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Eintragung Zwangshypothek wegen titulierter Verzugszinsen nach Erlöschen der Hauptforderung

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 250/18 – Beschluss vom 07.02.2019

Die angefochtene Entscheidung wird geändert.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag des Beteiligten zu 1. vom 31. Juli 2018 auf Eintragung von Zwangssicherungshypotheken nicht aus den in den Beschlüssen vom 23. Oktober und 11. Dezember 2018 angeführten Gründen zurückzuweisen.

Gründe

I.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 8. Dezember 2015 veräußerte der Beteiligte zu 1. 45 Teileigentumseinheiten an die Beteiligte zu 2., die inzwischen als Eigentümerin dieser Einheiten in den Teileigentumsgrundbüchern eingetragen ist. Der Kaufpreis belief sich auf 2.243.650 €. Zugleich veräußerte eine andere Verkäuferin weitere Einheiten für 419.950 € an die Beteiligte zu 2.; beide Verkäufe wurden als einheitliches Rechtsgeschäft angesehen. Sodann hieß es in § 2 des Vertrages unter anderem:

„2. …

Der Kaufpreis ist fällig und zahlbar am 29. Februar 2016, nicht jedoch vor Ablauf von fünf Bankarbeitstagen, nachdem den Vertragsbeteiligten die Mitteilung des Notars zugegangen ist, dass … [es folgen ins einzelne gehende Regelungen zur notariellen Fälligkeitsmitteilung]

3. … Vom Tage des Verzugseintritts bis zum Tage der Zahlung hat der Käufer den nicht fristgerecht gezahlten Kaufpreis mit acht vom Hundert jährlich zu verzinsen. …

5. Der Käufer unterwirft sich hiermit dem jeweiligen Verkäufer gegenüber wegen des Anspruchs auf Zahlung des auf ihn entfallenden Teils des Kaufpreises nebst Zinsen in vorstehend zu Ziffer 3 genannter Höhe ab dem auf das vorstehend in Ziffer 2 genannte Fälligkeitsdatum folgenden Tage der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Dem betreffenden Verkäufer kann nach Eintritt der vom Notar zu überwachenden Fälligkeitsvoraussetzungen jederzeit und ohne weiteren Nachweis vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde erteilt werden.“

Mit Schrift seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 31. Juli 2018 hat der Beteiligte zu 1. unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vertrages vom 8. Dezember 2015 nebst Nachweises der Zustellung an die Beteiligte zu 2. am 4. Oktober 2016 geltend gemacht, die Beteiligte zu 2. habe den Kaufpreis (wenngleich letztlich vollständig, so doch) nicht fristgerecht gezahlt und schulde ihm zur Zahlung fällige Verzugszinsen von 59.676,15 €, sowie beantragt, wegen dieser Forderung zu seinen Gunsten in den die von ihm veräußerten 45 Einheiten betreffenden Grundbüchern Zwangssicherungshypotheken einzutragen, wobei er die jeweils einzutragenden Beträge mit Werten zwischen 1.310 € und 1.463 € beziffert hat.

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Grundbuchamt – nach vorherigem Hinweis – diesen Antrag zurückgewiesen, weil die in kapitalisierter Form geltend gemachten Verzugszinsen nicht als feste Beträge ins Grundbuch eingetragen werden könnten und überdies der Zinsbeginn nicht (so im Nichtabhilfebeschluss im Hinblick auf die Beschwerdebegründung:) in grundbuchlicher Form dargetan sei.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seinem Rechtsmittel, mit dem er in erster Linie seinen erstinstanzlichen Eintragungsantrag weiterverfolgt, hilfsweise jedoch nunmehr beantragt, die Zwangssicherungshypothek über nicht kapitalisierte Zinsen, nämlich in Höhe von 8 % seit dem 28. März 2016 bis zum 11. November 2016 aus einem Betrag von 124.647,22 € einzutragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakten Bezug genommen.

II.

Die Sache ist infolge der mit weiterem Beschluss des Grundbuchamtes vom 11. Dezember 2018 ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen (vgl. § 75 GBO).

Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1. ist als Grundbuchbeschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und insgesamt zulässig (§§ 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO).

Es hat auch in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt hätte den Eintragungsantrag nicht mit den gegebenen Erwägungen zurückweisen dürfen. Angesichts dessen bedarf der jetzt gestellte Hilfsantrag keiner Bescheidung.

1.

Die Zwangssicherungshypothek ist mit dem – nach ursprünglichem Antrag und jetzigem Hauptantrag – begehrten Inhalt zulässig.

Nach § 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO soll eine Zwangssicherungshypothek nicht zulässig sein, falls dem Gläubiger lediglich eine, gemessen insbesondere an der Bedeutung der vorzubereitenden Vollstreckung durch Zwangsversteigerung von Grundvermögen, marginale Hauptforderung zusteht, mag er als Nebenforderung ferner Zinsen in welcher Höhe auch immer beanspruchen können (näher zum Schutzzweck der Norm OLG Hamm Rpfleger 2009, 447 f). Ob dem so ist, kann nur anhand des Vollstreckungstitels, der die Eintragungsbewilligung ersetzt, beantwortet werden. Deshalb ist es für die Unzulässigkeit der Zwangshypothek ohne Belang, wenn ein Gläubiger den Betrag seiner titulierten Hauptforderung dadurch zu „erhöhen“ sucht, dass er in seinem Eintragungsantrag – entgegen dem Titel, der Zinsen nur nach deren Satz und Beginn enthält – rückständige Zinsen kapitalisiert (Übersicht über den Stand der Rechtsprechung hierzu bei OLG Nürnberg Rpfleger 2014, 585 f und OLG München RPfleger 2016, 556 ff). Um dieses Problem geht es aber nicht, falls ein Gläubiger über eine titulierte Hauptforderung und eine titulierte Zinsforderung als Nebenforderung verfügt, seinen Titel indes nach Wegfall der Hauptforderung nur bezüglich der Nebenforderung zwangsweise durchsetzen will und die Zinsforderung für sich genommen den Betrag von 750 € übersteigt. Dann stellt sich allein die Frage, ob auch in einer solchen Lage die Zinsen im Sinne des § 866 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. ZPO „als Nebenforderung“ geltend gemacht werden und deshalb unberücksichtigt zu bleiben haben mit der Folge, dass die Eintragung der Hypothek mangels jeglicher Hauptforderung unzulässig ist.

Diese Frage ist zu verneinen. Zinsen werden selbständige Hauptforderungen, wenn der Anspruch, von dem sie abhängen, erloschen ist, sogar dann, wenn er es (wie hier nicht) nur hinsichtlich des betreffenden Teils ist. Das ist anerkannt (OLG Nürnberg a.a.O., juris-Version Tz. 16; Zöller-Seibel, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 866 Rdnr. 5; Musielak/Voit-Becker, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 866 Rdnr. 4; MK-Dörndorfer, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 866 Rdnr. 10; Stein/Jonas-Bartels, ZPO, 23. Aufl. 2017, § 866 Rdnr. 6; Saenger-Kindl, ZPO, 7. Aufl. 2017, § 866 Rdnr. 5 – die beiden Letztgenannten dies als allgemeine Meinung bezeichnend; BeckOK GBO – Wilsch, Stand: 01.12.2018, „Zwangssicherungshypothek“ Rdnr. 85); umstritten ist lediglich die Zulässigkeit der Eintragung einer Zwangshypothek allein für die Zinsen von mehr als 750 €, solange die Hauptforderung noch besteht (vgl. BeckOK ZPO – Riedel, Stand: 01.12.2018, § 866 Rdnr. 9 m. Nachw.).

Eine Nebenforderung setzt das Bestehen einer Hauptforderung voraus, von der sie abhängen kann; gibt es letztere nicht (mehr), wird die Nebenforderung zur Hauptforderung. Das hat der Bundesgerichthof (WM 1981, 1092; NJW 1994, 1869 f; Beschluss vom 25. November 2004 in Sachen III ZR 325/03) zwar im Begründungsgang für die Bemessung von Streitwerten ausgesprochen, doch ist die Erwägung allgemein gültig. Besonderheiten des Immobiliarsachenrechts stehen dem nicht entgegen. Eine Zinsrückstandshypothek ist dem Gesetz bekannt (§§ 1159, 1178 BGB). Anerkannt ist auch die Möglichkeit, eine Hypothek allein für eine Forderung auf Zinsen (und gegebenenfalls Kosten) zu bestellen, sogenannte Kautionshypothek (MK-Lieder, BGB, 7. Aufl. 2017,§ 1178 Rdnr. 6; BeckOGrossK BGB – Neie, Stand: 15.08.2018, § 1178 Rdnr. 5 m.w. Nachw.). Die Vornahme einer Kapitalisierung als solche ist, wie gezeigt, im vorliegenden Zusammenhang bedeutungslos. Zwar verbleibt der Umstand, dass durch die Eintragung einer isolierten Zins-Zwangshypothek der Gläubiger für mehr als zwei Jahre rückständige Zinsen deren Aufrücken von der Rangklasse 8, bestenfalls 5, in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG erreicht. Diese Verbesserung erweist sich jedoch nicht als ungerechtfertigt. Anders als in den Fällen, die eingehend die Entscheidung des OLG München (in: Rpfleger 2012, 138 ff) behandelt, wird hier eine Zinsforderung nicht im Wege der Kapitalisierung sozusagen künstlich zur Hauptforderung „gemacht“, vielmehr ist sie mangels fernerhin geschuldeten Hauptbetrages tatsächlich Hauptforderung. Dann aber ist es lediglich konsequent, ihr den einer solchen zukommenden Rang zuzubilligen.

Hier geht es – wie auch vom Grundbuchamt nicht anders gesehen – um den Fall einer Zwangshypothek für im Eintragungsantrag kapitalisierte rückständige Zinsen nach vollständigem Erlöschen der Hauptforderung infolge Erfüllung. Diese ist nach den vorstehenden Ausführungen zulässig.

2.

Die Zinsforderung ist hinreichend bestimmt tituliert und deshalb in der Form des § 29 GBO nachgewiesen.

Dies gilt zunächst, und vom Grundbuchamt insoweit auch nicht beanstandet, für die durch Zinssatz ausgedrückte Zinshöhe.

Das gilt aber auch für den Zinsbeginn. Soweit in der Unterwerfungserklärung von einem „Fälligkeitsdatum“ die Rede ist, ist damit der in Ziffer 2. bezeichnete 29. Februar 2016 gemeint. Hierfür spricht zum einen der Wortlaut der Unterwerfungserklärung; denn der sich aus der Berechnung von Fälligkeitsmitteilung zuzüglich Fünftagesfrist errechnende Tag ist in Ziffer 2. gerade nicht seinem Datum nach genannt. Darüber hinaus hätte nichts entgegengestanden, in die Unterwerfungserklärung, wäre solches beabsichtigt gewesen, aufzunehmen, Zinsen seien von der Erklärung in vertraglich vorgesehener Höhe ab dem auf den „Eintritt der Fälligkeit folgenden Tage“ erfasst. Schließlich kann nicht außer Betracht bleiben, dass es sich hier um einen notariell beurkundeten und von geschäftserfahrenen Parteien geschlossenen Vertrag handelt, bei allen Beteiligten von zutreffenden Vorstellungen über Gehalt und Sinn einer Vollstreckungsunterwerfung ausgegangen werden kann und deshalb nach ihrem übereinstimmenden Willen der Erklärungstext die Vollstreckung effektiv sollte bewirken können, mithin das Vollstreckungserfordernis ausreichender Bestimmtheit wahren sollte.

3.

Weitere Bedenken gegen den (ursprünglichen) Eintragungsantrag werden vom Grundbuchamt nicht aufgezeigt und sind aus den dem Senat übersandten Unterlagen nicht ersichtlich; aus Gründen der Vorsicht erfolgt der hiesige Beschlussausspruch gleichwohl in der eingangs niedergelegten Weise.

Ein Fall der Rechtsnachfolge – wie vom Grundbuchamt in der angefochtenen Entscheidung angesprochen – dürfte nicht vorliegen und musste weder bei der Klauselerteilung, noch bei der Zustellung berücksichtigt werden; bereits der Veräußerungsvertrag vom 8. Dezember 2015 wurde von Rechtsanwalt A… als Insolvenzverwalter geschlossen. Nach den übersandten Unterlagen kann der Senat die Vollständigkeit der zugestellten Schriftstücke nicht abschließend prüfen.

III.

Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels erübrigt sich eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ebenso wie eine Festsetzung des Geschäftswertes und ist – allein mangels Beschwer – auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht veranlasst.

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