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Grundbuchkosten – Geschäftswert eines Vorkaufsrechts

LG München – Az.: 34 Wx 382/12 – Beschluss vom 04.12.2012

Die Beschwerden der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dachau – Grundbuchamt – vom 10. August 2012 werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind Geschwister, denen als Miteigentümer mehrere Immobilien zu je ¼ gehören. Da beabsichtigt war, diese Immobilien von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschafter die vier Geschwister sind, verwalten zu lassen, vereinbarten die Beteiligten unter dem 12.6.2012, für den Fall des Erwerbs von Immobilien Vorkaufsrechte jeweils zulasten des eigenen Miteigentumsanteils zugunsten der jeweils anderen Geschwister zu bestellen. Mit jeweils einer eigenen Urkunde vom selben Tag bewilligten die Geschwister die Eintragung der Vorkaufsrechte an ihren bestehenden Miteigentumsanteilen an insgesamt vier Immobilien, wovon zwei im Amtsgerichtsbezirk D. liegen. Die Urkunden, die nicht aufeinander Bezug nahmen und sich auch nicht auf die weiter beantragten Eintragungen von Vorkaufsrechten für die Immobilien in L. oder F. bezogen, wurden mit unterschiedlichen Schreiben dem Amtsgericht D. vorgelegt und gingen dort am 18.6. und 19.6.2012 ein. Jeweils drei Vorkaufsrechte an den je vier Miteigentumsanteilen an den zwei Immobilien im Grundbuchbezirk D. wurden unabhängig voneinander am 20.6. und 21.6.2012 eingetragen. Auch die anderen Grundbuchämter nahmen in dem Zeitraum bis 4.7.2012 die Eintragungen vor.

Das Amtsgericht D. – Grundbuchamt – erstellte für die Eintragungen am 19.6. und 21.6.2012 Kostenansätze über jeweils 576 € (jeweils eine 10/10 Gebühr aus 88.875 €, was dem Wert des halben Grundstücksanteils entspricht, somit 192 € pro Vorkaufsrecht) und 486 € (jeweils eine 10/10 Gebühr aus dem Geschäftswert von 60.625 €, somit 162 € pro eingetragenem Vorkaufsrecht). Gegen diese legten die Beteiligten mit Schreiben der beurkundenden Notarin vom 26.7.2012 Erinnerung ein, da nach § 63 Abs. 3 KostO nur eine je halbe Gebühr anzusetzen und als Geschäftswert nur 10 % des jeweiligen Anteils am Grundstückswert gerechtfertigt sei.

Die Erinnerungen hat das Amtsgericht als Anträge auf Geschäftswertsfestsetzung ausgelegt und am 10.8.2012 diesen mit dem halben Wert des jeweils belasteten Grundstücksanteils bestimmt. Mit demselben Beschluss hat das Amtsgericht die Erinnerungen gegen die Gebührenhöhe zurückgewiesen. Dagegen haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt, denen das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

Die Beteiligten berufen sich darauf, eine GbR errichtet zu haben, aus deren Gesellschaftsvertrag sich die Verpflichtung zu einer einheitlichen Bestellung von Vorkaufsrechten zugunsten der Mitgesellschafter ergebe. Zudem wurde eine notarielle Eigenurkunde vom 29.8.2012 vorgelegt, wonach die am 12.6.2012 bewilligten Vorkaufsrechte gleichlautend beantragt worden seien. Daher seien die Vorkaufsrechte nicht als voneinander unabhängige Rechte zu sehen.

Der Geschäftswert sei nach unten zu korrigieren, da der Eintritt des Vorkaufsfalles in der gegebenen Konstellation äußerst unwahrscheinlich sei.

II.

Die Beschwerden der Beteiligten sind zulässig. Soweit sich die Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Geschäftswertes durch das Amtsgericht – Grundbuchamt – wenden, ergibt sich die Statthaftigkeit aus § 31 Abs. 3 KostO. Hinsichtlich des Kostenansatzes selbst folgt die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung aus § 14 Abs. 3 KostO. Der Beschwerdewert ist jeweils erreicht, da jede geltend gemachte Einwendung für sich zu einer Reduzierung des Kostenansatzes um über 200 € führen würde.

Die Beschwerden haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Das Amtsgericht – Grundbuchamt – hat den Geschäftswert der Eintragungen jeweils zutreffend auf 50 % des jeweiligen Miteigentumsanteils festgesetzt.

a) Der Geschäftswert eines Vorkaufsrechts bemisst sich gemäß § 20 Abs. 2 KostO in der Regel nach dem halben Wert der Sache. Allerdings sind Abweichungen nach unten dann anerkannt, wenn neben der sich aus der Natur des Vorkaufsrechts selbst ergebenden Ungewissheit aufgrund von besonderen Gestaltungen des Rechts die Wahrscheinlichkeit seiner Realisierung besonders gering ist (BayObLG Rpfleger 1986, 31).

Ob der Eintritt des Vorkaufsfalls und die Ausübung des Vorkaufsrechts weniger wahrscheinlich sind als das Nichteintreten dieser Umstände, ist aus für alle Beteiligten erkennbaren eindeutigen und sicher vorherzusehenden Umständen im Zeitpunkt der Beurkundung festzustellen (BGH MDR 2012, 191/192). Dies kann sich etwa daraus ergeben, dass bei einem Vorkaufsrecht an einem Erbbaurecht die Nutzung desselben auf bestimmte Zwecke der öffentlichen Verwaltung beschränkt ist, so dass die Wahrscheinlichkeit, einen Käufer für das Erbbaurecht zu finden, nicht hoch ist (BGH aaO.). Diskutiert wird ebenfalls eine Reduzierung um den Anteil eines Miteigentümers, wenn jeder Miteigentümer an seinem Anteil zu Gunsten der jeweils anderen Miteigentümer als gemeinschaftlich Berechtigte nach § 472 BGB ein Vorkaufsrecht einräumt (s. Notarkasse München Streifzug durch die Kostenordnung 6. Aufl. Rn. 1820).

b) Einen Grund, von dem Regelwert des § 20 Abs. 2 KostO abzuweichen, ist hier nicht ersichtlich. Schon aus der Bewilligung des Vorkaufsrechts ergibt sich kein Umstand, der dessen Ausübung weniger wahrscheinlich als im Regelfall machen könnte. Allein die Tatsache, dass es sich um einen Miteigentumsanteil handelt, für den sich auf dem freien Markt nach Meinung der Beschwerdeführer nicht ohne weiteres ein Käufer finden lässt, reicht für sich nicht aus. So wird im Fall der gemeinschaftlichen Berechtigung von mehreren Miteigentümern nicht etwa ein Geschäftswert von nur 10 % für richtig gehalten, sondern der Hälfteanteil angesetzt (s. Notarkasse München Rn. 1820).

2. Zutreffend geht das Amtsgericht – Grundbuchamt – auch davon aus, dass für die Eintragungen in den beiden Grundbüchern jeweils eine volle Gebühr zu erheben ist.

a) Gemäß § 62 KostO ist für die Eintragung von Belastungen jeweils die volle Gebühr zu erheben. Werden mehrere Grundstücke mit mehreren Rechten der in § 62 KostO bezeichneten Art belastet, so wird die Gebühr für die Eintragung jedes Rechts gesondert erhoben, § 63 Abs. 1 Satz 1 KostO. Von diesem Grundsatz ist nach § 63 Abs. 2 KostO dann eine Ausnahme zu machen, wenn mehrere Grundstücke mit einem und demselben Recht belastet werden. Es ist die Gebühr dann nur einmal zu erheben, wenn die Eintragung auf Grund eines gleichzeitig gestellten Antrags erfolgt und das Grundbuch über die Grundstücke bei demselben Grundbuchamt geführt wird. Dabei gilt nach Satz 2 als Belastung mit ein und demselben Recht auch die Belastung mehrerer Grundstücke mit einem Vorkaufsrecht.

§ 63 Abs. 3 KostO regelt die Gebühr bei der Eintragung ein und desselben Rechts auf mehreren Grundstücken, wenn das Grundbuch über die Grundstücke bei verschiedenen Grundbuchämtern geführt wird. Dabei sind die Anträge ebenfalls gleichzeitig zu stellen, was dann zu bejahen ist, wenn sie bei einem Grundbuchamt gemeinsam eingereicht sind, bei gesonderter Antragstellung, wenn sie innerhalb eines Monats bei den beteiligten Grundbuchämtern eingehen.

Ein und dasselbe Recht im Sinne von § 63 Abs. 2 und 3 KostO ist dann Gegenstand einer Eintragung, wenn ein Gesamtrecht einzutragen ist, somit etwa eine Gesamthypothek. Wesen eines solchen Gesamtrechts ist neben der Berechtigung derselben Personen auch die Einheitlichkeit seiner Bedingungen (Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Aufl. § 63 Rn. 16). Eine Grunddienstbarkeit ist beispielsweise nur dann ein Gesamtrecht, wenn man sie nur gemeinsam ausüben kann (Hartmann Kostengesetze 41. Aufl. § 63 Rn. 5). Vorkaufrechte auf mehrere Grundstücke können daher per se kein Gesamtrecht im Sinne von § 63 Abs. 3 KostO sein (Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Aufl. § 63 Rn. 16, der insofern von „unechten Gesamtrechten“ spricht), sondern werden nur für den Fall des § 63 Abs. 2 KostO einem solchen gleichgestellt. Dass § 63 Abs. 2 Satz 2 KostO die Regelung des Satzes 1 für ein solches unechtes Gesamtrecht dennoch für anwendbar erklärt, liegt darin begründet, dass im Falle der Anmeldung solcher gleichen Rechte beim selben Grundbuchamt ein einheitlicher Vermerk eingetragen werden kann, so dass der Eintragungsaufwand geringer ist.

Die Erweiterung des § 63 Abs. 2 Satz 2 KostO ist allerdings nicht auf die Eintragung bei unterschiedlichen Grundbuchämtern anzuwenden. Dies ergibt sich schon aus der Gesetzessystematik, die die Erweiterung der Gesamtrechte (nur) in Abs. 2 und daher auch nur für den dort genannten Fall regelt. Hätte der Gesetzgeber eine Erweiterung der Ausnahmen von § 63 Abs. 1 KostO nach Abs. 2 bis 4 generell für die in § 63 Abs. 2 Satz 2 KostO angeführten Rechte gewollt, hätte er dies in jedem Absatz des § 63 KostO explizit oder aber in einem eigenständigen Absatz gesondert geregelt.

Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine Arbeitserleichterung der Gerichte durch Reduzierung der zu erhebenden Gebühren an die Antragsteller weitergeben will, spricht gegen die Anwendung des § 63 Abs. 3 KostO auf die Eintragung von Vorkaufsrechten bei mehreren Grundstücken in unterschiedlichen Grundbuchämtern. Anders als bei der Eintragung von echten Gesamtrechten, die eine Absprache der Grundbuchämter und ein einheitliches Vorgehen erfordern (vgl. auch § 16 KostVfg, wonach eine entsprechende Absprache dann auch bei Rechnungsstellung erforderlich ist), ist dies bei der Eintragung von Vorkaufsrechten auf verschiedenen Grundstücken in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken schon ausgeschlossen.

b) Unabhängig davon, dass eine Reduzierung der Gebühr nach § 63 Abs. 3 KostO mangels Anwendbarkeit auf Vorkaufsrechte ausscheidet, ist auch eine Reduzierung der Gebühr für die beim Amtsgericht D. vorgenommenen Eintragungen nach § 62 Abs. 2 KostO nicht möglich. Zwar wäre hier gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 KostO von ein und demselben eingetragenen Recht auszugehen. Die Anträge zum Amtsgericht D. wurden jedoch nicht einheitlich eingereicht, sondern gingen an unterschiedlichen Tagen ein, so dass eine Anwendung von § 62 Abs. 2 KostO ebenfalls nicht in Betracht kommt. Eine Erweiterung des § 62 Abs. 2 KostO nach § 63 Abs. 3 Satz 3 KostO kommt wiederum nicht in Betracht, da nach der Gesetzessystematik die Regelung des § 63 Abs. 3 Satz 2 KostO nur für die Fälle des § 63 Abs. 3 KostO gilt.

III.

Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 14 Abs. 9 KostO; § 31 Abs. 5 KostO). Auslagen werden nicht erstattet.

Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung findet nicht statt (§ 14 Abs. 4 Satz 3 KostO; § 31 Abs. 3 Satz 5 KostO).

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