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Eintragung begründetes aber nicht gebuchtes Sondernutzungsrecht

OLG Zweibrücken – Az.: 3 W 52/21 – Beschluss vom 27.10.2021

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer begehrt unter Bezugnahme auf die Urkunde Nr. … des Notars …, Bauträgervertrag vom xx. September 2011, die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes an dem im Aufteilungsplan „Übersichtsplan“ mit „Stellplatz SNR …“ bezeichneten Kfz-Außenstellplatz. Mit vorgenannter Urkunde wurde dieser Stellplatz der Wohneinheit Nr. … zugewiesen, deren Sondereigentümer gemäß Eintragung vom xx. März 2021 der Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger der Beteiligten zu 2. und 3. ist, die ihrerseits Rechtsnachfolger der ursprünglichen Erwerber waren.

Mit am 15. Dezember 2020 eingegangenem Antrag des beurkundenden Notars vom 11. Dezember 2020 wurde die Eintragung des zugewiesenen Sondernutzungsrechtes beantragt. Zugleich wies der Notar darauf hin, die Eintragung der Zuordnung sei bei Vollzug der o.g. Urkunde versäumt bzw. nicht beantragt worden. Nach Erteilung eines Hinweises, zu dem der Notar mit Schriftsatz vom 10. März 2021 Stellung genommen hat, hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen. In der Kaufvertragsurkunde vom xx. September 2011 seien eine Bewilligung und ein Antrag der Beteiligten auf Eintragung der Zuordnung enthalten. Der Notar habe jedoch diesen Antrag nicht gestellt, sondern lediglich mit Schreiben vom xx. November 2011 die Eintragung der Eigentumsübertragungsvormerkung und mit Schreiben vom xx. Mai 2013 die Löschung der Vormerkung und Eigentumsumschreibung. Zwischenzeitlich seien die Erben der damaligen Käufer im Grundbuch eingetragen worden. Zur Eintragung des Sondernutzungsrechtes seien nunmehr (zehn Jahre nach der erfolgten Zuordnung) die Bewilligungen sämtlicher Wohnungseigentümer und Grundpfandrechtsgläubiger vorzulegen (§ 19 GBO). Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das nicht verdinglichte Sondernutzungsrecht zwischenzeitlich an einen anderen Miteigentümer im Wege der Abtretung (§§ 398, 413 BGB) isoliert außerhalb des Grundbuchs übertragen worden sei. Eine dies ausschließende Bestimmung sei in der Teilungsanordnung nicht getroffen worden. Fehle im Eintragungsverfahren die notwendige Bewilligung von Beteiligten, liege ein unbehebbares Verfahrenshindernis vor. Der Antrag sei daher zurückzuweisen gewesen.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers. Anders als im Sachverhalt der vom Grundbuchamt für die Zurückweisung in Bezug genommenen Entscheidung (OLG München, Beschluss vom 22. Dezember 2017, Az.: 34 Wx 139/17) bestehe im streitgegenständlichen Fall gerade kein Anhaltspunkt für eine anderweitige Abtretung an ein anderes Mitglied der Eigentümergemeinschaft. Unabhängig davon sei auch die Umsetzung der geforderten Vorgaben des Grundbuchamtes praktisch nicht machbar. Bei der Wohnanlage handele es sich um einhundertzehn selbständige Einheiten, bei denen in aller Regel dinglich Berechtigte im Grundbuch eingetragen seien. Im Übrigen habe das Grundbuchamt bei der ersten Umschreibung des Wohnungseigentums aus dem Bauträgervertrag selbst die Zuordnung des Stellplatzes übersehen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss, über die der Senat gemäß §§ 72 GBO, 13a, 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG, 4 Abs. 3 Nr. 2 a) GerOrgG Rheinland-Pfalz zu entscheiden hat, ist zulässig. In der Sache ist dem Rechtsmittel der Erfolg zu versagen.

1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Grundbuchamt unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts München, Beschluss vom 22. Dezember 2017, Az.: 34 Wx 139/17, und Beschluss vom 11. Juni 2014, NotBZ 2015, 317, sowie des Senats vom 1. Juli 2013, ZWE 2013, 413, eine Bewilligung der übrigen Miteigentümer und sonstigen dinglichen Berechtigten (vgl. Demharter, Grundbuchordnung, 32. Aufl. 2021, Anh. zu § 3 GBO, Rdnr. 79, und § 19 GBO, Rdnr. 53) zur Eintragung des Sondernutzungsrechtes an dem Stellplatz „…“ für erforderlich gehalten, §§ 19 GBO, 5 Abs. 4 S. 2 WEG. Es hat zutreffend erkannt, dass eine zwischenzeitliche Übertragung des Sondernutzungsrechtes – isoliert außerhalb des Grundbuchs – auf einen anderen Miteigentümer nicht ausgeschlossen werden kann.

Nach § 19 GBO erfolgt eine Eintragung im Grundbuch, wenn derjenige sie bewilligt, der von ihr betroffen ist. Ein solches Bewilligungserfordernis besteht vorliegend nicht ohne Weiteres für die übrigen Miteigentümer. Im Wohnungsgrundbuch Blatt … ist im Zusammenhang mit den Sondereigentums- und Sondernutzungsrechten nämlich auf die Teilungserklärung vom xx. April 2011 (UR-Nr. …) Bezug genommen. Darin wurde an dem gegenständlichen Kfz-Außenstellplatz ein Sondernutzungsrecht begründet. Die Regelung ist dahingehend auszulegen, dass die übrigen Miteigentümer durch § 1 Ziff. 1. und 2. von vorneherein von der Nutzung der Stellplatzfläche ausgeschlossen waren und sind (sog. negative Komponente).

Es ist anerkannt, dass eine solche Gestaltung rechtlich unbedenklich ist, sofern und solange der dadurch Begünstigte Eigentümer einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2011, Az.: V ZR 74/11). Ob auch in den Wohnungsgrundbüchern (Bl. … bis …; Bl. … bis …) eine solche zum Ausschluss führende Bezugnahme eingetragen ist, muss nicht weiter aufgeklärt werden. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, was zu vermuten steht, führt dies nicht zu dem vom Beschwerdeführer angestrebten Ziel, dass die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes (§§ 15, 10 Abs. 3 WEG) an dem Stellplatz „…“ nunmehr vorzunehmen wäre. Dazu müsste nämlich nach den Grundsätzen der oben zitierten Rechtsprechung auch in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sein, dass zu dem im Wohnungsgrundbuch Blatt … eingetragenen Miteigentumsanteil und Sondereigentum das Sondernutzungsrecht an dem konkreten Stellplatz [weiterhin] gehört. Hieran mangelt es im vorliegenden Fall, weil eine zwischenzeitlich erfolgte Übertragung des Rechts auf einen anderen Wohnungseigentümer nicht ausgeschlossen ist. Zwar ist durch Zuweisung des Sondernutzungsrechtes an dem Stellplatz „…“ mit Urkunde Nr. … vom xx. September 2011 auch die sog. positive Komponente zur Entstehung gelangt, allerdings ohne dass eine Eintragung im Grundbuch erfolgt wäre.

Nach der oben zitierten Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt bzw. die er jedenfalls für die Konstellation des vorliegenden Falles aufrechterhält, kann der jeweilige Eigentümer das seinem Sondereigentum zugewiesene Sondernutzungsrecht nämlich regelmäßig ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer isoliert, auch ohne dass dies im Grundbuch verlautbart werden müsste, durch Abtretung nach § 398 BGB an ein anderes Mitglied der Gemeinschaft übertragen. Eine wirksame (weitere) Übertragung scheidet nach erfolgter schuldrechtlicher Übertragung aus (vgl. auch Saarl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 6. März 2018, Az.: 5 W 17/18). Als mögliche Berechtigte kommen deshalb die übrigen Miteigentümer in Betracht. Der Nachweis, dass das Sondernutzungsrecht zu der im Wohnungsgrundbuch Blatt … bezeichneten Wohnung gehört, ist nicht geführt. Im vorliegenden Fall war im Wohnungsgrundbuch Bl. … zunächst unter lfd. Nr. … die … GmbH (vormals … GmbH) als Eigentümerin eingetragen. Nach Auflassung vom xx. September 2011 wurden am xx. Mai 2013 unter lfd. Nrn. .. und .. die ursprünglichen Käufer Frau … und Herr … als Eigentümer eingetragen, am xx. Dezember 2019 unter lfd. Nr. … Frau … als Alleineigentümerin aufgrund eines Erbscheins vom xx. November 2019. Aufgrund eines Erbscheins vom xx. September 2020 wurden nachfolgend am xx. November 2020 unter lfd. … und lfd. … die hiesigen Verkäufer in Erbengemeinschaft eingetragen. Zwar wurde in dem notariellen Kaufvertrag Urkunde Nr. … vom xx. Dezember 2020 zwischen den Verkäufern und dem Beschwerdeführer (Käufer) das Sondernutzungsrecht „Stellplatz SNR …“ in Bezug genommen. Insoweit weicht der Sachverhalt, worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist, von dem Sachverhalt der Entscheidung OLG München, Beschluss vom 22. Dezember 2017, Az.: 34 Wx 139/17, teilweise ab. Gleichwohl rechtfertigt diese Abweichung kein anderweitiges Ergebnis. Das OLG München hat die Nichterwähnung des Sondernutzungsrechts ersichtlich lediglich als zusätzliches und nicht allein ausschlaggebendes Argument („insbesondere“) herangezogen.

In der Konstellation des hiesigen Falles ist eine außerhalb des Grundbuchs erfolgte Übertragung des Sondernutzungsrechts an einen anderen Wohnungseigentümer während der mehr als sieben Jahre andauernden Eigentümerstellung der Ersterwerber bzw. der Frau … jedenfalls als nicht gänzlich unwahrscheinlich zu erachten, zumal mehr als fünfzig Wohneinheiten gebildet wurden. Das Grundbuchamt darf die Eintragung deshalb (nur) vornehmen, wenn alle in Betracht kommenden Rechtsinhaber nach § 19 GBO der Eintragung beim gegenständlichen Wohnungseigentum zustimmen (vgl. Senat aaO., Rdnr. 15). Hierbei entstehende praktische Umsetzungsschwierigkeiten haben auf diese rechtliche Bewertung ebenso wenig Einfluss wie die Frage, ob und ggf. wer im Zuge der ursprünglichen Grundbucheintragungen das hier in Rede stehende Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz gemäß Urkunde Nr. … vom xx. September 2021 möglicherweise übersehen haben mag.

2. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Kostenfolge nicht veranlasst (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 u. 3 GNotKG.

3. Der Senat lässt gemäß § 78 Abs. 2 GBO mit Blick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juni 2017, Az.: 15 W 474/16, die Rechtsbeschwerde zu. Anders als der Senat im vorliegenden Fall und mehrere Oberlandesgerichte in ähnlichen Konstellationen (vgl. Zusammenstellung bei Rieger, in: DNotZ 2020, 431, Fußnoten 1 u. 2) geht das Oberlandesgericht Hamm in der genannten Entscheidung auf einen zeitlichen Interimszeitraum von dort elf Jahren nicht ein und sieht eine Eintragungsbewilligung der übrigen Eigentümer sowie der dinglich Berechtigten bei zuvor unterbliebener Eintragung des Sondernutzungsrecht nicht als nötig an. Dies wird in der Literatur vereinzelt ausdrücklich begrüßt (vgl. Entscheidungsanmerkung Falkner, in: MittBayNot 2018, 342), nachdem bereits zuvor die vorliegend vertretene Auffassung in der Literatur vereinzelt nicht als unkritisch angesehen wurde (vgl. Schmidt, in: ZWE 2012, 367, in Anm. zu OLG München, Beschluss vom 11. Mai 2012, Az.: 34 Wx 137/12).

 

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