Skip to content

Zeitpunkt des Vorliegens der Bewilligungsberechtigung für Grundbucheintragung

OLG München: Grundbucheintragungen bestimmen Rangfolge – Kein Vorrang für nicht eingetragene Rechte

In dem Beschluss des OLG München – Az.: 34 Wx 24/15 – vom 19. Juni 2015 geht es um eine rechtliche Auseinandersetzung bezüglich einer Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- und Fahrtrechts, die nicht wie beabsichtigt im Grundbuch eingetragen wurde. Der Beschwerdeführer forderte die Eintragung der Grunddienstbarkeit, die er aufgrund eines Vertrags von 1979 beanspruchte. Das Gericht wies die Beschwerde zurück, da keine Unrichtigkeit des Grundbuchs vorlag.

Das Grundbuch spiegelte die materielle Rechtslage korrekt wider, da das begehrte Recht erst mit der Eintragung ins Grundbuch entsteht und die Rangfolge der Rechte durch die Reihenfolge ihrer Eintragung bestimmt wird. Zudem hatte sich die materielle Rechtslage durch die Teilung des ursprünglichen Grundstücks und die zwischenzeitliche Eintragung anderer Rechte geändert.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 34 Wx 24/15 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das OLG München hat die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Viechtach zurückgewiesen, wodurch die Anforderung einer neuen Bewilligung für die Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch bestätigt wurde.
  2. Die Grundlage der Auseinandersetzung bildet ein notarieller Überlassungsvertrag von 1979, in dem eine Grunddienstbarkeit für ein Grundstück vereinbart, jedoch bis zum Zeitpunkt der Beschwerde nicht im Grundbuch eingetragen wurde.
  3. Das Gericht stellte fest, dass keine Unrichtigkeit des Grundbuchs vorlag, da die Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht erfolgt war und somit das Recht nicht entstanden ist.
  4. Die Entscheidung betont, dass die Reihenfolge der Eintragungen im Grundbuch die Rangfolge der Rechte bestimmt und ein Verstoß gegen die Eintragungsreihenfolge die Wirksamkeit der Eintragungen nicht beeinträchtigt.
  5. Der Beschwerdeführer konnte keinen Anspruch auf eine nachträgliche Eintragung der Grunddienstbarkeit mit Vorrang vor bereits eingetragenen Rechten geltend machen, da die Zustimmung der vorrangig Berechtigten fehlte.
  6. Das Gericht wies darauf hin, dass eventuelle Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verstoßes gegen die Eintragungsreihenfolge nicht im Grundbuchverfahren geltend gemacht werden können.
  7. Das Urteil klärt, dass die Bewilligung der Rechtsnachfolger des betroffenen Grundstücks erforderlich ist, wenn sich die Eigentumsverhältnisse seit der ursprünglichen Bewilligung geändert haben.
  8. Die Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren basiert auf dem GNotKG, wobei eine Kostenentscheidung im vorliegenden Fall nicht veranlasst war.

Grundbucheintragungen und die Bedeutung rechtlicher Vollmachten

Grundbucheintragungen sind von enormer Bedeutung für das Immobilieneigentum und die damit verbundenen Rechte. Sie schaffen Rechtssicherheit und Transparenz. Oft wird die Eintragungsberechtigung durch rechtliche Vollmachten bestimmt, etwa wenn Eigentümer ihr Grundstück verkaufen oder Rechte wie Grunddienstbarkeiten einräumen. Hier stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Bewilligungsberechtigung für eine Grundbucheintragung vorliegen muss.

Besonders bei Vertragsabschlüssen, die länger zurückliegen oder bei Änderungen der Eigentumsverhältnisse, kann es zu komplexen rechtlichen Situationen kommen. Diese erfordern eine sorgfältige Prüfung, wann die Berechtigung zur Bewilligung einer Grundbucheintragung tatsächlich vorlag. Nur dann kann die gewünschte Eintragung mit der korrekten Rangfolge erfolgen.

Eintragung von Grunddienstbarkeiten: Rechtsprechung zu Bewilligung und Rangfolge

Im Zentrum eines juristischen Disputs stand der Beteiligte als Eigentümer eines Grundstücks, eingetragen durch Auflassung und Messungsanerkennung seit dem 25. August 1980. Dieses Grundstück, Flurstück 453/2, entstand durch die Teilung des ursprünglichen Grundstücks Flurstück 453. Die Vorbesitzer hatten bereits am 3. April 1979 eine Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- und Fahrtrechts zugunsten des Eigentümers der Vertragsfläche eingeräumt. Diese Vereinbarung, dokumentiert in einem notariellen Überlassungsvertrag, beinhaltete auch den Antrag zur Eintragung der Grunddienstbarkeit im Grundbuch, gekennzeichnet durch eine farblich hervorgehobene Planskizze.

Die Grunddienstbarkeit: Eine unvollendete Eintragung

Der Notar, der den Überlassungsvertrag präsentierte, beantragte zunächst nur die Auflassungsvormerkung. Erst später, im September 1980, erfolgte ein Antrag auf umfassende Grundbucheinträge, darunter die Auflassung, die Grundschuld und die Dienstbarkeit. Obwohl andere Rechtsänderungen umgesetzt wurden, blieb die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts aus. Diese Lücke führte zu weiteren Komplikationen, als das ursprüngliche Grundstück erneut geteilt wurde und der Ausübungsbereich des Rechts nun auf einem neuen Flurstück lag, das in den Besitz eines Nachfahren der ursprünglichen Eigentümer überging.

Rechtliche Auseinandersetzungen und Anträge

Im November 2014 beantragte der Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs, um die Grunddienstbarkeit offiziell einzutragen, was die Feststellung der Unrichtigkeit des Grundbuchs implizierte. Das Grundbuchamt forderte daraufhin eine Bewilligung der neuen Eigentümer des dienenden Grundstücks oder ein entsprechendes Urteil. Die Behörde lehnte den Antrag schließlich ab, da die angeforderten Dokumente nicht vorgelegt wurden. Daraus resultierte eine Beschwerde des Beteiligten, die sich gegen die Entscheidung und die geforderte Bewilligung richtete. Er argumentierte, das Grundbuch spiegele nicht seine Rechtsposition wider, die er durch den Vertrag von 1979 erlangt hatte.

Die Entscheidung des OLG München

Das OLG München wies die Beschwerde zurück. Die Richter erklärten, dass das Grundbuch die materielle Rechtslage korrekt widerspiegele. Eine Eintragung des Geh- und Fahrtrechts erfolgte nicht, und demnach sei das Grundbuch nicht unrichtig. Sie betonten, dass die Rangfolge der Rechte durch die Reihenfolge ihrer Eintragung bestimmt wird und nicht durch die zeitliche Abfolge der Antragsstellung. Der Beteiligte hätte, selbst bei Annahme eines gestellten Antrags, keinen Anspruch auf nachträgliche Eintragung mit Vorrang vor bereits registrierten Rechten, da die Zustimmung der vorrangig Berechtigten fehlte.

Schlüsselaspekte und juristische Prinzipien

Die Entscheidung unterstreicht wichtige Aspekte des Grundbuchrechts, insbesondere die Bedeutung der Eintragung für die Entstehung von Rechten und die Notwendigkeit einer Bewilligung durch aktuelle Eigentümer bei Eigentumswechsel. Des Weiteren verdeutlicht sie, dass Verstöße gegen die Eintragungsreihenfolge keine Unrichtigkeit des Grundbuchs begründen und höchstens Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können.

In diesem komplexen Fall bestätigt das OLG München die Bedeutung der akkuraten und vollständigen Dokumentation und Eintragung im Grundbuch sowie die Notwendigkeit, die Zustimmung aller beteiligten Parteien bei Änderungen der Eigentumsverhältnisse sicherzustellen. Das Urteil klärt, dass ohne die entsprechende Bewilligung der Rechtsnachfolger oder ein Urteil, das diese ersetzt, keine Berichtigung des Grundbuchs zu Gunsten älterer, nicht eingetragener Rechte erfolgen kann.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was ist eine Grunddienstbarkeit und welche Rechte beinhaltet sie?

Eine Grunddienstbarkeit ist eine im deutschen Sachenrecht (§§ 1018 ff. BGB) verankerte Belastung eines Grundstücks zugunsten des Eigentümers eines anderen Grundstücks. Sie ermöglicht es dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks, das dienende Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen oder bestimmte Handlungen darauf vorzunehmen bzw. zu unterlassen. Die Grunddienstbarkeit wird im Grundbuch des dienenden Grundstücks eingetragen und bleibt auch bei einem Eigentümerwechsel bestehen. Die Rechte, die durch eine Grunddienstbarkeit eingeräumt werden können, sind vielfältig. Häufige Beispiele sind:

  • Wegerecht: Das Recht, über ein fremdes Grundstück zu gehen oder zu fahren, um das eigene Grundstück zu erreichen.
  • Leitungsrecht: Das Recht, Leitungen (z.B. für Wasser, Strom oder Gas) über oder unter einem fremden Grundstück zu verlegen und zu unterhalten.
  • Bebauungsbeschränkungen: Einschränkungen hinsichtlich der Art und Weise, wie das dienende Grundstück bebaut werden darf, um beispielsweise die Sicht oder den Lichteinfall auf das herrschende Grundstück nicht zu beeinträchtigen.
  • Überbaurecht: Das Recht, mit einem Bauwerk über die Grenze des eigenen Grundstücks hinaus auf das Nachbargrundstück zu bauen.

Die Einrichtung einer Grunddienstbarkeit erfolgt durch eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Grundstückseigentümern und muss notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Die Grunddienstbarkeit kann sowohl dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks bestimmte Nutzungsrechte einräumen als auch den Eigentümer des dienenden Grundstücks zu bestimmten Duldungen oder Unterlassungen verpflichten.

Eine Grunddienstbarkeit kann unter bestimmten Umständen erlöschen, beispielsweise wenn sie zeitlich befristet war oder durch eine bauliche Veränderung nicht mehr erforderlich ist. Die Löschung einer Grunddienstbarkeit aus dem Grundbuch erfordert jedoch die Zustimmung des Eigentümers des herrschenden Grundstücks. In der Praxis spielen Grunddienstbarkeiten eine wichtige Rolle, um die Nutzung und den Zugang zu Grundstücken zu regeln, insbesondere in Fällen, in denen Grundstücke nicht direkt an öffentliche Wege angrenzen oder spezielle Nutzungsrechte erforderlich sind.

Welche rechtlichen Mittel stehen zur Verfügung, wenn eine Grunddienstbarkeit nicht eingetragen wurde?

Wenn eine Grunddienstbarkeit nicht im Grundbuch eingetragen wurde, besteht sie rechtlich dennoch, wenn die dafür erforderlichen Vereinbarungen getroffen wurden. Die Bewilligung für die Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit geht durch fehlende Eintragung im Grundbuch nicht unter. Das bedeutet, dass die Rechte aus der Grunddienstbarkeit grundsätzlich bestehen, auch wenn sie nicht eingetragen sind.

Um die Rechte aus einer nicht eingetragenen Grunddienstbarkeit durchzusetzen, können folgende rechtliche Mittel in Betracht kommen:

  • Eintragungsbewilligung: Der Eigentümer des dienenden Grundstücks kann die Eintragung der Grunddienstbarkeit bewilligen. Ist die Bewilligung erteilt, aber die Eintragung versehentlich unterblieben, kann der Berechtigte die Eintragung nachholen lassen.
  • Besitzschutz: Wenn der Berechtigte bereits von der Grunddienstbarkeit Gebrauch macht, kann er sich auf den Besitzschutz berufen, um die Nutzung fortzusetzen.
  • Vertragliche Ansprüche: Wenn die Grunddienstbarkeit aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung besteht, können daraus resultierende Ansprüche zivilrechtlich durchgesetzt werden, auch ohne Eintragung im Grundbuch.
  • Einstweilige Verfügung: Bei einer drohenden Beeinträchtigung der Rechte aus der Grunddienstbarkeit kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden, um die Rechte vorläufig zu sichern.
  • Klage auf Eintragung: Der Berechtigte kann Klage auf Eintragung der Grunddienstbarkeit im Grundbuch erheben, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen und der Eigentümer des dienenden Grundstücks die Eintragung verweigert.
  • Rechtshängigkeitsvermerk: In bestimmten Fällen kann ein Rechtshängigkeitsvermerk im Grundbuch eingetragen werden, um die Rechte des Berechtigten zu sichern, während ein gerichtliches Verfahren anhängig ist.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Durchsetzung der Rechte aus einer nicht eingetragenen Grunddienstbarkeit komplex sein kann und von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt. In solchen Fällen ist es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, um die beste Vorgehensweise zu bestimmen.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 873 Abs. 1 BGB: Regelung zur rechtsgeschäftlichen Belastung eines Grundstücks. Für die Eintragung einer Grunddienstbarkeit ist neben der Einigung auch die Eintragung ins Grundbuch notwendig. Dieser Paragraph ist zentral, da im vorliegenden Fall die Eintragung der Grunddienstbarkeit ausblieb und somit das Recht nicht entstand.
  • § 22 GBO: Verfahren der Grundbuchberichtigung bei Unrichtigkeit des Grundbuchs. Die Berufung auf diesen Paragraphen im Beschwerdeverfahren zeigt die Problematik auf, wenn ein Recht im Grundbuch nicht wie vorgesehen eingetragen ist.
  • § 53 GBO: Regelung über die Eintragung eines Amtswiderspruchs bei nachgewiesener Unrichtigkeit des Grundbuchs. Die Erwähnung im Kontext deutet auf die Schwierigkeit hin, ohne die notwendigen Voraussetzungen einen solchen Widerspruch einzutragen.
  • § 899 BGB: Möglichkeit eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs. Dies unterstreicht die Optionen, die Beteiligten zur Verfügung stehen, wenn die materielle Rechtslage nicht mit dem Grundbuchinhalt übereinstimmt.
  • § 879 Abs. 1 BGB: Bestimmungen über das Rangverhältnis von Rechten an Grundstücken. Im beschriebenen Fall ist relevant, dass die Rangordnung der Rechte durch ihre Eintragung im Grundbuch festgelegt wird, was für den Beteiligten nachteilige Folgen hatte.
  • § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG: Anspruchsgrundlage für Schadensersatz bei Amtspflichtverletzung. Obwohl nicht direkt anwendbar im Grundbuchverfahren, weist diese Rechtsnorm auf mögliche Schadensersatzansprüche hin, die aus der fehlerhaften Handhabung von Eintragungsanträgen resultieren können.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 34 Wx 24/15 – Beschluss vom 19.06.2015

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Viechtach vom 8. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte ist aufgrund Auflassung und Messungsanerkennung vom 25.8.1980 als Eigentümer eines Grundstücks (FlSt 453/2), welches durch Teilung aus dem Stammgrundstück FlSt 453 (alt) hervorgegangen ist, im Grundbuch eingetragen. In dem zugrundeliegenden notariellen Überlassungsvertrag vom 3.4.1979 (Ziff. XV.) bestellten die Veräußerer zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Vertragsfläche und zulasten des Restgrundstücks eine Grunddienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht), deren Ausübungsbereich in der der Urkunde beigehefteten Planskizze farblich markiert ist. Zugleich bewilligten und beantragten sie gemäß Ziff. XV. der Urkunde die Eintragung der Grunddienstbarkeit im Grundbuch.

Nachdem der Urkundsnotar unter Vorlage des Überlassungsvertrages am 4.4.1979 zunächst nur um die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch nachgesucht hatte, wurde am 8.9.1980 unter Verwendung eines Formblattes und Vorlage weiterer Urkunden, unter anderem der Urkunde vom 25.8.1980 über die Messungsanerkennung und Auflassung der Vertragsfläche, der Vollzug der „Auflassung“, „Freigabe“, „Grundschuld“, „Dienstbarkeit“ sowie der „gestellten Anträge“ beantragt.

Mit Ausnahme der Grundstücksbelastung durch das Geh- und Fahrtrecht sind die Rechtsänderungen im Grundbuch eingetragen.

Inzwischen wurde das ehemalige Stammgrundstück (Restgrundstück) erneut geteilt. Der Ausübungsbereich des mit Vertrag vom 3.4.1979 bestellten Geh- und Fahrtrechts befindet sich nun auf dem FlSt 453/3 (neu), welches aufgrund Überlassungsvertrag vom 19.5.1995 und Auflassung sowie Messungsanerkennung vom 29.10.1997 seit 13.11.1997 einem Abkömmling der früheren Eigentümer des Stammgrundstücks gehört.

Der Beteiligte beanstandete am 7.11.2014 den fehlenden Eintrag der Grunddienstbarkeit und beantragte Grundbuchberichtigung sowie Eintragung der Grunddienstbarkeit. Zumindest sei ein Widerspruch im Grundbuch einzutragen, da der Inhalt des Grundbuchs infolge der unterbliebenen Eintragung unrichtig sei.

Mit Zwischenverfügung vom 28.11.2014 setzte das Grundbuchamt dem Beteiligten eine Frist zur Beibringung einer Bewilligung der Rechtsnachfolger im Eigentum des Grundstücks FlSt 453/3, alternativ eines die Bewilligung ersetzenden rechtskräftigen Urteils. Trotz nachgewiesener Unrichtigkeit des Grundbuchs komme die Eintragung eines Amtwiderspruchs nach § 53 GBO oder eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs nach § 899 BGB nicht in Betracht, weil die hierfür erforderlichen weiteren Voraussetzungen nicht vorlägen.

Nachdem sich der Beteiligte mit rechtlichen Erwägungen gegen die Erforderlichkeit der angeforderten Unterlagen ausgesprochen hatte, hat das Grundbuchamt vor Ablauf der bis 28.12.2014 gesetzten Frist das Begehren des Beteiligten mit Beschluss vom 8.12.2014 unter Bezugnahme auf die Zwischenverfügung wegen unterbliebener Behebung der Eintragungshindernisse zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, mit der er die Entscheidung des Grundbuchamts als verfrüht beanstandet. Außerdem ist er der Meinung, das Grundbuch sei in Ansehung seiner dort nicht verlautbarten, aber mit Bestellungsurkunde vom 3.4.1979 erworbenen Rechtsposition unrichtig, weshalb es durch Nachholung der Eintragung unabhängig vom Vorliegen einer Bewilligung der Rechtsnachfolgerin zu berichtigen sei. Letztere sei ohnehin als erbrechtliche Nachfolgerin an die von den Voreigentümern erklärte Bewilligung gebunden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde am 7.1.2015 nicht abgeholfen.

Zu notarieller Urkunde vom 13.1.2015 bestellte die Eigentümerin des dienenden Grundstücks (FlNr 453/3) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlSt 453/2 eine Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt gemäß der Vorurkunde vom 3.4.1979. Die Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs wurde am 23.2.2015 antragsgemäß an nächstoffener Rangstelle vollzogen. Weil diesem Recht die zwischenzeitlich in Abteilung III des Grundbuchs vorgenommenen Eintragungen vorgehen und zudem Gläubiger die Zwangsversteigerung des dienenden Grundstücks betreiben, hält der Beteiligte an seiner Beschwerde fest; denn das nun nachrangig eingetragene Recht werde mit der Zuschlagserteilung wieder gelöscht werden. Dem Recht stehe aber – zumindest als Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution – der Vorrang zu.

II.

Das statthafte Rechtsmittel des Beteiligten ist als Beschwerde nach § 71 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, § 73 GBO, § 10 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FamFG hinsichtlich des Hauptantrags (Eintragung der Grunddienstbarkeit als vorrangiges Recht) unbeschränkt und hinsichtlich des Hilfsantrags (Eintragung eines Amtswiderspruchs bzw. eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs) insoweit zulässig, als er behauptet, dass ihm die Eintragung des begehrten Widerspruchs zugute käme.

Die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts am 23.2.2015 führt nicht zur Erledigung des Rechtsmittels. Denn das Beschwerdevorbringen ist ersichtlich darauf gerichtet, der Eintragung des Geh- und Fahrtrechts an besserer Rangstelle zum Erfolg zu verhelfen oder zumindest die Eintragung eines Widerspruchs gegen die gegenwärtige nachrangige Darstellung im Grundbuch zu erreichen.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Den Anträgen auf Eintragung der Grunddienstbarkeit im Rang vor den inzwischen eingetragenen weiteren Grundstücksbelastungen und hilfsweise auf Eintragung eines Amtswiderspruchs ist mangels Zustimmung der vorrangig Berechtigten und mangels Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht zu entsprechen, so dass es bei der Antragszurückweisung verbleibt.

1. Sowohl die begehrte Eintragung im Wege der Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO als auch die angeregte Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 GBO und ebenso die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs gemäß § 899 BGB setzen eine Unrichtigkeit des Grundbuchs voraus. Unrichtig ist das Grundbuch, wenn sein Inhalt mit der materiellen Rechtslage in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung im Sinne von § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht im Einklang steht (§ 894 BGB; OLG Frankfurt vom 11.9.2014, 20 W 222/14, juris; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 356; Palandt/Bassenge BGB 74. Aufl. § 894 Rn. 2). Daran fehlt es hier; die im Grundbuch verlautbarten Rechte und deren Rangverhältnisse (vgl. § 879 BGB) entsprechen – soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung – der materiellen Rechtslage. Auf die übrigen Voraussetzungen der oben genannten Normen ist daher nicht weiter einzugehen.

a) Dahinstehen kann, ob der Notar für die damaligen Beteiligten am 8.9.1980 einen Antrag auf Eintragung des zu Urkunde vom 3.4.1979 bestellten Geh- und Fahrtrechts gestellt hat. Dies erscheint jedenfalls nicht zweifelsfrei, denn der hierfür allein in Betracht kommende Eintragungsantrag vom 8.9.1980 nimmt seinem Wortlaut nach nur mittelbar über die Messungsanerkennung Bezug auf die Urkunde vom 3.4.1979 und die dort erklärte Eintragungsbewilligung. Selbst wenn allerdings von einem gestellten Eintragungsantrag auszugehen wäre, wurde weder infolge des ausgebliebenen grundbuchlichen Vollzugs noch infolge des dann entgegen § 17 GBO vorgenommenen Vollzugs später beantragter Grundstücksbelastungen, insbesondere zugunsten von Grundschuldgläubigern, das Grundbuch unrichtig.

b) Gemäß § 873 Abs. 1 BGB setzt die rechtsgeschäftliche Belastung eines Grundstücks mit einem Recht – hier mit einer Grunddienstbarkeit in Gestalt eines Geh- und Fahrtrechts (§ 1018 BGB) – neben der Einigung der Vertragsparteien über die Rechtsänderung auch deren Eintragung in das Grundbuch voraus. Vor vollzogener Eintragung sind die Beteiligten zwar unter den Voraussetzungen des § 873 Abs. 2 BGB an ihre Erklärungen gebunden mit der Folge, dass sie sich von der Einigung nicht mehr durch einseitige Abstandnahme lösen können. Dies ändert aber nichts daran, dass das Recht erst mit der konstitutiven Eintragung im Grundbuch entsteht und somit das Grundbuch durch eine Unterlassung der Eintragung nicht unrichtig wird (BayObLG Rpfleger 1980, 476 zur Bestellung eines Geh- und Fahrtrechts; Kohler in Bauer/v. Oefele GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 38).

c) Auch das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet wird, bestimmt sich nicht nach der Reihenfolge des Antragseingangs, sondern gemäß § 879 Abs. 1 BGB nach dem Datum der vollzogenen Eintragung. Zwar sind nach der Ordnungsvorschrift des § 17 GBO gerade mit Blick auf die materiell-rechtliche Bedeutsamkeit des Eintragungsdatums die dasselbe Recht betreffenden Eintragungsanträge in der Reihenfolge ihres Eingangs beim Grundbuchamt zu erledigen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift, sollte sie hier zu bejahen sein, berührt jedoch die Wirksamkeit der vorgenommenen Eintragungen nicht. Das durch die Eintragungsabfolge im Grundbuch ausgewiesene Rangverhältnis stimmt daher mit der materiellen Rechtslage überein (BayObLG Rpfleger 1995, 16; FGPrax 2009, 255; Wilke in Bauer/v. Oefele § 17 Rn. 27; Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. § 17 Rn. 24; Demharter GBO 29. Aufl. § 17 Rn. 17; Hügel/Zeiser GBO 2. Aufl. § 17 Rn. 35).

d) Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil der Beteiligte gemäß § 873 Abs. 2 BGB mit Antragstellung der aus der Dienstbarkeit Verpflichteten eine Anwartschaft (hierzu im Einzelnen: BGHZ 45, 187/190 f.) auf ein gegenüber den Grundschuldberechtigten vorrangiges Geh- und Fahrtrecht erworben hätte. Dass sich sein Anwartschaftsrecht infolge eines – möglichen – Verstoßes gegen § 17 GBO nicht verwirklicht hat, macht das Grundbuch nicht unrichtig, sondern kann allenfalls Schadensersatzansprüche begründen (BayObLG Rpfleger 1995, 16/17 und Rpfleger 1998, 334; Wilke in Bauer/v. Oefele § 17 Rn. 27; Meikel/Böttcher § 17 Rn. 24; Demharter § 17 Rn. 17; Hügel/Zeiser § 17 Rn. 35).

2. Vollzugsreife eines – unterstellten – Eintragungsantrages vom 8.9.1980 besteht auch im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht und könnte zudem dem Begehren des Beschwerdeführers nicht zum Erfolg verhelfen.

War am 8.9.1980 ein Antrag auf Eintragung des zu Urkunde vom 3.4.1979 bestellten und zur Eintragung bewilligten Geh- und Fahrtrechts gestellt, so war dieser nach wie vor nicht vollzogene Antrag zwar bis zu der mit der Beschwerde angegriffenen Zurückweisung noch unerledigt (BGHZ 45, 186/191). Eine Aufhebung der Zurückweisung, welche das Wiederaufleben des Eintragungsantrags zur Folge hätte, kommt jedoch nicht in Betracht, weil die Eintragungsbewilligung der Betroffenen insoweit weiterhin nicht vorliegt und das Beschwerdeziel, die Einräumung des Vorrangs, auch rekurrierend auf einen etwaigen Antrag vom 8.9.1980 nicht erreicht werden kann.

a) Für den Vollzug des – unterstellt – am 8.9.1980 gestellten Eintragungsantrags ist nach Eigentumswechsel die Bewilligung der Rechtsnachfolgerin als der von der Eintragung nun unmittelbar Betroffenen (§ 19 GBO) erforderlich, denn die Bewilligungsberechtigung muss noch in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem die Eintragung des Rechts stattfindet (BayObLG Rpfleger 1980, 476; Demharter § 19 Rn. 44). In die Eintragungsbewilligung ihrer Rechtsvorgänger ist die Betroffene nicht im Wege der Universalsukzession „eingetreten“, weil sie ausweislich der Notarsurkunde über die rechtsgeschäftliche Übertragung nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der bewilligenden Rechtsvorgänger bzw. deren Gesamtrechtsnachfolgers geworden ist (vgl. auch BayObLG Rpfleger 1998, 334 für den Erwerb von Alleineigentum im Wege der Erbauseinandersetzung). Anstelle einer auf die Urkunde vom 3.4.1979 bezogenen Bewilligung der Betroffenen liegt nun deren Eintragungsbewilligung vor, die sich auf das im Laufe des Beschwerdeverfahrens neu bestellte Geh- und Fahrtrecht bezieht.

b) Ohnehin aber kann dem Recht des Beteiligten selbst bei Vorliegen einer auf die Bestellungsurkunde vom 3.4.1979 abstellenden Bewilligung kein Vorrang vor den in der Zwischenzeit eingetragenen Rechten eingeräumt werden; denn die hierfür gemäß § 880 BGB, § 19 GBO erforderlichen Rangrücktrittserklärungen von Betroffenen, namentlich der vorrangig berechtigten Grundschuldgläubiger, liegen nicht vor.

3. Ein Verstoß gegen § 17 GBO kann zwar einen Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG zur Folge haben. Ein solcher Anspruch kann jedoch nicht im Grundbuchverfahren geltend gemacht werden. Insbesondere hat das Grundbuchamt keine Handhabe, um zulasten der vorrangig Berechtigten Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution zu gewähren.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren und die Bestimmung des Geschäftswerts beruhen auf § 79 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 36 Abs. 3 GNotKG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Wie können wir Ihnen helfen?

Gerne können uns Ihr Anliegen in einem persönlichen Gespräch in unseren Kanzleiräumen in Kreuztal, bei einem Hausbesuch bei Ihnen, in einem persönlichen Telefonat oder auch per E-Mail schildern.

Möchten Sie einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt und Notar Dr. Gerd Christian Kotz vereinbaren? Sie können mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Kanzlei Beurkundungstermine oder Besprechungstermine per Email, Telefon oder Telefax vereinbaren.

Notar Dr. Kotz - Beratung

Rechtstipps und Ratgeber

Interessante Urteile mit notarieller Relevanz

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!