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Vormerkungsfähigkeit der Übertragung eines ideellen Bruchteils eines Grundstücksanteils

OLG München – Az.: 34 Wx 53/12 – Beschluss vom 23.04.2012

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts München -Grundbuchamt – vom 1. Februar 2012 insoweit aufgehoben, als der Antrag auf Vollzug der Auflassung des Beteiligten zu 1 an die Beteiligte zu 3 und die Eintragung einer Vormerkung für den Beteiligten zu 1 zurückgewiesen wurde. Insofern wird das Amtsgericht München – Grundbuchamt – angewiesen, die beantragte Eintragung vorzunehmen.

II. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Die Beteiligten tragen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus einem Geschäftswert von 120.000 €.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde, zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2, zu je 1/2 Miteigentümer eines Grundstücks, sind die Eltern der Beteiligten zu 3. Dieser überließen sie mit notarieller Urkunde vom 12.12.2011 je einen Miteigentumsanteil von 4/10 an dem Grundstück und erklärten die Auflassung. In Ziff. VI. der Urkunde vereinbarten sie mit der Beteiligten zu 3 ein Rückforderungsrecht dergestalt, dass beide Elternteile unabhängig voneinander unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt sein sollten, die Rückübereignung des jeweiligen Miteigentumsanteils zu verlangen. Zur Sicherung des jeweils begründeten bedingten Übereignungsanspruchs der Beteiligten zu 1 und 2 wurde die Eintragung je einer Auflassungsvormerkung hinsichtlich des jeweiligen 4/10 Anteils im Gleichrang untereinander bewilligt.

Mit Schreiben vom 23.12.2011 hat der Notar hilfsweise beantragt, die Urkunde in der Weise zu vollziehen, dass zunächst nur die Überlassung des dem Beteiligten zu 1 zustehenden Bruchteils an die Beteiligte zu 3 mit der Eigentumsvormerkung für diesen eingetragen werden solle und anschließend dann die Überlassung durch die Beteiligte zu 2 samt Rückauflassungsvormerkung.

Das Grundbuchamt hat diese Eintragungsanträge mit Beschluss vom 1.2.2012 zurückgewiesen, da eine Belastung ideeller Bruchteile bei Eigentumsvormerkungen nicht möglich sei, sondern _ bei gemeinsamer Eintragung – nur der gesamte neu gebildete Anteil belastet werden könne. Bei einem Teilvollzug sei zwar die Vormerkung hinsichtlich eines Bruchteils für den zuerst übertragenen Anteil eintragbar. Nach Eintragung der Übertragung des zweiten Bruchteils sei aber nur der gesamte, dann bestehende Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 3 mit der Vormerkung zu belasten.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beteiligten im notariellen Beschwerdeschreiben vom 6.2.2012. Die Beteiligte zu 3 würde die Miteigentumsanteile schon belastet erwerben, so dass die Rückauflassungsvormerkung auch nur hinsichtlich des Bruchteils einzutragen sei.

Der Beschwerde hat das Amtsgericht am 21.2.2012 nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist nach §§ 11 Abs. 1 RpflG in Verbindung mit § 71 Abs. 1, § 73 GBO statthaft und vom Notar namens aller drei Beteiligten als Antragsberechtigten – wenn auch nicht namentlich bezeichnet (vgl. Demharter GBO 28. Aufl. § 15 Rn. 20) – in zulässiger Weise eingelegt (§ 15 Abs. 2 GBO).

1. Soweit mit der Beschwerde der ursprüngliche Antrag auf gleichzeitigen Vollzug der Auflassungen und Vormerkungen verfolgt wird, hat diese keinen Erfolg; denn durch Übertragung des jeweiligen 4/10-Miteigentumsanteils an die Beteiligte zu 3 entsteht bei dieser ein einheitlicher Miteigentumsanteil zu 8/10, von dem nicht ein nur ideeller Bruchteil mit einer Rückauflassungsvormerkung gesichert werden kann.

a) Ob der Eigentümer einen Bruchteil seines Grundstücksanteils mit einer Eigentumsvormerkung belasten darf, ist im Gesetz nicht geregelt. §§ 1095, 1106, 1114 BGB bestimmen für das dingliche Vorkaufsrecht, die Reallast und die Hypothek, dass die Belastung eines Bruchteils nur möglich ist, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Bei weiteren Grundstücksrechten, bei denen, ebenso wie für die Vormerkung als einem mit dinglicher Wirkung ausgestaltetem Sicherungsmittel eigener Art (Palandt/Bassenge BGB 71. Aufl. § 883 Rn. 2), eine gesetzliche Regelung fehlt, wird die Frage, ob die Belastung eines ideellen Anteils des Eigentums möglich ist, unterschiedlich beantwortet. Für (Grund-) Dienstbarkeiten (vgl. BGHZ 36, 187/189) oder das Erbbaurecht (vgl. Palandt/Bassenge § 1 ErbbauRG § 1 Rn. 1) wird sie in der Regel verneint, während beim Nießbrauch die Belastung eines ideellen Anteils durch den Alleineigentümer für zulässig erachtet wird (BayObLGZ 1930, 342). In Rechtsprechung und Literatur wird im Übrigen allgemein die Ansicht vertreten, dass grundsätzlich nicht die Möglichkeit einer Vorratsteilung zum Zweck der Bildung von Miteigentum – anders als im WEG – besteht (BGH Rpfleger 1968, 114/115; Staudinger/Gursky BGB Bearb. 2006 § 1010 Rn. 3). Dementsprechend hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (MittBayNot 1976, 137) für die Vormerkung entschieden, dass der Alleineigentümer einen ideellen Bruchteil des Grundstücks rechtsgeschäftlich nicht mit einer Eigentumsvormerkung belasten kann (so auch Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 1502).

b) Dem folgt auch der Senat. Die Bestimmungen der §§ 1095, 1106, 1114 BGB bilden Ausnahmen. Sie beruhen letztlich auf Zweckmäßigkeitserwägungen (vgl. BayObLGZ 1918, 161/163; OLG Düsseldorf MittBayNot 1976, 137). Ihnen liegt der gesetzgeberische Wille zugrunde, eine gesonderte Belastung von ideellen Grundstücksteilen nur zuzulassen, wenn diese verselbstständigt sind. Hierdurch soll größtmögliche Klarheit und Übersichtlichkeit des Grundbuchs gewährleistet werden. Für diese Sichtweise spricht insbesondere auch die formelle Vorschrift des § 28 Satz 1 GBO, die die notwendige Bestimmtheit der maßgeblichen Erklärungen und der sich daran anschließenden Eintragung gewährleisten soll (Meikel/Böhringer GBO 10. Aufl. § 28 Rn. 1) und sich auch auf Miteigentumsanteile erstreckt (Meikel/Böhringer § 28 Rn. 43/44).

Auch wenn für den Nießbrauch aus dem Fehlen von mit § 1095, 1106, 1114 BGB vergleichbaren Bestimmungen der Schluss gezogen wird, dass der Alleineigentümer einen Bruchteil seines Grundstücks belasten kann (vgl. BayObLGZ 1930, 342), lässt sich dies nicht verallgemeinern. Sonstige Ausnahmen (vgl dazu Maaß in Bauer/von Oefele GBO 2. Aufl. § 7 Rn. 16 ff.) betreffen vor allem den Fall, dass ein Bruchteilseigentümer einen Restbruchteil hinzuerwirbt (vgl. BayObLG MittBayNot 1996, 108; Meikel/Böttcher § 7 Rn. 63). Hier bleiben bereits vorhandene Belastungen bestehen und beziehen sich nach dem Rechtsübergang auf fiktive Anteile eines einheitlichen Rechts.

Vorliegend wird kein belasteter Bruchteil auf die Beteiligte zu 3 übertragen. Dies ist auch nicht möglich, da eine Eigenvormerkung nicht zulässig ist. Die Belastung erfolgt nach Maßgabe des Hauptantrags daher erst nach Vereinigung der Bruchteile zu einem einheitlichen Grundstücksanteil, der der Beteiligten zu 3 zusteht.

2. Die Bedingung für den nur hilfsweise gestellten Antrag auf Teilvollzug ist damit eingetreten. Eine Übertragung des Anteils des Beteiligten zu 1 auf die Beteiligte zu 3 kann – wie letztlich auch das Grundbuchamt feststellt – vollzogen werden. Mit Übergang des Eigentumsanteils von 4/10 auf die Beteiligte zu 3 kann diese an dem Anteil eine Vormerkung bestellen.

3. Allerdings kann dann nach weiterer Übertragung des 4/10-Anteils der Beteiligten zu 2 auf die Beteiligte zu 3 keine Vormerkung nur hinsichtlich des damit übertragenen Anteils für die Beteiligte zu 2 erfolgen.

a) Mit Eintragung des Eigentums auch hinsichtlich dieses Anteils am Grundstück entsteht bei der Beteiligten zu 3 ein einheitlicher Miteigentumsanteil von 8/10. Wie oben dargestellt kann nach allgemeiner Ansicht ein ideeller Anteil – von hier 4/10 – am Grundstück (-santeil) nicht mit einer Vormerkung belastet werden.

b) Diesem Ergebnis steht auch die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20.10.2004 (BayObLGZ 2005, 285) nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob sich der Senat ihr anschließen würde, die den Sonderfall der Belastung eines ideellen Bruchteils mit einer Vormerkung betrifft. Es handelt sich dort um einen Ausnahmefall, in dem der Zuerwerb eines Miteigentumsanteils zu einem schon mit einer Vormerkung belasteten Anteil erfolgt war und die Rückauflassungvormerkung demselben Vormerkungsberechtigten bestellt werden sollte. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar.

Eventuellen Schwierigkeiten, die bei Belastung des gesamten Grundstücks mit einer Eigentumsvormerkung für die Sicherung der Rückübertragung eines Bruchteils auftreten, kann im Übrigen durch entsprechende obligatorische Vereinbarungen begegnet werden.

III.

Eine Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG und bezieht sich auf den zurückgewiesenen Teil der Beschwerde. Im Übrigen bedarf es keiner ausdrücklichen Kostenentscheidung (siehe § 131 Abs. 3 KostO).

Die Festsetzung des Geschäftswerts – wiederum nur bezogen auf den zurückgewiesenen Teil – beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 KostO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen vor; es handelt sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, § 78 Abs. 2 Nr. 1 GBO, weil die Frage, inwieweit ideelle Miteigentumsanteile selbständig belastbar sind, höchstrichterlich ungeklärt ist.

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