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Grundstücksüberlassung zu Miteigentum ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft – § 107 BGB

Grundstücksüberlassung zu Miteigentum: Rechtliche Risiken für Minderjährige

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil entschieden, dass die Überlassung von Grundbesitz zu Miteigentum für Minderjährige nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, gemäß § 107 BGB. Dies liegt daran, dass mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils Verpflichtungen und potenzielle Haftungsrisiken verbunden sind, die über den bloßen rechtlichen Vorteil hinausgehen. Folglich ist die Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters oder eines Ergänzungspflegers für solche Transaktionen notwendig.

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Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Miteigentumserwerb durch Minderjährige: Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück durch Minderjährige wird nicht als nur rechtlich vorteilhaft angesehen.
  2. § 107 BGB Anwendung: Das Gericht legt dar, dass § 107 BGB in Fällen, in denen Minderjährige mit zusätzlichen Verpflichtungen belastet werden, die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erfordert.
  3. Haftungsrisiken und Verpflichtungen: Der Erwerb von Miteigentum bringt neben Rechten auch Pflichten mit sich, insbesondere in Bezug auf Instandhaltung, Verwaltung und mögliche Haftung.
  4. Notwendigkeit der Vertreterzustimmung: Für die Gültigkeit des Erwerbs ist die Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters oder eines Ergänzungspflegers erforderlich, wenn minderjährige Beteiligte involviert sind.
  5. Ausschluss der Eltern von der Vertretung: In bestimmten Fällen, wie bei Interessenkonflikten, können Eltern von der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder ausgeschlossen werden.
  6. Bedeutung für die Grundbuchregistrierung: Die Entscheidung hat direkte Auswirkungen auf die Eintragung im Grundbuch, da sie die Anforderungen an die Zustimmung verdeutlicht.
  7. Grundsätzliche Bedeutung des Falls: Das Gericht erkennt die grundsätzliche Bedeutung des Falls an, da er wegweisend für ähnliche Fälle sein kann.
  8. Spezifität des Einzelfalls: Das Urteil betont, dass die Beurteilung, ob ein Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist, stets im Kontext des Einzelfalls erfolgen muss.

Was bedeutet Grundstücksüberlassung zu Miteigentum?

Grundstücksüberlassung zu Miteigentum ist ein juristisches Thema, das sich mit der Übertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken befasst. Dabei wird das Eigentum zwischen mehreren Parteien aufgeteilt, was als Miteigentum bezeichnet wird. Diese Art der Eigentumsübertragung wirft verschiedene rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der Beteiligten.

Warum ist § 107 BGB relevant?

Ein zentraler Aspekt bei Grundstücksüberlassungen zu Miteigentum ist die Anwendung des § 107 BGB. Diese Vorschrift regelt die Willenserklärung von Minderjährigen und fordert die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, wenn der Minderjährige nicht nur rechtliche Vorteile erlangt. Im Zusammenhang mit Grundstücksüberlassungen zu Miteigentum kann dies bedeuten, dass die Zustimmung eines Ergänzungspflegers erforderlich ist, um die Rechtmäßigkeit der Transaktion zu gewährleisten.

Im nachfolgenden Beitrag werden die Details eines konkreten Urteils zu diesem Thema vorgestellt, das die Bedeutung von Grundstücksüberlassungen zu Miteigentum und die Anwendung des § 107 BGB veranschaulicht.

Rechtsstreit um Grundstücksüberlassung zu Miteigentum

In einem bemerkenswerten Urteil des Oberlandesgerichts München ging es um die Grundstücksüberlassung zu Miteigentum und die Anwendung von § 107 BGB. Im Zentrum des Falls standen die Beteiligten zu 2 bis 4, die als Bruchteilseigentümer von Grundbesitz in das Grundbuch eingetragen werden wollten. Der Beteiligte zu 1, der Eigentümer des betroffenen Grundstücks, hatte das Grundstück unentgeltlich seinen Enkelinnen überlassen und ihnen Miteigentum gewährt. Interessant ist hierbei die Rolle des Notars, der als Urkundsnotar die Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts einlegte.

Zwischenverfügung des Grundbuchamts: Ein kritischer Wendepunkt

Das Grundbuchamt Ingolstadt hatte in seiner Zwischenverfügung die Eigentumsübertragung an die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 beanstandet, da ihre Eltern von der Vertretung ausgeschlossen wurden. Diese Entscheidung basierte auf der Annahme, dass das Rechtsgeschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei, da die minderjährigen Erwerberinnen als Gesamtschuldner für eventuelle Gefährdungstatbestände und Verkehrssicherungspflichten haften würden. Diese Zwischenverfügung wurde somit zum Dreh- und Angelpunkt des gesamten Falles.

Rechtliche Herausforderungen bei der Überlassung von Grundbesitz

Die rechtliche Komplexität des Falles zeigt sich in der Frage, ob die Überlassung von Grundbesitz zu Miteigentum für Minderjährige lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne des § 107 BGB ist. Das OLG München folgte der Argumentation des Kammergerichts, dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Dies liegt darin begründet, dass mit einem solchen Erwerb neben den Rechten auch bestimmte Pflichten und potenzielle Haftungsrisiken verbunden sind. Diese Einschätzung hat weitreichende Folgen für die Praxis der Grundstücksüberlassung, insbesondere wenn Minderjährige beteiligt sind.

Das Urteil des OLG München: Ein wegweisender Beschluss

Das OLG München wies die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts zurück und bestätigte damit, dass für die Übertragung des Miteigentums an Minderjährige die Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters oder eines Ergänzungspflegers erforderlich ist. Diese Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung in Fällen der Grundstücksüberlassung und wirft Licht auf die komplexen rechtlichen Herausforderungen, die mit solchen Transaktionen verbunden sind. Insbesondere für Rechtsanwälte und Notare bietet dieses Urteil wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Handhabung ähnlicher Fälle.

Abschließend lässt sich feststellen, dass das Urteil des OLG München einen wichtigen Beitrag zum Verständnis und zur Auslegung des § 107 BGB leistet, insbesondere im Kontext der Überlassung von Grundbesitz an Minderjährige. Es betont die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der rechtlichen Vorteile und Nachteile in jedem einzelnen Fall.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was bedeutet eine Grundstücksüberlassung zu Miteigentum und welche rechtlichen Konsequenzen sind damit verbunden?

Unter „Grundstücksüberlassung zu Miteigentum“ versteht man die Übertragung von Eigentumsanteilen an einem Grundstück auf eine oder mehrere Personen, sodass diese gemeinschaftlich Eigentum an dem Grundstück halten. Dies kann beispielsweise durch Schenkung, Verkauf oder im Rahmen einer Erbfolge geschehen. Die Eigentümer werden dann als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen und besitzen jeweils einen ideellen Anteil am Grundstück, der durch einen Bruchteil ausgedrückt wird.

Rechtliche Konsequenzen der Miteigentumsgemeinschaft

Verfügungsbeschränkungen

Miteigentümer können über ihren Anteil grundsätzlich frei verfügen, das heißt, sie können ihn verkaufen, verschenken oder vererben. Allerdings bedarf es bei bestimmten Verfügungen, wie dem Verkauf des Anteils, der Zustimmung der anderen Miteigentümer, wenn der Anteil einen wesentlichen Teil des Vermögens des veräußernden Miteigentümers darstellt.

Verwaltung und Nutzung

Die Verwaltung des gemeinsamen Eigentums obliegt allen Miteigentümern gemeinschaftlich. Jeder Miteigentümer kann jedoch Maßnahmen zur Erhaltung des Grundstücks alleine treffen. Die Nutzung des Grundstücks muss unter den Miteigentümern abgestimmt werden, wobei jeder Miteigentümer grundsätzlich das Recht hat, das Grundstück im Rahmen des vereinbarten oder üblichen Gebrauchs zu nutzen.

Aufhebung der Gemeinschaft

Jeder Miteigentümer hat das Recht, die Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft zu verlangen, was in der Regel durch Verkauf oder Teilung des Grundstücks erfolgt. Es ist jedoch möglich, dieses Recht vertraglich auszuschließen und einen solchen Ausschluss im Grundbuch eintragen zu lassen. Dies kann die Veräußerbarkeit des Anteils einschränken und ist insbesondere bei Minderjährigen problematisch, da hierbei die Gefahr besteht, dass das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist und somit unwirksam sein kann.

Steuerliche und erbrechtliche Aspekte

Die Überlassung von Grundstücksanteilen kann steuerliche Konsequenzen haben, insbesondere im Hinblick auf Schenkungs- und Erbschaftsteuer. Zudem können Pflichtteilsansprüche anderer Erben berührt werden, wenn die Überlassung zu Lebzeiten erfolgt.

Rückforderungsrechte

Es können vertragliche Rückforderungsrechte vereinbart werden, beispielsweise für den Fall, dass der Beschenkte den Schenker nicht wie vereinbart versorgt oder bei einer Scheidung.

Die rechtlichen Konsequenzen einer Grundstücksüberlassung zu Miteigentum sind vielfältig und können je nach Einzelfall variieren. Daher ist es ratsam, sich vor einer solchen Überlassung rechtlich beraten zu lassen und die Verträge notariell beurkunden zu lassen.

In welchen Fällen ist § 107 BGB anwendbar, und wie wird dieser im Kontext von Grundstücksüberlassungen interpretiert?

Anwendbarkeit des § 107 BGB

Der § 107 BGB regelt die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bei Rechtsgeschäften von beschränkt Geschäftsfähigen. Beschränkt geschäftsfähig sind in der Regel Personen zwischen dem vollendeten 7. und dem vollendeten 18. Lebensjahr. Nach § 107 BGB bedarf ein Minderjähriger für ein Rechtsgeschäft, durch das er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

Interpretation im Kontext von Grundstücksüberlassungen

Bei Grundstücksüberlassungen an Minderjährige ist zu prüfen, ob das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Ist dies der Fall, wäre keine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft liegt vor, wenn der Minderjährige durch das Geschäft keine Verpflichtungen eingeht und sein Vermögen nicht gefährdet wird.

In der Praxis ist die Überlassung eines Grundstücks an einen Minderjährigen jedoch selten lediglich rechtlich vorteilhaft, da mit dem Eigentum an einem Grundstück in der Regel auch Pflichten verbunden sind, wie beispielsweise die Zahlung von Steuern oder die Instandhaltung des Grundstücks. Daher bedürfen solche Überlassungen in der Regel der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und gegebenenfalls der Genehmigung des Familiengerichts.

Ein Beispiel für ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft wäre die Überlassung eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks, da hierbei der Minderjährige zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Überlassung eines mit Grundschuld, Nießbrauch und Rückübereignungsvormerkung belasteten Grundstücks an einen Minderjährigen rechtlich vorteilhaft sein kann, wenn keine Gesamtbetrachtung von schuldrechtlichem und dinglichem Geschäft vorgenommen wird.

Zusammenfassend ist § 107 BGB immer dann anwendbar, wenn ein Minderjähriger ein Rechtsgeschäft tätigt, das über den lediglich rechtlichen Vorteil hinausgeht. Im Kontext von Grundstücksüberlassungen bedeutet dies, dass in den meisten Fällen die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich ist, um die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts zu gewährleisten.

Welche Rolle spielt der Notar in Verfahren zur Grundstücksüberlassung, insbesondere in Bezug auf Miteigentum?

Der Notar spielt eine entscheidende Rolle in Verfahren zur Grundstücksüberlassung und im Kontext von Miteigentum. Er ist für die Beratung der Beteiligten, die Vorbereitung, Abfassung und Abwicklung von Verträgen zuständig und sichert deren Gültigkeit.

Bei der Überlassung von Grundstücken, einschließlich Miteigentumsanteilen, ist eine notarielle Beurkundung erforderlich. Der Notar berät umfassend über die bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten. Er kann dabei helfen, Regelungen im Überlassungsvertrag zu treffen, wie zum Beispiel ein Rückübertragungsrecht für bestimmte Fälle.

Im Kontext von Miteigentum ist der Notar insbesondere bei der Aufteilung in Wohnungseigentum beteiligt. Diese Aufteilung erfordert eine notarielle Teilungserklärung, die ins Grundbuch eingetragen wird. Darüber hinaus kann der Notar bei der Erstellung einer Gemeinschaftsordnung helfen, in der besondere Regelungen für die Gemeinschaft der Miteigentümer getroffen werden.

In bestimmten Fällen, wie zum Beispiel bei der Übertragung von Grundstücken auf Minderjährige, kann es notwendig sein, das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Dauer auszuschließen und dies ins Grundbuch eintragen zu lassen.

Die Notargebühren für diese Dienstleistungen richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz und sind daher im gesamten Bundesgebiet einheitlich. Sie richten sich nach dem sogenannten Geschäftswert.

Es ist zu betonen, dass die Rolle des Notars in diesen Verfahren nicht nur auf die Beurkundung beschränkt ist, sondern auch eine umfassende Beratung und Unterstützung der Beteiligten beinhaltet.

Wie werden Minderjährige in Rechtsgeschäften behandelt, insbesondere wenn es um den Erwerb von Miteigentum geht?

Minderjährige sind in Rechtsgeschäften beschränkt geschäftsfähig. Das bedeutet, sie können Rechtsgeschäfte selbst abschließen, sofern diese lediglich rechtlich vorteilhaft sind, also keine rechtlichen Nachteile mit sich bringen (§ 107 BGB). Bei Rechtsgeschäften, die über die bloße rechtliche Vorteilhaftigkeit hinausgehen, benötigen Minderjährige die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter, in der Regel also ihrer Eltern.

Beim Erwerb von Miteigentum, insbesondere bei Immobilien, gelten jedoch spezielle Regelungen. Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch einen Minderjährigen führt gemäß § 566 BGB zu dessen Eintritt in den Mietvertrag auf Vermieterseite und ist deshalb für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Daher ist in solchen Fällen eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich.

Zudem sind die Eltern kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, wenn ein Ausschlussgrund nach § 1795 BGB vorliegt. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber das Kind davor schützen, dass seine Eltern bei der Verwaltung des ihrer Fürsorge anvertrauten Vermögens eigenen Vermögensinteressen oder solchen ihnen nahestehender Personen den Vorrang vor den Interessen des Kindes einräumen.

In bestimmten Fällen, wie beispielsweise bei der Übertragung von Grundstücken, kann es daher notwendig sein, einen Ergänzungspfleger hinzuzuziehen, um eine schwebende Unwirksamkeit der Willenserklärung und damit Rechtsunsicherheit zu vermeiden.

Es ist daher ratsam, bei Rechtsgeschäften, die Minderjährige betreffen, insbesondere wenn es um den Erwerb von Miteigentum geht, rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind und die Interessen des Minderjährigen gewahrt bleiben.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 34 Wx 311/23 e – Beschluss vom 18.12.2023

I. Die Beschwerde der Antragsteller gegen Ziffer 6 der Zwischenverfügung des Amtsgerichts Ingolstadt – Grundbuchamt – vom 12.12.2023 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 2 bis 4 begehren ihre Eintragung im Grundbuch als Bruchteilseigentümer von Grundbesitz.

Im Grundbuch ist der Beteiligte zu 1 als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks, das u.a. mit einem Wohnhaus bebaut ist, eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 24.11.2022 überließ er dieses Grundstück unentgeltlich seinen Enkelinnen, den Beteiligten zu 2 bis 4, zu Miteigentum. Zugleich räumten die Erwerber dem Beteiligten zu 1 und dessen Ehefrau auf Lebenszeit ein unentgeltliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht am Vertragsgegenstand ein; sämtliche Instandhaltungsaufwendungen sollte der Berechtigte tragen. In derselben Urkunde beantragten die Beteiligten zu 2 bis 4 ihre Eintragung im Grundbuch. Die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 wurden von ihrer Mutter, der Tochter des Beteiligten zu 1, vertreten.

Mit Zwischenverfügung vom 12.12.2022 erklärte das Grundbuchamt neben anderen Beanstandungen unter Ziffer 6, hinsichtlich der Eigentumsübertragung an die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 seien deren Eltern von der Vertretung ausgeschlossen. Die Ausnahme der Erfüllung einer Verbindlichkeit scheide aus. Das Rechtsgeschäft sei auch nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da die minderjährigen Erwerberinnen in die Bruchteilsgemeinschaft einträten und wegen der privatrechtlichen Verantwortlichkeit von Miteigentümern aus Gefährdungstatbeständen und Verkehrssicherungspflichten insoweit als Gesamtschuldner haften würden.

Mit Schreiben vom 13.11.2023 legte der Urkundsnotar Beschwerde gegen Ziffer 6 der Zwischenverfügung ein. Der Erwerb eines Grundstücksbruchteils durch einen Minderjährigen erweise sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung und ihr folgenden Kommentarliteratur als lediglich rechtlich vorteilhaft, auch wenn der Minderjährige in eine Bruchteilsgemeinschaft eintrete. Ob es wegen privatrechtlicher Gefährdungshaftungstatbestände und Verkehrssicherungspflichten zu einer Schadensersatzpflicht kommen werde, stelle zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs eine bloß theoretische Möglichkeit dar, über deren Eintritt oder Nichteintritt sich nur spekulieren lasse. Wollte man bereits deswegen den lediglich rechtlichen Vorteil im Sinne von § 107 BGB verneinen, so würde das genannte Kriterium zu eng gehandhabt.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 20.11.2023 der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es auf einen Beschluss des Kammergerichts vom 1.8.2023 verwiesen. Die Formulierung des Oberlandesgerichts München in der Entscheidung vom 28.9.2021 deute durch den Konjunktiv eher auf eine Einzelfallentscheidung hin.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Beschwerdegegenstand ist lediglich Ziffer 6 der Zwischenverfügung. Denn die Begründung des Rechtsmittels beschränkt sich auf Ausführungen zur dort behandelten Frage der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 107 BGB.

2. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Als Rechtsmittelführer sind, da vom im Rahmen der Ermächtigung nach § 15 Abs. 2 GBO tätigen Notar hierzu keine weiteren Erklärungen abgegeben wurden, die an der Errichtung der Urkunde Beteiligten anzusehen; denn diese haben entweder in der zum Vollzug eingereichten Urkunde Anträge gestellt oder hätten solche stellen können (BayObLGZ 1953, 183/185; Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 15 Rn. 20; Hügel/Reetz, GBO, 4. Aufl. 2020, § 15 Rn. 63; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 15 Rn. 38; Schöner/Stöber, GBR, 16. Aufl., Rn. 189).

b) Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Entscheidungen des Grundbuchamts im Sinne dieser Bestimmung sind auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (OLG Frankfurt a. M. FGPrax 2021, 197; Senat FGPrax 2011, 173; Demharter § 71 Rn. 1; Hügel/Kramer § 71 Rn. 68; Meikel/Schmidt-Räntsch § 71 Rn. 35; Schöner/Stöber Rn. 473).

3. Die Beschwerde bleibt aber in der Sache ohne Erfolg, da das Grundbuchamt mit Recht die Vorlage der Genehmigung eines Ergänzungspflegers verlangt.

a) Gemäß § 20 GBO darf im Falle der Auflassung eines Grundstücks die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist. Die Vorschrift findet auch auf eine Übertragung zu Miteigentum Anwendung (Demharter § 20 Rn. 4; Hügel/Hügel § 20 Rn. 12; Meikel/Böttcher § 20 Rn. 29), wie sie hier vorliegt.

b) Ein Minderjähriger bedarf gemäß § 107 BGB zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Ein auf den Erwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft ist für den Minderjährigen dann nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet. Ob diese weitergehenden Verpflichtungen von den Parteien des Rechtsgeschäfts angestrebt worden sind, ist unerheblich. Es genügt, wenn sie die gesetzliche Folge des angestrebten Rechtsgeschäfts sind (BGHZ 187, 119/121). Ob das der Fall ist, bestimmt sich nicht nach einer Gesamtbetrachtung des dinglichen und des schuldrechtlichen Teils des Rechtsgeschäfts, sondern nach einer isolierten Betrachtung allein des dinglichen Erwerbsgeschäfts (BGHZ 161, 170; BeckOGK/Duden, Stand 1.11.2023, BGB § 107 Rn. 36; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 107 Rn. 6; NK-BGB/Kunz/Baldus, 11. Aufl., § 107 Rn. 26).

aa) Die Frage, ob die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück im genannten Sinne nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, kann nicht allgemein, sondern nur im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Allein aus der Verpflichtung zur Tragung gewöhnlicher öffentlicher Lasten folgt nach allgemeiner Ansicht kein rechtlicher Nachteil (BGHZ 161, 170/171; BeckOGK/Duden BGB § 107 Rn. 96; Schöner/Stöber Rn. 3610g). Der Erwerb eines mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbundenen Miteigentumsanteils hingegen ist nie lediglich rechtlich vorteilhaft. Der Bundesgerichtshof hat dies in seiner grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 2010 damit begründet, dass der Erwerber als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 16 Abs. 2 WEG nicht nur verpflichtet ist, sich entsprechend seinem Anteil an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen; er hat vielmehr anteilig auch die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen (BGHZ 187, 119/123 f.). Die Literatur ist dem gefolgt (BeckOGK/Duden BGB § 107 Rn. 107; Grüneberg/Ellenberger § 107 Rn. 4; NK-BGB/Kunz/Baldus § 107 Rn. 109; MüKoBGB/Spickhoff, 9. Aufl., § 107 Rn. 81; Schöner/Stöber Rn. 3610m).

bb) Die Überlassung eines Grundstücks zu Miteigentum ist nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts nicht anders zu beurteilen als die Übereignung eines ganzen Grundstücks (BayObLGZ 1998, 139/145). Die Literatur hat sich, soweit sie sich mit dem Problem befasst, dieser Sichtweise angeschlossen (BeckOGK/Duden BGB § 107 Rn. 95.1; MüKoBGB/Spickhoff § 107 Rn. 72; Schöner/Stöber Rn. 3610l). Auch der Senat hat eine Tendenz in diese Richtung gezeigt, allerdings ohne sich insoweit festzulegen (Senat NJW-RR 2022, 166/167). Dagegen vertritt das Kammergericht in bislang unveröffentlichten Entscheidungen (KG Beschlüsse vom 1.8.2023, 1 W 93/23, und vom 20.9.2022, 1 W 280/22) die Auffassung, beim Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück verhalte es sich im Grundsatz nicht anders als beim Erwerb einer Eigentumswohnung. Er werde Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft gemäß §§ 741 ff., 1008 ff. BGB. Auch dies sei eine Sonderverbindung, aus der sich Pflichten und Haftungsfolgen ergäben.

cc) Der Senat schließt sich jedenfalls für die vorliegende Konstellation der Auffassung des Kammergerichts an. Die obigen Erwägungen, die zur Annahme auch eines rechtlichen Nachteils beim Erwerb von Wohnungseigentum führen, gelten gleichermaßen für den Erwerb eines bloßen Miteigentumsanteils an einem Grundstück. Ähnlich wie ein Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 16 Abs. 2 WEG ist auch der Bruchteilseigentümer gemäß § 748 BGB verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinsamen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen (BeckOGK/Falkner, Stand 1.5.2023, WEG § 16 Rn. 20), und zwar ohne Beschränkung auf dessen Wert. Die Vergleichbarkeit wird jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation dadurch unterstrichen, dass auch das verfahrensgegenständliche Grundstück bebaut ist und deshalb der Anfall von Kosten für Erhaltung, Verwaltung und gemeinsame Benutzung nicht nur theoretischer Natur ist. Ob ein Gebäude in Sondereigentum aufgeteilt ist oder sich in ungeteiltem Miteigentum der Anteilsinhaber befindet, ist hierfür nicht relevant. Vielmehr knüpfen die Verpflichtungen aus § 16 Abs. 2 WEG wie diejenigen aus § 748 BGB an das Bestehen einer Gemeinschaft an. An diesem Ergebnis ändert hier auch der Umstand nichts, dass nach dem Inhalt des Überlassungsvertrags die Instandhaltungsaufwendungen vom Beteiligten zu 1 zu tragen sind. Denn zum einen machen diese nur einen Teil der gesamten Kosten aus. Zum anderen ist die entsprechende Verpflichtung auf Lebenszeit der Berechtigten befristet. Ob sich ein rechtlicher Nachteil zudem aus dem Umstand ergibt, dass mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils am Grundstück diesbezügliche Verkehrssicherungspflichten und Gefährdungshaftungstatbestände einhergehen, erscheint zweifelhaft; es erschließt sich nicht ohne weiteres, warum dieser Aspekt anders als beim Erwerb eines Grundstücks zu Alleineigentum, der dieselben haftungsrechtlichen Konsequenzen hat, von Relevanz sein soll. Letztlich kann dies aber dahinstehen, weil schon aus den oben genannten Gründen die Überlassung von Grundbesitz zu Miteigentum als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen ist.

c) Stellt sich die Grundstücksübertragung zu Miteigentum somit als auch rechtlich nachteilhaft dar, so ist im Falle der Beteiligten zu 3 und 4 gemäß § 107 BGB die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, also nach ihrem Vortrag ihrer Mutter erforderlich. Diese ist jedoch, da es sich beim Beteiligten zu 1 wiederum um deren Vater handelt, gemäß § 1629 Abs. 2 i.V.m. § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. von der Vertretung ausgeschlossen. Es bedarf folglich der Genehmigung der Auflassung durch einen Ergänzungspfleger nach § 1809 Abs. 1 Satz 1 BGB n. F.

3. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens unterbleibt, weil die Beteiligten diese als Beschwerdeführer gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG schon von Gesetzes wegen zu tragen haben.

4. Die Bemessung des nach §§ 61 Abs. 1, 79 Abs. 1 GNotKG zu bestimmenden Geschäftswerts einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts richtet sich nach den Schwierigkeiten, die die Behebung des Eintragungshindernisses macht, das Gegenstand der Zwischenverfügung und damit des Rechtsmittelverfahrens ist (BGH NJOZ 2014, 971; Senat NJW-RR 2022, 166/167; Demharter § 77 Rn. 45). Hier wäre das Eintragungshindernis durch die Vorlage einer formgerechten Genehmigung durch einen noch zu bestellenden Ergänzungspfleger zu beseitigen. Der für die Bemessung der Gebühr gemäß Nr. 1313 FamGKG maßgebliche Verkehrswert der auf die Beteiligten zu 3 und 4 entfallenden Anteile lässt sich den Grundakten jedoch nicht entnehmen. Daher ist der Auffangwert des § 36 Abs. 3 GNotKG anzusetzen.

5. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GBO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Das ist dann der Fall, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage bisher durch den Bundesgerichtshof noch nicht geklärt ist und ein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung besteht, da sich diese Frage auch in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen kann (Senat NJOZ 2022, 492/494; Demharter § 78 Rn. 7; Hügel/Kramer § 78 Rn. 3; Meikel/Schmidt-Räntsch § 78 Rn. 21). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Überlassung von Grundbesitz an Minderjährige, für die es vielfältige Gründe gibt (vgl. Braeuer/Pätzold FamFR 2013, 433), ist in der Praxis von großer Relevanz. Dass die Erwerber dabei Miteigentum erlangen, erscheint nicht außergewöhnlich. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt insoweit nur für den Fall der Übertragung von Sondereigentum im Sinne von § 1 WEG vor.

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