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GmbH Handelsregistereintragung – Kündigung durch Gesellschafter als Auflösungsgrund

Auflösungsgrund einer GmbH: Wirksamkeit der gesellschaftsvertraglichen Regelung

In einem kürzlich vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: I-3 Wx 88/20) entschiedenen Fall wurde das Augenmerk auf die Handelsregistereintragung und die damit verbundene Auflösung einer GmbH gerichtet. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Rechtmäßigkeit einer Regelung im Gesellschaftsvertrag, die den Austritt eines Gesellschafters als einen auslösenden Faktor für die Liquidation der Gesellschaft vorsah.

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Unbeweisbare Tatsachen: Herausforderung für die Rechtssicherheit

Das Kernproblem des Falls bestand darin, dass die Regelung im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft in Liquidation versetzte, wenn kein Beschluss zur Einziehung oder zur Abtretungsverpflichtung des ausscheidenden Gesellschafters vorlag. Dieser Punkt erweist sich als problematisch, da sowohl das Fehlen eines Beschlusses als auch dessen Nichtzugang bei dem kündigenden Gesellschafter nicht beweisbar sind. In der Praxis resultiert diese Regelung in einer unsicheren rechtlichen Situation, da die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Auflösungsgrund nicht eindeutig festgestellt werden können.

Unzureichende Klarheit: Das Fehlen eindeutig feststellbarer Ereignisse

Die strittige Regelung im Gesellschaftsvertrag verlangte, dass eindeutig feststellbare Ereignisse oder bestimmte Umstände gegeben sein müssen, um eine automatische Auflösung der Gesellschaft zu bewirken. Die Bestimmung im Gesellschaftsvertrag war jedoch in diesem Fall nicht ausreichend klar formuliert. So wurde etwa festgestellt, dass nur der kündigende Gesellschafter zuverlässig feststellen kann, ob kein Beschluss innerhalb der vorgesehenen Frist eingegangen ist. Für andere Gesellschafter und den Geschäftsführer der Gesellschaft sind solche Feststellungen jedoch in der Regel nicht möglich, da sie lediglich über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Beschlussfassung innerhalb der vorgegebenen Frist informiert sind, jedoch nicht über den Zugang eines solchen Beschlusses beim kündigenden Gesellschafter.

Vergleich mit anderen Situationen: Die Unangemessenheit des Vergleichs

Die von der betroffenen Gesellschaft angestellte Analogie zu Situationen, in denen eine Auflösung beschlossen wurde und keine Beweise für eine anschließende Fortsetzung vorliegen, wurde vom Gericht als unzutreffend zurückgewiesen. Das Gericht stellte klar, dass es im vorliegenden Verfahren um die grundlegende Feststellung geht, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Auflösungsgrund gemäß § 60 Abs. 2 GmbHG erfüllt sind, und nicht um die Frage einer späteren Beschlussänderung.

Schlussbetrachtung: Die Wichtigkeit des Bestimmtheitserfordernisses

Schließlich wies das Gericht darauf hin, dass der Sinn und Zweck des Bestimmtheitserfordernisses nicht durch das Argument der betroffenen Gesellschaft umgangen werden kann, dass alle Gesellschafter die Rechtsfolge einer Gesellschafterkündigung kennen würden. Die ausreichende Bestimmtheit ist ein wesentlicher Bestandteil von gesellschaftsvertraglichen Regelungen und dient der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Ohne eine klare und eindeutige Regelung bleibt die Rechtslage unklar und führt zu unnötiger Rechtsunsicherheit.


Das vorliegende Urteil

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 88/20 – Beschluss vom 02.07.2020

Die Beschwerde der betroffenen Gesellschaft gegen den Beschluss des Registergerichts vom 23. März 2020 wird zurückgewiesen.

Geschäftswert: 5.000,- €

Gründe

I.

Der Gesellschaftsvertrag der betroffenen Gesellschaft regelt in § 16 das Recht der Gesellschafter zur Kündigung und deren Folgen. Gemäß Absatz 1 kann der Austritt aus der Gesellschaft nur zum Ende eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten erklärt werden. Absatz 2 sieht vor, dass im Falle des Austritts eines Gesellschafters die Gesellschaft nicht liquidiert, sondern mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird. Nach Maßgabe von Absatz 3 steht den übrigen Gesellschaftern ein Nachkündigungsrecht zu. Absatz 4 enthält folgende Regelung:

„Im Falle der Austrittserklärung oder der Kündigung ist der Gesellschafter verpflichtet, die Einziehung seines Geschäftsanteils zu dulden oder den Geschäftsanteil ganz oder teilweise abzutreten, und zwar unverzüglich gem. einem ihm mitgeteilten Beschluss der Gesellschafter (§ 17 Abs. 2 und 3). Geht dem Gesellschafter oder seinem Rechtsnachfolger ein diesbezüglicher Beschluss bis zum Ablauf der Austritts- oder Aufkündigungsfrist nicht zu, so tritt die Gesellschaft in Liquidation.“

Nach § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages ist der Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters abzufinden.

Nachdem die Beteiligte zu 2 mit Schreiben vom 8. Oktober 2017 die Kündigung ihres Gesellschafteranteils aus wichtigem Grund und mit weiterem Schreiben vom 23. Oktober 2017 hilfsweise die Kündigung zum Ende des Jahres 2018 erklärt hatte, hat der Beteiligte zu 1 als Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft mit notariell beglaubigter Erklärung vom 19. Dezember 2019 zur Eintragung im Handelsregister angemeldet, die betroffene Gesellschaft sei aufgelöst und er als bisheriger Geschäftsführer sei alleiniger und einzelvertretungsbefugter Liquidator; darüber hinaus hat er die Eintragung der abstrakten Vertretungsbefugnis für den Fall der Bestellung mehrerer Liquidatoren angemeldet.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Registergericht den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Im Gesellschaftsvertrag könne kein auflösendes Kündigungsrecht geschaffen werden; zulässig seien nur ausreichend bestimmte Ereignisse für eine „automatische Auflösung“. Der in § 16 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages festgelegte Auflösungsgrund sei zu unbestimmt, da an eine Bedingung angeknüpft werde, deren Eintritt nicht eindeutig festgestellt werden könne. Eine tatsächlich erfolgte Auflösung zu einem bestimmten Termin sei nicht nachweisbar. Auch wenn der Beteiligte zu 1 in der Anmeldung versichert habe, Beschlüsse über die Einziehung oder Abtretungsverpflichtung seien nicht gefasst worden, könne das Vorliegen eines Auflösungsgrundes, der zum automatischen Auflösen der Gesellschaft führen soll, nicht eindeutig festgestellt werden. Der Nichteintritt einer Tatsache sei seiner Natur nach nicht eindeutig feststellbar.

Gegen den am 30. März 2020 zugestellten Beschluss wendet sich die betroffene Gesellschaft mit ihrer Beschwerde vom 27. April 2020, eingegangen am 30. April 2020. Sie hält die in § 16 des Gesellschaftsvertrages getroffene Regelung zur Liquidation der Gesellschaft im Falle eines Austritts bzw. einer Kündigung für hinreichend bestimmt. Geregelt sei, dass die Gesellschaft liquidiert werde, wenn eine Austritts- oder Kündigungserklärung vorliege und die Kündigungsfrist abgelaufen sei. Nur dann wenn die übrigen Gesellschafter noch einen Beschluss über die Einziehung oder die Abtretung des Geschäftsanteils des ausscheidenden Gesellschafters träfen, käme es zur Fortsetzung der Gesellschaft. Allgemein gelte aber, dass die Gesellschafter einer GmbH immer einen von den Satzungsregularien unabhängigen Fortsetzungsbeschluss treffen könnten. Dementsprechend sei die „negative Tatsache“ eines fehlenden Beschlusses stets Voraussetzung für die Auflösung einer Gesellschaft; liege aber ein Beschluss über die Auflösung einer GmbH vor, werde nie noch ein Beweis darüber gefordert, dass es nicht doch noch zu einem gegenteiligen Beschluss gekommen sei.

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 8. Mai 2020 zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Das als befristete Beschwerde statthafte und auch im übrigen nach Maßgabe der §§ 58 ff. FamFG zulässige Rechtsmittel der betroffenen Gesellschaft ist dem Senat infolge des ordnungsgemäßen Nichtabhilfebeschlusses des Registergerichts zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FamFG.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Registergericht hat die beantragten Eintragungen zu Recht abgelehnt, denn zu einer wirksamen Auflösung der betroffenen Gesellschaft ist es bislang nicht gekommen.

Gemäß §§ 65, 67 GmbHG sind die Auflösung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Liquidatoren sowie ihre Vertretungsbefugnis zur Eintragung im Handelsregister anzumelden.

Die Anmeldung ist als Eintragungsantrag Verfahrenshandlung. Sie enthält das an das Registergericht gerichtete Begehren auf Eintragung. Die Anmeldung ist zugleich Eintragungsgrundlage, in der die dazu verpflichteten oder berechtigten Personen die einzutragenden Tatsachen schlüssig und glaubhaft darzustellen sowie die sonst zur Eintragung erforderlichen Erklärungen und Unterlagen vorzulegen haben (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 20. Dezember 2001, 15 W 378/01; Rn. 12, zitiert nach juris; OLG Jena BeckRS 2017, 11508; Keidel/Heinemann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 374 Rn. 37). Hat das Registergericht begründete Zweifel an der Richtigkeit der angemeldeten Tatsachen, etwa wenn diese nicht schlüssig vorgetragen sind, prüft es die Anmeldung auf ihre Richtigkeit bzw. lehnt sie ab, denn unzulässige und damit auch unrichtige Eintragungen sind zum Schutz des Rechtsverkehrs zu vermeiden (vgl. Keidel/Heinemann, a.a.O., § 374 Rn. 56, 56 b).

Die Gründe, die zur Auflösung einer GmbH führen, sind in § 60 GmbHG geregelt. Das sind zum einen die in § 60 Abs. 1 GmbHG gesetzlich festgeschriebenen Auflösungsgründe; weitere Auflösungsgründe können gemäß § 60 Abs. 2 GmbHG im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. In Betracht kommen insofern Auflösungsklauseln, die automatisch zur Auflösung der Gesellschaft führen, und Kündigungsklauseln, die nur zu einer auflösenden Kündigungserklärung berechtigen (vgl. Scholz/Cziupka, GmbHG, 12. Aufl. 2018, 2020, 11. Aufl. 2014, 2015, § 60 GmbHG Rn. 87; Lutter/Hommelhoff-Kleindiek, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 60 Rn. 26 ff.).

Allgemein anerkannt ist, dass auch die Kündigung durch einen Gesellschafter als Auflösungsgrund im Sinne von § 60 Abs. 2 GmbHG vereinbart werden kann. Voraussetzung ist, dass dieser Auflösungsgrund im Gesellschaftsvertrag klar und eindeutig enthalten ist (vgl. BGH GmbHR 1997, 501 ff., Rn. 6; OLG Düsseldorf GmbHR 2004, 356 ff.; jeweils zitiert nach juris; Münchener Kommentar/Berner, GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 60 Rn. 218; Baumbach/Hueck-Haas, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 60 Rn. 89; BeckOK GmbHG/Lorscheider, 44. Edition, Stand: 1. Mai 2020, § 60 Rn. 15; Lutter/Hommelhoff-Kleindiek, a.a.O., § 60 Rn. 26). Die Gesellschafter, der Registerrichter und informierte Dritte müssen in der Lage sein, den Eintritt des Auflösungsgrundes eindeutig festzustellen (vgl. Scholz/Cziupka, a.a.O., § 60 Rn. 89). Die Kündigung eines Gesellschafters kann entweder als auflösende und zur automatischen Auflösung führende Kündigung ausgestaltet sein oder sie kann als Recht zur Austrittskündigung zugunsten eines Gesellschafters vereinbart werden – dies häufig verbunden mit dem Recht zur Anschlusskündigung für die übrigen Gesellschafter (vgl. Scholz/Cziupka, a.a.O., § 60 Rn. 90). Enthält der Gesellschaftsvertrag keine oder keine ausreichend bestimmte Regelung, soll nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts und einem Teil der Literatur die Gesellschaft – im Zweifel – aufgelöst sein. Nach anderer Auffassung in der Literatur soll die Gesellschaft hingegen grundsätzlich fortbestehen und lediglich der kündigende Gesellschafter ausscheiden und hinsichtlich seines Geschäftsanteils abzufinden sein (vgl. zum Meinungsstand OLG Düsseldorf, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen).

Vorliegend kann auf der Grundlage der Kündigungserklärung der Beteiligten zu 2 und des Vortrages des Beteiligten zu 1 zum Fehlen eines Beschlusses über eine Einziehung oder eine Abtretungsverpflichtung die Auflösung der betroffenen Gesellschaft nicht im Handelsregister eingetragen werden. Die den Eintritt der betroffenen Gesellschaft in die Liquidation regelnde Bestimmung in § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages ist nicht ausreichend klar und zweifelsfrei feststellbar und damit unwirksam.

Nach Maßgabe der vorstehenden allgemeinen Ausführungen erweist sich zunächst das in § 16 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der betroffenen Gesellschaft geregelte Kündigungsrecht als Recht zur Austrittskündigung. In Absatz 1 wird den Gesellschaftern die Möglichkeit zur Kündigung eingeräumt; dazu werden im Gesellschaftsvertrag – in inhaltlich gleichbedeutender Weise – die Begriffe „Austritt“ und „Kündigung“ verwendet. Die Rechtsfolge für den Geschäftsanteil des kündigenden Gesellschafters ergibt sich aus § 16 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages. Danach haben die verbleibenden Gesellschafter die Möglichkeit, den Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters einzuziehen bzw. die Abtretung des Geschäftsanteils zu verlangen. Die Entscheidung der verbleibenden Gesellschafter über die Einziehung bzw. das Verlangen einer Abtretung ergeht gemäß § 17 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages durch Beschluss. Gemäß § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages erhält der ausgeschiedene Gesellschafter eine Abfindung für seinen Geschäftsanteil.

Als Rechtsfolge der Austrittskündigung für die Gesellschaft ist in § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages grundsätzlich vorgesehen, dass die Gesellschaft nicht liquidiert, sondern von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird.

Als weitere Rechtsfolge zugunsten eines jeden der übrigen Gesellschafter ist in § 16 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages das Recht zur Nachkündigung vereinbart.

Die sodann in § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages getroffene Regelung, nach der die Gesellschaft in Liquidation tritt, sofern dem kündigenden Gesellschafter innerhalb der in § 16 Abs. 1 genannten Frist kein Beschluss der verbleibenden Gesellschafter über die Einziehung oder das Verlangen der Abtretung des ihm zustehenden Geschäftsanteils zugeht, erweist sich vor diesem Hintergrund als Ausnahme von dem in Absatz 2 geregelten Grundsatz der Fortsetzung der Gesellschaft. Der festgelegte Auflösungsgrund soll automatisch zur Auflösung der Gesellschaft führen. Um eine ausreichend klare Regelung, die an eindeutig feststellbare Ereignisse oder bestimmbare Umstände anknüpft, wie es für die Wirksamkeit einer gesellschaftsvertraglichen Regelung über einen Grund für die automatische Auflösung der Gesellschaft im Sinne von § 60 Abs. 2 GmbHG zu verlangen ist, handelt es sich hierbei indes nicht.

Das Erfordernis der Bestimmtheit eines im Gesellschaftsvertrag festgelegten Auflösungsgrundes rechtfertigt sich mit der Erwägung, dass in der Auflösung der Gesellschaft zugleich ein Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter liegt und dieser besonders schutzbedürftig ist (vgl. Münchener Kommentar/Berner, a.a.O., § 60 Rn. 219). Hinzu kommt die Gefahr, dass die Auflösung der Gesellschaft längere Zeit unbemerkt bleiben könnte, wenn der Auflösungsgrund nicht eindeutig bestimmt ist (Baumbach/Hueck/Haas, a.a.O., § 60 Rn. 89; Saenger/Inhester-Frank, GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 60 Rn. 54). Als eindeutige Auflösungsgründe anerkannt werden beispielsweise der Tod oder die Insolvenz eines Gesellschafters, die Pfändung eines Geschäftsanteils, der Entzug einer gewerberechtlichen Erlaubnis, der Ablauf eines gewerblichen Schutzrechts, die Feststellung des Verlustes in bestimmter Höhe im handelsrechtlichen Jahresabschluss bzw. in einer Zwischenbilanz oder die Erwirtschaftung eines nach Höhe und Zeit bestimmten Jahresfehlbetrages. Für nicht ausreichend bestimmt gehalten werden etwa Formulierungen wie „mangelnde Rentabilität des Unternehmens“, „wichtiger Grund“ ohne nähere Bezeichnung, „Unmöglichkeit der Zweckerreichung“ (vgl. Baumbach/Hueck-Haas, a.a.aO., § 60 Rn. 89; Saenger/Inhester-Frank, a.a.O., § 60 Rn. 54 und 57; s. auch Münchener Kommentar/Berner, a.a.O., § 60 Rn. 221 f.; alle m.w.N.).

Dem vorstehend näher umrissenen Bestimmtheitserfordernis genügt § 16 Abs. 4 Satz 2 des hier zu bewertenden Gesellschaftsvertrages nicht. Angeknüpft wird in dieser Klausel an das Ausbleiben des Zugangs eines Gesellschaftsbeschlusses über die Einziehung bzw. das Verlangen der Abtretung des Geschäftsanteils des kündigenden Gesellschafters. Eindeutig und zweifelsfrei feststellbar ist der genannte Auflösungsgrund des „Nicht-Zugangs“ als „negative Tatsache“ indes nicht; durch Urkunden, die der Anmeldung nach § 65 GmbHG beigefügt oder vom Registergericht im Rahmen von § 26 FamFG angefordert werden können (vgl. hierzu Baumbach/Hueck-Haas, a.a.O., § 65 Rn. 10; Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt-Nerlich, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 60 Rn. 13), belegbar ist die in § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages formulierte Voraussetzung für die Auflösung der Gesellschaft nicht. Das sieht letztlich auch die betroffene Gesellschaft so, wie es sich aus ihrem Beschwerdevorbringen, das Fehlen eines Beschlusses über die Einziehung des Geschäftsanteils oder eine Abtretungsverpflichtung sei nicht beweisbar, ergibt. Ebenso wie das Fehlen eines Beschlusses ist auch das Fehlen seines Zugangs nicht beweisbar.

Zu vergegenwärtigen ist, dass die in § 16 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages genannte Voraussetzung für die Liquidation des Nichtzugangs eines Beschlusses innerhalb der in der Satzungsbestimmung genannten Frist letztlich verlässlich nur feststellbar ist, wenn der kündigende Gesellschafter entsprechendes erklärt. Schon die übrigen Gesellschafter und auch der Geschäftsführer der Gesellschaft können entsprechendes regelmäßig nicht eindeutig feststellen, denn sie haben im Normalfall allein Kenntnis davon, ob eine Beschlussfassung innerhalb der genannten Frist stattgefunden hat oder nicht, nicht aber auch von der weiteren Voraussetzung des Zugangs eines etwa gefassten Beschlusses beim kündigenden Gesellschafter. Nur in dem Sonderfall, dass ein Beschluss gefasst wurde und sie diesen dem kündigenden Gesellschafter persönlich übergeben haben (§ 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages sieht die Versendung mittels eingeschriebenem Brief vor) oder dass dieser bei der Beschlussfassung zugegen gewesen ist, mag etwas anderes gelten; in dieser Situation stellt sich die Frage nach einer Auflösung jedoch nicht. Informierten Dritten aber und insbesondere dem Registerrichter, der über die Eintragung der angemeldeten Liquidation zu entscheiden hat, ist eine entsprechende eindeutige Feststellung indes nicht möglich. So sind im Verfahren über die Eintragung der Auflösung einer GmbH im Handelsregister die Gesellschafter nicht Beteiligte im Sinne von § 7 Abs. 2 FamFG. Eine Eintragung erfolgt vielmehr aufgrund einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Erklärung einer zur Anmeldung bevollmächtigten Person, § 378 Abs. 1 FamFG. Wird aber in die Betrachtung einbezogen, dass das Bestimmtheitserfordernis auch dem Schutz der Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter dient, wird offenbar, dass die mangelnde Feststellbarkeit des in § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages formulierten Auflösungsgrundes zur Unwirksamkeit der Klausel führt.

Auch das Beschwerdevorbringen der betroffenen Gesellschaft führt zu keinem anderen Ergebnis. Der von ihr gezogene Vergleich mit der Situation, in der ein Auflösungsbeschluss zweifelsfrei gefasst wurde und ein Beweis der negativen Tatsache, dass anschließend nicht doch die Fortsetzung beschlossen wurde, nicht verlangt wird, verfängt nicht. Im hiesigen Verfahren geht es nicht um eine spätere Beschlussänderung, sondern um die grundlegende Feststellung, ob es zum Eintritt eines satzungsmäßig festgelegten Auflösungsgrundes gekommen ist, mit anderen Worten, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Auflösungsgrund im Sinne von § 60 Abs. 2 GmbHG erfüllt sind. Die Frage nach einer späteren Beschlussänderung bzw. deren Fehlen stellt sich – ohne konkrete Anhaltspunkte – regelmäßig schon nicht und bedarf deshalb auch keiner konkreten Feststellungen.

Soweit die betroffene Gesellschaft auf Sinn und Zweck des Bestimmtheitserfordernisses verweist und dazu vorbringt, die Gefahr, dass die Auflösung der Gesellschaft unbemerkt bleibe, bestehe hier nicht, da alle ihrer Gesellschafter die Rechtsfolge einer Gesellschafterkündigung kennen würden, rechtfertigt auch das keine andere Entscheidung. Wie oben bereits ausgeführt, müssen nicht nur die Gesellschafter das Vorliegen des satzungsmäßig festgelegten Auflösungsgrundes eindeutig feststellen können, sondern auch informierte Dritte und insbesondere auch der Registerrichter, der über die Eintragung im Handelsregister entscheidet, müssen dazu in der Lage sein. So kommt den Verlautbarungen des Handelsregisters eine besondere Bedeutung zu und im Interesse des Schutzes des Rechtsverkehrs sind unrichtige Eintragungen zu vermeiden. Hinzu kommt, dass § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages nach seinem Wortlaut auch nicht auf das Fehlen eines Beschlusses über die Einziehung oder eine Abtretungsverpflichtung abstellt, sondern auf das Fehlen des Zugangs eines entsprechenden Beschlusses beim kündigenden Gesellschafter. Hätten aber die übrigen Gesellschafter einen Beschluss gefasst, wäre aber dieser – aus welchen Gründen auch immer – dem kündigenden Gesellschafter nicht zugegangen, hätte sich die Gefahr, dass die Auflösung der Gesellschaft unbemerkt bleibt, realisiert.

Rechtsfolge der mangelnden Bestimmtheit der gesellschaftsvertraglichen Klausel über das automatische Eintreten der Auflösung der betroffenen Gesellschaft ist ihr Fortbestehen gemäß § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages.

Abschließend sei bemerkt, dass selbst dann, wenn man entgegen der rechtlichen Würdigung des Senats von der Wirksamkeit des in § 16 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages festgelegten Auflösungsgrundes ausgehen würde, die hier angemeldeten Eintragungen im Handelsregister nicht erfolgen könnten. Wie oben unter Verweis auf § 65 GmbHG bereits ausgeführt, sind im Rahmen der Anmeldung der Auflösung Urkunden, aus denen sich die Auflösung ergibt, einzureichen. Als geeignete Urkunden kommen insofern Urteile mit Rechtskraftattest, öffentlich beglaubigte Gesellschafterbeschlüsse o.ä. in Betracht; der schlichte Hinweis auf die Satzung genügt regelmäßig nur dann, wenn die Gesellschaft durch Zeitablauf (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG) aufgelöst ist (vgl. Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt-Nerlich, a.a.O., § 65 Rn. 13). An all dem fehlt es hier.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, denn es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG), dass die betroffene Gesellschaft die Kosten ihres erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen hat. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten erübrigt sich bereits deshalb, weil am Beschwerdeverfahren nur die mit ihrem Rechtsmittel erfolglos gebliebene Gesellschaft teilgenommen hat.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG, besteht nicht.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

 

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