LG Hamburg – Az.: 321 O 313/17 – Beschluss vom 18.10.2017
1. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 837.301,73 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Eintragung einer Vormerkung zulasten der Antragsgegnerin zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek im Wege der einstweiligen Verfügung.
Die Antragsgegnerin ist als Erbbauberechtigte im Erbbau-Grundbuch von H. S.. P.- N., Band 7., Blatt 2. (Anlage ASt 1) hinsichtlich des Grundstücks F. Str. … eingetragen. Weiter heißt es im Grundbuch:
„Die Zustimmung des Eigentümers ist erforderlich zur Veräußerung; Belastung mit Grundpfandrechten, Reallasten, Dauerwohn-/Dauernutzungsrechten.“
Eigentümerin des belasteten Grundstücks ist die F. u. H. H..
Die Antragstellerin trägt vor, die Antragsgegnerin habe die Aufstockung des Hochbunkers in der F. Str. in H. um einen fünfstöckigen Aufbau mit Dachgarten beabsichtigt. Hierzu habe zunächst der Geschäftsführer der Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Planungsleistungen beauftragt. Später sei der Auftrag auf die Antragsgegnerin erweitert worden.
Die Antragstellerin habe sodann umfangreiche Planungsleistungen erbracht. Insbesondere sei der Auftrag mehrfach geändert worden, sodass Teilleistungen vollständig wiederholt werden mussten. Für die Planungen habe sich die Antragstellerin auch mehreren Subplanern bedient und sei erheblich in Vorleistung getreten.
Nach Unstimmigkeiten über den Fortgang des Projekts und die Vergütung der Antragstellerin habe die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21.06.2017 (Anlage ASt 5) die Kündigung erklärt. Dem habe die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 23.06.2017 (Anlage ASt 24) widersprochen und eine Frist zu Beibringung einer Sicherheit nach § 648a BGB bis zum 07.07.2017 gesetzt. Da eine Sicherheit nicht gestellt worden sei, habe die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 10.07.2017 (Anlage ASt 25) ebenfalls die Kündigung erklärt und unter dem 25.07.2017 ihre Schlussrechnung (Anlage ASt 26) gestellt. Hieraus ergäbe sich ein zutreffend errechneter Rest-Honoraranspruch nach erhaltener Abschläge in Höhe von 6.664.383,74 € brutto. Hiervon entfielen auf erbrachte Leistungen nach erhaltener Abschläge 3.349.206,91 € brutto, für die ein Sicherungsanspruch bestehe. Überdies seien vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten als Nebenforderungen in Höhe von 8.010,96 € zu sichern.
Die Antragstellerin beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung, der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung,
anzuordnen, zugunsten der Antragstellerin auf dem Grundstück der Antragsgegnerin, eingetragen im Erbbaugrundbuch des Amtsgerichts H. von St. P.- N., Blatt …, in Abteilung III an rangbereiter Stelle eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek für ihre ungesicherte Honorarforderung aus dem Planungsauftrag vom 24. März 2014 in Höhe von EUR 3.349.206,91 sowie eines Kostenbetrages in Höhe von EUR 8.010,96 einzutragen.
Die Antragsschrift ist der Antragsgegnerin bisher nicht zugestellt worden.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift vom 13.10.2017 und die zur Akte gereichten Anlagen, insbesondere die eidesstattlichen Versicherungen sowie die vorstehend erwähnten Anlagen, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr ein Verfügungsanspruch gemäß §§ 648, 883, 885 BGB, 935 ff. ZPO zusteht.
Sie hat – auch auf den telefonischen Hinweis der Kammer vom 13.10.2017 – weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass die F. u. H. H. als Eigentümerin des mit dem streitgegenständlichen Erbbaurecht belasteten Grundstücks die Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts erteilt hat.
Aufgrund der im Erbbau-Grundbuch von H. S.. P.- N., Band … , Blatt … (Anlage ASt 1) eingetragenen Vereinbarung nach § 5 Abs. 2 ErbbauRG, nach welcher die Belastung des Erbbaurechts mit Grundpfandrechten der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf, kommt die Eintragung der begehrten Vormerkung jedoch ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers auch im Wege der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht (so auch OLG Karlsruhe, RPfleger 1958, 221; LG Tübingen, NJW 1956, 874; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. A. 2015, Rn. 246 m.w.N. zum Meinungsstand).
In der Entscheidung des Landgerichts Tübingen in NJW 1956, 874 heißt es dazu:
„Die im Erbbaugrundbuch des Antragsgegners eingetragene, gemäß § 5 Abs. 2 ErbbauVO getroffene Vereinbarung, daß Belastungen des Erbbaurechts der schriftlichen Genehmigung der Grundstückseigentümerin bedürfen, bezieht sich ihrem Wortlaut nach allerdings nur auf Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und Reallasten. Entgegen der vom OLG Hamm im Vorlagebeschluß MDR 52, 7561 vertretenen Auffassung muß jedoch angenommen werden, daß unter eine in Anlehnung an § 5 Abs. 2 ErbbauVO mit dinglicher Wirkung getroffene Vereinbarung auch Vormerkungen zur Sicherung von Ansprüchen auf Bestellung der vorerwähnten Grundpfandrechte fallen. Die Vormerkung stellt zwar für sich allein noch kein eigentliches dingliches Recht am Grundstück oder einem es belastenden Grundstücksrecht dar. Sie ist einem solchen aber angenähert. Denn es sind ihr in gewissem Umfange dingliche Wirkungen verliehen, die das Sicherungsmittel als Belastung im weiteren Sinne erscheinen lassen (vgl. RGZ 134, 182; RGZ 151, 392; §§ 439 Abs. 2, 883 Abs. 3, 884, 108, 1971 Satz 2, 1974 Abs. 3, 2016 BGB; §§ 24, 47, 193 KO; § 48 ZVG). Hiernach erlangt der Vormerkungsberechtigte durch die Sicherung seines vormerkungsfähigen Anspruchs eine Stellung, welche derjenigen des Inhabers eines dinglichen Rechts im eigentlichen Sinne ziemlich angeglichen ist. Hinzu kommt, daß von der Eintragung einer Vormerkung, durch die ein Anspruch auf Bestellung einer Bauwerkssicherungshypothek an einem Erbbaurecht gesichert werden soll, nicht nur der Erbbauberechtigte, sondern auch der Grundstückseigentümer betroffen wird. Denn wie aus § 33 Abs. 1 ErbbauVO hervorgeht, ist die Vormerkung in solchem Falle mit derselben Bestandskraft ausgestattet wie die Grundpfandrechte. Es ist daher bei einer Vereinbarung nach § 5 Abs. 2 ErbbauVO davon auszugehen, daß dem Grundstückseigentümer bei der Entstehung der Vormerkung in gleichem Umfange ein Mitwirkungsrecht eingeräumt sein soll wie bei der Belastung des Erbbaurechts mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld. Die zwischen dem Antragsgegner und der Stadtgemeinde T. mit dinglicher Wirkung getroffene Abrede, der Erbbauberechtigte bedürfe zu bestimmten Belastungen seines Rechts der Zustimmung der Grundstückseigentümerin, erstreckt sich daher auch auf die Eintragung einer Vormerkung, zumindest einer solchen, welche der Sicherung eines gesetzlichen Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek dient (vgl. RGRKomm., § 5 ErbbauVO Anm. 3; Erman, § 6 aaO Anm. 2; Planck-Strecker, § 6 aaO Anm. 1 b Abs. 2; OLG Dresden, JFG 9, 213 ff.; Mezger, NJW 53, 1010; a.M. OLG Hamm MDR, 52, 756; zweifelnd Palandt, § 5 aaO).“
Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an (so auch bereits im nicht veröffentlichten Kammerbeschluss vom 16.12.2016, Az. 321 O 282/16).
Die gegenteilige Auffassung, insbesondere des Oberlandesgerichts Köln in dessen Beschluss vom 06.03.1967, Az. 2 Wx 208/66, auf den auch die Antragstellerin abstellt, überzeugt nicht. Das Oberlandesgericht Köln bezieht sich auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.07.1960, Az. V ZB 5/59. Danach sei die Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks in einem Erbbau-Grundbuch trotz einer Vereinbarung nach § 5 Abs. 2 ErbbauRG möglich, da der Grundstückseigentümer hierdurch nicht belastet werde, weil eine Versteigerung des Erbbaurechts ohne seine Zustimmung nicht erfolgen könne. Dies sei – nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln – auf die Eintragung einer Vormerkung zu übertragen. Diese Schlussfolgerung überzeugt hingegen nicht.
Zum einen betraf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes eine gänzlich andere Fallkonstellation, nämlich die Ersetzung der Zustimmung des Grundstückseigentümers durch gerichtliche Entscheidung. Zum anderen begründete der Bundesgerichtshof seine Auffassung damit, dass der Grundstückseigentümer im Zwangsversteigerungsverfahren verfahrensrechtlich hinreichend geschützt werde. Schon daraus ergibt sich, dass eine Parallelität zwischen der Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks und einer Vormerkung nicht ohne weiteres gegeben ist.
Wie bereits das Landgericht Tübingen und ebenso das Oberlandesgericht Karlsruhe (in RPfleger 1958, 221) ausgeführt haben, vermittelt die Eintragung einer Vormerkung bereits eine hinreichende dingliche Wirkung, da sie den Status quo des Erbbaugrundbuches einfriert und für die Eintragung der Sicherungshypothek vorhält. Ob sich dieser durch die Vormerkung gesicherte Status auf absehbare Zeit wieder ändern wird, auch wenn der Grundstückseigentümer seine Zustimmung zur Eintragung der Sicherungshypothek weiterhin verweigert, ist sodann ungewiss, etwa im Falle eines andauernden Rechtsstreits über den Anspruch auf Eintragung der Sicherungshypothek, der über den Zeitablauf des Erbbaurechts hinausgehen kann. Im Heimfall blieben sowohl bereits eingetragene Grundpfandrechte (gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG), als auch eingetragene Vormerkungen zur Eintragung einer Sicherungshypothek (gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG) bestehen. Insbesondere hat der Grundstückseigentümer auf den Fortgang eines solchen Rechtsstreits keinen Einfluss, da er an dem Rechtsverhältnis, welches der dinglichen Sicherung zugrunde liegt, nicht beteiligt ist. Da bereits dieser Status quo den Grundstückseigentümer belastet, werden seine Interessen nicht dadurch ausreichend geschützt, dass – auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln – eine Eintragung der Sicherungshypothek nicht ohne die Zustimmung des Grundstückseigentümers erfolgen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Streitwertentscheidung auf § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO; der Antrag wurde mit 25 % der Hauptforderung bewertet.