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Vormerkung zur Sicherung eines bedingten Rückübertragungsanspruchs

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 49/21 – Beschluss vom 21.09.2021

Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Saarbrücken – Grundbuchamt – vom 15. Juni 2021 – SB 9402-3 – wird aufgehoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller zu 1. ist als Eigentümer des im Beschlusseingang bezeichneten Grundbesitzes eingetragen; die Antragstellerin zu 2. ist seine Ehefrau. Mit Übergabevertrag vom 1. März 2021 (Urkunde des Notars M. K., …, Urkundenrollen-Nr. …), übertrug der Antragsteller zu 1. das Eigentum – neben anderem Grundbesitz – an den gemeinsamen Sohn der Antragsteller, Herrn J. F.. In § 4 der genannten Urkunde wurde ein beiden Antragstellern zustehendes Rückforderungsrecht vereinbart, das unter bestimmten, in der Urkunde näher bezeichneten Umständen (u. a. Veräußerung des Grundbesitzes an Dritte ohne Zustimmung eines der beiden Antragsteller) entstehen soll. Mit Zugang einer Erklärung der Rückforderungsberechtigten bei Herrn J. F. binnen Jahresfrist nach Eintritt einer der festgelegten Bedingungen soll ein Anspruch der Antragsteller „entsprechend § 472 BGB“ auf Rückübereignung des Grundbesitzes entstehen. Zur Sicherung des Rückübereignungsanspruchs bewilligten und beantragten die Beteiligten die Eintragung einer befristeten Rückerwerbsvormerkung für die beiden Antragsteller „entsprechend § 472 BGB“, die mit dem Tod des jeweiligen Vormerkungsberechtigten erlöschen soll.

Das Amtsgericht Saarbrücken – Grundbuchamt – teilte dem antragstellenden Notar mit Schreiben vom 6. Mai 2021 mit, der bei der Eintragungsbewilligung in Bezug genommene § 472 BGB beziehe sich auf das Beteiligungsverhältnis bei einem Vorkaufsrecht; bei einer Rückauflassungsvormerkung käme § 428 BGB zum Tragen. Nachdem der Notar mit Schreiben vom 12. Mai 2021 darauf hingewiesen hatte, dass eine Eintragung der Rückerwerbsvormerkung „entsprechend“ § 472 BGB beantragt worden sei und hierzu Rechtsprechung zitiert hatte, erließ das Amtsgericht am 15. Juni 2021 die angefochtene Zwischenverfügung. Darin vertrat es die Auffassung, es fehle „das korrekte Beteiligungsverhältnis der beiden Berechtigten bezüglich der beantragten Vormerkung“. § 472 BGB regele auch bei entsprechender Anwendung kein Gemeinschaftsverhältnis der Berechtigten, „sondern lediglich mit der Ausübung des gemeinschaftlichen Anspruchs dessen Unteilbarkeit bei Vorhandensein mehrerer Berechtigter“.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, der das Amtsgericht mit Beschluss vom „13.04.2021“ (Bl. 86 d. A.), laut Ausfertigung (Bl. 88 d. A.) vom 6. August 2021, nicht abgeholfen hat.

II.

Das gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG, § 15 GBO). Die Beschwerde ist auch begründet, weil das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht besteht. Die Eintragung der Vormerkung darf im vorliegenden Fall nicht von der Angabe eines Anteilsverhältnisses abhängig gemacht werden.

1.

Haben mehrere Personen gemeinsam einen Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks, ist grundsätzlich das Anteilsverhältnis, in denen ihnen der Auflassungsanspruch zusteht, anzugeben. Denn nach § 47 Abs. 1 GBO soll, wenn ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden soll, die Eintragung in der Weise erfolgen, dass entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Juli 1980 – V ZB 5/80, NJW 1981, 176). Gleiches gilt, wenn eine Vormerkung zur Sicherung eines mehreren Berechtigten zustehenden Anspruchs eingetragen werden soll (vgl. Böhringer in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 47 Rn. 121 mwN.). Vorliegend ist allerdings eine nähere Kennzeichnung des Beteiligungsverhältnisses nach § 47 Abs. 1 GBO entbehrlich. Es genügt vielmehr der Hinweis auf die entsprechende Anwendung des § 472 BGB im Rahmen der Eintragung.

a.

§ 472 BGB regelt – wie die wortgleiche Vorschrift des § 461 BGB für das Wiederkaufsrecht – nicht nur die Ausübung des Vorkaufsrechts, sondern bestimmt darüber hinaus das Verhältnis der Berechtigten untereinander und zum Verpflichteten. Die Berechtigung mehrerer führt durch die in § 461 S. 2, § 472 S. 2 BGB enthaltene Regelung zu einer besonderen gesamthandartigen Berechtigung der Beteiligten an dem vereinbarten Recht. Denn der Anspruch auf Auflassung, welcher durch die Ausübung des Rechts entsteht, wird auf den Anteil derjenigen Mitberechtigten, die das Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht nicht (mit-)ausgeübt haben oder in deren Person es erloschen ist, erstreckt. Damit bestimmen diese Vorschriften das Gemeinschaftsverhältnis der Beteiligten, das im Grundbuch bei der Eintragung der Vormerkung gemäß § 47 Abs. 1 GBO zu verlautbaren ist. Dies hat dadurch zu erfolgen, dass der gesicherte Anspruch der Berechtigten als aus dem Recht gekennzeichnet wird, für das die § 461, § 472 BGB gelten. Eine weitere Angabe ist nicht erforderlich (für das Vorkaufsrecht: BGH, Beschluss vom 11. September 1997 – V ZB 11/97, NJW 1997, 3235; Beschluss vom 13. Oktober 2016 – V ZB 98/15, NJW 2017, 1811; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. November 1982 – 3 W 200/82, juris; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 17; Seichter in: jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand 01.02.2020, § 472 Rn. 5; für das Wiederkaufsrecht: Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 29. September 2014 – 3 W 420/14, juris; Schermaier in: Staudinger (2013), BGB, § 461 Rn. 3).

b.

Zwar haben die Beteiligten vorliegend weder ein Wiederkaufs- noch ein Vorkaufsrecht vereinbart. Vielmehr handelt es sich um einen bedingten Rückübertragungsanspruch aus dem Übergabevertrag. Allerdings lassen sich die vorstehenden Erwägungen aufgrund der Vereinbarung der entsprechenden Geltung von § 472 BGB auch auf die hier zwischen den Beteiligten getroffenen Regelungen übertragen.

(1)

Eine Rückübertragungsverpflichtung, wie sie hier vereinbart wurde, ist im BGB nicht geregelt. Die Beteiligten wollten aber durch die Vereinbarung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 472 BGB ersichtlich ein dem Wiederkauf angenähertes Verfahren für den Vollzug des Rückforderungsrechts vereinbaren. Dabei ist es für die hier in Rede stehende Angabe des für die Gemeinschaft maßgebenden Rechtsverhältnisses (§ 47 Abs. 1 GBO) unschädlich, dass die Beteiligten mit dem Verweis auf § 472 BGB eine Vorschrift des – hier ersichtlich als Parallele nicht in Betracht kommenden – Vorkaufsrechts in Bezug genommen haben, weil die Bestimmungen des BGB über den Wiederkauf mit § 461 BGB eine wortgleiche Vorschrift enthalten. Denn wie bei einer Wiederkaufsabrede ist auch vorliegend durch die Rückübertragungsabrede ein aufschiebend bedingter Vertrag (vgl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 80. Aufl., § 456 Rn. 11) geschlossen worden, der durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten wirksam wird. Das folgt aus der vertraglichen Vereinbarung in dem Übergabevertrag. Durch die Ausübung des Wiederkaufsrechts bzw. hier des Rückforderungsrechts entsteht ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung zwischen den Berechtigten und dem Erwerber, der jeweils durch eine Vormerkung gesichert werden kann. Wie auch bei dem Wiederkaufs- und dem Vorkaufsrecht soll der Sohn der Antragsteller als Erwerber davor geschützt werden, bei nur teilweiser Ausübung des Vorkaufsrechts wider Willen in eine Gemeinschaft gezwungen zu werden (vgl. Weidenkaff, aaO., § 461 Rn. 1; Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 461 Rn. 1; Schermaier, aaO., § 472 Rn. 2).

(2)

Die Vereinbarung der entsprechenden Anwendbarkeit von § 461 bzw. § 472 BGB auf das hier vertraglich begründete Rückforderungsrecht ist auch zulässig. Es ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass es den Vertragsparteien freisteht, die entsprechende Anwendung von § 461 bzw. § 472 BGB auch auf Erwerbsrechte und Übereignungsansprüche zu vereinbaren, wenn diese Rechte nicht aus einem Vor- oder Wiederkauf stammen (BayObLG, NJW-RR 1993, 472; OLG Nürnberg, NJW-RR 2021, 146; OLG München, NJW-RR 2008, 106).

(3)

Den vereinzelt hiergegen erhobenen Bedenken vermag der Senat – anders als das Amtsgericht – nicht zu folgen; insbesondere wird die Verfügungsberechtigung durch die Angabe „entsprechend § 472 BGB“ hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Denn nach § 472 BGB haben die Vorkaufsberechtigten das Vorkaufsrecht nicht nur im Ganzen, sondern auch gemeinschaftlich auszuüben, und eine dem widersprechende Regelung, nach der jeder Vorkaufsberechtigte ohne Rücksicht auf die Berechtigung des anderen das Vorkaufsrecht im Ganzen für sich allein ausüben könnte, wäre unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – V ZB 98/15; Urteil vom 13. März 2009 – V ZR 157/08, NJW-RR 2009, 1172). Kann mithin bei einer Berechtigung „entsprechend § 472 BGB“ kein Berechtigter alleine über das Recht insgesamt verfügen, ist dadurch die Verfügungsberechtigung nach § 47 Abs. 1 GBO hinreichend deutlich bezeichnet (so zutreffend Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 1047a im Widerspruch zu Rn. 1511).

4.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG nicht veranlasst.

 

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