Skip to content

Löschungsberechtigung mittels Handelsregister bei Registerblattschließung

Löschungsberechtigung und Vertretungsmacht bei geschlossenen Handelsregistern

Im Kontext des Urteils des KG Berlin (Az.: 1 W 1347/20) vom 24.09.2020 stehen vor allem zwei zentrale Aspekte im Mittelpunkt der Diskussion: die Vertretungsbefugnis nach der Löschung einer Firma im Handelsregister und die Rechtsfolgen der Schließung eines Registerblatts. Im Folgenden wird der Inhalt und die Relevanz dieses Urteils näher betrachtet.

Der Fall dreht sich um die Bewilligung zur Löschung von Rechten im Grundbuch und deren Anforderungen an die Vertretungsmacht des Vertreters einer gelöschten Kommanditgesellschaft. Ein Notar hatte die Löschung eines Vorkaufsrechts beantragt, jedoch wurde das Grundbuchamt aufgrund fehlender Vertretungsmacht des Vertreters aufmerksam.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 W 1347/20  >>>

Die Frage der Vertretungsmacht

Die Kommanditgesellschaft kann nicht selbst handeln und benötigt einen Vertreter. Es wird erwartet, dass der Nachweis der Vertretungsmacht des Vertreters dem Grundbuchamt in der Form gemäß § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nachgewiesen wird. Im konkreten Fall handelte es sich bei der Vertreterin um die Liquidatorin einer Kommanditgesellschaft, deren Firma bereits im Handelsregister gelöscht war.

Die Kontroverse dreht sich um den Punkt, ob die Liquidatorin nach der Löschung der Firma im Handelsregister noch vertretungsbefugt war. Denn laut Handelsregister sind sämtliche Seiten des Registerblatts durchgestrichen, was die Nachweisführung der Vertretungsbefugnis der Liquidatorin erschwert.

Deklaratorische Wirkung der Löschung

Es wird betont, dass die Löschung einer Firma im Handelsregister lediglich deklaratorisch wirkt. Dies bedeutet, dass wenn nach der Löschung im Handelsregister noch weiteres Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, die Liquidation eigentlich noch nicht beendet ist und die Firma trotz ihrer Löschung im Handelsregister fortbesteht. Aber auch hier bestand die Herausforderung, dass die Vertretungsbefugnis der Liquidatorin zum Zeitpunkt nach der Löschung im Handelsregister nicht nachgewiesen werden konnte.

Nachweis der Vertretungsbefugnis

Das Urteil macht deutlich, dass eine Befreiung von der Vorlage entsprechender Nachweise nicht möglich ist. Insbesondere ist es der Kommanditgesellschaft möglich, die Vertretungsbefugnis der Liquidatorin zum Zeitpunkt der Bewilligung nachzuweisen. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Wiedereintragung der Firma im Handelsregister auf Anmeldung der Fortsetzung der Liquidation.

Im Gesamtbild veranschaulicht dieses Urteil die Komplexität und Bedeutung der Nachweispflicht der Vertretungsmacht bei Löschungsangelegenheiten im Grundbuch, insbesondere wenn die Vertretungsmacht durch das Schließen des Handelsregisterblatts beeinträchtigt wird. […]


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 1 W 1347/20 – Beschluss vom 24.09.2020

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Nachweis der Stellung der Hx Kx als Liquidatorin der Beteiligten zu 2 über den Zeitpunkt der Löschung der Firma im Handelsregister hinaus durch das Zeugnis eines Notars gem. § 21 Abs. 1 BNotO, einen amtlichen Registerausdruck, eine beglaubigte Registerabschrift oder durch Bezugnahme auf das elektronisch geführte Handelsregister geführt werden kann, aus denen sich die Wiedereintragung der Firma der Beteiligten zu 2 im Handelsregister ergibt.

Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe

I.

In Abt. II lfd. Nr. 1 des im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuchs ist seit dem 18. Dezember 1992 ein Vorkaufsrecht für die Beteiligte zu 2 eingetragen. Im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg war am 15. Dezember 2010 die Auflösung der Beteiligten zu 2 sowie Hx Kx als persönlich haftende Gesellschafterin und Liquidatoren, am 11. November 2013 das Erlöschen der Firma eingetragen worden.

Am 18. Oktober 2019 bewilligte Hx Kx für die Beteiligte zu 2 die Löschung des Vorkaufsrechts – UR-Nr. 85/2019 des Notars x in Berlin. Der Notar bescheinigte die voranstehend dargestellten Eintragungen im Handelsregister und beantragte unter dem 24. Oktober 2019 u.a. die Löschung des Vorkaufsrechts.

Mit Verfügung vom 29. Oktober 2019 hat das Grundbuchamt unter Fristsetzung u.a. beanstandet, es sei nicht nachgewiesen, dass Hx Kx die Beteiligte zu 2 im Zeitpunkt der Löschungsbewilligung habe vertreten dürfen. Ein entsprechendes Zeugnis des „Handelsgerichts“ sei einzureichen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 27. Juli 2020, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 31. Juli 2020 nicht abgeholfen hat.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Beschwerdeführer sind beide Beteiligten. Hat der Notar die Beschwerde ohne die Benennung eines Beschwerdeführers eingelegt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Rechtsmittel im Namen sämtlicher Antragsberechtigten im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 2 GBO erhoben sein soll, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen (BGH, NJW 2010, 3300, 3302). Solche besonderen Umstände liegen nicht vor und berechtigt, den Antrag auf Löschung der Belastung im Grundbuch zu stellen, sind hier beide Beteiligte. Hingegen ist es der Vater des Beteiligten zu 1 nicht mehr, seitdem dieser mit der Eintragung des Beteiligten zu 1 als Miteigentümer nicht mehr als solcher im Grundbuch eingetragen ist.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg.

a) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen und weist das Grundbuchamt den Antrag deswegen nicht bereits zurück, hat es dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO. Hier das Grundbuchamt zutreffend auf ein Eintragungshindernis hingewiesen, jedoch kein zu seiner Beseitigung geeignetes Mittel angegeben. Das rechtfertigt die Aufhebung der Zwischenverfügung jedoch nicht, sondern führt lediglich zu ihrer aus dem Beschlusstenor zu entnehmenden Ergänzung (BayObLG, DNotZ 2001, 385, 386).

b) Die Löschung eines Rechts erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerks, § 46 Abs. 1 GBO. Dies setzt einen darauf gerichteten Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, sowie die Bewilligung desjenigen, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird, § 19 GBO, voraus.

Die Bewilligung muss der Betroffene nicht selbst abgeben, sie kann auch durch einen Vertreter erklärt werden. Vorliegend ist das zwingend, weil die Beteiligte zu 2 als Kommanditgesellschaft selbst nicht handlungsfähig ist. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt die Vertretungsmacht des Vertreters in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nachzuweisen. Maßgeblich kommt es dabei auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bewilligung an (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2015 – 1 W 688-689/15 – FGPrax 2015, 195).

aa) Grundsätzlich wird die Bewilligung erst dann wirksam, wenn sie mit dem Willen des Erklärenden dem Grundbuchamt oder zur Vorlage bei diesem demjenigen, zu dessen Gunsten die Erklärung erfolgen soll, in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift zugeht (Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2012 – 1 W 46-67/12 – FGPrax 2013, 56). Dem steht es gleich, wenn der Begünstigte einen unwiderruflichen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung von Ausfertigungen der notariellen Urkunde hat (Senat, Beschluss vom 4. November 2014 – 1 W 247-248/14 – FGPrax 2015, 10, 11).

Danach kommt es vorliegend auf den Zeitpunkt der Beurkundung zur UR-Nr. 85/2019 am 18. Oktober 2019 an, wie das Grundbuchamt zutreffend erkannt hat. Dort waren sowohl Erklärungen des Beteiligten zu 1 als auch solche für die Beteiligte zu 2 beurkundet worden, so dass beide einen Anspruch auf die Erteilung von Ausfertigungen erworben hatten, § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG.

bb) Die Beteiligten haben die von Frau Kx für die Beteiligte zu 2 bei der Beurkundung in Anspruch genommene Vertretungsbefugnis bislang nicht nachgewiesen.

(1) Allerdings können im Handelsregister eingetragene Vertretungsberechtigungen auch durch eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 BNotO nachgewiesen werden, § 32 Abs. 1 S. 1 GBO. Der Nachweis kann auch durch einen amtlichen Registerausdruck oder eine beglaubigte Registerabschrift geführt werden, § 32 Abs. 1 S. 2 GBO. Wird das Register elektronisch geführt, genügt die Bezugnahme auf das Register, wobei das Registergericht und das Registerblatt anzugeben sind, § 32 Abs. 2 GBO.

Die bis zum 30. September 2009 bestandene Möglichkeit des Nachweises durch ein Zeugnis des Registergerichts, § 32 GBO a.F., sieht das Gesetz nicht mehr vor (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl., § 32, Rdn. 18), was hier von dem Grundbuchamt übersehen worden ist und die im Beschlusstenor zum Ausdruck gebrachte Ergänzung der angefochtenen Zwischenverfügung erfordert.

(2) § 32 GBO dient der Nachweiserleichterung im Verhältnis zu § 29 GBO. Dem Handelsregister wird im Anwendungsbereich dieser Norm – nur – für den Grundbuchverkehr Beweiskraft beigelegt (Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf, MDR 2014, 83; Schaub, in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 32, Rdn. 3; Otto, in: Hügel, GBO, 4. Aufl., § 32, Rdn. 8).

Sind im Handelsregister die Auflösung einer Kommanditgesellschaft, §§ 161 Abs. 2, 143 Abs. 1 S. 1 HGB, und deren Liquidatoren, §§ 161 Abs. 2, 146 Abs. 1, 148 Abs. 1 S. 1 HGB, eingetragen, kann mit den in § 32 GBO genannten Mitteln grundsätzlich auch deren Vertretungsbefugnis nachgewiesen werden (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rdn. 3637; Krause, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 32, Rdn 37; Otto, a.a.O., Rdn. 46).

(3) Im Eingang der UR-Nr. 85/2019 ist eine Bescheinigung des Notars im Sinne von § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNotO enthalten (hierzu: Sander, in: BeckOK BNotO, 2020, § 21 BNotO, Rdn. 33). Sie ist aber zum Nachweis der Vertretungsmacht von Frau Kx zum maßgeblichen Zeitpunkt ungeeignet. Aus ihr ergibt sich, dass das Erlöschen der Firma der Beteiligten zu 2 am 11. November 2013 im Handelsregister eingetragen worden ist. Das hat eine durch den Senat erfolgte Einsicht in das elektronisch geführte Handelsregister bestätigt. Dort sind sämtliche Seiten des Registerblatts durchgekreuzt. Dies hat zu erfolgen, wenn alle dortigen Eintragungen gegenstandslos geworden sind, § 22 Abs. 1 S. 1 HRV. Das Registerblatt enthält auch den Vermerk „geschlossen“, § 22 Abs. 1 S. 2 HRV. Damit aber entfällt die Beweiskraft des Handelsregisters für die Zeit nach diesen Eintragungen, insbesondere also auch für den Zeitpunkt der Löschungsbewilligung.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Eintragung der Löschung der Firma im Handelsregister lediglich deklaratorisch wirkt. Stellt sich nach dieser Eintragung heraus, dass noch weiteres Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, ist die Liquidation tatsächlich noch nicht beendet und die Firma besteht entgegen ihrer Löschung im Handelsregister noch fort (OLG Hamm, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 15 W 365/15 – juris). Entsprechendes gilt für die Stellung der Liquidatoren und ihrer Vertretungsbefugnis (BGH, NJW 1990, 1725, 1728; 1979, 1987). Abweichend von den Fällen der sog. Publikums-KG (vgl. BGH, NJW 2003, 2676) oder sehr lange zurückliegender Löschungen im Handelsregister (OLG Saarbrücken, NZG 2018, 1185), um die es hier jeweils nicht geht, müssen keine neuen Nachtragsliquidatoren bestellt werden.

Vorliegend steht auch fest, dass die Liquidation der Beteiligten zu 2 nicht beendet ist, weil durch ihre Eintragung als Berechtigte des in Abt. II lfd. Nr. 1 eingetragenen Vorkaufsrechts noch Gesellschaftsvermögen vorhanden ist (vgl. OLG München, NJW-RR 2015, 1358).

Das ändert aber nichts daran, dass die Vertretungsbefugnis von Frau Kx mit dem Handelsregister derzeit nicht nachgewiesen werden kann, weil dieses nur die Vertretungsverhältnisse bis zum Zeitpunkt der Löschung der Firma wiedergibt. Zu der Zeit danach verhält es sich gerade nicht und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Frau Kx ihre Stellung als Liquidatorin inzwischen verloren hatte, vgl. § 147 HS 1 HGB (vgl. KG, 22. ZS, MittBayNot 2020, 369, 370). Immerhin lagen zwischen der Löschung der Firma im Handelsregister und der Bewilligung der Löschung des Vorkaufsrechts knapp sechs Jahre.

cc) Von der Beibringung entsprechender Nachweise kann hier auch nicht abgesehen werden. Insbesondere ist es der Beteiligten zu 2 möglich, die Vertretungsberechtigung von Frau Kx zum Zeitpunkt der Bewilligung nachzuweisen.

Der 22. Zivilsenat des Kammergerichts hat hierzu entschieden (a.a.O.), dass die Gesellschaft auf Anmeldung der Fortsetzung der Liquidation wieder im Handelsregister eingetragen werden kann, wenn dies zur Abwicklung erforderlich ist. Das ist nach den obigen Ausführungen der Fall.

3. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, § 78 Abs. 2 S. 1 GBO, besteht nicht.

Von der Erhebung von Kosten wird wegen der unklaren Bezeichnung der Abhilfemöglichkeiten in der angefochtenen Zwischenverfügung abgesehen, §§ 81 Abs. 1 S. 2, 84 FamFG.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Wie können wir Ihnen helfen?

Gerne können uns Ihr Anliegen in einem persönlichen Gespräch in unseren Kanzleiräumen in Kreuztal, bei einem Hausbesuch bei Ihnen, in einem persönlichen Telefonat oder auch per E-Mail schildern.

Möchten Sie einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt und Notar Dr. Gerd Christian Kotz vereinbaren? Sie können mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Kanzlei Beurkundungstermine oder Besprechungstermine per Email, Telefon oder Telefax vereinbaren.

Notar Dr. Kotz - Beratung

Rechtstipps und Ratgeber

Interessante Urteile mit notarieller Relevanz

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!