte erhob gegen die Verfügung vom 26.9.2018 mit Schreiben vom 16.10.2018 Beschwerde. Zur Begründung führte sie aus, eine Bewilligung nach § 19 GBO sei entbehrlich, weil die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen sei. Der Verein sei infolge der Beendigung der Liquidation und der Löschung im Vereinsregister nicht mehr existent und könne daher nicht mehr Inhaber des eingetragenen Erbbaurechts sein. Der Verein sei tatsächlich vermögenslos und damit „voll beendet“. Das ergebe sich aus dessen Schreiben vom 24.6.2015 und dem Liquidations- und Löschvermerk im Vereinsregister. Ein zusätzliches Anzeichen für die Vermögenslosigkeit sei die seit der Löschung im Vereinsregister verstrichene Zeit von 18 Monaten.

Mit Beschluss vom 22.10.2018 hat das Amtsgericht den Antrag auf Löschung des Erbbaurechts gemäß § 18 GBO zurückgewiesen, weil die Unrichtigkeit des Grundbuchs weder offenkundig noch nachgewiesen sei.

Die Beteiligte hat mitgeteilt, die Beschwerde vom 16.10.2018 habe sich im Hinblick auf den Beschluss vom 22.10.2018 erledigt. Mit Schriftsatz vom 8.11.2018 hat sie nunmehr den Beschluss vom 22.10.2018 angefochten und die in ihrem Schreiben vom 16.10.2018 vorgetragenen Argumente wiederholt.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 14.11.2018 dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Grundbuchamts vom 22.10.2018 hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten auf Berichtigung des Grundbuches durch Löschung des in Abteilung II, lfd. Nr. …, des Grundbuchs von L., Bl. …, eingetragenen Erbbaurechts zu Recht zurückgewiesen, weil es an einer Bewilligung (§ 19 GBO) des … pp. e.V. fehlt und sich das Erlöschen des Erbbaurechts mit den im Grundbuchverfahren zugelassenen Beweismitteln (§ 29 GBO) nicht feststellen lässt (§ 22 Abs. 1 GBO).

a.

Das Grundbuch ist unrichtig, wenn der Grundbuchinhalt und die wahre dingliche Rechtslage nicht übereinstimmen, wobei die Divergenz auch nachträglich eingetreten sein kann. Fehlt es, wie hier, an der (Berichtigungs-)Bewilligung des durch die Eintragung einer Löschung nach § 46 GBO in seinem Recht Betroffenen (§ 19 GBO), ist eine berichtigende Eintragung im Grundbuch möglich, wenn die Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen, weil er eine Grundbucheintragung ohne Bewilligung des Betroffenen ermöglicht und das Grundbuchverfahren zur Klärung von streitigen Tatsachen weder geeignet noch bestimmt ist. Es genügt nicht, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit spricht (OLG Hamm, Rpfleger 1989, 148). Vielmehr muss der Antragsteller grundsätzlich lückenlos alle Möglichkeiten ausräumen, die der begehrten berichtigenden Eintragung entgegenstehen könnten. Lediglich ganz entfernt liegende, nur theoretische Überlegungen müssen nicht widerlegt werden. Der Nachweis ist nach § 29 Abs. 1 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen (BGH, Beschl. v. 21.01.2016 – V ZB 43/15 – NJW 2016, 3242; OLG Hamm, FGPrax 2017, 108; OLG München, Beschl. v. 30.06.2014 – 34 Wx 168/14 – juris; BayObLG, MDR 1992, 140). Sind die eine Unrichtigkeit begründenden Umstände offenkundig, bedarf es einer Nachweisführung nicht (OLG München, FGPrax 2015, 159).

b.

Hier ist weder offenkundig noch von der die Eintragung der Löschung begehrenden Beteiligten nachgewiesen, dass das im Grundbuch eingetragene Erbbaurecht untergegangen und das Grundbuch dadurch unrichtig geworden ist.

(1)

Die Gründe für das Erlöschen eines Erbbaurechts sind der Ablauf der dafür bestimmten Zeit (§ 27 ErbbauRG) oder seine rechtsgeschäftliche Aufhebung (§§ 11, 26 ErbbauRG i.V.m. § 875 BGB; zur Beendigung des Erbbaurechts Staudinger in: Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 1012ex Rdn. 9). Beide Erlöschensgründe liegen nicht vor. Die für das Erbbaurecht festgelegte Zeitdauer von 35 Jahren ist noch nicht verstrichen. Das Erbbaurecht ist auch nicht durch Aufhebung untergegangen. Hierzu hätte es gemäß §11 ErbbauRG, § 875 Abs. 1 BGB neben einer Aufgabeerklärung des Berechtigten einer – für den Untergang des Rechts konstitutiven – Eintragung der Löschung ins Grundbuch bedurft (vgl. Reetz in: Hügel, GBO, Ed. 34, 2018, § 46 Rdn. 9). Eine solche ist aber gerade Inhalt des Begehrens der Beteiligten. Diese stützt ihren Löschungsantrag ausschließlich auf den Gesichtspunkt der – nach ihrer Auffassung – bereits außerhalb des Grundbuchs eingetretenen Unrichtigkeit. An einer Löschungsbewilligung des Vereins gemäß § 19 GBO, die für eine Löschung wegen rechtsgeschäftlicher Aufgabe des Erbbaurechts erforderlich gewesen wäre (dazu Winkler/Schlögel in: Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, 6. Aufl. 2016, § 5 Rdn. 198, 202), fehlt es.

Ein etwaiger Heimfall gemäß § 2 Nr. 4 ErbbauRG i.V.m. § 3a des Erbbaurechtsvertrags – Fallgruppe „Liquidierung des Vereins“ – ist für den Fortbestand des Erbbaurechts ohne Belang. Der Eintritt der Voraussetzungen des Heimfalls führt nicht zum Erlöschen des Erbbaurechts, sondern verpflichtet den Berechtigten lediglich zur Übertragung auf den Eigentümer oder den von ihm gemäß § 3 ErbbauRG benannten Dritten nach § 873 BGB (Winkler/Schlögel in: Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, 6. Aufl. 2016, § 4, Rdn. 91).

(2)

Zu Unrecht meint die Beteiligte, das Grundbuchamt hätte die Löschung des Erbbaurechts unabhängig von einer Bewilligung nach § 19 GBO eintragen müssen, weil der Erbbauberechtigte nicht mehr existent sei und ihm daher keine Rechte mehr zustehen könnten.

Die Löschung des … pp. e.V. im Vereinsregister genügt als Unrichtigkeitsnachweis schon deshalb nicht, weil unter den hier gegebenen Umständen gar nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden kann, dass die registerrechtliche Verlautbarung insoweit die Rechtslage zutreffend wiedergibt. Verfügt ein Verein noch über Vereinsvermögen, ist er nämlich ungeachtet einer Löschung im Vereinsregister als fortbestehend zu betrachten (vgl. OLG München, NZG 2016, 790, für die Löschung einer Genossenschaft im Genossenschaftsregister; OLG Düsseldorf, FGPrax 2011, 9, für eine GmbH; siehe auch Heinze in: Staudinger, BGB, 2017, § 1061 Rdn. 12).

(a)

Bei der Beendigung eines Vereins ist zwischen Auflösung und Erlöschen zu unterscheiden. Durch die Auflösung tritt der Verein zunächst in das Liquidationsstadium ein. Er verliert seinen werbenden Charakter, besteht jedoch identitätswahrend als Liquidationsverein fort. Vereinszweck ist nunmehr die Abwicklung des Vereinsvermögens im Liquidationsverfahren gemäß den §§ 48 bis 53 BGB. Das endgültige Erlöschen des Vereins tritt grundsätzlich erst ein, wenn die Liquidation beendet ist (Weiß in: Baumann/Sikora, Hand- und Formularbuch des Vereinsrechts, 2. Aufl. 2017, Kap. 2, § 13 Rdn. 231 f.). Das ist erst dann der Fall, wenn kein verwertbares Aktivvermögen mehr vorhanden ist (Weiß, a.a.O., Kap. 2, § 13, Rdn. 313).

Da auch einem Erbbaurecht grundsätzlich ein Vermögenswert zukommt, zählt auch dieses zum Aktivvermögen, so dass der … pp. e.V. schon wegen dieses Rechts trotz vermeintlich beendeter Liquidation und registerrechtlicher Löschung als weiterhin existent zu betrachten ist (vgl. OLG München, NZG 2016, 790, für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit) und eine Löschung des Rechts von der grundbuchmäßigen Bewilligung des Vereins gemäß § 19 GBO abhängt.

(b)

Dessen ungeachtet ist weder offenkundig noch hat die Beteiligte in der grundbuchmäßig erforderlichen Form nachgewiesen, dass es auch sonst keinerlei Vermögenswerte mehr geben sollte, derentwegen der Verein als Liquidationsverein fortbestehen könnte. Dass sich aus dem Schreiben des … pp. e.V. vom 24.6.2015 unzweifelhaft eine tatsächliche Vermögenslosigkeit des Vereins ergeben soll, trifft entgegen der Annahme der Beteiligten nicht zu. In dem Schreiben heißt es lediglich, der „Kassenbestand ist 0 (null) 0 Euro“. Auch der Zeitablauf seit der erst im Jahr 2017 erfolgten Löschung belegt die Vermögenslosigkeit nicht. Die von der Beteiligten in diesem Zusammenhang in der Beschwerdebegründung zitierte Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 10.6.2016 – 34 Wx 160/16) betraf eine Genossenschaft, deren Erlöschen bereits im Jahr 1930 eingetragen worden war.

(3)

Es liegt auch kein Fall vor, der ein Absehen von den strengen Formerfordernissen des § 29 Abs. 1 GBO rechtfertigen könnte. Eine Lockerung ist allenfalls dort geboten, wo es ansonsten praktisch unmöglich wäre, die beantragte Eintragung zu bewirken. Davon ist in der vorliegenden Konstellation nicht auszugehen (vgl. Senat, Beschl. v. 12.9.2017 – 5 W 60/17; OLG München, NZG 2016, 945). Stellt sich, wie hier, nach Beendigung der Liquidation eines Vereins heraus, dass noch verteilbares Vereinsvermögen vorhanden ist oder dass jedenfalls eine Mitwirkung zur Beseitigung formaler Rechtspositionen oder sonstige Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, so kann die Liquidation in Form der sog. Nachtragsliquidation wieder aufgenommen werden (dazu Otto in: Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11. Aufl. 2016, XXII., Rdn. 1155).

c.

Die Löschung des Erbbaurechts ist auch nicht wegen etwaiger Gegenstandslosigkeit gerechtfertigt. Das dafür vorgeschriebene Verfahren nach §§ 84 ff. GBO ist nicht durchgeführt worden (§ 85 Abs. 2 Halbsatz 1 GBO) und eine insoweit ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts wäre nicht anfechtbar (§ 85 Abs. 2 Halbsatz 2 GBO; vgl. OLG Düsseldorf, FGPrax 2011, 9).

2.

Einer Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 22 Abs. 1 GNotKG nicht veranlasst. Die Entscheidung über die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt (§ 78 Abs. 2 Satz 1 GBO).

 

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