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Notarkosten – Mehrheit von Handelsregisteranmeldungen für GmbH

OLG Hamm – Az.:  I-15 W 548/15 – Beschluss vom 14.09.2016

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss abgeändert.

Die Kostenrechnung Nr. 201500166 des Notars … in der korrigierten Fassung vom 18. September 2015 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Gesellschafterbeschluss (Urkunde Nummer 62/15)

KV Nr. 21100 Beurkundungsverfahren Geschäftswert gem. §§ 97, 108, 105 GNotKG 30.000,- € 250,00 €

KV Nr. 32001 Dokumentenpauschale 4,35 €

KV Nr. 32004 Post- und Telekommunikationsentgelte 4,35 €

KV Nr. 32011 Abruf von elektronisch gespeicherten Daten (HR-Auszug)   4,50 €

Zwischensumme netto 263,20 €

KV 32014 Umsatzsteuer 19 % 50,01 €

Zwischensumme brutto 313,21 €

2. Handelsregisteranmeldung (Urkunde Nummer 63/15)     KV Nr. 24102 i.V.m. 21201 Nr. 5 i.V.m.

§ 92 Abs.2 GNotKG Fertigung eines Entwurfs Geschäftswert gem. §§ 119, 109 Abs.1, 105 GNotKG 35.000,- €

(Sitzverlegung und sonstige Satzungsänderungen: 30.000,- EUR, Inländische Geschäftsanschrift: 5.000,- EUR) 67,50 €

KV Nr. 22114 Elektronischer Vollzug und XML-Strukturdaten Geschäftswert gem. § 112, 109 Abs.1, 105 GNotKG 35.000,- € 40,50 €

KV Nr. 32001 Dokumentenpauschale 0,90 €

KV Nr. 32002 Dokumentenpauschale (Datei) 4,50 €

Zwischensumme netto 113,40 €

KV 32014 Umsatzsteuer 19 %  21,55 €

Zwischensumme brutto 134,95 €

Gesamtendbetrag 448,16 €

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Im Auftrag der Beteiligten zu 1) beurkundete der Beteiligte zu 2) einen Beschluss der Gesellschafter der Beteiligten zu 1) vom 5. März 2015 (UR-Nr. 62/2015), in dem diese eine Änderung der Satzung beschlossen hatten, die neben sonstigen Änderungen inhaltlicher Art sowie zum Zwecke der Anpassung an die neue Rechtschreibung auch die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von Bielefeld nach Frankfurt am Main betraf. Zudem entwarf der Beteiligten zu 2) auftragsgemäß die Anmeldung dieser sowie der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister, beglaubigte die Unterschrift der Geschäftsführerin unter der Anmeldung (UR-Nr. 63/2015) und reichte die Anmeldungserklärung elektronisch beim Handelsregister des Amtsgerichts Bielefeld ein.

Der Beteiligte zu 2) stellte der Beteiligten zu 1) unter dem 10. März 2015 mit seiner Kostenrechnung Nr. 201500166 insgesamt einen Betrag in Höhe von 502,42 € inkl. 19 % Umsatzsteuer in Rechnung. Der Rechnungsbetrag setzte sich zusammen aus 313,21 € für die Beurkundung des Beschlusses vom 5. März 2015 und aus 189,21 € für den Entwurf der Registeranmeldung mit Vollzug. Als Geschäftswert für den Gesellschafterbeschluss setzte der Beteiligte zu 2) 30.000,- € an, als Geschäftswert für den Entwurf der Registeranmeldung sowie deren Vollzug „65.000,00 Euro (Sitz-Verlegung: 30.000,00 Euro; sonstige Satzungsänderungen 30.000,00 Euro; Inländische Geschäftsanschrift 5.000,00 Euro)“.

Nach dem Erhalt der Rechnung beanstandete die Beteiligte zu 1) gegenüber dem Beteiligten zu 2) schriftlich die Bemessung des Geschäftswerts für den Entwurf der Registeranmeldung. Sie vertrat die Auffassung, neben der Sitzverlegung dürfte die Verlegung der inländischen Geschäftsanschrift nicht gesondert berücksichtigt werden.

Der Beteiligte zu 2) hat aufgrund der Beanstandung beim Landgericht Bielefeld einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er hat den Ansatz des Geschäftswertes in seiner Kostenberechnung im Hinblick auf die gesetzliche Vorschrift des § 111 Nr. 3 GNotKG begründet. Danach handele es sich bei der Sitzverlegung, der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift sowie den sonstigen Satzungsänderungen um verschiedene zum Handelsregister angemeldete Tatsachen, die als selbstständige Beurkundungsgegenstände zu behandeln seien.

Die Kammer hat gemäß § 128 GNotKG eine Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts Bielefelds eingeholt. Dieser hat zunächst beanstandet, dass die Rechnung dem Zitiergebot in § 19 Abs. 2 Nr. 2 GNotKG nicht genüge, weil bei dem Ansatz der Entwurfsgebühr nach Nr. 24102 GNotKG auch die Nummer der Gebühr für das Beurkundungsverfahren erforderlich sei, die für das Beurkundungsverfahren entstehen würde (KV 21201). Darüber hinaus hat er die Auffassung vertreten, dass bei der Bemessung des Geschäftswertes für den Entwurf der Registeranmeldung zwar eine Addition der Geschäftswerte für die Anmeldung der Satzungsänderungen nebst Sitzverlegung mit einem Betrag von 30.000,- € und für die Anmeldung der inländischen Geschäftsanschrift mit einem Betrag von 5.000,- EUR gemäß den §§ 105 Abs. 4, Nr. 1, 105 Abs. 5, 35 Abs. 1 GNotKG zutreffend sei. Für die Anmeldung der Sitzverlegung sei jedoch kein weiterer Betrag zu addieren, weil es sich hierbei um denselben Beurkundungsgegenstand handele wie die Anmeldung der sonstigen Satzungsänderungen. Es handele sich bei sämtlichen Satzungsänderungen – auch wenn die Sitzverlegung als ein in § 10 GmbHG genannter Umstand besonders zu benennen sei – um eine Tatsache im Sinne des § 86 Abs. 1 GNotKG. Der Geschäftswert sei daher mit 35.000,- € anzusetzen.

Aufgrund der Beanstandung des Präsidenten des Landgerichts Bielefeld zum Zitiergebot hat der Beteiligte zu 2) unter dem 18. September 2015 seine Kostenberechnung durch eine Neufassung entsprechend geändert. An der Bemessung des Geschäftswertes hat er festgehalten.

Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Landgericht die angefochtene Kostenberechnung bestätigt. Es hat sich hierbei auf die Vorschrift des § 111 Nr. 3 GNotKG gestützt, dessen Anwendung nicht wegen einer sogenannten notwendigen Erklärungseinheit zwischen den vorliegend angemeldeten Umständen ausscheide.

Der Präsident des Landgerichts hat den Beteiligten zu 2) daraufhin mit Schreiben vom 23. November 2015 angewiesen, gegen diese Entscheidung Beschwerde einzulegen. Der Beteiligte zu 2) hat mit Schriftsatz vom 23. November 2015 Anweisungsbeschwerde erhoben, der er aus eigenem Recht entgegen getreten ist. Der Präsident des Landgericht hat in seiner Stellungnahme vom 12. August 2016 klargestellt, dass mit der Beschwerde die Reduzierung der angefochtenen Kostenberechnung insoweit angestrebt werde, als der Geschäftswert mit 35.000,- € anzusetzen sei.

II.

Die auf Anweisung des Präsidenten des Landgerichts als vorgesetzte Dienstbehörde des Beteiligten zu 2) von diesem eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 129 Abs.1, 130 Abs. 2 GNotKG statthaft und gemäß §§ 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG, 63, 64 FamFG auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat die Beschwerde in vollem Umfang Erfolg. Sie führt in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts zur Abänderung der angefochtenen Kostenberechnung. Bei der Berechnung des Entwurfs der Registeranmeldung und des elektronischen Vollzugs dürfen die Gebühren des Beteiligten zu 2) nur nach einem Geschäftswert von 35.000,- € berechnet werden.

Für die Bemessung des Geschäftswertes der Entwurfsgebühr sowie für die Vollziehung der Anmeldung finden gemäß den §§ 112, 119 Abs. 1 GNotKG die für das Beurkundungsverfahren geltenden Geschäftswertvorschriften entsprechende Anwendung.

Allgemeiner Ausgangspunkt für die Bestimmung des Geschäftswerts notarieller Tätigkeiten ist § 86 Abs. 2 GNotKG, wonach jeder einzelne Beurkundungsgegenstand gesondert zu berücksichtigen ist mit der Folge, dass bei Vorliegen mehrerer Beurkundungsgegenständen die einzelnen Werte gemäß § 35 Abs.1 GNotKG zu addieren sind. Dieser Grundsatz wird für Registeranmeldung in § 111 Nr. 3 GNotKG besonders hervorgehoben, der bestimmt, dass es sich bei jeder Registeranmeldung um einen besonderen Beurkundungsgegenstand handelt.

Bei der Anmeldung der in einem einheitlichen Gesellschafterbeschluss beschlossenen Satzungsänderung, in der neben den sonstigen – keine in § 10 GmbHG genannten Angaben betreffenden – Änderungen auch die Sitzverlegung beschlossen worden ist, handelt es sich nur um eine Registeranmeldung im Sinne des § 111 Nr. 3 GNotKG. Daraus folgt, dass ein einheitlicher Geschäftswert von 30.000,- EUR zugrunde zu legen ist.

Beurkundungsgegenstand ist gemäß § 86 Abs. 1 GNotKG das Rechtsverhältnis, auf das sich die Erklärungen beziehen, bei Tatsachenbeurkundungen die beurkundete Tatsache oder der beurkundete Vorgang. Im gegebenen Fall ist Tatsache in diesem Sinne die in einem einheitlichen Gesellschafterbeschluss beschlossene Satzungsänderung in ihrer Gesamtheit. Danach liegt bei einer nach § 54 Abs. 1 GmbHG vorgenommenen Anmeldung einer Satzungsänderung ohne bestimmten Geschäftswert nur eine Anmeldung vor, auch wenn die Satzung in mehreren Punkten geändert wird (Macht in Fackelmann Heinemann, GNotKG, 1. Auflage, 2013, § 111, 19; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeld, GNotKG 2014, § 111, Rdn. 14). Dies gilt auch, wenn im Rahmen einer solchen Satzungsänderung neben sonstigen Änderungen der Gesellschaftssatzung ohne Geschäftswert auch in § 10 Abs. 1 und 2 GmbHG genannte Regelungen geändert werden, die in der Anmeldung ausdrücklich zu benennen sind (a.A. Diehn in Korintenberg, GNotKG, 19. Auflage 2015, § 111, Rdn. 31; Bormann in Bormann/Diehn/Sommerfeld, GNotKG 2014, § 111, Rdn. 14).

Die Frage, wie viele gegenstandsverschiedene Registeranmeldungen im Sinne des § 111 Nr. 3 GNotKG gegeben sind, muss sich danach richten, wie viele registerrechtliche Eintragungen mit der jeweiligen Anmeldung beantragt werden. Im gegebenen Fall hat der Beteiligte zu 2) als der die Satzungsänderung beurkundende Notar nur eine Eintragung in registerrechtlichem Sinne beantragt.

Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 GmbHG ist die Abänderung des Gesellschaftsvertrages zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Eintragung der Gesellschaftsvertragsänderung in das Handelsregister erfolgt gemäß § 43 Nr. 6 lit. a HRV als Übergangstext in Spalte 6 Unterspalte a und gemäß § 54 Abs. 2 GmbHG unter Bezugnahme auf die gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG bei Gericht einreichten Dokumente – zumeist der Beschlussniederschrift -, aus denen sich der Benutzer des Handelsregisters über den Inhalt der Satzungsänderung informieren kann. Daneben sind in den dafür vorgesehenen Spalten etwa beschlossene Änderungen der in § 10 Abs. 1 und 2 GmbHG genannten Umstände einzutragen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um gesonderte registerrechtliche Eintragungen, sondern nur um eine gesetzlich vorgeschriebene Variante der Form der Registereintragung, die § 54 Abs. 2 GmbHG ausdrücklich als einheitliche Eintragung bezeichnet.

Auch wenn vorliegend bei der Anmeldung der nach den §§ 54 Abs. 2, 10 Abs. 1 GmbHG eintragungspflichtigen Sitzverlegung eine konkrete, jedenfalls schlagwortartige Hervorhebung zu erfolgen hatte (vgl. OLG Nürnberg, Rpfleger 2015, 150-152; OLG Hamm, NJW-RR 2002, 37; OLG Frankfurt Rpfleger 2004, 427), folgt daraus nicht, dass der in einer einheitlichen Satzungsänderung enthaltenen Einzelregelung eine kostenrechtliche Eigenständigkeit zukommt. Mit der Verpflichtung zur schlagwortartigen Wiedergabe der in § 10 Abs. 1 und 2 GmbHG geforderten Angaben soll die dem Registergericht obliegende Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Beschlüsse und weiterer Eintragungsvoraussetzungen erleichtert und damit eine erhöhte Gewähr für die Richtigkeit der Wiedergabe und der Bekanntmachung erreicht werden (OLG Hamm, NJW-RR 2002, 37).

Danach ist für die Satzungsänderung gemäß § 105 Abs. 4 Nr. 1 GNotKG ein einheitlicher Geschäftswert von 30.000,- EUR anzusetzen, so dass sich nach der mit der Beschwerde nicht angegriffenen Addition des Geschäftswertes für die Verlegung der Geschäftsanschrift ein Gegenstandswert von 35.000,00 € ergibt.

Angesichts des Erfolgs der Beschwerde bedarf es einer Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nicht, vgl. § 25 Abs. 1 GNotKG. Aus tatsächlichen Gründen ist eine Entscheidung über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ebenfalls nicht veranlasst. Dementsprechend ist auch eine Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren nicht erforderlich.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 130 Abs.3 S. 1 GNotKG, 70 Abs. 2 S.1 FamFG liegen vor.

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und dient zudem der Fortbildung des Rechts. Die Vorschrift des § 111 Nr. 3 GNotKG hat keine inhaltliche Entsprechung in der bis zum 31. Juli 2013 gültig gewesenen KostO. Ober- oder höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Vorschrift ist – soweit ersichtlich – bislang nicht ergangen. In der Literatur ist – wie in dem angegriffenen Beschluss des Landgerichts ausgeführt – umstritten, welche Auswirkungen die Vorschrift für die Bemessung des Gegenstandswerts bei notariellen Kostenberechnungen für Registeranmeldungen hat, die mehrere miteinander in Zusammenhang stehende Tatsachen umfassen. Da derartige Anmeldungen in der Rechtspraxis häufig sind, erachtet es der Senat für angezeigt, die Möglichkeit zur Herbeiführung einer höchstrichterlichen Entscheidung zu eröffnen.

 

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