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Grundbuchberichtigung nach dem Tod eines Gesellschafters einer Zweipersonen-GbR

OLG Dresden – Az.: 17 W 1272/10 – Beschluss vom 12.04.2011

Die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts Leipzig – Grundbuchamt – vom 09.09.2010 und vom 21.09.2010 betreffend das Grundbuch von …, Blatt … und Blatt …, werden aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den in den Zwischenverfügungen bezeichneten Bedenken gegen die beantragte Eintragung nach Maßgabe der folgenden Gründe Abstand zu nehmen.

Gründe

I.

Die Beteiligte und ihr verstorbener Ehemann sind in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer der im Grundbuch von … auf den Blättern … und … vorgetragenen Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Der privatschriftliche Gesellschaftsvertrag (GA 222) enthält unter der Überschrift „Eintritt Vermächtnisnehmer“ folgende Klausel: „Jeder Gesellschafter kann seine Nachkommen als Erben oder Vermächtnisnehmer zu Gesellschaftern dieser Gesellschaft einsetzen“. Nach dem Tod des Ehemanns schlug die auf Grund des Testaments vom 20.12.2006 allein erbende Beteiligte am 25.06.2010 die Erbschaft aus, so dass der Ehemann von den beiden Kindern beerbt wurde. In notarieller Urkunde vom gleichen Tage übertrugen die beiden Erben den Gesellschaftsanteil des Verstorbenen auf die Beteiligte. Dieser hatte der Ehemann am 16.09.1975 eine Generalvollmacht erteilt, die nicht mit dem Tod des Vollmachtgebers erlöschen sollte (GA 215).

 

Mit am 02.09.2010 beim Grundbuchamt Leipzig eingegangenen, vom Notariat S. beglaubigtem Schreiben beantragte und bewilligte die Beteiligte als Generalbevollmächtigte ihres verstorbenen Ehemanns die Berichtigung der Grundbücher dahingehend, dass sie als Alleineigentümerin einzutragen sei. Beigefügt waren eine beglaubigte Abschrift der Generalvollmacht, deren Ausfertigung dem Notariat S. vorgelegen hatte.

Mit Zwischenverfügung vom 09.09.2010 verlangte das Grundbuchamt die Vorlage des Gesellschaftsvertrages in öffentlich beglaubigter Form, einer Ausfertigung des Erbscheins und des Übertragungsvertrages vom 25.06.2010. Daraufhin legte die Beteiligte den Gesellschaftsvertrag vom 29.12.2005 (GA 222), das Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts Stuttgart vom 17.05.2010 (GA 240), Abschriften des handschriftlichen Testaments von 2006 und des maschinenschriftlichen von 2004, die Ausschlagungs- und Annahmeerklärungen (GA 238) sowie den Nachweis über deren Entgegennahme durch das Nachlassgericht (GA 236) und den Vertrag vom 24.06.2010 betreffend die Übertragung des Gesellschaftsanteils (GA 227) jeweils in einfacher Kopie vor.

Mit weiterer Zwischenverfügung vom 21.09.2010 (GA 246) verlangte das Grundbuchamt die Vorlage des Gesellschaftsvertrags in öffentlich beglaubigter Form, andernfalls Erklärungen sämtlicher Gesellschafter bzw. deren Rechtsnachfolger. Da die Gesellschaft mit den Erben fortgeführt werde, müssten auch diese, die zudem voreingetragen sein müssten und einen Erbschein vorzulegen hätten, die Bewilligung in der Form des § 29 GBO erklären.

Hiergegen hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und verlangt weiterhin einen Nachweis über die Erbberechtigung, eine Bewilligung durch die Erben bzw. eine Bevollmächtigung der Beteiligten durch diese, eine Erklärung der Erben, in die Gesellschaft einzutreten sowie die Voreintragung der Erben.

II.

Auf die zulässige (§§ 71, 73 GBO) Beschwerde waren die Zwischenverfügungen des Grundbuchamts aufzuheben. Die dort angenommenen Eintragungsvoraussetzungen bestehen nicht. Vielmehr hat die Beteiligte nur nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen weitere Nachweise zu erbringen.

Für die Grundbuchberichtigung nach dem Tode eines BGB-Gesellschafters – wie sie ausweislich von § 47 Abs. 2 GBO erforderlich ist (vgl. OLG München FGPrax 2010, 279; OLG Zweibrücken NJW 2010, 384; vgl. Lautner Anm. zu OLG München MittBayNot 2011, 32, 36 f.) – steht neben dem hier nicht verfolgten Unrichtigkeitsnachweis (§ 22 Abs. 1 S. 1 GBO) der Weg über die Berichtigungsbewilligung zur Verfügung, wie ihn die Beteiligte verfolgt. Nach § 19 GBO hat die berichtigende Eintragung zu erfolgen, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen ist. Zu bewilligen haben mithin alle in Frage kommenden Berechtigten – also alle, deren Buchposition oder tatsächliche Rechtsstellung durch die Eintragung beeinträchtigt wird oder werden kann (Demharter, GBO, 25. Aufl., § 22 Rn. 36) – sowie der neue Gesellschafter, jeweils in der Form des § 29 Abs. 1 GBO.

Stirbt einer von zwei BGB-Gesellschaftern, ist daher zur Berichtigung zunächst die Bewilligung (§ 19 GBO) des verbleibenden Gesellschafters notwendig, wie sie von der Beteiligten in der Form des § 29 GBO erklärt worden ist. Erforderlich ist im Regelfall weiterhin die Bewilligung durch alle Erben des verstorbenen Gesellschafters. Denn auch wenn die Gesellschaft, wie es dem gesetzlichen Regelfall des § 727 BGB entspricht, durch den Tod des Gesellschafters aufgelöst ist, so entsteht hierdurch doch bis zur Auseinandersetzung eine Liquidationsgesellschaft. Der Anteil des Erblassers hieran fällt in den Nachlass. Die Bewilligung der Erben liegt hier – unabhängig von der Anteilsübertragung – gleichermaßen bereits vor. Denn die Beteiligte handelte nicht nur im eigenen Namen, sondern auch als Generalbevollmächtigte des verstorbenen Gesellschafters zugleich für seine Erben. Die ihr erteilte transmortale Vollmacht befähigt bis zu ihrem Widerruf (dazu § 172 Abs. 2 BGB) ihren Inhaber, die Berichtigung des Grundbuchs zu bewilligen (§§ 19, 22 GBO), ohne dass die Erben voreingetragen sein müssten oder ihre Erbenstellung nach § 38 GBO nachzuweisen hätten (RGZ 88, 345; KG JFG 12, 275; Herrmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, 6. Aufl., § 39 Rn. 20). Für den Nachweis der Vollmacht ist die Bescheinigung des Notars, dass eine Ausfertigung der Vollmacht von der Beteiligten vorgelegt wurde, im Hinblick auf § 172 BGB ausreichend (Demharter a.a.O. § 29 Rn. 59; § 19 Rn. 80).

Da jedoch jeder, der durch die berichtigende Eintragung auch nur möglicherweise in seinen Rechten betroffen ist, die Berichtigung bewilligen muss (§ 19 GBO), sind Bewilligungen all derer, die noch als Rechtsnachfolger des im Grundbuch eingetragenen, verstorbenen Gesellschafters in Betracht kommen, erforderlich. Weil sich die Rechtsnachfolge beim Tod eines BGB-Gesellschafters grundsätzlich nicht nach den Regeln des Erbrechts, sondern nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages vollzieht, gibt es keine Berechtigung dafür, neben den übrigen, im Grundbuch eingetragenen Gesellschaftern ohne Weiteres und ausschließlich die Erben des gestorbenen Gesellschafters als bewilligungsberechtigt anzusehen. Zwar werden diese oder einzelne von ihnen, etwa im Falle einer Fortsetzungs- oder (gegebenenfalls qualifizierten) Nachfolgeklausel, auch Rechtsnachfolger des Erblassers im Hinblick auf seinen Gesellschaftsanteil sein. Im Falle einer Eintrittsklausel besteht aber auch die Möglichkeit, dass ihm ein Dritter nachfolgt, wenn er bereits in die Gesellschaft eingetreten ist oder dies noch tun kann. Daher ist es erforderlich, die Frage der Bewilligungsberechtigung anhand des Gesellschaftsvertrages zu prüfen (BayObLG Rpfleger 1992, 19; Rpfleger 1993, 105; DNotZ 1998, 811; ebenso OLG Zweibrücken Rpfleger 1995, 453; OLG Schleswig Rpfleger 1992, 149; zuletzt OLG München FGPrax 2010, 279). Dabei ist nach der zitierten Rechtsprechung des BayObLG (BayObLG Rpfleger 1992, 19; BayObLG Rpfleger 1993, 105; BayObLG NotBZ 2001, 33) im Hinblick darauf, dass nach dem Tod des Gesellschafters kein denkbarer Weg, die Form des § 29 GBO noch zu erfüllen, vorhanden ist, ausnahmsweise die Vorlage des privatschriftlichen Gesellschaftsvertrages – allerdings im Original, nicht in einfacher Abschrift – bzw., wenn der Gesellschaftsvertrag nur mündlich geschlossen wurde, übereinstimmende Erklärungen, dass ein Gesellschaftsvertrag, dessen Inhalt von der gesetzlichen Regelung abweicht, nicht abgeschlossen wurde oder nicht bekannt ist, ausreichend.

Wenn im vorliegenden Fall das Original des Gesellschaftsvertrages mit dem Inhalt, wie bereits aus der vorgelegten Kopie ersichtlich, vorgelegt ist, ist aufgrund des Inhalts des Gesellschaftsvertrags zu bestimmen, wer danach möglicherweise außer dem verbliebenen Gesellschafter und den Erben in eigenen Rechten betroffen sein kann. Die entsprechende Klausel des Gesellschaftsvertrages ist, was die Beschwerde verkennt, nicht eindeutig im Sinne einer einfachen erbrechtlichen Nachfolgeklausel gefasst. Die Überschrift „Eintritt Vermächtnisnehmer“ deutet auf die Vereinbarung einer Eintrittsklausel, ist aber nach dem Inhalt der Klausel jedenfalls zu eng formuliert, da dort auch Erben angesprochen sind. Nach dem Inhalt der Klausel sollen „Nachkommen“, also Kinder, Enkel und Urenkel der Gesellschafter, als Erben oder Vermächtnisnehmer zu Gesellschaftern „eingesetzt“ werden können. Unabhängig davon, wie sich der Übergang des Gesellschaftsanteils auf Vermächtnisnehmer vollziehen soll, die jedenfalls anders als Erben nicht von selbst in das Vermögen des Gesellschafters einrücken, sondern nur einen Anspruch auf Einräumung einer entsprechenden Vermögensposition gegen den Erben haben (vgl. Ivo ZEV 2006, 252), kann die Beteiligte sie jedenfalls nicht vertreten. Denn die transmortale Generalvollmacht wirkt nur für und gegen die Erben. Mithin ist das Nichtvorhandensein von eintrittsberechtigten Vermächtnisnehmern nachzuweisen, wenn nicht die Bewilligung der solchermaßen eingetretenen Gesellschafter vorgelegt werden kann. Dies kann allerdings nicht durch einen Erbschein geschehen; im Falle eines lediglich privatschriftlichen Testaments kann eine § 29 GBO genügende Form auch nicht herbeigeführt werden. Daher muss – wie im Falle des privatschriftlichen Gesellschaftsvertrages (s.o.) – hier ausnahmsweise die Vorlage des privatschriftlichen Originals des Testaments bzw., wenn dieses sich beim Nachlassgericht befindet (vgl. BGH FamRZ 1978, 401), die Vorlage einer von diesem gem. § 357, § 13 Abs. 3 FamFG beglaubigten Abschrift zusammen mit der Niederschrift über die Eröffnung (vgl. § 35 Abs. 1 S. 2 GBO) ausreichen. Ob, wenn kein Testament existiert, eine Erklärung der verbleibenden Gesellschafter und aller Erben dazu ausreichen würde, nachzuweisen, dass keine Vermächtnisse existieren (vgl. BayObLG NotBZ 2001, 33 zum mündlichen Gesellschaftsvertrag ohne Abweichung von der gesetzlichen Regelung), muss hier nicht entschieden werden. Sollte, wie die Kopie des Testaments von 2006 erwarten lässt, anders als im widerrufenen Testament von 2004 kein entsprechendes Vermächtnis angeordnet sein, ist in Anwendung vorstehender Grundsätze die Bewilligung durch die voreingetragene Beteiligte ausreichend für die Grundbuchberichtigung.

Eine Voreintragung (§ 39 Abs. 1 GBO) wäre nur hinsichtlich des in die Gesellschafterstellung einrückenden Vermächtnisnehmers erforderlich (Bauer in: Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl., § 40 Rn. 6; Zeiser in: Hügel, GBO, § 40 Rn. 2). Dagegen ist die Voreintragung der Erben (auf welche ggf. noch anzutragen wäre, RGZ 88, 345), wie bereits angesprochen, entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes nicht erforderlich. Denn zwar mag die Bewilligung auf Grund einer postmortal wirkenden Vollmacht nicht einer Bewilligung des Erblassers i.S.v. § 40 Abs. 1 GBO gleichzusetzen sein (Bauer a.a.O. § 40 Rn. 22; Zeiser a.a.O. § 40 Rn. 24; a.A. Herrmann a.a.O. § 39 Rn. 20). Jedenfalls ist aber unter einer Übertragung des Rechts i.S.v. § 40 Abs. 1 GBO auch die Berichtigung bei außerhalb des Grundbuchs erfolgtem Rechtsübergang zu verstehen (Bauer a.a.O. § 40 Rn. 17; Zeiser a.aO. § 40 Rn. 18), wie er hier erfolgt wäre. Die vom Grundbuchamt zitierte Kommentarstelle nebst Rechtsprechung (KG Rpfleger 1992, 430; vgl. OLG München FGPrax 2006, 148) betrifft den Wechsel im Gesellschafterbestand einer GbR durch Rechtsgeschäft unter Lebenden, wie er hier nicht gegeben ist.

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da die Zwischenverfügungen aufzuheben waren und die Beschwerde daher nicht nur einen Teilerfolg hat. Gerichtskosten fallen also nicht an bzw. werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind mangels weiterer Beteiligter nicht zu ersetzen, zumal auch „der Staat“ nicht in die Kostenpflicht genommen werden kann (§ 131 Abs. 3 und 7 KostO, § 81 FamFG). Von daher erübrigt sich eine Wertfestsetzung.

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