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Notarielle Pflicht zur Vollziehung einer Auflassung

LG Hamburg – Az.: 321 T 1/17 – Beschluss vom 19.04.2017

1. Der Antrag vom 12.04.2017 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Alleinerbin des am 23.12.2016 verstorbenen Herrn H. S. (im Folgenden: „Verkäufer“) welcher am 18.01.2016 einen die Grundstücke L. Tor… ,… und… in H.- H. betreffenden Kaufvertrag mit der Antragsgegnerin zur UR-Nr… vor dem Notar Dr. T. N. schloss (Anlage 1 des Notars). Es wurde in § 2 Nr. 1 ein Kaufpreis i.H.v. 7.500,000 € vereinbart.

Zur Fälligkeit heißt es in § 2 Nr. 2:

„Der gesamte Kaufpreis ist zur Zahlung fällig zwei Tage vor Übergabe, sofern der Notar bestätigt hat, dass die Eintragung der vertragsgemäßen Auflassungsvormerkung für den Erwerber im Grundbuch erfolgt ist, ihm sämtliche Umschreibungsunterlagen mit Ausnahme der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegen, das Rücktrittsrecht gemäß § 15 des Vertrages erloschen ist und der Kaufgegenstand geräumt ist.

Der Veräußerer verpflichtet sich, die vom Erwerber angemieteten Räumlichkeiten (§ 13 des Vertrages) „mietreif“ bis spätestens zum 30.04.2016 zur Verfügung zu stellen. […] Diese Voraussetzung der Mietreife ist bindende Verpflichtung, aber nicht Fälligkeitsvoraussetzung für die Kaufpreiszahlung.

Zahlungsverzug tritt am vorstehenden Fälligkeitstermin ein, nicht jedoch vor Ablauf von 7 Tagen nach Versendung der Fälligkeitsmitteilung des Notars. […]“

Zur Übergabe heißt es in § 5:

„Die Übergabe des Kaufgegenstandes erfolgt am 1. März 2016. […]“

In § 6 „Abwicklung“ heiß es:

„Der Notar wird mit der Durchführung des Vertrages beauftragt. Er ist berechtigt, die erforderlichen Anträge einzeln zu stellen und zurückzunehmen. […]“

Und in § 7 „Auflassung“ heißt es nach Erklärung der Auflassung:

„Der Notar wird angewiesen, die Eigentumsumschreibung erst zu veranlassen, wenn der für den Vertragsgegenstand vereinbarte Kaufpreis (ohne etwaige Zinsen) gezahlt bzw. beim Notar hinterlegt ist. […]“

Im Übrigen wird für den weiteren Inhalt des Kaufvertrages auf die Anlage 1 des Notars Bezug genommen.

Am 03.03.2016 erfolgte eine Fälligkeitsmitteilung des Notars (Anlage 2 des Notars) unter dem Vorbehalt des Erlöschens des Rücktrittsrechts nach § 15 des Kaufvertrages (für den Fall des Verstoßes gegen örtliche Bauvorschriften) und der Räumung des Objekts. Hierauf mahnte der Verkäufer die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 31.03.2016 unter Fristsetzung bis zum 08.04.2016 (Anlage BF 2), vom 15.04.2016 unter Fristsetzung bis zum 22.04.2016 (Anlage BF 4) und vom 06.05.2016 unter Fristsetzung bis zum 13.05.2016 (Anlage BF 6).

Mit Schreiben vom 17.05.2016 erklärte der Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag (Anlage BF 8) und mit Schreiben vom 27.06.2016 erneut (Anlage BF 11).

Anschließende Verhandlungen über die „Wiederinkraftsetzung“ des Kaufvertrages, zu der eine Nachtragsvereinbarung entworfen wurde (Anlage BF 12), führten nicht zu einem Abschluss.

Sodann wurde der Kaufpreis vollständig bezahlt, und zwar durch Zahlungen vom

  • 06.10.2016 über 800.000,00 € von einem Konto der Kreissparkasse O.,
  • 14.10.2016 über 3.700.000,00 € von einem Konto eines B. G. bei der T. is Bankasi,
  • 28.11.2016 über 800.000,00 € von einem Konto der Volksbank B.- N. eG,
  • 06.12.2016 über 1.400.000,00 € von einem Konto eines B. G. bei der T. is Bankasi,
  • 23.12.2016 über 300.000,00 € von einem Konto der Volksbank B.- N. eG,
  • 28.12.2016 über 400.000,00 € von einem Konto der Volksbank B.- N. eG und
  • 01.03.2017 über 100.000,00 € von einem Konto der Kreissparkasse S..

Mit Schreiben vom 16.03.2017 (Anlage 3 des Notars) begehrte die Antragsgegnerin gegenüber dem Notar unter Darlegung der vorbenannten Zahlungen den Vollzug der Auflassung und trug vor, der Rücktritt sei unwirksam gewesen, da der Kaufpreis noch nicht fällig gewesen sei. Schließlich sei das Objekt noch nicht geräumt gewesen. Außerdem habe zwischen den Vertragsparteien Einvernehmen bestanden, dass der Kaufvertrag vollzogen werden soll. So habe der Verkäufer noch nach den Rücktrittserklärungen die Zahlung des Kaufpreises verlangt und nach Erhalt von 4,1 Mio. € u.a. die Schlüssel der Antragsgegnerin übergeben. Dem trat die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.03.2017 (Anlage 4 des Notars) entgegen.

Am 22.03.2017 hat der Notar daher per Vorbescheid angekündigt, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von einem Monat zu veranlassen (Anlage 5 des Notars).

Hiergegen hat die Antragstellerin am 13.04.2017 Beschwerde eingelegt, welcher der Notar mit Nichtabhilfeentscheidung vom gleichen Tage nicht abgeholfen hat (Anlage 6 des Notars).

Die Antragstellerin beantragt, den Urkundsnotar im Wege der einstweiligen Anordnung anzuweisen, von der Stellung eines Antrags auf Umschreibung des Eigentums an den in § 1 des notariellen Kaufvertrags vom 18.01.2016 – Nr… der Urkundenrolle des Notars Dr. T. N. – genannten Grundstücken – den im Grundbuch von H. des Amtsgerichts H. – H. Bl… eingetragenen Grundstücken der Gemarkung H. … und… – bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über diese Beschwerde Abstand zu nehmen.

Hierzu trägt die Antragstellerin vor, die Anweisung in § 7 des Vertrages besage nur, der Notar dürfe nicht vor Bezahlung die Auflassung veranlassen, sie besage hingegen nicht, er müsse sie veranlassen.

Zudem greife sie, die Antragstellerin, die Wirksamkeit des Kaufvertrages und der Anweisung mit dem beachtlichen Argument des Rücktritts vom Kaufvertrag an, wobei die Wirksamkeit des Rücktritts im Übrigen auch offensichtlich sei. So habe die Antragsgegnerin trotz Fälligkeit den Kaufpreis nicht – bzw. erst nach Rücktritt – bezahlt. Die Zahlung sei jedoch bereits zuvor fällig und das Objekt i.S.d. Vertrages geräumt gewesen. Zwischen den Vertragsparteien habe nämlich Einvernehmen bestanden, nicht alle Gegenstände aus dem Objekt räumen zu müssen.

Überdies seien die Voraussetzungen der Anweisung nicht erfüllt gewesen. So stellten sich die Zahlungen nicht als Kaufpreiszahlung i.S.d. Vertrages dar, weil sie nach dem Rücktritt und zudem zum Teil von Dritten, u.a. einem Herrn B. G. bzw. B1 G1 aus N. (hierzu Anlage BF 13), der C. GmbH und der J. G. GmbH ohne Tilgungsbestimmung erfolgt seien. Wegen der Zahlungen des Herrn G. bzw. G1 sei ein Verfahren wegen Geldwäsche bei der Staatsanwaltschaft S. zum Az… anhängig. Hilfsweise verrechne die Antragstellerin die Zahlungen primär mit einer Forderung gegen die Antragsgegnerin auf Erstattung der Grunderwerbssteuer, welche nach dem Vertrag die Antragsgegnerin zu zahlen, aber zunächst der Verkäufer gezahlt habe.

II.

1.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war zurückzuweisen, da er unbegründet ist.

Ein Anordnungsanspruch liegt nicht vor.

Nach einer für die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BNotO i.V.m. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG maßgeblichen summarischen Prüfung (vgl. Zöller, § 49 FamFG, Rn. 7) beabsichtigt der Notar zu Recht, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu veranlassen und damit die Auflassung zu vollziehen.

Gemäß § 53 Beurkundungsgesetz ist der Notar verpflichtet, die Auflassung zu vollziehen. Danach hat der Notar beurkundete Willenserklärungen, die beim Grundbuchamt einzureichen sind, dort einzureichen, sobald dies möglich ist. Insoweit beschränkt die Anweisung in § 7 des Vertrages diese Pflicht des Notars lediglich dahingehend, dass er die Auflassung erst dann vollziehen darf, wenn der vereinbarte Kaufpreis gezahlt ist.

1.1 Diese Voraussetzung ist erfüllt. Der Kaufpreis wurde durch insgesamt sieben Zahlungen in der Zeit vom Oktober 2016 bis zum März 2017 vollständig bezahlt.

 

Die Zahlungen führten gemäß §§ 267 Abs. 1, 362 BGB zur Erfüllung, auch soweit sie von Dritten geleistet wurden, da die Antragsgegnerin der Leistung durch Dritte nicht widersprochen hat (vgl. § 267 Abs. 2 BGB) und die Zahlungen mit Fremdtilgungswillen hinsichtlich der Kaufpreispflicht aus dem Vertrag vom 18.01.2016 erfolgt sind. Dieser Fremdtilgungswillen ist so zu bestimmen, wie der Gläubiger ihn objektiv verstehen musste (Palandt, § 267, Rn. 3 m.w.N.). Insoweit ist offensichtlich, dass die Zahlungen, welche in exakter Höhe des Kaufpreises erfolgt sind, der Tilgung ebendieses Kaufpreises dienen sollten. Daher kommt auch eine Verrechnung der Zahlungen mit einem etwaigen Anspruch der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin auf Erstattung der von dem Verkäufer gezahlten Grunderwerbsteuer nach § 366 Abs. 2 BGB nicht in Betracht.

Nach dem für den Notar maßgeblichen Wortlaut der Anweisung in § 7 des Vertrages, an den er sich streng zu halten hat, war der Kaufpreis, nämlich ein Betrag in Höhe des vereinbarten Kaufpreises von 7.500.000,00 €, damit gezahlt.

1.2 Der in Bezug genommene, aber zwischen den Parteien streitige Rücktritt führt bei summarischer Prüfung zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere bestreitet die Antragstellerin damit nicht die Wirksamkeit des Kaufvertrages und der Anweisung mit beachtlichen Argumenten. Die vorliegende Konstellation ist nicht vergleichbar mit der Entscheidung des BGH im Beschluss vom 01.10.2015 zum Az. V ZB 171/14 (DNotZ 2016, 151) oder der Entscheidung des OLG Frankfurt im Beschluss vom 26.06.1991 zum Az. 20 W 146/91 (DNotZ 1992, 389). Gegenstand der Entscheidung des BGH war eine Regelung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung, gegen deren Wirksamkeit beachtliche Bedenken nach § 307 BGB vorgetragen wurden, sodass im Falle der Unwirksamkeit dieser Regelung eine übereinstimmende Anweisung zur Löschung fehlen würde. Daher hatte die Löschung zu unterbleiben. Auch das OLG Frankfurt entschied über die Löschung einer Auflassungsvormerkung nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag, die wiederum zu unterbleiben hatte, da die Wirksamkeit des Rücktritts für den Notar „nicht problemlos“ zu klären war.

Dieser Fall ist mit dem vorliegenden nicht identisch. Vorliegend ist die Pflicht des Notars zum Vollzug der Auflassung maßgeblich. Für den Fall des Rücktritts enthält der Kaufvertrag vom 18.01.2016 diesbezüglich keine Anweisung an den Notar. Eine dahingehende Anweisung ist daher erst herbeizuführen, notfalls durch Klage vor dem zuständigen Zivilgericht.

Auch führt der Rücktritt nicht zur Aufhebung des Kaufvertrages und zur Unwirksamkeit darin enthaltener Anweisungen. Vielmehr wäre lediglich die materiell-rechtliche Pflicht der Antraggegnerin zur Auflassung untergegangen und der Kaufvertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt worden.

1.3 Dass der Kaufvertrag durch Rücktritt in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt wurde ist auch nicht offensichtlich. Nur wenn dies der Fall wäre, dürfte der Notar seine Tätigkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO verweigern (vgl. auch BGH, Beschluss vom 01.10.2015, Az. V ZB 171/14, DNotZ 2016, 151, Rn. 21 nach Juris).

Zwischen den Beteiligten ist allerdings streitig, ob die Kaufpreiszahlung bereits fällig war, als der Rücktritt wegen Zahlungsverzuges erklärt wurde. Die Antragsgegnerin hat insoweit eingewandt, das Kaufobjekt sei noch nicht im Sinne des Vertrages geräumt gewesen. Auch hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Notar vorgetragen, zwischen den Vertragsparteien habe Einvernehmen bestanden, dass der Kaufvertrag vollzogen werden soll. So habe der Verkäufer noch nach den Rücktrittserklärungen die Zahlung des Kaufpreises verlangt und nach Erhalt von 4,1 Mio. € u.a. die Schlüssel der Antragsgegnerin übergeben. Die Antragstellerin hat beides bestritten. Der Notar ist mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und Befugnissen nicht dazu in der Lage, diese Streitfragen aufzuklären. Offensichtlich sind hingegen weder die Behauptungen der Antragsgegnerin, noch diejenigen der Antragstellerin.

1.4 Aus dem gleichen Grund hat der Notar auch nicht zu prüfen, ob die Zahlungen in der Zeit vom Oktober 2016 bis zum März 2017 noch mit erfüllender Wirkung auf die Kaufpreisschuld der Antragsgegnerin geleistet wurden oder der Kaufvertrag bereits zuvor durch Rücktritt in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt wurde.

Ebenso wenig hatte der Notar aufzuklären, ob die Zahlungen unter Verstoß gegen das Geldwäschegesetz erfolgten. Auch dies war für ihn nicht offensichtlich.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 2 Satz 2 BNotO i.V.m. §§ 51 Abs. 4, 81 FamFG. Da die Antragstellerin im Rahmen des Beschwerdeverfahrens den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt hat, entspricht es dem billigen Ermessen, ihr die Kosten ihres insoweit erfolglosen Antrags aufzuerlegen.

 

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