KG Berlin – Az.: 1 W 562/16 – Beschluss vom 17.11.2016
Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 4 und 5 erteilten u.a. dem Beteiligten zu 3 am 28. Mai 2008 zu den UR Nr. T 1../2.. und T 1../2.. des Notars L. T. in M. “Generalvollmacht”, sie “in vermögensrechtlicher Hinsicht zu vertreten”. Eine entsprechende Vollmacht erteilte der Beteiligte zu 6 dem Beteiligten zu 3 am 26. Juli 2011 – UR-Nr. T 1../2.. desselben Notars. Die Vollmachten sollten “insbesondere verhindern, dass ein Betreuer für den Vollmachtgeber bestellt wird und daher auch weiter gelten, wenn der Vollmachtgeber geschäftsunfähig werden sollte”.
Am 5. Mai 2015 erklärten sich die Beteiligten zu 1 und 2 zur UR-Nr. 5../2.. des Notars Prof. Dr. J. M. in S. am I. im Rahmen einer sogenannten “Übertragungs- und Ausscheidungsvereinbarung” einig, dass das Eigentum an dem im Beschlusseingang näher bezeichneten Wohnungseigentum auf die aus den Beteiligten zu 3 bis 6 bestehende Beteiligte zu 2, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, übergehe. Für die Beteiligte zu 2 trat allein der Beteiligte zu 3 auf, der angab, zugleich auch für die Beteiligten zu 4 bis 6 auf Grund der vorgenannten Generalvollmachten, deren Vorlage in Ausfertigung der Notar bestätigte, zu handeln.
Mit Schriftsatz vom 12. August 2016 hat der mit dem Vollzug beauftragte Notar Prof. Dr. N. in B. die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligte zu 2. beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 6. Oktober 2016 unter Fristsetzung die Genehmigung der Gesellschafter der Beteiligten zu 2 erfordert. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 25. Oktober 2016, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 31. Oktober 2016 nicht abgeholfen hat.
II.
Die ausdrücklich im Namen der Beteiligten zu 1 und 2 erhobene Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Sie ist auch begründet. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht, so dass die angefochtene Zwischenverfügung nicht veranlasst war, vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.
Allerdings ist es im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt den Nachweis der Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 3 für erforderlich erachtet hat. Das folgt aus § 20 GBO, wonach im Falle der Auflassung eines Grundstücks die Eintragung nur erfolgen darf, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist. Hingegen ist die Auflassung des Eigentums von der Beteiligten zu 1 auf die Beteiligte zu 2, vgl. § 925 BGB, durch Vorlage der UR-Nr. 5./2. in genügender Form nachgewiesen. Insbesondere wirken die Erklärungen des Beteiligten zu 3 für und wider die Beteiligte zu 2, §§ 164 Abs. 1, 167 Abs. 1, 714, 709 Abs. 1 BGB.
Zur Vertretung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind regelmäßig sämtliche Gesellschafter gemeinschaftlich berufen, §§ 714, 709 Abs. 1 BGB. Die Gesellschafter können sich ihrerseits dabei durch von ihnen Bevollmächtigte vertreten lassen (BGH, MittBayNot 2011, 494, 495). Ob eine hierzu von dem Bevollmächtigten vorgelegte Vollmacht ausreicht, ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, a.a.O.; Lautner, MittBayNot 2011, 495, 496).
Bei der Auslegung von Vollmachten im Grundbuchverkehr ist wie bei der Auslegung von Grundbucheintragungen auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (Senat, Beschluss vom 26. November 2013 – 1 W 291/13 – MittBayNot 2015, 134, 135). Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH, NJW-RR 2015, 645, 646; NJW 1995, 1081,1082, Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 172; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 19, Rdn. 28).
Gemessen hieran ist die Zwischenverfügung des Grundbuchamts nicht gerechtfertigt. Zwar enthalten die dem Beteiligten zu 3 erteilten Vollmachten ihrem Wortlaut nach keinen ausdrücklichen Bezug zur Stellung der Beteiligten zu 4 bis 6 als Gesellschafter der Beteiligten zu 2. Vielmehr wird die Möglichkeit einer Beteiligung an einer solchen Gesellschaft bürgerlichen Rechts und einem Willen der Vollmachtgeber, sich insoweit von dem Beteiligten zu 3 vertreten zu lassen, in den Vollmachten nicht erwähnt. Andererseits sind die Vollmachten als “Generalvollmacht” bezeichnet worden, was bereits für eine umfassend erteilte Vertretungsmacht – bezogen auf die Vermögenssorge – spricht (L. Böttcher, DNotZ 2011, 363, 365; Lautner, a.a.O.; R. Böttcher, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., Einl E, Rdn. 26). Die von den Bevollmächtigten in “vermögensrechtlicher Hinsicht” zu besorgenden Geschäfte enthalten keinerlei Einschränkungen. Die Vollmachten erfassen damit grundsätzlich auch den beruflichen und unternehmerischen Bereich der Vertretenen (vgl. G. Müller, in: Müller/Renner, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügung in der Praxis, 4. Aufl., Rdn. 999 und 1022). Die Vollmachten sollen die Bestellung eines Betreuers für die Vollmachtgeber verhindern. Nicht zuletzt hierdurch wird deutlich, dass auch die Vertretung der Vollmachtgeber als Gesellschafter der Beteiligten zu 2 von den Vollmachten umfasst ist. Nur dann sind die Vollmachten geeignet, im Bedarfsfall eine Betreuung überflüssig zu machen (vgl. G. Müller, in: Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 3 Kap. 3, Rdn. 8). Üblicherweise werden solch umfassende Vorsorgevollmachten im engsten Familienkreis erteilt (G. Müller, a.a.O.). Auch das ist hier der Fall: die Beteiligten zu 5 und 6 sind die Kinder der miteinander verheirateten Beteiligten zu 3 und 4.