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Notarielle Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils

LG Bonn – Az.: 1 O 401/16 – Urteil vom 27.04.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien schlossen unter dem 13.12.2013 einen notariellen Geschäftsanteilsübertragungsvertrag (UR.Nr. …/2013 des Notars E in C2 = Bl…. – … d.A.), der Kläger als Veräußerer und der Beklagte als Erwerber. Den betreffenden Geschäftsanteil hatte der Beklagte dem Kläger im Jahr 2002 zum Preis von 1,00 EUR verkauft. Im November 2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er sei aus steuerlichen Gründen daran interessiert, noch im laufenden Jahr die GmbH-Anteile zurück zu erwerben.

In dem Vertrag vom 13.12.2013 heißt es unter anderem:

§ 1

Vorbemerkungen

An der unter der Firma H-GmbH in H2 bestehenden und im Handelsregister des Amtsgerichts M unter HR B Nr. … eingetragenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Stammkapital 25.600,- Euro beträgt, ist der Veräußerer als Gesellschafter nach Angaben der Beteiligten mit einem Geschäftsanteil von 23.800,00 Euro EUR beteiligt (Geschäftsanteil Nr. 2). ( … )

§ 2

Rechtsgrund

Die Beteiligten wollen auch nach Belehrung durch den Notar keinen Rechtsgrund für die Übertragung des Gesellschaftsanteils in dieser Urkunde aufnehmen. Sie erklären aber übereinstimmend, dass der Übertragung ein schuldrechtlicher Kaufvertrag zu Grunde liegt. Auf die Beurkundungspflicht des Kaufvertrags hat der Notar hingewiesen. Den Beteiligten ist bekannt, dass ein nicht formgerechtes Rechtsgeschäft nicht wirksam ist.

Der Notar hat von der Beurkundung der Anteilsübertragung ohne die Aufnahme des Rechtsgrunds abgeraten. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, dass ohne einen wirksamen Rechtsgrund unter Umständen ein Rückübertragungsanspruch des Veräußerers besteht. Der Notar hat dem Erwerber nachdrücklich geraten, dies bei etwaigen Einbringungen von Vermögen in die GmbH zu berücksichtigen.

Die Beteiligten baten trotz dieser Hinweise um Beurkundung der Anteilsabtretung in der vorliegenden Fassung.

§ 3

Übertragung und Abtretung

1. Der Veräußerer überträgt und tritt hiermit ab seinen vorgenannten Geschäftsanteil im Nennbetrag von 23.800,- Euro (Geschäftsanteil Nr. 2) an den dies annehmenden Erwerber mit sofortiger dinglicher Wirkung. Der Notar hat den Veräußerer über die Risiken belehrt, die mit einem sofortigen dinglichen Übergang von Geschäftsanteilen einhergehen. Eine Übertragung unter der Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung wurde nicht gewünscht. ( … )

Der unter § 2 Satz 1 des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 13.12.2013 erwähnte (schuldrechtliche) Kaufvertrag der Parteien über diesen Geschäftsanteil kam nicht zustande.

Der Kläger behauptet, die streitgegenständlichen Gesellschaftsanteile hätten am 13.12.2013 einen Wert von etwa 324.000,00 EUR gehabt. Vor der notariellen Beurkundung hätten die Parteien bereits über die Höhe des Kaufpreises verhandelt, sich aber im Zeitpunkt der Beurkundung schlicht noch nicht über einen Kaufpreis endgültig geeinigt. Die Parteien seien sich dabei aber beide sicher gewesen, eine solche Einigung zu erzielen. Allerdings habe der Beklagte bis zuletzt die Kaufpreisverhandlungen verzögert. Auf die – insoweit zwischen den Parteien unstreitige – Übersendung einer handschriftlichen Notiz des Klägers über seine Kaufpreisvorstellungen von circa 300.000,00 EUR an den Beklagten (Aufstellung vom 30.11.2013 = Bl…. d.A.; Aufstellung vom 31.12.2013 = Bl…. d.A.) habe ihm der Beklagte erklärt, der Preis sei zwar zu hoch, jedoch werde man sich schon einigen „was machbar ist“. Die handschriftliche Notiz vom 30.11.2013 habe er – der Kläger – dem Beklagten bereits am 30.11.2013 übersandt und sodann – was zwischen den Parteien unstreitig ist – per Telefax am 24.04.2015 (Sendebestätigung Bl…. d.A.). Der Beklagte wisse, dass er – der Kläger – den Notarvertrag nie unterschrieben hätte, wenn sich nicht beide Parteien sicher gewesen wären, eine Einigung zu erzielen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, die durch Vertrag vor dem Notar C unter UR-Nr.: …/2013 übertragenen Geschäftsanteile an der H-GmbH mit Sitz in H2, im Handelsregister des Amtsgerichts M unter HRB… eingetragen, durch notariell beurkundete Erklärung auf ihn zurück zu übertragen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Er vertritt die Rechtsansicht, dass der Kläger den Verlauf der Vertragsverhandlungen und insbesondere deren Scheitern dazulegen und zu beweisen, indes hierzu nichts Konkretes vorgetragen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie das Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll vom 02.06.2017 = Bl…. – … d.A.; Sitzungsprotokoll vom 06.10.2017 = Bl…. – … d.A.; Sitzungsprotokoll vom 14.02.2018 = Bl…. – … d.A.) Bezug genommen.

Das Gericht hat zur Frage der Verjährung aufgrund des Beschlusses vom 06.10.2017 (Bl…. d.A.) Beweis erhoben durch Parteivernehmung des Klägers und zur Frage der Absprachen der Parteien über die Kaufpreisfindung und den Grund der Beurkundung des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages (Beweisbeschluss vom 23.11.2017 = Bl…. d.A.) durch Parteivernehmung des Beklagten. Hinsichtlich des Inhaltes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2017 und vom 14.02.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf die begehrte Rückübertragung der streitgegenständlichen Geschäftsanteile.

1.

Vertragliche Ansprüche sind weder ersichtlich noch von dem Kläger dargetan. Es fehlt insoweit schon in Ermangelung der auch für ergänzende vertragliche Absprachen zu der (Rück-) Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH erforderlichen notariellen Beurkundung (§ 15 Abs.3 und Abs.4 GmbHG) an der Formwirksamkeit einer derartigen vertraglichen Absprache (§§ 125, 128 BGB).

2.

Ein bereicherungsrechtlicher Rückübertragungsanspruch (§ 812 Abs.1 Satz 1, 1.alt. BGB) des Klägers ist gemäß § 814 BGB ausgeschlossen, da der Kläger als Leistender gewusst hat, dass er zu der Leistung in Form der Übertragung des Geschäftsanteiles (§ 3 Ziffer 1. Satz 1 des notariellen Vertrages vom 13.12.2013) nicht verpflichtet war.

§ 814 BGB liegt der Gedanke der Unzulässigkeit eines widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) des Leistenden zugrunde (BGH NJW 1999, 1024, 1025f. unter II.2., MüKo/Schwab, BGB, 7.Aufl. 2017, § 814 Rd.2 und Rd.7). Weiß der Leistende im Zeitpunkt der Leistungserbringung, dass er zu dieser Leistung nicht verpflichtet gewesen ist, dann beinhaltet die Rückforderung dieser Leistung ein widersprüchliches Verhalten, das durch § 814 BGB ausgeschlossen werden soll (BGH NJW 2016, 1391, 1392 Rd.9). Gerade deshalb setzt diese rechtshindernde Einwendung (Palandt/Sprau, BGB, 77.Aufl. 2018, § 814 Rd.1) aber voraus, dass der Leistende gewusst hat, dass er dem Empfänger nach der Rechtslage nichts schuldet, während allein die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen der rechtlichen Verpflichtung ergibt, nicht genügt (BGH NJW 2016, 1391, 1392 Rd.9 – zur Rückforderung eines vereinbarten Rechtsanwaltshonorars). Aus diesem Grunde ist § 814 BGB dann nicht anwendbar, wenn die Leistung in Erwartung der Heilung einer bekannten (Form-) Nichtigkeit erbracht wird oder in der Erwartung, dass eine wirksame Verpflichtung zu einem späteren Zeitpunkt entsteht (BGH NJW 1999, 2892, 2893 unter II.1.b); Palandt/Sprau, aaO., § 814 Rd.6; vgl. auch MüKo/Schwab, aaO., § 814 Rd.7ff. m.w.N. und Beispielen).

Die für einen Ausschluss seines Rückforderungsanspruches erforderliche positive Kenntnis der Klägers im Sinne von § 814 BGB ist in dem notariellen Übertragungsvertrag vom 13.12.2013 klar dokumentiert. Denn § 2 beschreibt dort unmissverständlich, dass den Vertragsparteien bekannt gewesen ist, dass der der Übertragung zugrunde liegende Kaufvertrag noch nicht formwirksam zustande gekommen ist und es deshalb an einem Rechtsgrund für die Anteilsübertragung fehlt. Es liegt deshalb auf der Hand, dass dem als Rechtsanwalt tätigen und juristisch geschulten Kläger am 13.12.2013 bekannt gewesen ist, dem Beklagten die dort vorgenommene Anteilsübertragung nicht zu schulden.

Konkrete Tatsachen, die eine abweichende Würdigung rechtfertigen könnten, hat der Kläger weder dargetan noch bewiesen.

Zwar liegt die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rückforderungsausschlusses im Grundsatz bei dem Leistungsempfänger (MüKo/Schwab, aaO., § 814 Rd.23). Da hier aber die tatsächlichen Voraussetzungen von § 814 BGB urkundlich dokumentiert und schon in Anbetracht der juristischen Kenntnisse des Klägers indiziert sind (vgl. Palandt/Sprau, aaO., § 814 Rd.11 m.w.N.), obliegt es nunmehr dem Kläger, diese Umstände zu entkräften (vgl. auch Palandt/Sprau, aaO., § 814 Rd.10; MüKo/Schwab, aaO., § 814 Rd.23).

Tatsachen, die am 13.12.2013 die Erwartung des Klägers hätten begründen können, dass die Parteien noch einen wirksamen Kaufvertrag über die streitgegenständlichen Anteile schließen würden, liegen nicht vor. Denn schon die von dem Kläger für seine Behauptung vorgelegten handschriftlichen Notizen vom 30.11.2013 und 31.12.2013 verhalten sich über verschiedene Abrechnungspositionen der Parteien, deren Hintergrund sich ohne ergänzende Erläuterungen (§ 138 Abs.1 und Abs.2 ZPO) nicht erschließt. Diese Notizen verhalten sich auch nicht ausschließlich über den hier zur Diskussion stehenden Kaufpreis und -vertrag. Hinzu kommt, dass ein Nachweis der Übersendung dieser Notizen als Grundlage für – im Einzelnen klägerseits nicht vorgetragene – Kaufpreisverhandlungen vor der Anteilsübertragung beziehungsweise am 13.12.2013 an den Beklagten fehlt. Auch die auf Antrag des Klägers erfolgte Parteivernehmung des Beklagten hat das Vorbringen des Klägers nicht bestätigt.

Der im Anschluss an diese Beweisaufnahme vorgenommenen Würdigung des Klägers mit Schriftsatz vom 22.03.2018 ist nicht zu folgen, denn die dort aufgezeigten Widersprüche in der Aussage des Beklagten bestehen nicht. Gerade der Begriff „Verhandlungen“ (S.2 dieses Schriftsatzes = Bl…. d.A.) ist entgegen der Lesart des Klägers nicht belegt, weil spätestens die Ablehnung der Preisvorstellung des Klägers in Höhe von über 300.000,00 EUR durch den die Wertlosigkeit dieses Anteils reklamierenden Beklagten etwaige Verhandlungen beendet hat (vgl. dazu auch im Rahmen von § 203 BGB: Palandt/Ellenberger, aaO., § 203 Rd.2 und Rd.4 m.w.N. und Beispielen). Auch dass er entgegen dem Klägervortrag die Aufstellung vom 30.11.2013 bereits an diesem Tage – und nicht erst am 24.04.2015 – erhalten hätte, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2018 nicht ausgesagt.

Gerade die erst zeitlich nach dem notariellen Vertrag liegende Übersendung einer konkreten Preisvorstellung, der erhebliche Dissens der Parteien über die Höhe des angemessenen Kaufpreises und Wertes des Gesellschaftsanteils (vgl. S.3 des Sitzungsprotokolls vom 14.02.2018 = Bl…. d.A.) sowie die steuerlich als Schenkung eingestufte Anteilsübertragung (vgl. Schreiben des Finanzamtes an den Kläger vom 16.01. und 30.03.2015 = Bl…. – … d.A.; S.4 des Sitzungsprotokolls vom 14.02.2018 = Bl….R d.A.) unterstreicht diese Würdigung. Zugleich sprechen diese Gesamtumstände gegen die Richtigkeit des Klägervortrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Streitwert: 23.800,00 EUR.

Die Bemessung des Streitwertes entspricht dem Nennbetrag und den Wertangaben in der notariellen Urkunde vom 13.12.2013. Die grundsätzlich eine gewisse Indizwirkung entfaltende Schätzung von 6.000,00 EUR auf Seite 1 der Klageschrift wird durch die abweichenden Behauptungen des Klägers zur Höhe des übertragenen Anteils widerlegt (vgl. dazu nur MüKo/Wöstmann, ZPO, 5.Aufl. 2016, § 3 Rd.15). Andererseits spricht die Behauptung des Beklagten von der Wertlosigkeit des Anteils gegen eine weitergehende Erhöhung des Streitwertes.

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