LG Hamburg – Az.: 321 OH 13/16 – Beschluss vom 04.01.2017
1. Auf die Kostenbeschwerde der Antragstellerin wird die Kostenrechnung des Notars Dr. K.-H. W. vom 25. Juli 2016, Kostenrechnung Nummer: R. i.H.v. 1.514,39 € aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenrechnung des Antragsgegners Nr. R. vom 25.07.2016, mit welcher der Antragsgegner der Antragstellerin seine Tätigkeit zur Erstellung eines Kaufvertragsentwurfes in Rechnung stellte.
Dem war voraus gegangen, dass die Antragstellerin sich für den Kauf einer Eigentumswohnung von der weiteren Beteiligten, der S. GmbH, interessierte.
Am 22.07.2016 fand dazu um 9:30 Uhr eine Besichtigung des Kaufobjektes in Anwesenheit der Antragstellerin, des Zeugen R. und einer Mitarbeiterin der S. GmbH, der Zeugin D., statt. Während dieses Besichtigungstermins übergab die Antragstellerin der Zeugin D. den als Anlage ASt 1 zur Akte gereichten Kontaktbogen. Nach telefonischer Ankündigung beauftragte die Zeugin D. den Antragsgegner mit E-Mail vom 22.07.2016, 14:18 Uhr, mit der Erstellung des Kaufvertragsentwurfes. Auf die E-Mail (Bl. 35/36 d.A.) wird Bezug genommen. Am Abend des gleichen Tages teilte die Antragstellerin der Zeugin D. mit, von dem Kaufinteresse Abstand nehmen zu wollen. Dies teilte die Zeugin D. am 25.07.2016 dem Antragsgegner mit, der daraufhin die streitgegenständliche Kostenrechnung erstellte, für die auf die Anlage ASt 4 Bezug genommen wird. Zur Beurkundung kam es nicht mehr.
Die Antragstellerin beantragt, durch gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 GNotKG die Kostenrechnung des Notars Dr. K.- H. W. vom 25. Juli 2016, Kostenrechnung Nummer: R. i.H.v. 1.514,39 € aufzuheben
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Er hat im Verfahren keine schriftliche Stellungnahme abgegeben.
Die S. GmbH trägt vor, die Antragstellerin habe die Zeugin D. noch während des Besichtigungstermins gebeten, den Kaufvertragsentwurf für sie zu beauftragen.
Das Gericht hat die Antragstellerin und den Bürovorsteher des Antragsgegners informatorisch angehört sowie die Zeugen R. und D. vernommen. Für die Ergebnisse der Anhörungen und Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 19.07.2016 verwiesen.
II.
Die Kostenbeschwerde ist gemäß § 127 Abs. 1 GNotKG zulässig und begründet.
Die Kostenrechnung des Antragsgegners Nr. R. vom 25.07.2016 ist unrichtig. Die Antragstellerin ist für die streitgegenständliche Tätigkeit des Antragsgegners nicht Kostenschuldnerin.
1. Sie haftet für die Kosten insbesondere nicht nach § 29 Nr. 1 oder 2 GNotKG.
Unstreitig hat die Antragstellerin den Antragsgegner nicht selbst beauftragt. Die Tätigkeit wurde vielmehr durch einen Anruf sowie die E-Mail der S. GmbH vom 22.07.2014 um 14:18 Uhr veranlasst.
Dafür haftet die Antragstellerin nur, wenn sie sich gemäß § 29 Nr. 2 GNotKG gegenüber dem Notar mit der Kostenübernahme einverstanden erklärt hat, was unzweifelhaft nicht erfolgt ist, oder nach § 29 Nr. 1 GNotKG, wenn sie die Zeugin D. bzw. die S. GmbH mit der Auftragserteilung in ihrem Namen bevollmächtigt und diese den Auftrag sodann im Namen der Antragstellerin erteilt hat. Insoweit finden die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Stellvertretung Anwendung (Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, § 29, Rn. 9 ff.).
Eine Beauftragung des Antragsgegners durch die S. GmbH im Namen und mit Vollmacht der Antragstellerin fand jedoch ebenfalls nicht statt.
1.1 Das Gericht vermochte bereits nicht festzustellen, dass die Zeugin D. den Auftrag an den Notar im Namen der Antragstellerin erteilt hat. Zwar hat die Zeugin D. dies im Rahmen ihrer Befragung zunächst pauschal angegeben. In der weiteren Befragung erklärte sie dazu jedoch, die Beauftragung sei im Wesentlichen mit der E-Mail vom 22.07.2014 um 14:18 Uhr erfolgt. Darin habe sie die Beauftragung im Namen der Antragstellerin durch die Formulierung „wie gewünscht“ deutlich gemacht. Der sodann in Augenschein genommenen E-Mail lässt sich dies jedoch nicht entnehmen. Darin werden lediglich die (Kontakt-)Daten der Antragstellerin sowie einige Bestimmungen des Vertrages benannt und nur insoweit erklärt, dass der Entwurf „für“ die Antragstellerin erfolgen solle. Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Beauftragung auch in ihrem Namen erfolgt und zwar auch nicht aus den Umständen. Zwar erfolgte die Fertigung des Vertragsentwurfes auch im Interesse der Antragstellerin als potenzielle Käuferin. Das gleiche Interesse hatte jedoch auch die S. GmbH als Anbieterin und Verkäuferin der Wohnung, sodass vor diesem Hintergrund der Entwurf nicht eindeutig nur von der Antragstellerin gewollte gewesen sein muss.
Dass die Beauftragung ausdrücklich im Namen der Antragstellerin bereits in dem der E-Mail vorangegangenen Telefonat deutlich gemacht wurde, erklärten weder die Zeugin D., noch der informatorisch befragte Bürovorsteher des Antragsgegners. Sowohl die Zeugin D. sagte dazu aus, sich an das Telefonat nicht mehr erinnern zu können, als auch der Bürovorsteher des Antragsgegners bekundete, weder der Akte, noch seiner Rücksprache mit der damals zuständigen Mitarbeiterin, Frau Sch., Einzelheiten zu dem Telefonat entnehmen zu können. Er gab zudem an, dass sich auch Frau Sch. an keine weiteren Einzelheiten erinnern könne, sodass ihre Vernehmung entbehrlich war.
1.2 Darüber hinaus ist das Gericht auch nicht davon überzeugt, dass die Antragstellerin sich gegenüber der Zeugin D. ausdrücklich oder konkludent damit einverstanden erklärt hatte, dass der Antragsgegner in ihrem Namen und auf ihre Kosten von der Zeugin D. beauftragt wurde.
Der Zeuge R. konnte sich nach seinen Angaben an die Einzelheiten des dahingehend maßgeblichen Gesprächs nicht mehr erinnern. Er habe lediglich noch in Erinnerung, dass die Zeugin D. zu der Antragstellerin gesagt habe, wenn sie von dem Kaufvertrag Abstand nehme, würden ca. 1.000,00 € Notarkosten anfallen. Daran, dass über die Beauftragung eines Notars gesprochen wurde oder an eine ausdrückliche Zustimmung der Antragstellerin zu der Beauftragung eines Notars konnte er sich nicht erinnern. Auch ob über einen Namen oder einen Ort eines Notariats gesprochen wurde, wusste der Zeuge nicht. Daher ist seine Aussage hinsichtlich der Zustimmung zur Beauftragung eines Notars bereits unergiebig, überdies hinsichtlich des vernommenen Satzes, es würden ca. 1.000,00 € Notarkosten anfallen, nicht hinreichend glaubhaft. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass der Zeuge ausgerechnet nur diesen Satz wahrgenommen und in Erinnerung hat, während er keine weiteren Gesprächsinhalte wiedergeben konnte. Zudem gab sich der Zeuge während seiner Vernehmung gegenüber der Antragstellerin ersichtlich negativ eingestellt, wovon sich das Gericht im Rahmen der Vernehmung einen eigenen Eindruck verschaffen konnte. Daher kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass er aufgrund seiner persönlichen Meinung über die Antragstellerin zu ihren Lasten nur noch eine selektive Erinnerung an das seinerzeitige Gespräch hat. Denkbar ist insbesondere, dass er seine – auch nach den eigenen Angaben nur ausschnittsweise – Wahrnehmung des Gesprächs gewollt oder unbewusst falsch einordnet.
Die Angaben der Zeugin D. überzeugen das Gericht in diesem Punkt nicht. Sie gab selbst an, dass die Antragstellerin ihr gegenüber nicht ausdrücklich und von sich aus die Beauftragung eines Notarentwurfes in ihrem Namen und auf ihre Kosten erklärt hat. Vielmehr hat sie dazu ausgesagt, die Antragstellerin habe einen Kontaktbogen ausfüllen und der Zeugin geben wollen, woraufhin die Zeugin der Antragstellerin gesagt habe, wenn sie dies täte, würde die Zeugin dies als Zeichen werten, dass die Antragstellerin die Beauftragung eine Kaufvertragsentwurfes wünsche. Die Zeugin habe die Antragstellerin explizit gefragt, ob sie dies wirklich wolle. Daraufhin habe die Antragstellerin gesagt: „Ja, machen Sie das.“ Die Zeugin habe der Antragstellerin jedoch mehrfach gesagt, sie solle sich damit noch bis Montag Zeit lassen und erst dann die Beauftragung des Notars veranlassen.
Bereits diesen Gesprächs- und Geschehensverlauf hält das Gericht nicht für glaubhaft. Insbesondere konnte die Zeugin trotz Nachfrage des Gerichts nicht erklären, wie es zu dieser Gesprächssequenz kam, aus welchem Grund die Zeugin zwingend darauf bestanden habe, dass aus der Übergabe eines Kontaktformulars die Beauftragung des Notars folgen müsse und warum nicht erst die Übergabe des Kontaktformulars erfolgen konnte und die Antragstellerin trotzdem bis zum nächsten Montag Zeit behalten sollte, sich zu der Beauftragung des Notars zu erklären. Die Zeugin wich diesen Fragen aus, wiederholte lediglich ihre Auffassung, dass die Übergabe des Kontaktformulars als Wunsch der Beauftragung eines Notars zu werten sei und lieferte keine ausreichenden Realkennzeichen, um die Glaubhaftigkeit dieses Gesprächsablaufes positiv festzustellen.
Zudem hat die Zeugin angegeben, dass es bei der S. GmbH üblich sei, Elektropläne nur an Kunden zu übergeben, die bereits einen Kaufvertrag in Erstellung gegeben hätten. Daher habe Sie auch der Antragstellerin die Elektropläne erst gegeben, nachdem diese ihr den Kontaktbogen ausgefüllt übergeben hatte.
Dies hat im Rahmen der informatorischen Anhörung auch die Antragstellerin insoweit bestätigt, als die Zeugin nach ihrer Erinnerung die Elektropläne von der Aushändigung des ausgefüllten Kontaktformulars abhängig gemacht habe. Über die Beauftragung eines Notars sei dabei jedoch nicht gesprochen worden.
Daher ist das Gericht davon überzeugt, dass es zwischen der Antragstellerin und der Zeugin D. zu einem Missverständnis kam. Es mag sein, dass die Zeugin D. die Übergabe des ausgefüllten Kontaktbogens wegen der anschließenden Übergabe der Elektropläne als Zustimmung zur Beauftragung des Notars gewertet haben will, insbesondere weil dies bei der S. GmbH so üblich war. Dass dies zwischen ihr und der Antragstellerin auch hinreichend kommuniziert wurde, vermag das Gericht jedoch nicht mit der erforderlichen Überzeugung festzustellen. Insbesondere erscheint es demgegenüber wahrscheinlich, dass die Zeugin D. ihre Erinnerung an die Gesprächsinhalte aufgrund ihrer dahingehenden Bewertung anschließend, nachdem die Antragstellerin von dem Kauf Abstand genommen hatte, bewusst oder unbewusst angepasst hat. Dafür spricht auch, dass die Zeugin gegenüber dem Büro des Antragsgegners darauf bestanden hatte, dass der Antragstellerin eine Rechnung gestellt wird. Dies hat die Zeugin selbst eingeräumt und ergibt sich zudem aus dem in Augenschein genommenen Aktenvermerk vom 25.07.2016. Die Zeugin hatte sich ersichtlich über die Antragstellerin geärgert – unerheblich ob zu Recht oder zu Unrecht -, wovon sich das Gericht im Rahmen der Vernehmung einen eigenen Eindruck verschaffen konnte.
Nach alledem ist eine Zustimmung der Antragstellerin zu der Beauftragung des Antragsgegners nicht positiv festzustellen.
2. Im Übrigen liegen auch die Voraussetzungen des § 29 Nr. 3 GNotKG sowie § 30 GNotKG nicht vor.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Von einer Kostenentscheidung zu Lasten des Antragsgegners, der S. GmbH oder eines Dritten nach § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 81 FamFG hat die Kammer abgesehen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 oder Abs. 4 FamFG nicht vor. Das Gericht geht nicht davon aus, dass seitens der S. GmbH oder der Zeugin D. bewusst falsche Angaben gemacht wurden. Vielmehr ist das Gericht von den Angaben der Zeugin lediglich nicht mit der dafür erforderlichen Deutlichkeit überzeugt, da vor allem unbewusste Erinnerungsfehler nicht auszuschließend sind.