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Eintragungsbewilligung für beschränkt persönliche Dienstbarkeit – Bestimmtheitsgrundsatz

Die subtile Nuance der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit

Ein aktuelles Urteil offenbart die Feinheiten des Eigentumsrechts, insbesondere hinsichtlich der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Der Fall betrifft die Eintragung einer Dienstbarkeit für einen Grundstücksstreifen, auf dem keine Bauwerke errichtet werden dürfen, und stellt die Grenzen des Bestimmtheitsgrundsatzes auf die Probe. Inmitten der scheinbar trockenen Materie des Immobilienrechts entfaltet sich ein packendes juristisches Drama um Einzelheiten, Auslegungen und die Bedeutung von Präzision in der Gesetzgebung.

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Spannungen zwischen Präzision und Flexibilität

Im Zentrum des Falles steht eine Eintragungsbewilligung für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit. In diesem speziellen Fall handelt es sich um einen Grundstücksstreifen von acht Metern Breite, auf dem keine Bauwerke errichtet werden dürfen. Der Kern des Streits liegt darin, ob die Eintragungsbewilligung den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes genügt.

Wie Bestimmtheit zur Unbestimmtheit führt

Das Grundbuchamt hatte darauf hingewiesen, dass die Eintragungsbewilligung nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes entspricht, da sie ungenügende Angaben zur tatsächlichen Lage der Gasleitung enthält. Eine weitere Kontroverse entstand, da unklar war, ob die Gasleitung bereits errichtet wurde oder noch errichtet werden muss.

Die Weisheit des Oberlandgerichts Düsseldorf

Das Oberlandgericht Düsseldorf entschied schlussendlich zugunsten der Beschwerdeführerin. Es wurde festgestellt, dass eine örtliche Beschränkung der Ausübung nicht rechtsgeschäftlich vereinbart ist, sondern der tatsächlichen Ausübung durch die Beteiligte überlassen sein soll. Es wurde auch betont, dass der Bestimmtheitsgrundsatz in solchen Fällen nicht anzuwenden ist. Damit endete das Gerichtsverfahren mit einer Schlussfolgerung, die den Bestimmtheitsgrundsatz in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Was wir aus diesem Fall lernen können

Dieser Fall zeigt uns auf, wie wichtig eine ausführliche Interpretation von rechtlichen Begrifflichkeiten und Grundsätzen sein kann. Insbesondere der Bestimmtheitsgrundsatz stellt eine wichtige Leitlinie dar, die jedoch nicht starr angewendet werden sollte. Stattdessen kann eine flexible Handhabung in bestimmten Situationen, wie dem aktuellen Fall, gerechtere und passendere Ergebnisse liefern.

[…]


Das vorliegende Urteil

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 196/20 – Beschluss vom 07.12.2020

Die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 7. August 2020 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag vom 25. Mai 2020 unter Berücksichtigung der Gründe dieses Beschlusses an das Grundbuchamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 19. Mai 2020 bewilligte und beantragte sie die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Beteiligten zu 2. Rechtsinhalt der Dienstbarkeit ist das Recht, auf dem Grundstück eine Gasleistung nebst Zubehör zu betreiben, zu unterhalten, ggfs. bedarfsgerecht zu erneuern und dauernd zu belassen. Der Beteiligten zu 2 wurde die Berechtigung eingeräumt, zum Zweck des Baus, des Betriebs und der Unterhaltung der Leitung das Grundstück jederzeit zu betreten. Im übrigen heißt es in der Eintragungsbewilligung wie folgt:

„In einem Grundstücksstreifen (Schutzstreifen) von 8 m Breite dürfen keine baulichen und sonstigen Anlagen errichtet werden.

Die Breite des Schutzstreifens auf den Grundstücken wird dadurch bestimmt, dass man zu der Leitungsachse links im Abstand von 4 m und rechts im Abstand von 4 m gleichlaufende Linien zieht.“

Mit der angefochtenen Zwischenverfügung vom 7. August 2020 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass die Eintragungsbewilligung nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes entspreche. Konkrete Angaben hinsichtlich der Position des Schutzstreifens oder des Verlaufs der Gasleistung selber seien aus der Eintragungsbewilligung nicht ersichtlich. Erforderlich sei die Vorlage eines Lageplans oder eine Ergänzung der Eintragungsbewilligung.

Hiergegen beschwert sich die Beteiligte zu 2. Sie wendet ein, nach der Rechtsprechung genüge es, wenn auf eine bereits vorhandene Anlage Bezug genommen werde, um die Ausübungsstelle der Dienstbarkeit hinreichend bestimmt zu bezeichnen. Weiter sei es nach der Rechtsprechung zulässig, die Festlegung der Auslegungsstelle der tatsächlichen Ausübung durch den Berechtigten vorzubehalten. Das gelte auch dann, wenn eine Beschränkung der Ausübung gewollt sei.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit weiterem Beschluss vom 22. September 2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. In der Eintragungsbewilligung fehle es an Angaben zur tatsächlichen Lage der Gasleitung. Sie lasse sich mangels entsprechender Anhaltspunkte in der Eintragungsbewilligung auch nicht anhand anderweiter Bezugspunkte oder Pläne bestimmen. Ebenso wenig sei ersichtlich, ob die Gasleitung bereits errichtet sei oder noch errichtet werden müsse. Im Hinblick auf die Größe des zu belastenden Grundstücks von 3.789 m² sei es unerlässlich, die konkrete Ausübungsstelle der Dienstbarkeit bestimmen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte verwiesen.

II.

Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 ist gemäß §§ 71 ff. GBO als Grundbuchbeschwerde statthaft und auch im übrigen zulässig. Es ist dem Senat infolge der vom Grundbuchamt mit Beschluss vom 22. September 2020 erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Zwar führt es nicht zur Aufhebung der Zwischenverfügung, zu beanstanden ist es gleichwohl, dass dem angefochtenen Beschluss (gleiches gilt für den Nichtabhilfebeschluss) entgegen der auch im grundbuchrechtlichen Verfahren geltenden Vorschrift des § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG ein ausgefüllter Erlassvermerk fehlt. Dieser Verstoß führt indes nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht zur Unwirksamkeit eines Beschlusses, wenn – wie hier – die Herausgabe des Beschlusses aus dem internen Geschäftsbetrieb zum Zwecke der Bekanntgabe an die Beteiligten feststeht (vgl. z.B. Senat WM 2019, 2056 m.w.N.).

Die angefochtene Zwischenverfügung kann indes aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Bestand haben. Das vom Grundbuchamt gesehene Eintragungshindernis besteht nicht. Die zugunsten der Beteiligten zu 2 bewilligte Grunddienstbarkeit genügt dem im Grundbuchrecht geltenden Bestimmtheitsgebot.

Für die notwendige Bestimmtheit einer Dienstbarkeit ist der Inhalt der Eintragungsbewilligung entscheidend. Diese ist auszulegen (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl. 2017, § 19 Rn. 27 ff.; Anhang zu § 44 Rn. 15). Die hier in Rede stehende Dienstbarkeit dient letztlich der Sicherung eines Leitungsrechts der Beteiligten zu 2. Dazu erfasst sie hinsichtlich des Rechts zur Benutzung des Grundstücks das gesamte Grundstück und hinsichtlich des Leitungsrechts einen Teilbereich des belasteten Grundstücks. Letzteres folgt aus den Vereinbarungen zu einem Schutzstreifen, der rechts und links entlang der Leitungsachse bestehen soll.

Soll lediglich eine Teilfläche eines Grundstücks von einer Dienstbarkeit erfasst werden, bestehen unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten: die Abschreibung gemäß § 7 Abs. 1 GBO, die sog. echte Teilbelastung gemäß § 7 Abs. 2 GBO und die sog. unechte Teilbelastung durch Vereinbarung einer Ausübungsbeschränkung im Sinne von § 1023 BGB (vgl. die Darstellung in MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, § 1023 Rn. 16 m.w.N.). Hier haben die Beteiligten in Bezug auf das zugunsten der Beteiligten zu 2 vereinbarte Leitungsrecht den Weg einer sog. unechten Teilbelastung gewählt, indem sie das gesamte Grundstück mit der Dienstbarkeit belasten, die Ausübung des Leitungsrechts allerdings – zulässigerweise, § 1023 Abs. 1 Satz 2 BGB – auf eine Teilfläche beschränken wollen.

Die Festlegung der Ausübungsstelle kann entweder durch Rechtsgeschäft erfolgen oder die eine Grunddienstbarkeit vereinbarenden Parteien können die Bestimmung der Ausübungsstelle der tatsächlichen Ausübung überlassen (BGH NJW-RR 2006, 237; MüKoBGB/Mohr, a.a.O., § 1023 Rn. 16, m.w.N.). Legen die Parteien die Ausübungsstelle rechtsgeschäftlich fest, ist ihre Bezeichnung in die Eintragung bzw. die Eintragungsbewilligung mit aufzunehmen und sie muss hinreichend bestimmt sein. Dazu kann etwa in der Dienstbarkeitsurkunde selbst auf Bezugspunkte im Gelände oder auf eine bereits vorhandene Anlage verwiesen werden (vgl. BGH FGPrax 2018, 245; BGH NJW-RR 2006, 237); dem Bestimmtheitserfordernis kann auch dadurch entsprochen werden, dass in der Dienstbarkeitsurkunde förmlich auf einen Lageplan mit entsprechender Kennzeichnung verwiesen wird (Senat BeckRS 2020, 21154 und 2017, 103733; OLG Hamm NJW-RR 2014, 21; MüKoBGB/Mohr., a.a.O., § 1023 Rn. 16). Überlassen die Parteien die Bestimmung der Ausübungsstelle der tatsächlichen Ausübung durch den Berechtigten, machen sie also die Festlegung der Ausübungsbeschränkung nicht zum Inhalt der Dienstbarkeit, muss die Ausübungsstelle nicht in der Eintragungsbewilligung festgelegt und nicht im Grundbuch eingetragen werden (BGH NJW-RR 2006, 237; BGH NJW 1984, 2210); der Bestimmtheitsgrundsatz gilt insoweit nicht (BGH DNotZ 2002, 721; MüKoBGB/Mohr, a.a.O., § 1023 Rn. 16).

Diese Differenzierung hat das Grundbuchamt nicht berücksichtigt und verkannt, dass hier die Beschränkung der Grunddienstbarkeit in örtlicher Hinsicht der tatsächlichen Ausübung überlassen bleiben sollte.

Vorliegend ergibt sich aus der Eintragungsbewilligung nicht, dass die Ausübungsstelle des Leitungsrechts zum Inhalt der Dienstbarkeit gemacht worden ist. Eine dahingehende Auslegung der Eintragungsbewilligung, die gerade keine Bezugnahme auf eine etwa schon vorhandene Leitung enthält, ist nicht möglich. Auf die vom Grundbuchamt aufgeworfene Frage, ob die Gasleitung bereits im Zeitpunkt der Eintragungsbewilligung bereits vorhanden war, kommt es demzufolge nicht an.

Führt aber die Auslegung der Eintragungsbewilligung dazu, dass eine örtliche Beschränkung der Ausübung rechtsgeschäftlich nicht vereinbart ist, sondern der tatsächlichen Ausübung durch die Beteiligte zu 2 überlassen sein soll, bedarf es – wie gezeigt – keiner den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes genügenden Festlegung der örtlichen Lage der Leitung in der Eintragungsbewilligung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1984, 2210) gilt das unabhängig davon, dass die Dienstbarkeit auch ein Bauverbot innerhalb eines Schutzstreifens enthält.

III.

Mit Blick auf den Erfolg des Rechtsmittels ist weder eine Kostenentscheidung des Senats, noch eine Wertfestsetzung veranlasst. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erübrigt sich ebenfalls.

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